63 Bewerber wegen Sicherheitsbedenken abgewiesen

Die Bundeswehr hat einem Medienbericht zufolge in den vergangenen beiden Jahren 63 Bewerber wegen Sicherheitsbedenken abgewiesen. Darunter seien 21 Neonazis und «Reichsbürger», zwölf Islamisten, zwei Linksextremisten sowie mehrere Straftäter und «Gewaltbereite» gewesen, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf eine Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Linksfraktion.
63 Bewerber wegen Sicherheitsbedenken abgewiesen
Bild: dpa

Bei zwei weiteren Bewerbern werde derzeit eine Mitgliedschaft in der Identitären Bewegung geprüft, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. In sechs Fällen habe sich der Verdacht auf «Ausländerextremismus» erhärtet. Zwischen Juli 2017 und Juni 2019 kontrollierte der zuständige Militärische Abschirmdienst (MAD) dem Bericht zufolge insgesamt 43 775 Bewerber.

Sogenannte Reichsbürger erkennen den Staat und die deutschen Gesetze nicht an und weigern sich, Steuern, Sozialabgaben und Bußgelder zu zahlen.

Als Konsequenz aus rechtsextremistischen Vorfällen hatte das Verteidigungsministerium im Jahr 2017 den MAD eingeschaltet, der seither jeden Bewerber durchleuchtet. Die meisten waren den Angaben zufolge unauffällig. In 1173 Fällen hätten sich die Sicherheitsleute des Militärischen Abschirmdienstes die Bewerber jedoch genauer angeschaut.

Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke äußerte die Vermutung, dass die Sicherheitsüberprüfung eine abschreckende Wirkung auf Neonazis habe. Zugleich kritisierte sie, dass schon länger dienende Soldaten von der Regelprüfung nicht betroffen seien. «Wie erfolgreich das neue Verfahren ist, wird sich erst in einigen Jahren erweisen. Messlatte ist dabei die Frage, ob die Zahl rechtsextremer Vorfälle oder gewalttätiger Kameraden-Misshandlungen in der Bundeswehr zurückgeht.»
(Text: dpa)

Deutliches Plus bei Branchenmindestlöhnen

Die tariflichen Mindestlöhne im Dachdeckerhandwerk steigen ab dem kommenden Jahr deutlich an. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat sich am vergangenen Mittwoch (17. Juli) mit dem Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) auf ein deutliches Plus der Lohnuntergrenze geeinigt.
Deutliches Plus bei Branchenmindestlöhnen
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»Die Branchenmindestlöhne sichern den Wettbewerb vor Dumpingkonkurrenz. Es ist deshalb insbesondere im Interesse der Betriebe angemessene Branchenmindestlöhne zu haben. Gleichzeitig konnten wir gemeinsam mit den Arbeitgebern feststellen, dass sich der 2018 eingeführte Gesellenmindestlohn (Branchenmindestlohn 2) positiv auf die Branche und deren Image auswirkt. Deshalb ist es sinnvoll, den Branchenmindestlohn 2 beizubehalten und weiter zu entwickeln«, sagte der Stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers.
Im Einzelnen steigt der Branchenmindestlohn 2 für gelernte Fachkräfte ab dem 1. Januar 2020 um 40 Cent auf 13,60 Euro und ab dem 1. Oktober 2021 um weitere 50 Cent auf 14,10 Euro. Der Branchenmindestlohn 1 für Helfertätigkeiten steigt ab 1. Januar 2020 um 20 Cent auf 12,40 Euro und ab 1. Oktober 2021 um weitere 20 Cent auf 12,60 Euro.
Der Tarifvertrag endet zum 31. Dezember 2021.
Das Ergebnis steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung beider Tarifvertragspartner bis zum 14. August 2019. Im Anschluss wird die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit beantragt.
(Text: IG Bau)

Lehrermangel: Wie Quereinsteiger für den Unterricht pauken

«Ich bin der Prinz», sagt ein Mann. Er ist umringt von Kollegen. Sie verstecken sich hinter einem Vorhang und schnellen hoch, wenn sie in dem Theaterstück an der Reihe sind. Andere in dem Seminarraum in Berlin sehen sich das an, kichern und applaudieren. Der eine oder andere wird die Variante des «Aschenputtel»-Märchens vielleicht nutzen - als Lehrer an einer Berliner Grundschule.
Lehrermangel: Wie Quereinsteiger für den Unterricht pauken
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Studiert haben sie alle nicht auf Lehramt, sondern etwas anderes. Über einen Quereinstieg gelangten sie in den Schuldienst und qualifizieren sich nun parallel weiter. Vielerorts in Deutschland wird mit ähnlichen Konzepten seit Jahren versucht, das Problem Lehrermangel einzudämmen. Doch es gibt auch Kritik daran.

«Das Land Berlin braucht dringend Lehrkräfte», sagt die Referatsleiterin für Lehrkräftebildung in der Berliner Bildungssenatsverwaltung, Anja Herpell. In naturwissenschaftlichen Fächern wie Mathe, Physik und Biologie gilt das besonders. Die Quereinsteiger gehen demnach «sofort in den Schuldienst, das liegt am Bedarf».

Parallel dazu qualifizieren sie sich über Jahre berufsbegleitend, am Ende steht dann die Lehramts-Staatsprüfung an. Berlin eröffnete vor Jahren das Studienzentrum für Erziehung, Pädagogik und Schule. Herpell betont, dass ihr kein anderes Bundesland bekannt sei, das ein eigenes Institut für die Weiterbildung von Quereinsteigern geschaffen hätte. Zurzeit laufen die letzten Quereinsteiger-Einstellungen in Berlin. Wie viele es am Ende sein werden, ist noch nicht bekannt.

In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Konzepte. In den vergangenen Jahren stieg deutschlandweit der Anteil von Quer- oder Seiteneinsteigern bei allen Einstellungen in den öffentlichen Schuldienst, wie Zahlen der Kultusministerkonferenz belegen. 2018 lag er bei 13,3 Prozent (2017: 12,6 Prozent, 2016: 8,4 Prozent). Sachsen führte 2018 die Liste an - dort machten die Seiteneinsteiger die Hälfte der Einstellungen aus. Berlin folgte mit rund 40 Prozent.

In Sachsen läuft noch das Einstellungsverfahren für grundständig ausgebildete Lehrer. «In der Tendenz gehen wir davon aus, dass wir in diesem Jahr weniger Seiteneinsteiger brauchen, aber das können wir erst mit Sicherheit sagen, wenn das Einstellungsverfahren komplett abgeschlossen ist», teilt das Staatsministerium für Kultus mit. Das Problem sei, dass sich zwar mehr beworben hätten, aber viele nur nach Dresden oder Leipzig gehen und nur am Gymnasium unterrichten wollten.

Auch in Berlin ist der Lehrermangel an Gymnasien längst nicht so gravierend wie an Grundschulen, Schulen mit Sonderpädagogik oder beruflichen Schulen. Probleme hätten auch weniger beliebte Schulen, erläutert Herpell. Können Stellen mit studierten Lehrern nicht besetzt werden, kommen Quereinsteiger zum Zug.

Spricht man die Berliner Seminargruppe auf ihre Motivation an, sagen mehrere Teilnehmer, dass sie beruflich «etwas Neues» wollten. Einer war vorher Journalist, eine Frau studierte Chemie und arbeitete in einem Büro. Die Studienfächer Amerikanistik und Geschichte bringt eine andere Frau mit. Die Quereinsteiger seien im Vergleich zu den klassischen Lehreranwärtern, die an Hochschulen studieren, im Schnitt zehn Jahre älter, hätten häufiger bereits eine Familie gegründet und mehr Erfahrung in Erziehungsbereichen, zum Beispiel durch Tätigkeit in Sportvereinen oder Musikschulen, sagt Herpell.

Die Bildungsgewerkschaft GEW Berlin hält einige Punkte für kritisch. «Die Quereinsteiger machen eine tolle Arbeit und bereichern, aber sie brauchen eine noch bessere Unterstützung», sagt Sprecher Markus Hanisch. Sie sollten weniger Unterrichtsstunden haben, um sich besser auf den jeweiligen Unterricht vorbereiten und ihre berufsbegleitende Ausbildung erfolgreich absolvieren zu können. Auch sollten Schulen mehr Stunden dafür zur Verfügung bekommen, dass sich andere Lehrer quasi als Mentor stärker um die Quereinsteiger kümmern könnten.
(Text: Anna Ringle, dpa)

Polizei darf Bewerber nicht wegen seiner HIV-Infektion ablehnen

Die Polizeiakademie Niedersachsen darf einen Bewerber nicht wegen seiner HIV-Infektion ablehnen. Das entschied das Verwaltungsgericht Hannover mit einem am 18. Juli verkündeten Urteil (Aktenzeichen 13 A 2059/17). Die niedersächsische Landespolizei hatte im Oktober 2016 eine Bewerbung des Klägers als Polizeikommissar-Anwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf abgelehnt. Argumentiert wurde, er sei wegen seiner HIV-Infektion für den Polizeidienst untauglich.
Polizei darf Bewerber nicht wegen seiner HIV-Infektion ablehnen
Bild: Julian Stratenschulte/dpa

Das Gericht gab aber dem Kläger recht: Weder drohe eine vorzeitige Dienstunfähigkeit, noch bestehe ein Risiko, dass er Kollegen oder Bürger anstecken könnte. Anspruch auf den geforderten Schadenersatz wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz habe der Kläger jedoch nicht. Grund sei, dass die Frist der Klage von zwei Monaten nach der Ablehnung der Bewerbung überschritten wurde. Das Verwaltungsgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen.

Die HIV-Infektion des Mannes wird nach Angaben des Gerichts seit Jahren antiviral behandelt. Dank der Therapie liegt bei ihm demnach die Viruslast konstant unter der Nachweisgrenze. Das Gericht hatte zur Beurteilung des gesundheitlichen Zustands ein Gutachten eingeholt. Der Sachverständige sollte sich vor allem dazu äußern, ob der Kläger den Anforderungen des Polizeidienstes gesundheitlich gerecht werden könne, ohne dienstunfähig zu werden, und ob ein Ansteckungsrisiko bestehe. Laut Gutachter gibt es keine Bedenken für eine Tätigkeit als Polizeibeamter.

Nach Auffassung der Klägerseite war die Ablehnung der Bewerbung aus medizinischer Sicht nicht vertretbar. Eine Ansteckung von Kollegen oder Kontaktpersonen sei äußerst unwahrscheinlich, sagte Jacob Hösl, der Anwalt des Klägers, vor Gericht. Der Kläger selbst war bei der Verhandlung am Donnerstag nicht zugegen. Grund sei die zu erwartende Öffentlichkeit in der Verhandlung.

Die beklagte Polizeiakademie vertrat jedoch die Meinung, dass es im beruflichen Alltag bei körperlichen Auseinandersetzungen zu blutenden Verletzungen oder Blutkontakten kommen könne. Daher bestehe eine Infektionsgefahr für andere, sagte die Anwältin der Polizeiakademie im Gerichtssaal.

Verwaltungsrichter Jens Schade bedauerte, dass der Fall erst mehr als zweieinhalb Jahre nach Ablehnung der Bewerbung verhandelt worden sei. Zum einen sei das Gericht überlastet gewesen, zum anderen habe das medizinische Fachwissen zur Beurteilung dieser Sache gefehlt.

Dass ein Bewerber aufgrund seiner HIV-Infektion abgelehnt wurde, ist laut Anwalt Hösl in Deutschland so noch nicht bekannt geworden. Die Gewerkschaft der Polizei konnte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern, ob es solche Fälle in der Vergangenheit gegeben hatte.
(Text: dpa)

Verdi verlangt Jobgarantien

Bei dem geplanten Verkauf der Lufthansa-Catering-Sparte LSG Sky Chefs verlangt die Gewerkschaft Verdi einen vertraglichen Schutz für die Mitarbeiter. Der Konzern solle in Verhandlungen zu einer «Best-Owner-Vereinbarung» eintreten, forderte das Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle am 15. Juli laut einer Mitteilung. Darin solle festgehalten werden, dass im Falle eines Verkaufs ein neuer Eigentümer die Arbeitsplätze sichern und die bisherigen Sozialstandards einhalten müsse.
Verdi verlangt Jobgarantien
Bild: dpa

Lufthansa versicherte, sie wolle darauf achten, «dass der zukünftige potenzielle Eigentümer ein zukunftssicheres Geschäftsmodell und eine verantwortliche Strategie vorweisen kann, welche der LSG langfristige Perspektiven bietet». Die Arbeitnehmervertreter der LSG blieben «in den Prozess eingebunden».

Der Lufthansa-Konzern hat die Tochter LSG Sky Chefs mit weltweit rund 35 000 Mitarbeitern offiziell zum Verkauf gestellt. Das Unternehmen steckt mitten in einer Sanierung und hat trotzdem im vergangenen Jahr mit einem operativen Gewinn von 115 Millionen Euro eines der besten Ergebnisse seiner Geschichte abgeliefert. Bereits gegen die Verlagerung von Küchen nach Tschechien hatte Verdi protestiert. In Deutschland sind rund 7000 Menschen bei der LSG beschäftigt.

«Wir lehnen den Verkauf der LSG nach wie vor entschieden ab», betonte Behle. «Ein solches Ansinnen ist sozial verantwortungslos und zudem wirtschaftlich äußerst fragwürdig.» Behle kündigte weitere Proteste an. Auch solle die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften an internationalen LSG-Standorten intensiviert werden. So bereiteten sich in den USA rund 10 000 Beschäftigte auf einen möglichen Streik vor.
(Text: dpa)

150 000 Beschäftigte der Diakonie bekommen mehr Geld

Rund 150 000 Beschäftigte der Diakonie Deutschland in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Einrichtungen für Behinderte bekommen mehr Geld. Ihre Gehälter steigen je nach Tätigkeit um 2,5 bis 3,5 Prozent in diesem und um mindestens weitere 2,2 Prozent im kommenden Jahr, wie der Verband der diakonischen Dienstgeber am Dienstag (16. Juli) in Berlin mitteilte.
150 000 Beschäftigte der Diakonie bekommen mehr Geld
Bild: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Für bestimmte Fachkräfte sei durch Einführung einer zusätzlichen Erfahrungsstufe sogar ein Gehaltsplus von bis zu 9 Prozent möglich, hieß es. Vereinbart wurden demnach auch verlässlichere Dienstpläne, eine Vereinheitlichung von Arbeitszeit und Urlaubsanspruch in Ost und West und diverse Zuschläge.

Da diakonische Einrichtungen Teil der evangelischen Kirche sind, unterliegen sie dem kirchlichen Arbeitsrecht. Dabei einigen sich Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in speziellen Kommissionen über Gehälter und andere Fragen - ohne Gewerkschaften. Im Konfliktfall gibt es statt Streiks ein bindendes Schlichtungsverfahren. In einer zunehmend kirchenfernen Gesellschaft wird dieser Weg jedoch immer mehr infrage gestellt, nicht zuletzt von der Gewerkschaft Verdi.
(Text: dpa)

Noch keine Gefahr für Arbeitsmarkt

Trotz der Konjunktureintrübung und des Stellenabbaus bei einigen Konzernen machen sich Wirtschaftsexperten vorerst keine großen Sorge um den Arbeitsmarkt. «Ich bin optimistisch in Bezug auf den deutschen Arbeitsmarkt», sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Marcel Fratzscher. «Seit Jahren reden wir von einem Fachkräftemangel, nun verfallen einige in Panik», weil einige Unternehmen Stellen abbauten. «Entlassungen bei Unternehmen hat es immer und wird es auch immer geben. Dies ist der normale Anpassungsprozess im Strukturwandel», sagte Fratzscher der Deutschen Presse-Agentur.
Noch keine Gefahr für Arbeitsmarkt
Bild: dpa

Das DIW rechnet mit einer steigenden Beschäftigung in diesem und auch noch im nächsten Jahr. «Es werden also wohl noch immer mehr neue Jobs entstehen als alte wegfallen», sagte Fratzscher. «Auch wenn die Arbeitslosenquote leicht steigen mag, dürfen wir nicht vergessen, dass die Arbeitslosenquote in den letzten 50 Jahren selten niedriger war als heute.»

Je länger die Schwäche der Industrie anhält, desto höher ist nach Einschätzung des Ifo-Konjunkturexperten Timo Wollmershäuser zwar die Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Derzeit werde allerdings eine allmählichen Erholung der Industrie gegen Ende des Jahres erwartet. «Die Arbeitslosenquote sollte dann in etwa unverändert auf dem derzeitigen Niveau bleiben.» Risiken sieht der Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen in internationalen Handelskonflikten, die die Weltwirtschaft dämpfen, den Unwägbarkeiten des Brexits und dem Strukturwandel in der Autoindustrie wegen der Elektromobilität.

Eine Reihe prominenter Unternehmen hatten jüngst Stellenkürzungen für die nächsten Monate und Jahre angekündigt, darunter BASF, Siemens und Thyssenkrupp. Zuletzt hatte zudem der Chemiekonzern BASF wegen der sich eintrübenden Weltkonjunktur und der Handelskonflikte seine Gewinnprognose deutlich zusammengestrichen. Das hatte die Furcht vor einem Konjunkturabschwung wachsen lassen.
(Text: dpa)

Reinigungskräfte vielerorts kaum zu finden

Katharina Seidenstücker hat es aufgegeben. «Ich habe monatelang eine Putzfrau gesucht, die sich anmelden lässt. Aber das kannst du vergessen», erzählt die Mutter von drei kleinen Kindern frustriert. Natürlich hat sie irgendwann auch darüber nachgedacht, eine Reinigungskraft schwarz zu beschäftigen. «Aber das widerspricht unserem Wertekonzept.»
Reinigungskräfte vielerorts kaum zu finden
Bild: dpa

Davon abgesehen ist im Raum München selbst ohne Anmeldung und bei überdurchschnittlicher Bezahlung derzeit kaum noch eine Putzhilfe zu finden - der Markt ist bundesweit ziemlich leergefegt. So mancher Suchende lässt sich deshalb trotz eines unguten Gefühls auf unlautere Abrechnungsmodelle ein, um überhaupt jemanden zu bekommen.

Die Gefahr, erwischt zu werden, liegt dabei «im Promillebereich», wie Experten wissen. Denn zum einen ist der Schutz der Privatsphäre ein sehr hochrangiges Rechtsgut, so dass die Kontrolleure nicht einfach an der Wohnungstüre Einlass begehren können. Zum anderen fehlen dem zuständigen Zoll schlicht die Kapazitäten. Allein das Hauptzollamt München erhält pro Jahr mehrere tausend anonyme Anzeigen à la «Mein Nachbar ist arbeitslos, aber jeden Tag von 7.00 bis 17.00 Uhr außer Haus». Damit die Beamten ausrücken, müsste der Hinweisgeber deshalb schon genau sagen, wo und wann sich der Betreffende etwas bar auf die Hand dazuverdiene, berichtet Zoll-Sprecher Thomas Meister.

Gerade bei den Reinigungskräften werde viel schwarz gearbeitet. «Uns ist auch bewusst, dass wir längst nicht jeden erwischen, das ist ganz klar», räumt Meister ein. Dominik Enste vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) kann die Größenordnung der Schwarzarbeit bei Putzleuten im privaten Bereich beziffern: 88,5 Prozent der deutschen Haushalte mit einer Reinigungskraft lassen ihr Klo illegal schrubben. Wie Enste in einer aktuellen Studie ermittelt hat, die der Deutschen Presse-Agentur exklusiv vorliegt, beschäftigten im Jahr 2017 mehr als 3,3 Millionen Haushalte gelegentlich oder regelmäßig eine Hilfe - knapp 2,9 Millionen davon schwarz.

Dabei hat der Gesetzgeber versucht, die Putzfrauen - ungefähr 90 Prozent der angemeldeten Reinigungskräfte im Privathaushalt sind weiblich - durch die steuerliche Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und eine einfache Anmeldung bei der Minijobzentrale aus der Schattenwirtschaft herauszuholen. Doch was die meisten Arbeitnehmer für sich selbst völlig selbstverständlich in Anspruch nehmen - etwa Rentenbeiträge, bezahlten Urlaub sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - gestehen sie ihrer gern gönnerhaft genannten «Perle» oftmals ungern zu.

Peter K. aus München ist da nur einer von vielen. Bis vor zwei Jahren hat er eine Haushaltshilfe schwarz beschäftigt. «Anmelden war für mich gar kein Thema.» Das Bewusstsein, dass man selbst ein ganz normaler Arbeitgeber und die eigene Wohnung ein ganz normaler Arbeitsplatz ist, ist in Deutschland kaum verankert. Traditionell werden Putzfrauen als eine Art «Nachbarschaftshilfe» gesehen - auch wenn Schwarzarbeit juristisch alles andere als ein Kavaliersdelikt ist und nicht nur Geld-, sondern auch Haftstrafen drohen.

Meist fliegt die illegale Beschäftigung übrigens auf, weil die Putzkraft etwa beim Fensterputzen einen Unfall erleidet - oder weil sich Paare trennen und der eine den anderen verpfeift. Auch so mancher Nachbar hat dem Zoll schon einen heißen Tipp gegeben.

Doch es sind bei weitem nicht nur unwillige Auftraggeber, die ihre Raumpfleger nicht anmelden wollen. Peter K. zum Beispiel glaubt nicht, dass seine schwarz beschäftigte Putzfrau hätte angemeldet werden wollen, «denn die hatte das mit der Nachbarin auch schon so gemacht».

Tatsächlich sind es oft auch die Haushaltshilfen selbst, die das Geld lieber ohne Abzüge einstreichen. «Die haben vielfach keinen Anreiz, da sie bei Krankenversicherung ihres Mannes mitversichert sind und eh nicht über die Mindesteinzahlung bei der Rente hinauskommen», erläutert Enste. Seiner Recherche nach sei es deshalb vielerorts «nahezu unmöglich», eine Putzkraft zu finden, die sich anmelden lasse.

Dabei ist die Nachfrage da, und sie nimmt zu. Allein schon deshalb, weil die Erwerbstätigenquote nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2005 von 65 Prozent auf rund 76 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen ist. Das heißt, mehr Menschen arbeiten, vor allem auch mehr Frauen. Und da einer aktuellen Untersuchung zufolge noch immer bei acht von zehn Paaren die Frau alleine die Wohnung putzt, wären viele für eine Unterstützung dankbar. Auch, wenn sie dafür schwarz bis zu 16, angemeldet gar rund 20 Euro pro Stunde zahlen müssen.
(Text: Elke Richter, dpa)

Amazon will in Deutschland mehr als 2800 Stellen schaffen

Amazon will in seinen bundesweit über 35 Standorten in Deutschland bis Ende 2019 mehr als 2800 neue, unbefristete Arbeitsplätze schaffen. Damit steige die Zahl der Mitarbeiter auf deutlich über 20 000, kündigte der amerikanische Online-Händler am gestrigen Sonntag (14. Juli) an.
Amazon will in Deutschland mehr als 2800 Stellen schaffen
Bild: dpa

Ebenfalls für dieses Jahr sei die Eröffnung des 13. Logistikzentrums in Mönchengladbach geplant. Deutschland-Chef Ralf Kleber wirbt mit «exzellenter Bezahlung, hervorragenden Karrieremöglichkeiten und attraktiven Zusatzleistungen». Das Unternehmen liegt seit Jahren im Clinch mit der Gewerkschaft Verdi, die eine Tarifbindung bei Amazon erstreiten will.

Amazon suche «Menschen, die sich für digitale Innovationen begeistern und Neues erfinden möchten». Ansprechen möchte das Unternehmen sowohl Berufseinsteiger als auch erfahrene Fachkräfte, etwa Software-Entwickler, Sprachwissenschaftler und IT-Spezialisten. Die Arbeitsplätze entstünden vor allem an bestehenden und neuen Logistikstandorten, wo Mitarbeiter mid modernster Technologie arbeiten, hieß es.

Seit Jahren befindet sich der Online-Riese im Streit mit der Gewerkschaft Verdi, die erst vor rund vier Wochen in Leipzig wieder zum Streik aufgerufen hatte. Die Gewerkschaft fordert in zähen Kämpfen Tarifverhandlungen, denen sich das US-Unternehmen strikt verweigert - und auf seine «gute Bezahlung und attraktive Arbeitsbedingungen» verweist.

Während Verdi von dem Online-Händler die Bezahlung nach den Tarifen des Einzelhandels einfordert, sieht sich Amazon dagegen als reiner Logistiker. Amazon bezahlt seinen Mitarbeitern in den Logistikzentren in Deutschland nach eigenen Angaben mindestens 10,78 Euro brutto die Stunde. Nach zwei Jahren gebe es im Schnitt ein Monatsgehalt von 2397 Euro inklusive weiterer Extras wie betriebliche Altersversorgung und subventionierte Kantinen. Laut Lohnspiegel der Hans Böckler Stiftung verdient eine Verkäuferin im Einzelhandel mit Tarifbindung im Schnitt 2050 Euro.
(Text: dpa)

Was verdienen die Kollegen?

Wissen Sie, was das Entgelttransparenzgesetz ist? Wenn die Antwort «nein» ist, sind Sie damit nicht alleine. Dabei ist das Gesetz zur Lohngleichheit von Frauen und Männern schon zwei Jahre alt und soll eine Ungerechtigkeit zumindest verkleinern, die viele aufregt: Dass Frauen für den gleichen Job oft weniger Geld bekommen als ihre männlichen Kollegen. Am 10. Juli hat die Bundesregierung sich damit beschäftigt, wie es wirkt. Und Konsequenzen angekündigt.
Was verdienen die Kollegen?
Bild: Oliver Berg/dpa

Was erlaubt das Gesetz? Arbeitnehmer können ihre Bezahlung dadurch mit der ihrer Kollegen anderen Geschlechts vergleichen. Frauen können sich also nach dem Gehalt von Männern erkundigen, die eine ähnliche Arbeit machen. Genauso können Männer nach dem Gehalt von Frauen mit vergleichbaren Jobs fragen. Ein einfacher Brief oder eine Email an Betriebsrat oder Arbeitgeber reicht aus. Diesen Auskunftsanspruch gibt es seit Januar 2018, das Gesetz insgesamt seit zwei Jahren.

Gilt das für alle? Nein, nur größere Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern sind verpflichtet, Auskunft zu geben. Damit hilft das Gesetz nur etwa der Hälfte der Frauen, denn gerade in kleinen Firmen ist die Ungleichheit besonders hoch. Es gibt auch keinen Einblick in den einzelnen Lohnzettel - zum Vergleich wird eine Gruppe von mindestens sechs Mitarbeitern mit ähnlichen Aufgaben herangezogen. Außerdem werden nicht alle Boni und Extra-Zahlungen einbezogen.

Was soll das bringen? Hintergedanke ist, dass Frauen schon deshalb immer noch schlechter bezahlt werden, weil das niemandem auffällt. Denn das Gehalt ist in vielen Betrieben ein Tabuthema, über das man unter Kollegen nicht spricht. Die Hoffnung der Regierung ist: Wenn Frauen erfahren, dass sie für den gleichen Job weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen, könnten sie besser verhandeln - oder sogar klagen. Denn ungleiche Bezahlung aufgrund des Geschlechts ist verboten.

Wie groß sind die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern? Die Lohnlücke betrug laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr 21 Prozent. Da hat sich auch in den vergangenen Jahren nicht viel getan. Im Schnitt verdienten Frauen knapp 4,50 Euro pro Stunde weniger als Männer. Etwa drei Viertel des Unterschieds begründen die Statistiker damit, dass Frauen öfter in Berufen mit geringem Einkommen wie der Pflege oder dem Einzelhandel arbeiten und öfter Teilzeit machen. Es bleibt aber ein Viertel Unterschied, das damit nichts zu tun hat.

Wie viele Frauen haben diese Auskünfte bisher eingefordert? Nur wenige. Einer Evaluation des Familienministeriums zufolge waren es bisher gerade einmal vier Prozent der Beschäftigten in größeren Unternehmen. Etwa jedes siebte befragte Unternehmen gab an, bisher mindestens eine solche Anfrage erhalten zu haben.

Was hält die anderen davon ab? Das Gesetz sei nicht bekannt genug, glaubt Familienministern Franziska Giffey (SPD). «Da müssen wir ran und besser werden – nach der Devise: einfacher, wirksamer, breiter.» Möglicherweise scheuen viele Frauen die Anfrage aber auch, weil sie in ihren Betrieben Nachteile befürchten. Zwar darf niemand gekündigt oder benachteiligt werden, weil er von seinem Recht Gebrauch macht. Der Arbeitgeber bekommt aber in der Regel mit, welcher Mitarbeiter die Anfrage stellt, auch wenn sie über den Betriebsrat läuft.

Ist das Gesetz damit gescheitert? Die Opposition meint ja, die Bundesregierung aber findet das nicht - denn das Gesetz enthält mehr als nur den Auskunftsanspruch. 45 Prozent der Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten hätten freiwillig ihre Strukturen überprüft. «Viele Unternehmen haben verstanden, dass sie gleiche Löhne und gleiche Chancen für Frauen und Männer gewährleisten müssen, wenn sie im Wettbewerb um die besten Fachkräfte ein attraktiver Arbeitgeber sein wollen», sagt Giffey. Außerdem würden faire Löhne seitdem viel häufiger diskutiert. Allerdings gaben laut Untersuchung die meisten Unternehmen an, dass nicht das Gesetz der Auslöser dieser Überprüfung gewesen sei.

Was muss sich ändern? Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert, dass das Gesetz auf alle Beschäftigten ausgeweitet wird - also auch auf kleine Unternehmen. Wer seine Strukturen nicht regelmäßig überprüfe und darüber berichte, solle hohe Geldstrafen bekommen, meint DGB-Vize Elke Hannack. Außerdem müssten Frauen die Chance bekommen, sich zu einer gemeinsamen Klage zusammenzuschließen. Die Linke fordert, dass Arbeitgeber künftig generell nachweisen müssen, dass sie gerecht bezahlen. Auch Giffey hat zumindest schon gefordert, das Gesetz auf kleinere Betriebe auszuweiten. Die Union zog bisher aber nicht mit.
(Text: Theresa Münch und Teresa Dapp, dpa)

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