Der Essens-Lieferdienst Lieferando will ab dem Jahresende bundesweit rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer entlassen, viele davon in Hamburg. Das entspreche rund 20 Prozent der gesamten Flotte, teilte Lieferando mit. Grund sei, dass die Plattform bei der Auslieferung auf der sogenannten letzten Meile künftig stärker mit Subunternehmen zusammenarbeiten werde. Arbeitnehmervertreter äußerten sich entsetzt.
«Die Wettbewerbslandschaft und der Markt ändern sich immer rasanter und tiefgreifender», sagte Deutschlandchef Lennard Neubauer der Deutschen Presse-Agentur. «Kunden erwarten zuverlässigen Service und kurze Bestellzeiten.» Mancherorts könne dies mit den derzeitigen Strukturen nicht ausreichend sichergestellt werden.
Hamburg besonders betroffen: Insbesondere in kleineren Märkten, etwa Wiesbaden, Lübeck oder Bochum, werde Lieferando künftig deshalb mit spezialisierten Logistik-Unternehmen zusammenarbeiten, die die Auslieferung mit eigenen Fahrerinnen und Fahrern übernähmen, sagte Neubauer weiter. Auch in Hamburg gehe Lieferando diesen Weg. Aufgrund ihrer Größe werde der Stellenabbau die Hansestadt besonders stark treffen.
Über die Maßnahmen sollte am Nachmittag ( 17. Juli) der Gesamtbetriebsrat informiert werden. «Die Verhandlungen über einen Sozialplan sollen bei der Schwestergesellschaft so schnell wie möglich beginnen», betonte Neubauer. Ziel sei, den Prozess bis zum Ende des Jahres, spätestens im ersten Quartal 2026 abzuschließen. Der Gesamtbetriebsrat äußerte sich am Abend enttäuscht über die späte Information.
Rider bisher bei eigener Tochter angestellt: Lieferando gehört zum niederländischen Lieferdienst Just Eat Take Away. Das Geschäft in Deutschland wird von der Tochter Lieferando Marktplatz Gesellschaft geführt. Die Fahrerinnen und Fahrer waren über eine weitere Tochter, Takeaway Express, bisher fast ausschließlich fest beim Unternehmen angestellt.
Das soll auch künftig für die meisten Fahrer so bleiben. Rund fünf Prozent des Liefervolumens werde indes an spezialisierte Drittanbieter ausgelagert, hieß es. Das Konzept wurde bereits in Berlin mit einem Subunternehmen getestet. Auch in der Hauptstadt soll das in einigen Bezirken weiter so umgesetzt werden.
«Das ist so ziemlich die wichtigste Komponente der ganzen Geschichte: Die Kriterien der Flottenpartner, mit denen wir zusammenkommen wollen», sagte Neubauer. Es laufe ein strenger Auswahlprozess, um zu gewährleisten, dass die Rider dort fest angestellt sind und entsprechend bezahlt werden.
Der Gesamtbetriebsrat kritisierte, es sei in der Praxis kaum zu kontrollieren, ob sich die Subunternehmen an Recht und Gesetz hielten. «Von solchen Subunternehmen in der Lieferdienstbranche, auf die Lieferando die Verantwortung für seine Beschäftigten nun abschieben will, häufen sich Berichte über eklatante Rechtsverstöße.» Das Gremium sprach von einem «Sumpf aus Subunternehmen» und appellierte an die Politik zu handeln.
Scheinselbstständigkeit in der Branche ein großes Problem: Lieferando verweist darauf, dass die Zusammenarbeit mit Subunternehmen im Markt gängige Praxis sei. Tatsächlich gehen auch Wettbewerber wie Uber Eats und Wolt so vor. Wolt betont, dass bei den eigenen Partnerunternehmen die Fahrerinnen und Fahrer stets direkt angestellt sind. Doch das ist nicht bei allen Wettbewerbern der Fall.
Arbeitnehmervertreter kritisieren daher im Lieferdienst-Sektor ausbeuterische Verhältnisse und weit verbreitete Scheinselbstständigkeit. Das Problem ist EU-weit so groß, dass die EU-Kommission eine Plattformrichtlinie erlassen hat, um Scheinselbstständigkeit im Plattformgeschäft zu unterbinden. Diese muss auf nationaler Ebene noch umgesetzt werden.
Dass Lieferando die Fahrer meist direkt beschäftigt hat, stieß daher auf Zuspruch bei Arbeitnehmervertretern. Entsprechend groß ist nun die Empörung. «Wir sind fassungslos, das ist eine absolute Katastrophe», sagte Mark Baumeister, Referatsleiter Gastgewerbe bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), der dpa. «Lieferando gibt die Verantwortung für Beschäftigte ab, das können wir nicht gutheißen. Wir sehen das als einen Angriff auf Mitbestimmung und Beschäftigtenstrukturen bei Lieferando.»
Baumeister sendete einen Appell an die Politik. Diese müsse handeln, um solche Geschäftsmodelle in Zukunft zu unterbinden. «Wir brauchen definitiv das Gebot der Festanstellung wie in der Fleischindustrie.»
Die NGG kämpft bereits seit Jahren um einen Tarifvertrag für die Lieferando-Beschäftigten und einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde. Erst kürzlich rief die Gewerkschaft deshalb erneut zu Warnstreiks in Hamburg auf. Mit der Auslagerung eines Teils des Liefergeschäfts an Drittunternehmen dürfte es die Gewerkschaft deutlich schwerer haben, für einheitliche Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen.
(Text: Matthias Arnold, dpa)
Konkret sagen 49 Prozent der befragten Personalverantwortlichen in einer aktuellen Erhebung von Ifo-Institut und dem Personaldienstleister Randstad, dass die Bewerber die stärkere Verhandlungsposition haben. 40 Prozent sehen die Macht gleich verteilt. Das Unternehmen sehen dagegen nur 11 Prozent in der stärkeren Position.
Zwar gibt es je nach Wirtschaftsbereich Unterschiede - im Handel ist die Position der Arbeitnehmer noch stärker, bei Dienstleistungen etwas schwächer - doch die Tendenz zugunsten der Bewerber zieht sich klar durch. Ähnliches gilt beim Blick auf die Unternehmensgrößen: Kleine Betriebe sehen den Bewerber deutlicher im Vorteil als große, doch in jeder Kategorie bleibt der Arbeitnehmer meist im Vorteil.
«Der Mangel an qualifiziertem Personal zeigt sich auch im Bewerbungsprozess. Arbeitnehmer haben hier gegenwärtig mehr Verhandlungsmacht», erklärt Ifo-Forscher Jonas Hennrich. Auch wenn zuletzt oft über Jobabbau berichtet wird, plagt die Unternehmen weiter der Arbeits- und Fachkräftemangel. Gefragt, welches Thema aktuell relevanter für die eigene Personalplanung sei, entschieden sich 52 für den Arbeits- und Fachkräftemangel, nur 9 für den Stellenabbau.
Berufsausbildung gesuchter als Hochschulabschluss: Besonders gesucht sind dabei derzeit Arbeitskräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung. 77 Prozent der Unternehmen spüren hier einen sehr oder eher starken Mangel. Dahinter folgen Fachwirte, Meister und ähnliche Abschlüsse mit 58 Prozent vor Schulabgängern und Auszubildenden mit 51 Prozent. Einen Mangel an Menschen mit Fach- oder Hochschulabschluss verspüren dagegen nur 47 Prozent. Nur Hilfskräfte mit 22 Prozent kommen auf einen noch niedrigeren Wert.
Für die Erhebung wurden im zweiten Quartal 638 Personalverantwortliche befragt. Die Antworten wurden anhand der Branchenzugehörigkeit und der Größe des antwortenden Unternehmens gewichtet.
(Text: dpa)
Mindestlohn-Ausnahmen für Saisonkräfte in der Landwirtschaft sind nach einer Prüfung des Bundesagrarministeriums rechtlich nicht möglich. Dies ergebe sich etwa aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz, teilte das Ressort mit. Der Mindestlohn sei als absolute Untergrenze gesetzlich verankert. Dies gelte für alle Jobverhältnisse, auch für kurzfristig Beschäftigte und Saisonkräfte. Zunächst berichtete die «Rheinische Post» darüber.
Minister Alois Rainer hatte sich aufgeschlossen für Branchenforderungen nach Ausnahmen gezeigt und die Bewertung in Auftrag gegeben. Der CSU-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Mir war sehr wichtig, diesen Weg sorgfältig zu prüfen.» Viele Betriebe stünden unter erheblichem Druck – besonders da, wo noch echte Handarbeit gefragt sei wie bei Obst und Gemüse.
Bauernverband warnt vor höheren Preisen: Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach angesichts des Prüfungsergebnisses von einem «schwarzen Tag» für die Erzeugung von Obst, Gemüse und Wein. «Diese Entscheidung lässt jedes Bekenntnis zu einer heimischen Landwirtschaft zu einer Farce werden», sagte er der «Rheinischen Post». Die Produktion werde ins Ausland verlagert. «Unsere heimischen Erzeugnisse bei Obst und Gemüse werden deutlich teurer werden, und die Inflation wird massiv angeheizt.»
Der Bauernverband hatte vorgeschlagen, dass Saisonarbeitskräfte nur 80 Prozent des Mindestlohns erhalten sollten. Das Bundesarbeitsministerium wies bereits direkt darauf hin, dass dies unzulässig sei. Der gesetzliche Mindestlohn steigt bis 2027 in zwei Stufen auf 14,60 Euro pro Stunde.
Andere Entlastungen für Landwirte: Rainer sagte, die schrittweise Erhöhung stelle viele Höfe vor große Herausforderungen. Am Ende müsse sich der Anbau wirtschaftlich tragen. «Deshalb setzen wir auf Entlastungen an anderer Stelle.» So würden Bürokratiekosten reduziert, die Stromsteuer gesenkt, und es gebe wieder Entlastungen beim Agrardiesel. «Auch künftig sollen qualitativ hochwertige und bezahlbare Lebensmittel aus unserer Heimat auf den Tisch kommen.»
(Text: dpa)
Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis sagt: „Heute ist ein tiefschwarzer Tag für das Chemiecluster Mitteldeutschland. Die Auswirkungen der angekündigten Anlagenschließungen in Böhlen und Schkopau sind verheerend - nicht nur für die 550 unmittelbar betroffenen Beschäftigten an den beiden Standorten, sondern für die gesamte Region.“ Im mitteldeutschen Chemiedreieck sei Dow mit seinen Standorten ein zentraler Akteur, von den beiden Anlagen in Schkopau und Böhlen würden in der Wertschöpfungskette zahlreiche andere Anlagen und Unternehmen abhängen.
Stephanie Albrecht-Suliak, Leiterin des IGBCE-Landesbezirks Nordost, betont: „Wir werden diese wichtige, mitteldeutsche Industrieregion nicht einfach aufgeben. Dow muss Verantwortung übernehmen – zumal das Unternehmen in Mitteldeutschland jahrzehntelang gutes Geld verdient hat.“
Weiter fordert sie: „Wirtschaft und Politik müssen jetzt alles tun, um gemeinsam nachhaltige Lösungen für die Anlagen, für den Verbundstandort und für die guten Industriearbeitsplätze in Ostdeutschland zu bauen.“ Sie kündigt an: „Wir werden um jeden einzelnen der 550 Arbeitsplätze kämpfen.“
(Text: IGBCE)
Die Wochenarbeitszeit wird auf 32,5 Stunden reduziert. Bisher arbeiten die Beschäftigten zwischen 33 und 34 Stunden pro Woche - künftig werden es weniger, was sich auf ihrem Lohnzettel bemerkbar machen wird. Die Arbeitgeber bekannten sich zu Investitionen, um Standorte zu modernisieren - das wertete die Gewerkschaftsseite als Erfolg.
Andere bislang übliche Zahlungen werden abgeschwächt, etwa das Jubiläumsgeld: Wer 25 Jahre in der Firma gearbeitet hat, bekommt bislang ein Monatsgehalt extra, künftig sind es laut IG Metall nur noch 1000 Euro. Und der Zuschlug für eine Rufbereitschaft wird halbiert.
Die Einsparungen sollen die Personalkosten pro Jahr um einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag drücken. Die IG Metall hatte von einer 200 Millionen Euro schweren «Giftliste» gesprochen, deren Wirkung in den Verhandlungen um nahezu die Hälfte abgeschwächt worden sei.
Jobabbau bekräftigt: Bereits bekannte Pläne zum Jobbau wurden konkretisiert, in der Produktion sollen 1600 Stellen bis 2029 durch die Schließung von Aggregaten wegfallen. Zusätzlich dazu sollen bis 2028 in allen Konzernbereichen 3700 Stellen gestrichen werden. Zuvor hatte es geheißen, dass «rund 5000» Stellen wegfallen sollen, nun kommt man rechnerisch auf 5300. Das ist nach Unternehmensauskunft keine Verschärfung der Sparpläne, sondern eine Präzisierung. Derzeit hat das Unternehmen rund 26.300 Beschäftigte, im vergangenen Herbst waren es noch 27.000.
Keine betriebsbedingten Kündigungen: Insgesamt soll die Stellenzahl um mehr als 11.000 auf dann weniger als 16.000 sinken, dies auch durch den Verkauf von Unternehmensteilen. Betriebsbedingte Kündigungen möchte das Unternehmen vermeiden. Ein Interessenausgleich und Sozialplan sollen bis September erarbeitet werden. Damit die Stellen wie geplant reduziert werden können, muss das Unternehmen Geld in die Hand nehmen, etwa für Abfindungen. Wie hoch diese Restrukturierungskosten sind, wurde nicht mitgeteilt.
Deutschlands größter Stahlhersteller ist wegen Konjunkturschwäche, hoher Energiepreise und Billigimporten aus Asien in die Krise geraten. Als Gegenmaßnahme will das Unternehmen seine Kapazitäten deutlich verringern, statt 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr soll das Versandniveau künftig nur noch bei 8,7 bis 9 Millionen Tonnen liegen.
In Bochum soll schon 2028 ein Standort geschlossen werden. Ein Schließungsvorhaben für ein Werk in Kreuztal-Eichen im Siegerland (NRW) ist hingegen vorerst vom Tisch. Dort soll «kurzfristig ein Konzept zur Optimierung des Standorts» umgesetzt werden, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten.
Verhandlungen an der «Schmerzgrenze»: «Das ist ein harter und schwerer Gang für alle Beteiligten, die bis zum Schluss gehofft haben, das wird schon nicht so schlimm werden», sagte Personalvorstand Dirk Schulte. Die Maßnahmen seien aber notwendig. Transformationsvorständin Marie Jaroni sprach von einem wichtigen Meilenstein für die Zukunftsfähigkeit von Thyssenkrupp Steel. «Wir bauen überschüssige Kapazitäten ab, verbessern die Effizienz und können so ein wettbewerbsfähiges Kostenniveau erzielen.»
Der Bezirksleiter der IG Metall NRW, Knut Giesler, sprach von einem Kompromiss, der für beide Seiten schmerzhafte Elemente enthalte. «Betriebsbedingte Kündigungen sind jedoch vom Tisch und Garantien für Standorte und Investitionen in die Anlagen gibt es auch – das sind gute Signale.»
«Wir sind an die Schmerzgrenze gegangen und haben Eingeständnisse nur dort gemacht, wo es wirklich nötig war, um Arbeitsplätze und Standorte zu sichern», sagte Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Stahlfirma. Man habe die Voraussetzungen geschaffen, damit das Unternehmen aus eigener Kraft aus der schwierigen Situation herauskomme. «Wir können aber nicht auf Dauer Managementfehler der Vergangenheit durch Arbeitnehmerbeiträge ausgleichen.»
Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) wertete die Einigung als einen «Beweis dafür, dass die Sozialpartnerschaft nicht "von gestern" ist». Ohne gehe es nicht. «Dass Unternehmen die Mitbestimmung achten, ist und bleibt Voraussetzung dafür, dass es für sie auch in schwierigsten Lagen einen Weg in die Zukunft gibt – und zwar gemeinsam mit ihren Beschäftigten», teilte Laumann der dpa mit.
Damit der Tarifvertrag gültig wird, steht noch die Zustimmung der IG-Metall-Mitglieder bei dem Stahlhersteller aus. Außerdem muss die Konzernmutter Thyssenkrupp die Finanzierung sicherstellen.
(Text: Wolf von Dewitz, dpa)
Sportangebote oder Essenszuschuss - um in Zeiten des Fachkräftemangels neue Beschäftigte zu gewinnen, lassen sich Arbeitgeber einige Extras einfallen. Das zeige die Auswertung von rund 34 Millionen Online-Stellenanzeigen im Zeitraum von Anfang 2019 bis Ende 2024, berichtet die Bertelsmann Stiftung.
Wen sollen die Benefits locken? Die Zahl der ausgeschriebenen Benefits hat sich von durchschnittlich 3,6 pro Anzeige im Jahr 2019 auf aktuell 9,6 Zusatzleistungen (2024) pro Stellenangebot beinahe verdreifacht. Je nach Qualifikation der gesuchten Neuzugänge variiert dabei die Zahl der Extras laut Analyse.
Besonders gut ausgebildete Menschen mit abgeschlossenem Hochschulstudium werden mit im Schnitt elf Benefits pro Stellenanzeige umworben. Fachkräften werden durchschnittlich zehn Benefits versprochen. Bei Stellen auf dem Niveau von Helferinnen und Helfern, also Personen ohne Berufsabschluss, sind es nach Angaben der Stiftung derzeit acht Benefits in der Jobbeschreibung.
«Harte» Faktoren kommen vor «weichen» Extras: Hoch im Kurs stehen bei den angepriesenen Zusatzleistungen «harte» Faktoren wie Sonderzahlungen, betriebliche Altersvorsorge oder Mitarbeiterrabatte: Solche entgeltähnliche Leistungen würden in gut zwei Dritteln der Stellenanzeigen angeboten - und sie rangierten damit aktuell ganz oben. Häufig werde auch mit Entwicklungsperspektiven gelockt - etwa mit guten Aufstiegsmöglichkeiten oder einem sicheren Arbeitsplatz, was in 37 Prozent der Stellenanzeigen offeriert werde.
Und: «Gleitzeit, Homeoffice oder Vertrauensarbeitszeit gehören immer häufiger zum Standardrepertoire der Arbeitgeber», zeigt die Auswertung. Fast jede zweite Stellenanzeige werbe zudem mit Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, hier deutlich häufiger bei gesuchter höherer Qualifikation. Nicht mehr so oft würden Gesundheitsangebote und Familienfreundlichkeit in Aussicht gestellt - und wenn, dann vor allem für gesuchtes Personal aus der Spitzengruppe.
Es zeige sich zudem: «Weiche» Extras wie «gutes Arbeitsklima» oder «Duz-Kultur» sind in den vergangenen Jahren deutlich in den Hintergrund gedrängt worden. Der Kampf um Arbeitskräfte werde intensiv geführt und Unternehmen versuchten sich dabei in ihrer Attraktivität von ihren Mitbewerbern abzusetzen, erläutert Roman Wink, Arbeitsmarktexperte der Stiftung.
(Text: dpa)
70 Prozent hätten aber kein Angebot für eine KI-Fortbildung erhalten. Bei weiteren 6 Prozent gebe es zwar entsprechende Fortbildungen, sie wurden aber bislang nicht wahrgenommen.
Für die repräsentative Studie wurden 1.005 Menschen ab 16 Jahren in Deutschland im Auftrag des Bitkom befragt.
Unternehmen, die keine KI-Schulungen anbieten, verstoßen damit unter Umständen gegen geltendes Recht. Die KI-Verordnung (AI Act) der Europäischen Union sieht vor, dass alle Unternehmen, die KI einsetzen, auch sicherstellen müssen, dass die beteiligten Personen über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen. Zum Kreis der Schulungsberechtigten gehören nicht nur die eigenen Beschäftigten, sondern auch freie Mitarbeiter, Zeitarbeiter oder Dienstleister. Das Gesetz gilt seit Februar 2025.
Wissen über Chancen und Grenzen der KI: Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst sagte, KI mache viele Tätigkeiten im Beruf einfacher und effizienter. «Wichtig ist, dass man die Tools richtig bedienen kann und auch über die Möglichkeiten und Grenzen der Technologie sowie über Datenschutz und Datensicherheit Bescheid weiß.» Auch Unternehmen, die noch keine KI einsetzten, sollten überlegen, entsprechende Fortbildungen anzubieten, denn viele Beschäftigte nutzten etwa private KI-Apps auch beruflich.
Aus der Bitkom-Umfrage geht auch hervor, dass etliche Erwerbstätige davon ausgehen, dass die KI ihre Arbeitswelt in den kommenden Jahren deutlich verändern kann. 14 Prozent befürchten sogar, dass eine KI sie in ihrem Job komplett ersetzen könnte. Jeder dritte Befragte (33 Prozent) geht davon aus, dass die KI ihre Chefs ersetzen könnte.
(Text: dpa)
Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur lehnt sich mit einer Prognose aus dem Fenster, die nur wenige freuen dürfte: «Ich rechne nicht vor Sommer nächsten Jahres, eher Herbst, damit», sagte Andrea Nahles in Nürnberg bei der Vorstellung der ernüchternden Juni-Statistik für den deutschen Arbeitsmarkt.
Verbesserung mit Verzögerung: Selbst wenn ein Wirtschaftsaufschwung früher komme, würden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt erst mit einiger Verzögerung spürbar werden. Dass es zu einer Verbesserung kommt, das glaubt die frühere Bundesarbeitsministerin sehr wohl. Die Maßnahmen der Bundesregierung, von Steuerentlastungen bis zur Stützung der Strompreise, dürften Wirkung zeigen, sagt sie. Voraussetzung sei aber, dass die internationalen Spannungen nicht zu einer Sperrung der Straße von Hormus führen, was zu Druck auf die Weltwirtschaft führen würde.
Im Juni zeigte sich der Arbeitsmarkt nicht in guter Verfassung. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist nur leicht um 5.000 auf 2,914 Millionen Menschen gesunken. Das sind 188.000 mehr als im Juni 2024, wie die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mitteilte. Die Arbeitslosenquote blieb im Vergleich zum Mai unverändert bei 6,2 Prozent. Im Vergleich zum Juni 2024 ist sie um 0,4 Prozentpunkte höher. Die Bundesagentur hat für die Juni-Statistik Datenmaterial herangezogen, die bis zum 12. Juni vorlag.
Drei Millionen im Sommer! Arbeitsmarktforscher gehen davon aus, dass in diesem Sommer die Marke von drei Millionen Arbeitslosen überschritten wird. Normalerweise sinkt die Zahl im Juni saisonbedingt deutlich, bevor es in der Sommerpause zu steigenden Arbeitslosenzahlen kommt. Die Bundesagentur müsse sich nun auf ihre Kernaufgabe konzentrieren, forderte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger: «Vermitteln, vermitteln, vermitteln.» Dies würde zu weniger Arbeitslosengeld und so auch zu stabilen Beiträgen für die Arbeitslosenversicherung beitragen.
«Am Arbeitsmarkt zeigen sich weiter die Spuren der konjunkturellen Schwäche. Die Arbeitslosigkeit entwickelt sich weiter ungünstig», sagte BA-Chefin Nahles. «Und die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen bleibt gering», fügte sie hinzu. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wachse praktisch nicht mehr.
Weniger offene Stellen: Bei der Bundesagentur waren im Juni 632.000 offene Stellen gemeldet. Das sind 69.000 weniger als noch vor einem Jahr und eine Viertelmillion weniger als noch 2022. Es sei derzeit für arbeitslose Menschen sehr schwer, einen neuen Job zu finden. «So gering waren ihre Chancen auf einen neuen Job nicht einmal während der Corona-Pandemie», sagte Nahles.
Dennoch bleibt auch das seit Jahren bekannte Paradoxon des Arbeitsmarktes bestehen: Fachkräfte sind in vielen Berufen weiterhin rar. Nahles sieht vor allem bei Frauen in Teilzeit noch Möglichkeiten. «Wir sind der Meinung, dass hier ein großes Potenzial schlummert», sagte sie. Die deutschen Frauen seien bei der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden in Europa auf dem vorletzten Rang - nur die Niederlande schnitten noch ungünstiger ab.
Weniger Lehrstellen! Der Lehrstellenmarkt für das neue Ausbildungsjahr ist weiterhin stark in Bewegung. Seit Oktober 2024 hätten sich bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern 396.000 Bewerber um einen Ausbildungsplatz gemeldet, 13.000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Dem stehen 455.000 gemeldete Ausbildungsstellen gegenüber, 25.000 weniger als im Vorjahr. «Wir müssen jetzt alles dafür tun, dass möglichst alle jungen Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen, einen solchen bekommen», sagte die Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Leonie Gebers.
(Text: Michael Donhauser, dpa)
Erfasst wurden Arbeitsunfähigkeitstage wegen Hitzschlags, Sonnenstichs, Hitzeerschöpfung und ähnlicher Diagnosen. Die vom Ministerium vorgelegte Statistik zeigt, dass diese Krankheitstage von Jahr zu Jahr schwanken, je nach Hitzelage. So lagen die Hitzefehltage 2021 nur bei knapp 32.400, im Jahr darauf bei rund 71.200. Insgesamt zeigt die Kurve seit 2015 aber nach oben.
Linken-Politiker Ince nannte die Zahlen erschreckend. «Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung handelt», sagte er. «Hitzeschäden am Arbeitsplatz können verhindert werden. Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten schützen.» Nötig sei eine Reform der Arbeitsstättenverordnung und eine Pflicht zu konkreten Hitzeschutzmaßnahmen. Nötigenfalls müsse es ein Recht auf verkürzte Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich geben, forderte Ince.
Was das Ministerium sagt: Das Sozialministerium teilte auf seine Frage mit, dass die Überarbeitung der entsprechenden Regeln «Gegenstand des aktuellen Arbeitsprogramms» des zuständigen Gremiums im Ministerium sei. Ein Zieldatum wurde nicht genannt.
Von Hitzefolgen am Arbeitsplatz sind Männer viel häufiger betroffen als Frauen. 2023 hatten Männer deswegen 63.145 Fehltage. Bei Frauen waren es mit 29.577 weniger als die Hälfte. Männer arbeiten häufiger in körperlich anstrengenden Berufen draußen, so etwa im Straßen- oder Wohnungsbau.
Grünen-Fraktion fordert Hitzeschutzmaßnahmen - oder hitzefrei!
Die grüne Bundestagsfraktion bringt Hitzefrei für Arbeitnehmer ins Spiel: In einer Beschlussvorlage des Fraktionsvorstandes, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, heißt es: «Wir wollen, dass Arbeitgeberinnen und -geber ab 26 Grad am Arbeitsplatz Maßnahmen ergreifen müssen, die dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dienen.»
Dazu könnten etwa angepasste Arbeitszeiten, längere und bezahlte Pausen sowie Sonnenschutz zählen - aber auch Ventilatoren oder die kostenlose Bereitstellung von Getränken. «Kommen Arbeitgebende dieser Verpflichtung zum Hitzeschutz nicht in angemessener Weise nach, müssen die Arbeitnehmenden ein Recht auf hitzefrei haben. Das gebietet der Gesundheitsschutz, dieses individuelle Recht wollen wir gesetzlich verankern», steht laut RND in dem Papier.
Man wisse, dass eine freiwillige Selbstverpflichtung oft nicht reiche, sagte die Grünen-Abgeordnete Ricarda Lang der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Gefragt, was das für Dachdecker oder Straßenarbeiter bedeute, sagte sie: «Natürlich wird es für diese Person bedeuten, dass sie zu bestimmten Zeiten, wo einfach die Sonne runterknallt, nicht mitten in dieser Sonne stehen, schwitzen und arbeiten muss, weil das einfach ein riesiges Gesundheitsrisiko ist.»
(Text: dpa)
Pflegepersonen verdienen dann je nach Qualifikation ein Minimum zwischen 16,10 Euro bis 20,50 Euro pro Stunde. Der Pflegemindestlohn erhöht sich damit um 12,3 bis 13,8 Prozent im Vergleich zum Stand vor zwei Jahren. Betroffen sind Beschäftigte in der Alten- beziehungsweise Langzeitpflege sowie in der ambulanten Pflege.
Sylvia Bühler, Mitglied im Bundesvorstand der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), kommentiert: „Der deutliche Anstieg ist eine gute Nachricht – und ver.di hatte einen gehörigen Anteil daran, diese beachtliche Steigerung in der Mindestlohnkommission durchzusetzen. Der Pflegemindestlohn sichert als Branchenmindestlohn eine Untergrenze, die das jahrelange Lohndumping vor allem in kommerziellen Pflegeunternehmen beendet hat.“ Diese Untergrenze sei trotz der sogenannten Tariflohnpflicht weiterhin nötig, da Arbeitgeber ohne Tarifvertrag lediglich im Durchschnitt nach Tarif zahlen müssen. Anspruch auf eine bestimmte Lohnhöhe haben Beschäftigte ohne tarifvertraglichen Schutz nur über den Pflegemindestlohn. „Deshalb arbeiten wir in der Kommission mit“, sagte Bühler.
Sie zieht eine grundsätzlich positive Bilanz zur Entwicklung der Löhne im Pflegebereich: „Die Pflegeberufe haben ordentlich aufgeholt.“ Die gewerkschaftlich organisierten Pflegekräfte könnten diese überfällige Aufwertung selbstbewusst als ihren Erfolg verbuchen. „Die Weiterentwicklung des Pflegemindestlohns hat zusammen mit der Tariflohnpflicht und den sehr guten Tarifabschlüssen in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Bezahlung in der Altenpflege stärker gestiegen ist als die Löhne in der Gesamtwirtschaft.“ Dies sei aber auch notwendig gewesen, weil die schlechte Entlohnung bei den tariflosen Trägern die Arbeit unattraktiv gemacht und letztlich die Versorgung gefährdet habe.
Dennoch gelte es, neben deutlichen Lohnsteigerungen insbesondere auch die Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern, betonte Bühler: „Nur mit attraktiven Bedingungen in der Altenpflege lassen sich die enormen demografischen Herausforderungen bewältigen.“
(Text: ver.di)