Der deutsche Arbeitsmarkt steht mit der bevorstehenden Digitalisierung der Wirtschaft nach Prognosen von Arbeitsmarktforschern vor einer massiven Job-Umschichtung. Zwar würden mit der sogenannten Wirtschaft 4.0 bis 2025 unter dem Strich kaum Arbeitsplätze wegfallen. Hunderttausende von Beschäftigten müssten sich aber beruflich völlig neu orientieren, geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.
Nach Modellrechnungen des IAB werden bis zum Jahr 2025 rund 1,5 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, zugleich aber rund 1,5 Millionen neu entstehen. «Da kommt erheblich was in Bewegung», betonte der IAB-Arbeitsmarktforscher Enzo Weber im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Studie berücksichtigt erstmals auch die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Dienstleistungsbranche.
Mit Jobverlusten rechnet das IAB vor allem im produzierenden Gewerbe. «Da wird es ein großes Minus geben. Aber da haben wir schon jetzt große Fachkräfteengpässe. Dieses Problem wird durch die Wirtschaft 4.0 eher abgemildert», ist Weber überzeugt.
Betroffen seien weniger Hilfskräfte, von denen gebe es ohnehin nicht mehr so viele, sondern vor allem der klassische Facharbeiter, etwa in der Maschinensteuerung. Bei dieser Gruppe steige mit dem Einzug sich selbst steuernder digitaler Systeme und Roboter in den Fabrikhallen vorübergehend das Risiko, arbeitslos zu werden. Viele müssten sich umfassend fortbilden, um einen neuen Job zu finden.
Hier sei neben den Unternehmen auch die Arbeitsmarktpolitik mit entsprechenden Aus- und Fortbildungsangeboten gefordert. Gebraucht würden Mitarbeiter mit IT-Kenntnissen, die in der Lage seien, «innovativ und in übergreifenden Prozessen zu denken», sagte Weber.
Dabei sei die klassische duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule durchaus eine gute Basis. Sie müsse allerdings an die digitalisierte Arbeitswelt angepasst werden. «Die duale Ausbildung muss jetzt rasch fit gemacht werden für digitale Tätigkeiten. Denn bei der Wirtschaft 4.0 geht es darum, Theorie und Praxis zusammenzubringen. Wenn sich da was in den Betrieben weiterentwickelt, haben wir in Deutschland das, was andere Industrienationen nicht anbieten können.» Gute Jobchancen haben in der digitalen Arbeitswelt von Morgen nach Einschätzung der Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit vor allem IT-Experten und Naturwissenschaftler. «Wir brauchen künftig viele Leute, die die digitale Welt mit der realen Welt in den Werkshallen zusammenbringen.» Gebraucht würden auch Fachleute, die die Mitarbeiter auf die neuen Aufgaben und das Zusammenspiel mit Robotern vorbereiten. Davon würden Weiterbildungsberufe profitieren.
Trotz der großen Job-Umwälzungen, die nach Webers Einschätzung nicht ohne Reibungen abgehen werden, könne Deutschland von der Wirtschaft 4.0 erheblich profitieren - und keineswegs nur Unternehmen und ihre Anteilseigner. Weber rechnet mit steigender Produktivität, höheren Einkommen und mehr Konsum. Dadurch würden indirekt auch andere Branchen profitieren und neue Jobs schaffen.
Fatal wäre es hingegen nach Ansicht der Forscher, die Möglichkeiten der Digitalisierung ungenutzt zu lassen. Deutschland würde damit wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten: «Produktionsrückgänge und zusätzliche Arbeitslosigkeit sind die Folgen.»
Nach der Definition des Bundeswirtschaftsministeriums zeichnet sich Wirtschaft 4.0 durch eine enge Verzahnung der Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik aus. Dabei koordinieren intelligente Maschinen selbstständig Fertigungsprozesse, Service-Roboter kooperieren in der Montage mit Menschen. Roboter sollen auch eigenständig Energie sparen, den Materialausschuss minimieren, Abläufe organisieren, Mängel melden und Nachschub organisieren - und das alles vernetzt mit den Kunden.
Der Telekomkonzern Telefonica Deutschland (O2) verliert überraschend seinen Vorstandschef Thorsten Dirks (53). Der seit Oktober 2014 amtierende Dirks wird zum Ende des ersten Quartals 2017 aus dem Vorstand ausscheiden, wie Telefonica Deutschland am Montagabend mitteilte. Zur Begründung hieß es vom TecDax-Schwergewicht, Dirks wolle sich neuen Herausforderungen stellen. Der Aufsichtsrat habe einer vorzeitigen Auflösung seines Vertrags zugestimmt. Das Kontrollgremium will sich unverzüglich mit der Nachfolge befassen und hierzu zeitnah informieren.
Im Oktober 2014 hatte Telefonica Deutschland die 8,5 Milliarden Euro schwere Übernahme des Mobilfunkers E-Plus abgeschlossen. Damit war auch der ehemalige E-Plus-Chef Dirks an die Spitze des vom spanischen Telefonica-Konzern kontrollierten Münchener Unternehmens gerückt. Die Spanier halten gut 63 Prozent der Aktien, der niederländischen KPN als ehemaliger E-Plus-Mutter gehören noch rund 15,5 Prozent. Telefonica Deutschland ist der nach Kundenanschlüssen größte deutsche Mobilfunker - noch vor der Deutschen Telekom und Vodafone.
Dirks ist derzeit auch Präsident des Digitalverbandes Bitkom. Im Zuge des Zusammenschlusses von O2 und E-Plus konnte er insbesondere mit Kostensenkungen im Tagesgeschäft punkten. Durch das Zusammenlegen der beiden Netze streicht das Unternehmen mit 1600 Jobs rund jede sechste Stelle und baut doppelt vorhandene Sendeanlagen ab, Shops wurden abgegeben oder geschlossen. Beim Umsatz steht Telefonica Deutschland im harten Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt weiter unter Druck, durch die erhöhten Abschreibungen aus der Fusion schreibt das Unternehmen seitdem auch fast durchweg rote Zahlen.
Bis der Aufsichtsrat einen Nachfolger für Dirks gefunden hat, führt er das Unternehmen mit Finanzchefin Rachel Empey und dem fürs Tagesgeschäft zuständigen Markus Haas weiter. Das Unternehmen werde seine Strategie in bisheriger Form konsequent weiterverfolgen, hieß es. Aufsichtsratschefin Eva Castillo Sanz sprach von einer «erfolgreichen Weiterentwicklung» des Unternehmens unter Dirks.
Der Elektrokonzern Siemens will mit einer Milliardenübernahme in den USA sein Geschäft mit Industriesoftware ausbauen. Für den Softwarespezialisten Mentor Graphics will Siemens 4,5 Milliarden Dollar (rund 4,1 Mrd Euro) zahlen, wie das Unternehmen Mitte November in München mitteilte. Der Abschluss des Deals wird im zweiten Quartal 2017 erwartet. Mentor ist Spezialist für Automatisierungssoftware sowie das Design von Halbleitern.
«Siemens übernimmt Mentor als Teil des Vision 2020-Konzepts und ist damit Benchmark für das neue industrielle Zeitalter», erklärte Siemens-Chef Joe Kaeser. Sein Vorstandskollege Klaus Helmrich ergänzte: «Mentor komplementiert unser starkes Angebot bei Mechanik und Software mit dem Design, Test und der Simulation von elektrischen und elektronischen Systemen.»
Mit dem Zukauf will Siemens seinen Kunden Design- und Produktionssoftware für nahezu alle Produktkategorien anbieten - von Flugzeugen über Züge bis hin zu Tennisschuhen, wie Chuck Grindstaff, zuständiger Manager für Produktsimulationssoftware bei Siemens, in einer Telefonkonferenz sagte.
Rund die Hälfte seines Umsatzes von jährlich rund 1,2 Milliarden Dollar macht Mentor mit der Chipindustrie. Siemens-Finanzchef Ralf Thomas sagte, in den vergangenen Quartalen habe Mentor etwas unter der Fusionswelle bei den Chipkonzernen gelitten - nun lasse der Gegenwind aber spürbar nach. Er verwies außerdem auf ein starkes Standbein von Mentor in der Autoindustrie, mit der das Unternehmen rund jeden fünften Dollar an Umsatz erziele.
Siemens stärkt den Softwarebereich seit Jahren durch Zukäufe. Zuletzt hatten die Münchner im Januar den Kauf von CD-adapco für knapp eine Milliarde Dollar angekündigt und sich erst kürzlich an dem kleineren Anbieter Bentley Systems strategisch beteiligt. Die Sparte mit Industriesoftware ist eine der profitabelsten bei Siemens, gilt aber auch als relativ konjunkturanfällig. Vergleichsweise hohe Gewinnspannen soll auch Mentor nun mitbringen.
Sowohl Mentor-Großaktionär Elliott Management als auch Mentor-Chef Walden Rhines unterstützen das Geschäft. «Siemens' Ressourcen und zusätzliche Investitionen werden es uns ermöglichen, Neuerungen noch schneller einzuführen und unsere Vision zu beschleunigen, die Entwicklung von kompletten automatisierten Designlösungen für elektronische Systeme zu schaffen», erklärte Rhines.
Die Münchner gehen davon aus, dass der Neuerwerb ab dem dritten Jahr nach Abschluss zum Gewinn beiträgt. Ab dem vierten Jahr soll sich das Geschäft vor Zinsen und Steuern dank einer größeren Kundenkartei und Kostensenkungen mit rund 100 Millionen Euro positiv bemerkbar machen. Vorher dürften aber durch die Integration in den ersten beiden Jahren auch jeweils Kosten in dieser Höhe anfallen, sagte Thomas.
Siemens tritt mit seiner Sinalytics getauften Plattform für Industriesoftware auch gegen die Bestrebungen von Rivalen an. US-Konkurrent General Electric baut das Geschäft mit Softwareprogrammen auf seiner Plattform Predix aus. Die Kalkulation der Konzerne: Je mehr sie den Kunden aus einer Hand anbieten können, umso weniger können Konkurrenten in ihren Kundenbeständen wildern, weil ein Umstieg schwieriger wird.
Mit dem Zukauf arbeitet Kaeser auch weiter an der Neuausrichtung des Konzerns auf die Schwerpunkte Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung. Erst zur Bilanzvorlage in der vergangenen Woche hatte er angekündigt, die Medizintechnik an die Börse zu bringen und damit weiter zu verselbstständigen. Das Geschäft soll auch künftig weiter unter dem Dach von Siemens geführt werden.
Eine auf zwei Jahre befristete «Experimentierklausel» solle vom Bundeskabinett verabschiedet werden. «Ich bin sicher, dass nächstes Jahr der Startschuss kommt.» Das Arbeitszeitgesetz geändert werden solle allenfalls, «wenn die Experimentierphase ergibt, dass das sinnvoll und notwendig ist».
Mit einem neuen «Weißbuch Arbeiten 4.0» werde sie Ende November ihre Vorschläge zur Wahlarbeitszeit in die Ressortabstimmung innerhalb der Regierung geben, kündigte Nahles an. «Das beinhaltet auch das Rückkehrrecht aus der Teilzeit in die frühere Arbeitszeit.»
Es beruft sich dabei auf eine Befragung von bundesweit 9000 Unternehmen. Die Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit untersucht dabei das gesamte Stellenangebot, also auch jene freien Stellen, die den Arbeitsagenturen nicht gemeldet wurden. Die prozentual stärkste Steigerung gab es zuletzt im Baugewerbe. Dort waren im dritten Quartal 93 000 Jobs unbesetzt; vor einem Jahr waren es nur 66 000 gewesen.
Im Vergleich zum zweiten Quartal sank die Zahl offener Stellen jedoch um 24 000. Nach IAB-Einschätzung hatte dies hauptsächlich saisonale Gründe.
Im Vorjahr war dieser Rückgang allerdings wesentlich schwächer ausgefallen.
Durch den Umzug seiner Europa-Zentrale von London in das Rhein-Main-Gebiet will der südkoreanische Elektronik-Riese LG seine Geschäftsaktivitäten auf dem Kontinent stärker bündeln. Mit der Verlegung verfolge das Unternehmen eine Strategie, «alles unter einen Dach zu bringen», sagte der für Personalfragen zuständige Vizepräsident bei LG Electronics, Oliver Grohmann, in Seoul. Deutschland habe einen größeren «Strategiewert» als Großbritannien.
Den Umzug in das direkt an Frankfurt grenzende Eschborn beschrieb der Deutsche als eine große Herausforderung für das Unternehmen. LG habe in Deutschland keinen starken Namen wie in Südkorea oder auch in den USA. «Wir müssen uns die Reputation erarbeiten, wir sind im Markt noch nicht bekannt genug», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
LG, die Nummer zwei der südkoreanischen Elektronikhersteller hinter Samsung, hatte die Verlegung seiner Europa-Firmenzentrale zusammen mit der deutschen Niederlassung in Ratingen bei Düsseldorf im April angekündigt. In der Nähe des größten deutschen Flughafens sind weitere südkoreanische Konzerne wie der LG-Rivale Samsung sowie die Autohersteller Hyundai und Kia vertreten.
«Deutschland hat für die ganze Produktpalette von LG ein großes Potenzial, es liegt im Herzen Europas», sagte Grohmann, der seit August 2015 als Personaler bei LG tätig ist. «Wir würden gerne unsere Aktivitäten in Zukunft bündeln.»
Als weitere Gründe für den Umzug nach Deutschland nannte LG eine «herausragende» Infrastruktur, einen starken Konsumentenmarkt und Wachstumsmöglichkeiten bei industriellen Anwendungen wie Solar, Licht oder Autoteilen. Auto-Komponenten einschließlich Displays und Batterien würden für LG immer wichtiger, sagte ein Firmensprecher. «Unser größer Fokus richtet sich auf Elektro-Autos.» LG ist hinter Samsung die Nummer zwei im weltweiten Markt für TV-Geräte. Daneben stellt das Unternehmen auch Smartphones, Kühlschränke und andere Haushaltsgeräte her.
Der Umzug ist den Angaben von LG zufolge noch im Gange, er soll bis Frühjahr 2017 abgeschlossen werden. Derzeit sucht das Unternehmen in Europa und darüber hinaus noch Mitarbeiter. In der neuen Europa-Zentrale sollen bis zu 500 Menschen arbeiten.
LG hatte Grohmann, der zuvor bei Lufthansa und Daimler gearbeitet hat, vor mehr als einem Jahr ins Boot geholt. Er ist unter anderem für die 40 000 Mitarbeiter von LG im Ausland zuständig, in ganz Europa sind es rund 5000. In Südkorea arbeiten noch einmal etwa 40 000 Menschen.
Roboter, in der Industrie längst Alltag, greifen auch auf Büroberufe über: Humanoide, also menschenähnliche Roboter übernehmen bereits heute Aufgaben in Hotels, im Handel und in Restaurants. Sie kochen, bedienen oder beraten Kunden. Sie kommunizieren ähnlich wie Menschen über Sprache, Gestik und teilweise sogar über Mimik. In Japan, China und zunehmend in den USA ist seit geraumer Zeit ein regelrechter Roboter-Hype zu beobachten - in den USA und in Japan laufen laut wissenschaftlicher Studien fast die Hälfte, in Großbritannien rund ein Drittel heutiger Berufe Gefahr, durch Robotisierung ersetzt zu werden.
Diese Entwicklung dürfte sich auch bald auf Deutschland übertragen, verbunden mit der Hoffnung, insbesondere Personalkosten drastisch zu reduzieren. »Aber viele Unternehmen setzen unreflektiert Roboter ein, ohne vorher zu wissen, was diese Veränderungen für Beschäftigte, Unternehmenskultur und Kundenbeziehungen bewirken«, warnt Prof. Dr. Ruth Stock-Homburg von der TU Darmstadt. Und das, obwohl in hunderten von Studien nachgewiesen wurde, dass die Beschäftigten und die Kultur eines Unternehmens ganz oben auf der Hitliste ökonomischer Erfolgstreiber von Unternehmen rangieren.
Einer Reihe von Fragen zur Robotisierung von Büro- und Dienstleistungsberufen ging die umfangreiche Darmstädter Studienreihe »Robots@work4.0« der TU Darmstadt in Kooperation mit Leap in Time unter Leitung von Professorin Ruth Stock-Homburg nach. Mehr als 700 Führungskräfte und Mitarbeiter aus Deutschland und den USA gaben ihre Einschätzungen preis: Was trauen heutige Büroarbeiter einem Roboter zu? Wie aufgeschlossen sind heutige Büroarbeiter gegenüber Robotern? Können arbeitende Menschen sich einen Roboter als Kollegen, Mitarbeiter oder gar als Chef vorstellen? In welchen Dienstleistungsbereichen können Roboter zukünftig sinnvoll eingesetzt werden?
Distanziertes Verhältnis zum Kollegen Roboter: »Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn und Unsinn des Robotereinsatzes in Büro- und Dienstleistungsberufen hängt sehr stark vom Aufgabenbereich ab«, so Stock-Homburg, 82 Prozent der Befragten sähen in Robotern eine wertvolle Unterstützung bei der Erledigung von Arbeitsaufgaben, jedoch nur zwei von drei Befragten hätten Spaß daran, mit Robotern zu arbeiten. Rund die Hälfte der Befragten traut sich einen unkomplizierten Umgang mit einem Roboter zu. In Sachen Kreativität oder Emotionen im Arbeitskontext wird Robotern mäßig viel zugetraut: Immerhin sprechen mehr als 80 Prozent der Befragten Robotern zu, Gefühle zeigen zu können; mehr als 30 Prozent trauen einem Roboter sogar zu, Gefühle zu erkennen oder gar kreativ zu sein. Ein überraschend hoher Prozentsatz vor dem Hintergrund, dass nach heutigem Stand der Technik sowohl kreative als auch emotionale Verhaltensweisen von Robotern weitestgehend programmiert sind und nicht autonom funktionieren. Hier klaffen also Stand der Technik und subjektive Wahrnehmungen von Robotern deutlich auseinander. Viele setzen auf »künstliche Intelligenz«, mit der Roboter bald selbstlernend und autonom agieren können.
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Der Frage, wie aufgeschlossen heutige Büroarbeiter gegenüber Robotern sind, gingen die Forscher in einem Kulturvergleich zwischen Deutschland und den USA nach: Mehr als 60 Prozent der Befragten beider Länder können sich vorstellen, durch einen Roboterassistenten unterstützt zu werden. Allerdings sollte dieser eher repetitive, unliebsame Aufgaben wie Ablage und Dokumentation, Terminbuchungen sowie Boten- oder Recherchedienste erledigen.
Interessanterweise würden 21 Prozent der Befragten einem Roboter mehr vertrauen als einem menschlichen Kollegen. Gründe dafür werden in geringerer Fehlerhäufigkeit, höherer Berechenbarkeit und Kontinuität im Verhalten gesehen. Allerdings verzichtet die Mehrzahl der Befragten gerne auf Emotionen: »Sonst schalte ich das Ding aus«, ist der Tenor der Befragten zu diesem Thema.
Auf Augenhöhe als Kollegen würde nur jeder Dritte einen Roboter akzeptieren: »Roboter setzen lediglich vorprogrammierte Entscheidungen um; die Eigenständigkeit lässt stark zu wünschen übrig«, so ein Befragter.
Man kann sich beispielsweise vorstellen, dass Roboter in Meetings Informationen beitragen, Protokoll führen, als unternehmensweite Datenbank agieren und umgehend Faktenwissen bereit stellen oder aber Optimierungstätigkeiten hinsichtlich Zeit- und Aufgabenverteilung in Projekten übernehmen. Zur Verknüpfung komplexer Sachverhalte und detaillierten Abstimmung mit Mitarbeitern sieht der Großteil der Befragten Roboter noch nicht in der Lage.
Als Führungskraft sind Roboter fast ein Tabu: Immerhin würden 15 Prozent der befragten Amerikaner und 8 Prozent der deutschen Befragten einen humanoiden Roboter-Chef akzeptieren. Warum nur so wenige? »Ein Roboter hat kein Gefühl für meine familiäre Situation oder andere Sorgen, die in den Job hinein strahlen«, äußert sich eine Befragte. »Eine Maschine kann nicht über einen Menschen urteilen ... und kann auch nicht Vorbild sein«, führt ein anderer Befragter an. Diejenigen Befragten, die sich einen Robo-Chef durchaus vorstellen können, nennen als Gründe die geringere Fehlerhäufigkeit und Subjektivität. »Roboter sind gerechter und weniger launisch«, so ein Befragter.
Nach Ansicht von Professorin Stock-Homburg wird die Robotisierung viele klassische Jobs entbehrlich machen. »Aber es werden automatisch neue, eher konzeptionelle Jobs für unsere zukünftigen Generationen entstehen. Unternehmen sollten diese zukünftigen Jobs eruieren und bereits frühzeitig neue Berufsfelder schaffen, bevor sie unreflektiert Roboter einsetzen.« So zeigt die Darmstädter Zukunftsstudie (2016), dass Unternehmen, die sich intensiv mit neuen Berufsfeldern beschäftigen, erfolgreicher sind.
Neues Dienstleistungszeitalter: Werden Roboter ein neues Dienstleistungszeitalter einläuten? Die Antwort lautet nach der Studienreihe »eindeutig ja«, so der Darmstädter Wirtschaftsingenieur und Projektleiter des Robotikteams, Moritz Merkle, »75 Prozent unserer Befragten würden Dienstleistungen von einem Roboter als Kunden akzeptieren«. Und in Merkles Experimentereihe mit rund 300 Teilnehmern erzielte ein humanoider Rezeptionsroboter nahezu identische Kundenzufriedenheitswerte und nur leicht geringere Bewertungen in puncto Dienstleitungsqualität im Vergleich zu seinen menschlichen Kollegen.
Die meisten Befragten können sich Dienstleistungsroboter als Rezeptionisten an Empfangs- und Informationsschaltern, als Kassierer in Supermärkten oder Autovermietungen, am Schalter von Bahnhöfen, Flughäfen oder sogar Banken sowie in der Gastronomie vorstellen. Mehr als 80 Prozent der Befragten aber bevorzugen für sensible, persönliche Dienstleistungen, wie z. B. komplexe Finanzberatungen, psychologische oder ärztliche Betreuung den Kontakt mit Menschen. Insgesamt zeigt sich auch für den Einsatz von Robotern als Büroarbeiter sowie als Dienstleister: »Der Mensch bleibt offensichtlich Mittel-Punkt - Roboter wird vorerst nur Mittel bleiben«, so Jasmine Plechatsch, Geschäftsführerin von Leap in Time und Mitgründerin des Future Innovation Lab.
Fakten zur Studienreihe »Robots@work4.0«:
• 2 Experimentereihen mit rund 300 Teilnehmern
• 2 großzahlige Befragungen mit mehr als 400 Führungskräften und Mitarbeitern in Deutschland und in den USA
• 3 qualitative Studien mit rund 80 Interviewpartnern
Details nannte sie noch nicht. Seitens der GDL gab es zunächst keine Stellungnahme zum aktuellen Verhandlungsstand.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) dringt in den Verhandlungen für das Zugpersonal auf mehr freie Wochenenden, verlässlichere Schichtpläne und einen schnelleren Abbau von Überstunden.
Vor gut zwei Wochen hatte die Bahn Vorschläge zur Entlastung bestimmter Personalgruppen gemacht, aber die Forderungen der GDL etwa zur Schichtplanung zurückgewiesen. Was die GDL fordere, würde nach Ansicht der Bahn praktisch zu einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich führen. Zum Zugpersonal zählen rund 33 000 Lokführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen, Lokrangierführer und Disponenten. Die Bahn führt parallel auch Tarifgespräche mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die mit der GDL konkurriert. Die EVG verhandelt für rund 100 000 Beschäftigte des Konzerns und hatte zuletzt mit Warnstreiks gedroht.
Mit Blick auf voraussichtlich tausende Flüchtlinge, die sich im kommenden Jahr arbeitslos melden werden, stellt die Bundesagentur für Arbeit (BA) vorsorglich mehr Geld für die Ausbildungs-Förderung und berufliche Weiterbildung zur Verfügung. Das Budget im Bereich der Eingliederungshilfe werde um 610 Millionen Euro erhöht, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise am Freitag in Nürnberg. Die zusätzliche Summe stehe allerdings nicht zweckgebunden für Flüchtlinge bereit.
«Die, die Hilfe brauchen, bekommen sie - unabhängig von ihrem Status Mann, Frau, Geflüchtete oder wie auch immer», betonte Weise. «Es ist für alle Menschen, für die wir zuständig sind, genügend Geld da.» Im vom BA-Verwaltungsrat genehmigten Haushalt gebe es auch keinen eigenen Haushaltstitel für Flüchtlinge. Der Verwaltungsrats-Vorsitzende, Peter Clever, sagte: Es werde niemanden, der Unterstützung benötige, auch nur ein Euro weggenommen, weil die BA die Flüchtlingsaufgabe zu Schultern habe. Er sprach von einem «Haushalt der Chancen». Als Beispiel nannte Clever die Förderung schwerbehinderter Menschen, für die jetzt 130 Millionen Euro eingeplant seien, nach 84 Millionen im Jahr 2015 und 92 Millionen im aktuellen Haushalt. Für das Arbeitslosengeld - die größte Ausgabenposition im Haushalt - sind 15,6 Milliarden Euro vorgesehen, für die Arbeitsförderung weitere 9,9 Milliarden Euro. Weil es am Arbeitsmarkt derzeit rund läuft, sind die Kassen der BA gut gefüllt: Weises Behörde geht im neuen Jahr von einem Überschuss in Höhe von 1,5 Milliarden Euro aus. Die Rücklage für schlechte Zeiten soll bis Ende kommenden Jahres 11,4 Milliarden Euro betragen. «Das ist ein Zeichen für eine gute, gesunde, nachhaltige Entwicklung», meinte Weise, für den es seine letzte Haushaltsberatung als BA-Chef war. Der 65-Jährige gibt das Amt im Frühjahr 2017 ab. Die BA rechnet damit, dass sich im kommenden Jahr etwa 164 000 geduldete Flüchtlinge oder solche, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, bei den Arbeitsagenturen neu arbeitslos melden werden. Zum Stand Oktober 2016 waren es 32 000. In die Zahl nicht mit eingerechnet sind Flüchtlinge, die bei den Jobcentern registriert sind.
Bei nur rund einem Prozent der Befragten sei eine Bescheinigung zum Einsatz gekommen. Mit der Einführung des Mindestlohns wurde befürchtet, die ohnehin schwierige Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt werde erschwert.
Daher können Arbeitgeber Langzeitarbeitslosen in den ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung weniger als 8,50 Euro zahlen. Die Bescheinigungen müssen die Langzeitarbeitslosen selbst beantragen, um ihrem Arbeitgeber nachzuweisen, dass sie zuvor ein Jahr ohne Stelle waren. Der Studie zufolge hat eine Befragung von 84 Jobcenter-Mitarbeitern ergeben, dass nach ihrer Einschätzung die Regelung weder für Jobcenter noch für Arbeitgeber und Langzeitarbeitslose attraktiv sei. Demnach ist aus Sicht der Jobcenter-Mitarbeiter gerade die Höhe des Lohns für die Langzeitarbeitslosen Motivation, eine Beschäftigung aufzunehmen.
Die Mitarbeiter gaben zudem an, dass sich die Vorbehalte von Arbeitgebern hinsichtlich Motivation oder Arbeitstugend von Langzeitarbeitslosen nicht durch geringere Löhne ausräumen ließen. Grüne und SPD sprachen sich für die Abschaffung dieser Regelung aus.