Zweite Papier-Tarifverhandlung ohne Ergebnis

IGBCE und Arbeitgeber haben am gestrigen Mittwoch (26. Oktober) in Sulzbach die zweite Bundestarifverhandlung für die rund 40.000 Beschäftigten in der Papier erzeugenden Industrie vertagt.
Zweite Papier-Tarifverhandlung ohne Ergebnis
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IGBCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn betont: „Eine Krisensituation - wie die Arbeitgeber sie darstellen - sehen wir für die Branche nicht. Die Lage ist ernst, aber die Branche ist robust.“ Klar sei: „Bei unseren Leuten muss eine dauerhafte Entlastung und damit eine nachhaltige Erhöhung der Entgelte im Portemonnaie spürbar sein. Ihre Arbeit muss gerecht entlohnt werden.“ Denn die gesellschaftliche Verantwortung, wie sie von der Arbeitgeberseite immer wieder betont werde, bedeute auch Nachhaltigkeit in den Entgelten und in der Rentenpolitik.

Die Papiergewerkschaft IGBCE fordert in der diesjährigen Tarifrunde eine deutliche Steigerung der Vergütungen um einen tabellenwirksamen Festbetrag rückwirkend zum 1. Oktober 2022. Dieser soll unter Beachtung der Preissteigerungsrate die Kaufkraft der Mitglieder sichern. Außerdem soll die Attraktivität der Schichtarbeit durch die Verdopplung der Durchfahrzulage gesteigert werden. Die Durchfahrzulage erhalten Beschäftigte, die im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb arbeiten. Derzeit liegt sie bei fünf Prozent. Die IGBCE-Tarifkommission will sie in dieser Tarifrunde auf zehn Prozent verdoppeln.

Denn Personalnotstand ist in der Papierindustrie – und vor allem im Schichtsystem – ein riesiges Problem. Rund zwei Drittel der Papier-Beschäftigten arbeiten auf Schicht. „Vertagen bringt uns da nicht weiter. Wir brauchen jetzt Lösungen für unsere Leute auf Schicht, die besonders belastet sind und müssen ihre Arbeit attraktiver machen“, unterstreicht Weißenborn. Andernfalls liefen den Arbeitgebern die Beschäftigten in besser zahlende Branchen davon.

Die Branche der Papier erzeugenden Industrie ist breit gefächert: Rund 3000 verschiedene Papiersorten gibt es, unterteilt in vier Bereiche. Mehr als die Hälfte aller Papiere wird für Verpackungen produziert. Grafische Papiere machen mit Zeitungen und Zeitschriften rund 32 Prozent aus. Hygienepapiere, also etwa Toilettenpapier und Küchenrolle, haben einen Anteil von sieben Prozent an der Gesamtproduktion. Zu technischen und Spezialpapieren (sechs Prozent an Papierproduktion) zählen zum Beispiel Papiere für Etiketten, Teebeutel oder Zigaretten. Zu den größten Betrieben der Branche gehören der Hersteller grafischer Papiere UPM, der Hygieneartikelproduzent Essity Operations und Schoeller Technocell.

Weiter verhandelt wird am 18. November (Freitag) im hessischen Sulzbach.

(Text: IGBCE)

Absage an Tarifgespräche

Trotz Streikdrohung der IG Metall bleibt der Windanlagenbauer Vestas bei seiner Absage an Tarifverhandlungen für seine 1700 Beschäftigten in Deutschland. «Vestas ist der festen Überzeugung, dass die Entscheidungsfreiheit unter enger Einbeziehung des von den Vestas-Mitarbeitenden gewählten Betriebsrats klare Vorteile gegenüber einem Tarifvertrag hat», teilte ein Sprecher des Unternehmens der dpa mit.
Absage an Tarifgespräche
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«Wir stellen den Wert von Tarifverträgen nicht in Frage, aber wir sind der festen Überzeugung, dass unser Ansatz, auch vergütungsrelevante Themen in vertrauensvoller Zusammenarbeit ausschließlich mit unserem Betriebsrat zu vereinbaren, im besten Interesse aller unserer Mitarbeitenden sowie des Unternehmens ist.»

Vestas reagierte damit auf den Aufruf der IG Metall zu einer Urabstimmung unter den Beschäftigten der Vestas Deutschland GmbH (Hamburg). Seit Dienstag (25. Oktober) wurde dort für insgesamt drei Tage über einen unbefristeten Streik abgestimmt. Die Urabstimmung sei eine Reaktion auf die Weigerung des Unternehmens, in Tarifgespräche einzusteigen.

«Wir bedauern, dass die IG Metall nun zu einer Urabstimmung aufgerufen hat», hieß es in der Mitteilung des Sprechers. «Die Folgen der Pandemie, der Krieg Russlands in der Ukraine und andere externe Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, haben Vestas und die Windindustrie insgesamt hart getroffen.» Dennoch habe Vestas eine Vereinbarung vorgeschlagen, um die Gehälter der Service-Mitarbeiter deutlich zu erhöhen. «Der Betriebsrat hat sich jedoch, nach Diskussionen mit der IG Metall, entschieden, die vorgeschlagene Vereinbarung nicht zu unterzeichnen.»

Die IG Metall beklagt seit langem, dass zwar viele Zulieferer der Windindustrie, zum Beispiel Maschinenbauer, traditionell dem Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie unterliegen. Bei Herstellern und im Servicebereich habe sich die Windbranche aber bisher weitgehend verbindlichen tariflichen Regeln verweigert.

(Text: dpa)

VW-Beschäftigte fordern 8 Prozent mehr Geld

Die Tarifverhandlungen beim Autobauer Volkswagen haben begonnen. Die Gewerkschaft IG Metall fordert für die rund 125 000 Beschäftigten im Geltungsbereich des Haustarifvertrags unter anderem 8 Prozent mehr Geld. Verhandelt wird darüber seit dem heutigen Dienstagnachmittag (25. Oktober) in Braunschweig.
VW-Beschäftigte fordern 8 Prozent mehr Geld
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IG-Metall-Bezirkschef Thorsten Gröger erklärte vorab, der VW-Konzern komme bisher gut durch die verschiedenen Krisen. Die Aktionäre habe VW bereits mit einer Rekorddividende an der guten Geschäftslage teilhaben lassen. Jetzt erwarte man, dass der Arbeitgeber «für eine Stabilisierung der Einkommen in der aktuellen Lage» sorge und so den privaten Konsum am Leben halte. Man rechne aber mit zähen Gesprächen.

Neben der Entgelterhöhung fordert die IG Metall auch eine Verlängerung des Tarifvertrags über die Altersteilzeit, mehr freie Tage für Mitglieder der Gewerkschaft sowie eine Übernahme der Semestergebühren für Beschäftigte im dualen Studium.

VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel sagte: «Die Tarifrunde 2022 wird aufgrund der Vielzahl an Unsicherheiten anspruchsvoll.» Es werde darum gehen, «gemeinsam eine tragfähige Lösung für die Beschäftigten und für das Unternehmen zu erzielen». Das sei 2021 gelungen und auch das Ziel für die diesjährige Tarifrunde.

Der VW-Haustarif gilt für die Stammbelegschaft der sechs westdeutschen VW-Standorte in Braunschweig, Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter und Wolfsburg sowie bei einigen Töchtern. Die Friedenspflicht endet zum 30. November 2022.

(Text: dpa)

Airbus zahlt Beschäftigten Sonderprämie von 1500 Euro

Der europäische Luftfahrtkonzern Airbus bezahlt seinen Mitarbeitern wegen der hohen Inflation und der Energiekrise eine Sonderprämie. Für die Beschäftigten in Deutschland, Frankreich und Spanien belaufe sich die Einmalzahlung auf 1500 Euro, bestätigte ein Airbus-Sprecher am gestrigen Dienstag (25. Oktober) entsprechende Informationen der Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX aus einem internen Brief an die Mitarbeiter.
Airbus zahlt Beschäftigten Sonderprämie von 1500 Euro
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Die Belegschaft in Großbritannien soll 1500 britische Pfund (etwa 1720 Euro) pro Person erhalten, in anderen Ländern soll es ebenfalls Sonderzahlungen geben. Ausgezahlt werden solle das Geld mit der nächsten Gehaltsabrechnung an etwa 120 000 Mitarbeiter.

Die Gewerkschaft IG Metall lobte den Schritt: «Airbus geht mit gutem Beispiel voran», sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste. Die Sonderzahlung helfe den Beschäftigten, mit den stark steigenden Preisen klar zukommen. Allerdings reichten solche einmaligen Zahlungen nicht aus. Deshalb müsse eine Tabellenerhöhung in den laufenden Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie dauerhaft für mehr Geld bei den Beschäftigten sorgen.

So hatte die Gewerkschaft IG BCE für die Beschäftigten der Chemie- und Pharmabranche vor wenigen Tagen neben dauerhaften Lohnerhöhungen von je 3,25 Prozent in zwei Stufen auch zwei steuerfreie Sonderzahlungen von je 1500 Euro durchgesetzt. Die Option abgabenfreier Einmalzahlungen bis zu 3000 Euro hatte die Bundesregierung im Kampf gegen die Inflation möglich gemacht.

(Text: dpa)

Tarifverhandlungen in der Papierindustrie

Keine Einigung: IGBCE und Arbeitgeber haben am 19. Oktober in Fulda nach hitzigen Diskussionen die erste Bundestarifverhandlung für die rund 40.000 Beschäftigten in der Papier erzeugenden Industrie vertagt.
Tarifverhandlungen in der Papierindustrie
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Nach der Wirtschaftsdebatte der beiden Seiten zeigt sich IGBCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn ernüchtert: „Die Arbeitgeber müssen uns nicht erzählen, wie teuer alles geworden ist. Jede und jeder muss gerade mehr zahlen. Deshalb brauchen unsere Kolleginnen und Kollegen jetzt auch dringend mehr Geld im Portemonnaie.“ Der Papierbranche gehe es gut, sie habe in den vergangenen Corona-Jahren unglaublich gut verdient, der Umsatz sei gestiegen und die Auslastung der Kapazitäten sei sehr hoch. Gleichzeitig würden die Papierunternehmen durch die von Gaskommission vorgestellte Gaspreisbremse bei ihren Kosten voraussichtlich bald mehr entlastet als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Papiergewerkschaft IGBCE fordert in der diesjährigen Tarifrunde eine deutliche Steigerung der Vergütungen um einen tabellenwirksamen Festbetrag rückwirkend zum 1. Oktober 2022. Dieser soll unter Beachtung der Preissteigerungsrate die Kaufkraft der Mitglieder sichern. Außerdem soll die Attraktivität der Schichtarbeit durch die Verdopplung der Durchfahrzulage gesteigert werden. Die Durchfahrzulage erhalten Beschäftigte, die im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb arbeiten. Derzeit liegt sie bei fünf Prozent. Die IGBCE-Tarifkommission will sie in dieser Tarifrunde auf zehn Prozent verdoppeln.

Im Schnitt arbeiten zwei Drittel der Beschäftigten in den Papierfabriken im Schichtsystem. „Gerade in diesem Bereich herrscht Personalnotstand, die Arbeitgeber finden keine Leute mehr.“ Die IGBCE wolle deshalb für die besonders belasteten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schichtdienst nachhaltig etwas tun. „Es müsste auch das ureigene Interesse der Arbeitgeber sein, diesen Beschäftigten etwas zu bieten“, betont Weißenborn.

Die Branche der Papier erzeugenden Industrie ist breit gefächert: Rund 3000 verschiedene Papiersorten gibt es, unterteilt in vier Bereiche. Mehr als die Hälfte aller Papiere wird für Verpackungen produziert. Grafische Papiere machen mit Zeitungen und Zeitschriften rund 32 Prozent aus. Hygienepapiere, also etwa Toilettenpapier und Küchenrolle, haben einen Anteil von sieben Prozent an der Gesamtproduktion. Zu technischen und Spezialpapieren (sechs Prozent an Papierproduktion) zählen zum Beispiel Papiere für Etiketten, Teebeutel oder Zigaretten. Zu den größten Betrieben der Branche gehören der Hersteller grafischer Papiere UPM, der Hygieneartikelproduzent Essity Operations und Schoeller Technocell.

Weiter verhandelt wird nächste Woche Mittwoch (26. Oktober) im hessischen Sulzbach.

(Text: IGBCE)

Tarifpartner sprechen wieder miteinander

Nach dem Pilotenstreik bei Eurowings mit Hunderten Flugausfällen wollen die Tarifparteien an den Verhandlungstisch zurückkehren. Man wolle die Gespräche wieder aufnehmen, teilten die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit und die Lufthansa-Tochter am gestrigen Mittwoch (19. Oktober) gemeinsam mit.
Tarifpartner sprechen wieder miteinander
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Am Montag (17. Oktober) hatte ein dreitägiger Ausstand begonnen, in dessen Folge rund 800 Flüge gestrichen wurden. In der Mitteilung hieß es, der planmäßige Betrieb werde am heutigen Donnerstag (20. Oktober) wieder aufgenommen. «Das ist vor allem für alle Eurowings-Kundinnen und -Kunden eine gute Nachricht.»

Die VC will Entlastungen für die Piloten durchsetzen. Weil das vom Arbeitgeber vorgelegte Angebot ihr nicht ausreichte, hatte die Gewerkschaft zum Streik aufgerufen: Erstmals für einen Tag am 6. Oktober und ab diesem Montag in einer zweiten Welle für drei aufeinanderfolgende Tage. Zehntausende Reisende mussten umplanen. Zuvor hatten bei der Lufthansa-Kerngesellschaft bereits das Bodenpersonal und ebenfalls die Piloten jeweils einen Tag gestreikt.

Nach Darstellung der Gewerkschaft sind die 800 Eurowings-Piloten bei der Arbeitsbelastung «am Limit». Daher sei eine Entlastung dringend geboten. Die VC fordert unter anderem, die maximale Wochenarbeitszeit um fünf auf 50 zu verringern. Eurowings bot drei Stunden. Die VC wollte 14 zusätzliche freie Tage, während Eurowings zehn anbot. Auch bei der Verlängerung der Ruhezeiten und der Verkürzung der maximalen Flugdienstzeiten kamen die Tarifparteien auf keinen gemeinsamen Nenner.

In dem Arbeitskampf versuchte Eurowings zwar, die streikbedingten Lücken mit Personal und Flugzeugen von Partnerfirmen zu stopfen. Das gelang zuletzt aber immer schlechter: Zu Wochenbeginn fiel etwa jeder zweite Flug von Eurowings Deutschland aus. Am Mittwoch lag der Anteil bei zwei Dritteln.

Der Streik kostete die Firma nach Angaben des Managements jeden Tag einen zweistelligen Millionenbetrag. Das bedrohe auch Arbeitsplätze, warnte Finanzchef Kai Duve. Dass die Gewerkschaft ausgerechnet jetzt, da man nach einem schwierigen Sommer wieder im Aufschwung sei, für Frust unter Reisenden und finanziellen Ballast sorge, sei unverständlich. Die Gewerkschaft habe «Maß und Mitte» verloren, kritisierte Duve. In einem offenen Brief forderte die Firmenspitze die Gewerkschaft auf, den Streik abzubrechen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Als die Gewerkschaft nicht reagierte, teilte die Geschäftsführung am Dienstag mit, dass die Wachstumspläne für das kommende Jahr gestoppt würden: Man werde weniger Maschinen als bisher geplant haben. Neueinstellungen und Kapitänsbeförderungen werde es vorerst nicht geben. Die Gewerkschaft schüttelte darüber den Kopf. Das sei eine nicht sachgerechte «Eskalationsrhetorik», sagte VC-Sprecher Matthias Baier. Wachstum sei nie Teil der Verhandlungen gewesen.

Mit der gemeinsamen Ankündigung, die Verhandlungen wiederaufzunehmen, stehen nun die Zeichen erstmal auf Entspannung. Ein Verhandlungstermin wurde zunächst nicht bekannt. Nach den öffentlichen Unmutsbekundungen wollen die Tarifpartner wohl mit kühleren Köpfen hinter verschlossenen Türen sprechen. In der Mitteilung hieß es: «Über die Inhalte der weiteren Gespräche haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart.»

Und die Entscheidung, die Wachstumspläne abzuspecken: War das ein Druckmittel, das nun doch nicht umgesetzt wird? Auf diese Frage sagte ein Eurowings-Sprecher, die Geschäftsführung habe die Entscheidung getroffen, und sie bestehe weiter.

(Text: Wolf von Dewitz und Christian Ebner, dpa)

2023 fehlen bundesweit rund 384 000 Kita-Plätze

Im kommenden Jahr stehen einer Bertelsmann-Studie zufolge deutlich weniger Kita-Plätze zur Verfügung, als benötigt werden. Wie aus neuen Berechnungen für den bundesweiten Ländermonitor Frühkindliche Bildung hervorgeht, fehlen 2023 bundesweit voraussichtlich knapp 384 000 Plätze.
2023 fehlen bundesweit rund 384 000 Kita-Plätze
Bild: dpa

Besonders im Westen Deutschlands, wo 362 400 zusätzliche Betreuungsplätze gebraucht werden, gibt es demnach gegenüber dem Osten mit 21 200 benötigten Plätzen eine große Versorgungslücke. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müssten im Westen 93 700 Fachkräfte und im Osten 4900 eingestellt werden, teilte die Stiftung am gestrigen Donnerstag (20. Oktober) mit. Das ergebe zusätzliche Personalkosten von insgesamt 4,3 Milliarden Euro pro Jahr.

Grundlage der Berechnung, die der dpa vorab vorliegt, sind Erhebungen aus dem Jahr 2021. Die Analyse ergibt für fast alle Bundesländer, dass die Nachfrage der Eltern nach Kita-Plätzen höher ist als der Anteil an Kindern, die im vergangenen Jahr in Betreuung waren. Der größte Mangel besteht demnach im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 101 600 fehlenden Kita-Plätzen. In Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sei dagegen kein Ausbau der Plätze nötig.

Der Ausbaubedarf ist den Berechnungen zufolge für Kinder unter drei Jahren am höchsten. Demnach fehlen für diese Gruppe in Westdeutschland rund 250 300 Kita-Plätze, in Ost-Deutschland - inklusive Berlin - sind es rund 20 700.

Seit 2013 gibt es in Deutschland einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr, für Kinder ab drei Jahren besteht er schon seit 1996. Auch im kommenden Jahr werde dieser Rechtsanspruch nicht erfüllt, beklagen die Studienautoren.

(Text: dpa)

Fachkräftemangel: Haben Riesenpotenzial an Frauen

Angesichts des Fachkräftemangels hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus für eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen plädiert. «Wir haben ein Riesenpotenzial an Frauen, die gerne mehr arbeiten möchten, dies aber nicht tun, weil sie derzeit Job, Familie und Haushalt nicht mehr unter einem Hut bekommen», sagte die Grünen-Politikerin am 17. Oktober bei einem Besuch der Berliner Stadtreinigung. Jede zweite weibliche Beschäftigte arbeite de facto in Teilzeit. Bei den Männern seien es elf Prozent.
Fachkräftemangel: Haben Riesenpotenzial an Frauen
Bild: Arne Immanuel Bänsch/dpa

«Wenn alle Frauen mit Kindern unter sechs Jahren so viele Stunden im Job arbeiten würden, wie sie Umfragen zufolge gerne möchten, dann hätten wir mit einem Schlag 840 000 mehr Arbeitskräfte in Deutschland», sagte Paus.

Um Fachkräfte zu sichern, brauche es eine höhere Frauenerwerbstätigkeit und eine Erhöhung der Wochenarbeitsstunden von Müttern. Dazu seien unter anderem mehr Fachkräfte in den Erzieherberufen und in der Pflege nötig.

Durch den Personalmangel träten vor allem Frauen in ihren Jobs kürzer, um sich zuhause um ihre Kinder oder um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, sagte Paus. Familie und Beruf müssten insgesamt besser miteinander vereinbar sein. «Hierzu gehören mehr Zeitsouveränität für Eltern und pflegende Angehörige, eine Reform der Pflegezeit und die Einführung einer Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige.»

Das Bundeskabinett hatte in der vergangenen Woche ihre Fachkräftestrategie verabschiedet. Darin ist vorgesehen, die Beteiligung von Frauen am Arbeitsleben zu stärken.

(Text: dpa)

Sonderzahlungen und Lohnerhöhungen für Chemie-Beschäftigte

Über eine halbe Million Beschäftigte in der deutschen Chemie- und Pharmabranche bekommen kräftige Lohnerhöhungen. Die Gewerkschaft IG BCE und der Arbeitgeberverband BAVC einigten sich in ihren Tarifverhandlungen auf zwei tabellenwirksame Lohnsteigerungen von jeweils 3,25 Prozent sowie Einmalzahlungen von insgesamt 3000 Euro, wie beide Seiten am gestrigen Dienstag (18. Oktober) in Wiesbaden mitteilten. Die Laufzeit des Tarifabschlusses beträgt 20 Monate.
Sonderzahlungen und Lohnerhöhungen für Chemie-Beschäftigte
Bild: dpa

Die Einmalzahlungen sind demnach als Inflationsgeld steuer- und abgabenfrei und werden in zwei Schritten von jeweils 1500 Euro pro Kopf ausgezahlt: spätestens im Januar 2023 und im Januar 2024. Auch die dauerhaften Lohnsteigerungen erfolgen in zwei Stufen: Ein Plus von 3,25 Prozent gibt es ab Januar 2023 und weitere 3,25 Prozent ab Januar 2024. Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten können die beiden Schritte der Lohnerhöhung mittels Betriebsvereinbarungen um bis zu drei Monate verschieben. Das Paket gilt für 1900 Betriebe.

«Mit diesem Ergebnis halten wir die Balance zwischen der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Interessen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», sagte Kai Beckmann, Präsident des BAVC. Der stellvertretende Vorsitzende der IG BCE, Ralf Sikorski, sprach von der «höchsten Tariferhöhung in der Chemie seit mehr als 30 Jahren».

Bereits im April hatten sich IG BCE und BAVC wegen der Unsicherheit um den Ukraine-Krieg und der hohen Inflation auf einen Teilabschluss als Brückenlösung geeinigt, der Ende Oktober ausläuft: Eine Einmalzahlung von 1400 Euro pro Beschäftigtem und 1000 Euro pro Kopf bei Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Die Tarifverhandlungen standen unter dem Eindruck der Gaskrise, die der energieintensiven Chemie- und Pharmaindustrie besonders zu schaffen macht. Die Branche kann die hohen Preise für Gas und auch Strom nur begrenzt an Kunden weiterreichen. Die Branche ist mit einem Anteil von 15 Prozent größter deutscher Gasverbraucher, knapp ein Drittel des Industrieverbrauchs entfällt auf sie. Der Abschluss in der Chemie- und Pharmaindustrie könnte ein Signal sein, wie andere Branchen mit der Rekordinflation umgehen.

(Text: dpa)

10,5 Prozent mehr für öffentlichen Dienst gefordert

Die Gewerkschaften ziehen mit einer Forderung von 10,5 Prozent mehr Einkommen in die Tarifverhandlungen für rund 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen. Mindestens solle es 500 Euro mehr im Monat geben. Verdi-Chef Frank Werneke und der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach wiesen bei der Präsentation der Forderungen ausdrücklich darauf hin, dass die Beschäftigten für ihre Ziele energisch kämpfen würden. Die Mobilisierungsbereitschaft sei hoch, sagte Werneke am 11. Oktober in Berlin. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) lehnte die Forderungen prompt ab und bezeichnete sie als «nicht leistbar».
10,5 Prozent mehr für öffentlichen Dienst gefordert
Bild: AdobeStock

Anders als in den Vorjahren verzichteten die Gewerkschaften angesichts der ungewöhnlich hohen Inflation und der Energiepreiskrise auf einen umfassenden Forderungskatalog. «Sondern es geht um Einkommenssicherung», sagte Werneke. Viele Beschäftigten wüssten nicht, wie sie sich und ihre Familien über Wasser halten könnten. «Einige können ihre Mieten oder Heizkosten nicht mehr zahlen».

Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Nach einer Laufzeit von zwölf Monaten soll nach dem Willen der Gewerkschaften neu über das Einkommen verhandelt werden. Auf Beamtinnen und Beamte soll der angestrebte Abschluss - so die Forderung - zeit- und inhaltsgleich übertragen werden.

Die Lohnrunde solle den drohenden Abstieg vieler hart arbeitender Menschen durch die bevorstehende Rezession verhindern, sagte Werneke. «Das Gerede von angeblich unvermeidlichen Wohlstandsverlusten ist ein Gerede, was sich vielleicht Wohlhabende leisten können, aber die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes dezidiert nicht.» Hinter den Beschäftigten lägen bereits zwei Jahre des Reallohnverlustes.

Nach den Worten von dbb-Chef Silberbach ist die Stimmungslage der Beschäftigten vielfach miserabel. «Es gibt eine Bazooka, es gibt einen Wumms, es gibt einen Doppelwumms - und dann soll für den öffentlichen Dienst der Sparhammer herausgeholt werden», so der Gewerkschaftschef. «Die Kollegen und Kolleginnen sind bereit, für diese Forderungen zu kämpfen, weil sie es nicht mehr ertragen können, immer nur als Zahlmeister der Nation herhalten zu müssen.»

Mit ihrer Forderung liegen Verdi und dbb deutlich über der Forderung für die Lohnrunde der Metall- und Elektroindustrie. Acht Prozent mehr Geld hatte die IG Metall hier verlangt. Werneke sagte, aus der Verdi-Mitgliedschaft waren teils noch viel höhere Lohnforderungen gekommen.

Die Präsidentin und Verhandlungsführerin der kommunalen Arbeitgeber-Vereinigung VKA, Karin Welge, erklärte, die Umsetzung der Gewerkschaftsforderungen sei in dieser Form «schlicht nicht leistbar». Man müsse dafür sorgen, «dass Kommunen und kommunale Unternehmen handlungsfähig bleiben, auch und gerade in der Krise».

Die Forderungen überraschten in der Höhe und berücksichtigten nicht «die schwierige finanzielle Lage der kommunalen Haushalte und Unternehmen», kritisierte Welge. Die kommunalen Haushalte seien zum großen Teil noch immer mit den finanziellen Einbußen im Zuge der Corona-Pandemie befasst, dazu kämen Altschulden und ein hoher Investitionsrückstand. Zudem seien auch die Kommunen von der hohen Inflation betroffen. Die Mehrkosten für die geforderte Entgelterhöhung bei den kommunalen Arbeitgebern bezifferte Welge auf rund 15,4 Milliarden Euro.

Warnstreiks im Winter werden angesichts der unterschiedlichen Positionen in der Tarifrunde wahrscheinlich. Verhandelt wird für das Einkommen in Hunderten Berufe - unter anderem für Erzieherinnen, Busfahrer, Feuerwehrleute, Pflegekräfte und oder Bodendienste an Flughäfen. Auch in den Vorgängerrunden 2020 und 2018 war das öffentliche Leben durch Warnstreiks teils massiv gestört worden.

«Extrem groß» sei der Frust auch in den Kitas, sagte Verdi-Vizechefin Christine Behle. Zwar gab es für den Sozial- und Erziehungsdienst erst im Mai einen Abschluss, bei dem es aber nicht um das Einkommen generell ging, sondern um die Einstufung einzelner Mitarbeitergruppen. Behle monierte: «Bis heute ist noch keine Zahlung geleistet worden.» Zudem fühlten sich viele Erziehungskräfte vernachlässigt. «Das ganze Thema der ukrainischen Flüchtlinge wird den Kolleginnen und Kollegen aufs Auge gedrückt, ohne dass das Personal verstärkt wird», sagte Behle.

Werneke wies auf die historische Dimension der Lohnforderung hin. «In der Geschichte von Verdi ist das sicherlich eine der höchsten.» Historisch vergleichbar sei dies mit Anfang der 70er Jahre.

Wenig Bereitschaft signalisierten die Gewerkschaften zu Einmalzahlungen. «Einmalzahlungen sind Strohfeuer», sagte Werneke. Die Inflation werde voraussichtlich hoch bleiben, deshalb seien lineare Verbesserungen in der Einkommenstabelle wichtig. Die Bundesregierung hatte zur Entlastung in der aktuellen Krise angeboten, dass der Staat bei Zusatzzahlungen bis zu 3000 Euro von Arbeitgebern an ihre Beschäftigten auf Steuern und Abgaben verzichtet. Silberbach sprach von einem «verseuchten Angebot» - die Gewerkschaften hätten schlechte Erfahrungen mit Einmalzahlungen gemacht.

Verhandelt wird ab dem 24. Januar in Potsdam. Der Abschluss ist für Ende März vorgesehen.

(Text: Basil Wegener und Vanessa Reiber, dpa)

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