Wenn der neue Lehrer gar kein Lehrer ist

Unterrichtsausfall ist für Kultusminister ein Graus. Angesichts des leer gefegten Lehrerarbeitsmarktes greifen sie zunehmend auch auf Seiteneinsteiger zurück. Im Schuljahr 2016/17 erreichte ihre Zahl mit 3015 einen bundesweiten Höchstwert. Laut KMK verdoppelte sie sich im Vergleich zum Vorjahr. Dies entsprach einem Anteil von 8,4 Prozent aller Einstellungen in den öffentlichen Schuldienst - Tendenz steigend.
Wenn der neue Lehrer gar kein Lehrer ist
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Seiteneinsteiger sind nach der Definition der Kultusministerkonferenz (KMK) Menschen mit Hochschulabschluss, die keine Lehramtsprüfung und kein Referendariat absolviert, aber eine pädagogische Zusatzqualifikation - teilweise berufsbegleitend - erhalten haben.

Die Praxis ist in den Ländern sehr unterschiedlich. Vor allem Sachsen und Berlin setzen auf Seiteneinsteiger. In Sachsen war im laufenden Schuljahr schon mehr als jeder zweite neu eingestellte Lehrer gar kein richtiger Lehrer. Bayern, Hessen und das Saarland kamen 2016 hingegen ganz ohne solche Lehrkräfte aus.

Die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, bemängelt die schlechte Bedarfsplanung der KMK. «Angesichts der derzeitigen Pensionierungswelle war der Ersatzbedarf ja vorher erkennbar.» Nicht erwartbar sei hingegen der Zustrom von Flüchtlingsfamilien 2015 gewesen, der die Einstellung von 16 000 Lehrkräften nach sich gezogen habe. Ihr Kollege vom Verband Bildung Erziehung (VBE), Bundeschef Udo Beckmann, pflichtet bei: «Die Politik macht seit Jahrzehnten immer dasselbe: Es wird in Sachen Lehrerausbildung und -einstellung auf Kante genäht.»

Die KMK-Statistik zu Seiteneinsteigern zeigt, wo die Not derzeit am größten ist: Bei den Naturwissenschaften wurden im vergangenen Schuljahr 561 eingestellt, bei den beruflichen Fächern 513. Auch in Deutsch, Mathe, Englisch und Sport füllen Seiteneinsteiger Lücken. Aktuell sind hauptsächlich Grund- und berufliche Schulen betroffen. «Es wird auf die andere Schulen zukommen, wenn man jetzt nicht nachsteuert», prophezeit Gewerkschafterin Tepe.

In Sachsen ist das schon Realität. Wegen geringer Bewerberzahl wurden zum August dieses Jahres rund 52 Prozent der geplanten Stellen mit Seiteneinsteigern besetzt. Die Quote ist mit 66 Prozent nicht nur an Grundschulen hoch, sondern mit 61 Prozent auch an den Oberschulen, die den Haupt- und den Realschulabschluss anbieten. Am geringsten ist sie an den Gymnasien mit 7 Prozent.

Sachsens CDU-Fraktion schlägt Alarm und fordert die Landesregierung auf, den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten. Sie schlägt unter anderem eine auf fünf Jahre befristete Möglichkeit der Verbeamtung von Lehrern vor, die in Vollzeit ihren Dienst in Sachsen antreten. «Der jahrelange demografische Rückgang in Ostdeutschland nach der Wende ließ die Länder die Ausbildungskapazitäten überproportional zurückfahren», erklärt GEW-Chefin Tepe den Engpass. Verbeamtung sei aber nicht der Weisheit letzter Schluss: «Brandenburg und Sachsen-Anhalt verbeamten schon seit Jahren und müssen trotzdem immer öfter Seiteneinsteiger einstellen.»

Der größte Vorteil von Seiteneinsteigern: Sie sind schnell einsetzbar und müssen keine sechs- bis siebenjährige Ausbildung durchlaufen. Es fehlen aber die pädagogische Erfahrung und das Vermögen, Fachwissen so aufzubereiten, dass Schüler es verstehen. Da müssen auch die Kollegen unterstützen. Tepe kennt eine sächsische Grundschule, bei der von 19 Kollegen 5 Seiteneinsteiger sind. «Das ist für das Kollegium eine hohe Belastung.»

Auch die Eltern sehen Seiteneinsteiger skeptisch. «Es reicht nicht aus, wenn man gut im Fach ist - wir wollen nicht, dass Leute ohne pädagogische Ausbildung unsere Kinder unterrichten», sagt der Chef des Elternbeirates Baden-Württemberg, Carsten Rees.

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sieht hingegen viele Vorteile von Seiteneinsteigern, die im Südwesten vornehmlich im beruflichen Schulwesen eingesetzt werden. «Von deren Kenntnissen können die Schüler unmittelbar profitieren, gerade weil sie den Hintergrund einer Berufsausbildung, eines Ingenieurstudiums und der praktischen Erfahrung aus dem beruflichen Alltag mitbringen», betont die scheidende KMK-Präsidentin. 126 von 150 Seiteneinsteigern hat das Land im Schuljahr 2016/17 für berufliche Fächer rekrutiert.

Was ist zu tun, um den Lehrermangel nachhaltig zu bekämpfen? Aus GEW-Sicht muss der Beruf attraktiver werden. Verbandschefin Tepe sagt: «Gerade an den Grundschulen brauchen die Kollegen höhere Bezahlung, mehr Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen.» Auch eine geringere Unterrichtsverpflichtung würde helfen: «Als ich in den 70ern im Schuldienst begann, stand ich 28 Stunden pro Woche vor der Klasse, heutige Lehrer haben das gleiche Pensum, müssen aber unvergleichlich mehr Ansprüchen gerecht werden.» (dpa)

Verdi empört über Lufthansa-Angebot zu Bodengehältern

Die Gewerkschaft Verdi hat empört auf ein erstes Gehaltsangebot der Lufthansa bei den Tarifverhandlungen für rund 33 000 Boden-Beschäftigte reagiert. «Der Lufthansa-Konzern hat in 2017 ein Rekordergebnis erzielt, aber für die Beschäftigten soll davon nichts übrig bleiben», kritisierte die Verhandlungsführerin Christine Behle am 14. Dezember in Berlin. Sie nannte das Vorgehen «absurd» und verlangte zur nächsten Runde am 22. Januar eine verhandlungsfähige Offerte.
Verdi empört über Lufthansa-Angebot zu Bodengehältern
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Am Vortag hatte das Unternehmen in Frankfurt eine Gehaltssteigerung von 1,7 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten angeboten, wie Lufthansa bestätigte. Die Beschäftigten der Catering-Gesellschaft LSG sollten das Geld zudem nur als nicht tabellenwirksame Einmalzahlung erhalten.

Verdi berichtete weiterhin von Lufthansa-Vorschlägen zur Verschlechterung der Altersvorsorge und der Bestimmungen des Manteltarifs. Ein Unternehmenssprecher wies das zurück. Man habe lediglich vorgeschlagen, den derzeit für das gesamte Unternehmen geltenden Manteltarif unverändert auf die einzelnen Geschäftsbereiche zu übertragen. (dpa)

Bis zu 400 Stellen am Nürnberger Firmensitz bedroht

Die Pläne für den radikalen Konzernumbau beim Marktforscher GfK nehmen Formen an. Am Firmensitz in Nürnberg könnten 400 Stellen wegfallen, teilte ein Unternehmenssprecher am 13. November auf Nachfrage mit. Allerdings liefen dazu noch Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern.
Bis zu 400 Stellen am Nürnberger Firmensitz bedroht
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Geplant sei zudem, 17 der 23 Standorte in Deutschland zu schließen und die Geschäfte stärker in der Nürnberger Zentrale zu bündeln. Daher könnten sich die Angaben zum geplanten Stellenabbau dort noch ändern - «je nachdem wie viele zum Umzug nach Nürnberg bereit sind», betonte der Sprecher. In Deutschland hat die GfK rund 2300 Mitarbeiter, davon aktuell rund 1900 in Nürnberg.

Den Sparkurs hatte das schwächelnde Marktforschungsinstitut im Sommer angekündigt, bei einer Betriebsversammlung am Dienstag wurden die Pläne konkretisiert. In den nächsten zwei Jahren will die GfK weltweit rund 200 Millionen Euro einsparen. In Deutschland sollen die Kosten um rund 20 Prozent sinken. Derzeit hat GfK weltweit rund 13 000 Mitarbeiter.

Zu schaffen macht dem Konzern zuletzt vor allem die wachsende Konkurrenz von Start-ups, die laut GfK bei den Kunden mit preiswerten Online-Befragungen punkten. Als Reaktion auf den Abwärtstrend holte der GfK-Verein 2016 den Finanzinvestor KKR ins Boot, mit dem der Abschied von der Börse eingeleitet wurde. Davon erhofft sich die Führung mehr Spielraum und Planungssicherheit bei Entscheidungen. (dpa)

Arbeiten zu Hause: Überlebenstipps für das Homeoffice

Entspannt in der Hängematte liegen, den Laptop auf den Beinen, vielleicht noch einen Cocktail in der Hand. Mit solchen naiven Klischeevorstellungen hat die Arbeit im heimischen Büro zwar nichts zu tun. Trotzdem würde etwa jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland gerne im Homeoffice arbeiten, wenn es erlaubt wäre. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Für Freiberufler ist die Arbeit daheim oft gängige Praxis.
Arbeiten zu Hause: Überlebenstipps für das Homeoffice
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Doch der Traum vom Büro in den eigenen vier Wänden hat auch seine Tücken: Soziale Isolation und Selbstausbeutung sind nur zwei der möglichen Risiken. Die folgenden Tipps helfen dabei, solche Fallen zu umgehen:

Tipp 1: Kontakt halten!

Aus den Augen, aus dem Sinn: Für Arbeitnehmer kann es zum Problem werden, wenn sie den Kontakt zur Firma verlieren. «Wenn man von zu Hause arbeitet, kann man noch so fleißig sein, die anderen sehen es nicht», sagt Jennifer Reckow vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU). Sie rät, «sich virtuell öfter zu zeigen, als man es tun würde, wenn man im Büro sitzt.»
Und auch für das eigene psychische Wohlbefinden sei es wichtig, die eigene Rolle in der Firma zu kennen, sagt Julia Scharnhorst, Vorsitzende der Sektion Gesundheits-, Umwelt- und Schriftpsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP). Außerdem werde man im Homeoffice allzu leicht von Informationen abgeschnitten, die den Unternehmensalltag betreffen. Ihre Empfehlung: Regelmäßig das Gespräch mit dem Chef suchen und möglichst an Besprechungen und Betriebsfesten teilnehmen.

Tipp 2: Vertrag aufsetzen!

Ob Homeoffice oder Firmenbüro - arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen gelten für beide Arbeitsorte. «Das bedeutet, der Arbeitgeber hat das Recht und die Pflicht in das Haus des Arbeitnehmers zu gehen und die Einhaltung der Regelungen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen und falls es erforderlich ist, sie anzupassen», erklärt Reckow.

Der Chef in den eigenen vier Wänden? Viele Arbeitnehmer wollen das nicht. Umso wichtiger sei es, das Wesentliche vorab festzulegen, empfiehlt Jan Strunk, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied im Verband Deutscher Arbeitsrechts-Anwälte. Vertraglich festlegen sollte man das Zutrittsrecht zum Homeoffice, aber zum Beispiel auch Arbeitszeit und Erreichbarkeit.

Tipp 3: Gesonderten Arbeitsplatz schaffen!

Arbeiten zwischen Abwasch und Bügelwäsche – das funktioniert für die wenigsten. Statt mit dem Laptop am Küchentisch zu sitzen, sollten sich Arbeitnehmer zu Hause einen festen Arbeitsplatz mit vernünftigen Arbeitsmitteln schaffen, empfiehlt Scharnhorst. «Man sollte darauf achten, nicht mitten im Gewusel zu arbeiten, sondern hinter sich die Tür zumachen zu können», sagt die Psychologin.
Auch arbeitsrechtlich gibt es dabei einiges zu bedenken: «Wenn das Homeoffice ein dauerhafter und regelmäßiger Arbeitsplatz sein soll, gilt alles, was es an gesetzlichen Arbeitsschutzbestimmungen gibt, auch hier», sagt Jan Strunk. Das betrifft die Arbeitssicherheit genauso wie den Datenschutz. Ein Beispiel: «Dienstliche Dokumente müssen gegebenenfalls so gesichert sein, dass Dritte keinen Zugriff darauf haben.»

Tipp 4: Grenzen setzen!

Im Homeoffice regiert der Schlendrian? Von wegen! «Viele Leute arbeiten eher mehr, aus lauter schlechtem Gewissen. Die Tendenz geht in Richtung Selbstausbeutung», sagt Julia Scharnhorst. Meistens kommen dabei mehrere Gründe zusammen: Erstens das Gefühl, man müsste ständig erreichbar sein - zweitens aber auch der Anspruch, neben dem Beruf noch Haushalt und Kinderbetreuung zu schaffen.

Damit die Arbeit daheim nicht irgendwann im Burnout endet, empfiehlt die Psychologin, klare Regeln für die eigene Arbeitszeit festzusetzen - und diese auch der Familie, den Kollegen und Vorgesetzten zu kommunizieren.

Tipp 5: Arbeit dokumentieren!

Das Zeitmanagement ist vielleicht die größte Herausforderung im Homeoffice. Denn Ablenkungen drohen mehr oder weniger ständig, wenn sich Beruf und Privatleben überschneiden. «Man sollte seine Arbeitszeit dokumentieren, das ist in den meisten Fällen notwendig und sinnvoll», sagt Rechtsanwalt Strunk.

Sinnvoll ist das nicht nur, um Klarheit über die geleisteten Stunden zu erlangen. Denn auch zu Hause gelten die gesetzlichen Grundlagen zur Arbeitszeit. «So müssen Arbeitnehmer auch im Homeoffice eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten», sagt Reckow.

Tipp 6: Pausen machen!

Wer fleißig ist, braucht auch Pausen - im Büro und im Zuhause gleichermaßen. «Doch Pausen werden häufig gar nicht oder nicht regelmäßig genommen», sagt Scharnhorst. Stattdessen will man häufig noch schnell etwas im Haushalt erledigen, die Erholungszeiten kommen zu kurz.

Die Psychologin rät deshalb: «Man sollte sich Pausenzeiten fest einplanen. Das erfordert Selbstdisziplin, führt aber dazu, Arbeit und Privates besser zu trennen.» Ein Cocktail muss es da ja nicht gleich sein - die Hängematte ist aber vielleicht gar keine schlechte Idee.

Hunderttausende protestieren gegen Abbau bei Ratiopharm-Mutter Teva

Hunderttausende Menschen haben am Sonntag (17. Dezember) in Israel in einem Solidaritätsstreik ihre Arbeit niedergelegt, um gegen den massiven Sparkurs bei der Ratiopharm-Mutter Teva zu protestieren. Der vierstündige Ausstand legte bis zum Mittag das öffentliche Leben im Land teilweise lahm.
Hunderttausende protestieren gegen Abbau bei Ratiopharm-Mutter Teva
Bild: Stefan Puchner/dpa

Betroffen waren unter anderem Flughäfen, Häfen und die Börse sowie Banken, Gerichte, Krankenkassen und Behörden. Der internationale Airport Ben Gurion bei Tel Aviv nahm am frühen Nachmittag dann wieder seinen regulären Betrieb auf. Die Arbeitswoche beginnt in Israel am Sonntag.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, er wolle in der kommenden Woche Teva-Chef Kåre Schultz treffen. «Das erste Ziel ist es, den Schaden für die Beschäftigten so gering wie möglich zu halten», meinte Netanjahu nach Angaben seines Büros. Man müsse alles unternehmen, um eine Schließung in Jerusalem zu verhindern. Außerdem sei es wichtig, dass Teva ein israelisches Unternehmen bleibe.

In Deutschland ist Teva vor allem mit seiner Marke Ratiopharm bekannt. Der Konzern beschäftigt hierzulande rund 2900 Mitarbeiter, von denen die meisten am Standort Ulm für Ratiopharm tätig sind. Wie viele dieser Stellen vom Sparkurs betroffen sind, ist noch unklar. In Israel selbst sollen bis Ende 2019 rund 1700 Jobs wegfallen, das wäre ein Viertel des bisherigen Personals in dem Land.

Allein in Jerusalem demonstrierten am Sonntag hunderte Mitarbeiter des Konzerns selbst. Sie blockierten zentrale Straßen, wie die israelische Nachrichtenseite «ynet» berichtete. Einige Beschäftigte hätten sich zudem in einem Gebäude des Unternehmens verschanzt. Auch in anderen Städten mit Teva-Niederlassungen wie Petach Tikva, Aschdod, Netanjahu und Kfar Saba sei es zu Protesten gekommen. In Aschdod hätten wütende Mitarbeiter Reifen in Brand gesetzt.

Israels Gewerkschafts-Dachverband Histadrut hatte aus Solidarität mit den Teva-Mitarbeitern zu einem Generalstreik aufgerufen. Der kriselnde Konzern will binnen zwei Jahren weltweit 14 000 Stellen streichen, wie er am Donnerstag mitgeteilt hatte.

Teva (hebräisch für: Natur) ist Weltmarktführer unter den Herstellern von Generika und Israels größtes Unternehmen. Weltweit hat die Ratiopharm-Mutter nach eigenen Angaben rund 53 000 Mitarbeiter. Damit ist jede vierte Stelle von den Kürzungen betroffen. Generika sind Nachahmer-Präparate von Medikamenten, die keinen Patentschutz haben.

Küchenbauer Alno soll mit gut 400 Mitarbeitern wieder produzieren

Der insolvente und schon stillgelegte Küchenbauer Alno in Pfullendorf soll nun künftig doch wieder produzieren. Der Finanzinvestor Riverrock übernehme wesentliche Teile wie Maschinen, Grundstücke sowie die Markenrechte und plane, mit rund 410 Mitarbeitern so bald wie möglich wieder Küchen zu bauen, teilte Insolvenzverwalter Martin Hörmann heute (19. Dezember) nach einer Betriebsversammlung mit.
Küchenbauer Alno soll mit gut 400 Mitarbeitern wieder produzieren
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Der Kaufvertrag sei bereits unterschrieben, es müssten aber noch einige zentrale Bedingungen erfüllt werden. Dazu zählen unter anderem die Zustimmung des Gläubigerausschusses und auch die Gewährung von Kurzarbeitergeld durch die Arbeitsagentur.
Den Kaufpreis hatte Hörmann in einer Pflichtmitteilung an die Börse am Montagabend auf 20 Millionen Euro beziffert. Alno hatte im Juli einen Insolvenzantrag gestellt. Weil sich zunächst kein Käufer fand, hatte Hörmann vor knapp einem Monat das Aus für den Küchenbauer und die Entlassung aller Mitarbeiter verkündet. (dpa)

General Electric will an fünf Standorten 1600 Jobs streichen

Nur wenige Wochen nach Siemens will nun auch der US-Industriekonzern General Electric (GE) seine Kraftwerkssparte zusammenstreichen. Weltweit will das Unternehmen rund 12 000 Stellen abbauen, davon 1600 an den deutschen Standorten Mannheim, Stuttgart, Berlin, Mönchengladbach und Kassel. Die Fertigungen von «GE Power Conversion» in Berlin und von «GE Grid Solutions» in Mönchengladbach sollen ganz geschlossen werden, kündigte das Unternehmen am 7. Dezember in Frankfurt an.
General Electric will an fünf Standorten 1600 Jobs streichen
Bild: Markus Prosswitz/dpa

Wie Siemens nennt auch GE den Preisdruck und die schwache Nachfrage nach konventionellen Kraftwerken als wesentliche Gründe für die Entscheidung. «Die Entscheidung war schmerzhaft, aber notwendig», sagte der globale GE-Kraftwerks-Chef Russell Stokes. Der US-Konzern stellt wie Siemens Gasturbinen und andere Kraftwerkstechnik her. Die Nachfrage ist wegen der zunehmenden Verbreitung von Wind- und Solaranlagen jedoch spürbar gesunken und damit auch die erzielbaren Preise. «Wir erwarten, dass der Markt herausfordernd bleibt», sagte Stokes.

Die IG Metall kündigte umgehend Widerstand gegen die Pläne an. Man werde um die Arbeitsplätze kämpfen, kündigten Gewerkschafter an verschiedenen Standorten an. Angesichts der Milliardengewinne in allen Geschäftsfeldern sei der geplante Stellenabbau nicht nachvollziehbar, sagte Marco Sprengler, Vize-Aufsichtsratsvorsitzender der GE Deutschland Holding GmbH und Geschäftsführer der IG Metall Freiburg. «Der vom Personalabbau am stärksten betroffene Geschäftsbereich Power trägt weltweit mit 2,11 Milliarden Euro und einer operativen Marge in Höhe von 9,5 Prozent in den ersten drei Quartalen 2017 deutlich zum Konzernergebnis bei.» GE solle statt Stellenabbau eine nachhaltige Investitionsstrategie vorlegen.

GE-Deutschlandchef Alf Henryk Wulf betonte, dass man die Einschnitte so sozialverträglich wie möglich gestalten und mit den Arbeitnehmern beraten wolle. Zuvor hatten Betriebsversammlungen in den GE-Werken stattgefunden.

Wie bereits bei den Siemens-Plänen ist erneut das Bundesland Berlin besonders stark von den Einschnitten bedroht. Es gebe aber noch die Möglichkeit, GE-Stellen in Berlin zu halten, sagte der Berliner IG Metall-Bevollmächtigte Klaus Abel. Sollte der Konzern die 500 Produktionsstellen streichen, seien auch die restlichen 300 im Werk Marienfelde bedroht. «Unsere Interpretation ist, wenn wir das nicht verhindern können, können wir den Rest auch nicht halten», sagte Abel. Die zwei anderen Berliner GE-Standorte mit rund 400 weiteren Mitarbeitern blieben laut Abel vom Sparkurs zunächst unberührt.

Der Konzern beschäftigt in Deutschland nach eigenen Angaben rund 10 000 Mitarbeiter an mehr als 50 Standorten. Deutschland bleibe ein wichtiger Markt und Standort, beteuerte das Unternehmen und verwies auf eine Investition über 115 Millionen Euro im Geschäftsbereich metallischer 3D-Druck. Der Mischkonzern hatte bereits Anfang 2016 die Streichung Tausender Stellen in Europa angekündigt, in Deutschland war vor allem Mannheim betroffen.

Das Unternehmen will sich auf die Geschäftsbereiche Energie, Luftfahrt und Gesundheitstechnik konzentrieren. Alleine in der Kraftwerkssparte soll im kommenden Jahr eine Milliarde Euro eingespart werden, konzernweit sollen die Kosten in diesem und dem kommenden Jahr um 3,5 Milliarden Dollar sinken. (dpa)

Einig mit Arbeitnehmergremien über Stellenabbau

Die Commerzbank kann den Abbau Tausender Stellen wie geplant durchziehen. «Die Commerzbank hat die Verhandlungen mit den Arbeitnehmergremien zur Umsetzung ihrer Strategie "Commerzbank 4.0" erfolgreich abgeschlossen. Nach dem Gesamtbetriebsrat hat nun auch der Konzernbetriebsrat den Interessenausgleichen zugestimmt», teilte ein Sprecher des Instituts Anfang Dezember in Frankfurt mit. «Damit können wir den Stellenabbau wie angekündigt umsetzen und möglichst sozialverträglich gestalten.»
Einig mit Arbeitnehmergremien über Stellenabbau
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Die Commerzbank will mit dem Abbau von 9600 Vollzeitstellen bis 2020 die Kosten langfristig senken. 2300 neue Jobs werden parallel aufgebaut, etwa um die Digitalisierung der Bank voranzutreiben. Ende Juni gab es noch gut 41 500 Vollzeitstellen im Haus, nachdem ein Teil der Jobs schon weggefallen war. Bis zum Jahr 2020 plant das Institut mit einem Stammpersonal von rund 36 000 Vollzeitstellen. In welchen Bereichen der Bank wie stark Jobs wegfallen, dazu äußerte sich das Institut nicht. (dpa)

IG Metall kündigt Warnstreiks ab 8. Januar an

Der Metall- und Elektroindustrie stehen in der laufenden Tarifrunde die ersten Warnstreiks bevor: Die IG Metall wird ab 8. Januar zu Arbeitsniederlegungen in ausgewählten Betrieben in Bayern aufrufen. Das sagte der IG-Metall-Landeschef Jürgen Wechsler gestern (11. Dezember) in München. Damit will die Gewerkschaft vor der dritten Verhandlungsrunde am 15. Januar den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen.
IG Metall kündigt Warnstreiks ab 8. Januar an
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Auch im Tarifgebiet Mitte, zu dem Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland gehören, stehen Warnstreiks an, ebenfalls ab dem 8. Januar, wie ein Sprecher in Frankfurt sagte. Am 31. Dezember endet die Friedenspflicht in der Branche, so dass Warnstreiks ab 1. Januar möglich sind. Knackpunkt der Tarifverhandlungen sind nach Wechslers Einschätzung die weit auseinander gehenden Positionen zur Arbeitszeit. Die IG Metall fordert für die Arbeitnehmer ein Recht auf «verkürzte Vollzeit» mit 28 Stunden Wochenarbeitszeit, die Arbeitgeber wollen die gegenteilige Richtung und mehr Ausnahmen von der 35-Stunden-Woche mit längeren Arbeitszeiten durchsetzen. Auch in Sachen Geld gibt es keine Übereinstimmung: Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Lohn, die Arbeitgeber bieten bislang zwei Prozent.
Die Metall- und Elektrobranche ist eine deutsche Schlüsselindustrie mit bundesweit 3,9 Millionen Beschäftigten - allein in Bayern sind es 839 000 Beschäftigte und den drei großen Unternehmen Siemens, BMW und Audi. (dpa)

Deutsche Ryanair-Piloten wollen streiken - Europaweite Aktion

Beim irischen Billigflieger Ryanair könnte es zu europaweit koordinierten Pilotenstreiks kommen. Für die zehn deutschen Basen der Fluggesellschaft kündigte die Vereinigung Cockpit (VC) gestern, 12. Dezember, Arbeitskämpfe an, ohne genaue Termine zu nennen.
Deutsche Ryanair-Piloten wollen streiken - Europaweite Aktion
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Zuvor hatten bereits Gewerkschaften in Portugal und Italien zu Arbeitskämpfen aufgerufen. Die Italiener wollen am Freitag für vier Stunden die Arbeit niederlegen. An der Basis Dublin haben sich irische Piloten per Urabstimmung für einen Streik ausgesprochen.

Zu den geplanten Ausständen in Deutschland hielt sich VC zunächst bedeckt, um der Fluggesellschaft Gegenmaßnahmen zu erschweren. Über die Weihnachtstage soll aber vom 23. Dezember nachmittags bis einschließlich 26. Dezember nicht gestreikt werden. Es könne sämtliche Basen in Deutschland treffen, hieß es. Es blieb auch unklar, ob nur angestellte Piloten zu Arbeitskämpfen aufgerufen oder auch die Vertragspiloten einbezogen werden.

Die Gewerkschaften werfen Ryanair vor, den europaweiten Flugbetrieb mit unsozialen Arbeitsbedingungen für die inzwischen rund 4000 Piloten zu organisieren. So gebe es keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, keine verbindlichen Dienstpläne, keine Altersvorsorge und ein weit verbreitetes System von scheinselbstständigen Piloten, kritisierte VC-Präsident Ilja Schulz. Gerade junge Piloten werden laut VC nicht direkt bei Ryanair eingestellt, sondern angehalten, eigene Mini-Gesellschaften nach britischem oder irischem Recht zu gründen.

Die VC will nach eigenen Angaben Tarifverhandlungen zur Regelung von marktgerechten Arbeits- und Vergütungsbedingungen erzwingen. Sie könne nur Verträge für die rund 400 in Deutschland stationierten Ryanair-Piloten abschließen. Man koordiniere sich mit den anderen Gewerkschaften sehr eng, schilderte die Ryanair-Kapitänin und Sprecherin der VC-Tarifkommission, Tina Hausmann. Zu den jeweiligen nationalen Tarifverträgen strebe man ein übergeordnetes Bezahlungssystem für alle Ryanair-Piloten an.

Als marktgerecht sieht die VC insbesondere die Bedingungen bei der deutschen TUIfly an, die wie Ryanair eine Flotte von Boeing B 737-Flugzeugen betreibt. Bei Tuifly seien zum einen die Arbeitsbedingungen klar definiert, zum anderen liege die Vergütung etwa 30 Prozent über dem Niveau der Ryanair, erläuterte Schulz.

In Kooperation mit anderen europäischen Pilotengewerkschaften will die VC aktuelle Personalprobleme der Iren ausnutzen, die aus Pilotenmangel bereits rund 20 000 Flüge im Winterflugplan streichen mussten. Laut VC verlassen Piloten in großer Zahl die Ryanair, um bei anderen Gesellschaften anzuheuern. Es gebe bereits in Irland, Portugal, Spanien, Italien, Niederlanden, Schweden und Deutschland öffentlich bekanntgemachte Tarifkommissionen.

«Wie sollten Ryanair-Piloten systematisches Sozialdumping anders durchbrechen, als mit gewerkschaftlichen Mitteln? Und wenn nicht jetzt, wann sonst gibt es eine realistische Chance, damit erfolgreich zu beginnen?», fragte der VC-Tarifexperte Ingolf Schumacher. «Der Streik dauert so lange, bis in diesem Unternehmen Tarifverträge erreicht sind», ergänzte VC-Chef Schulz.

Zuvor hatte die VC den Piloten geholfen, eine erste Tarifkommission zu gründen. Sie werden vom hauptamtlichen VC-Tarifexperten Schumacher unterstützt, der bereits den harten Konflikt bei der Lufthansa mit 14 Streikrunden ausgefochten hat.

Ryanair zeigte weiterhin keine Verhandlungsbereitschaft. Das Unternehmen verwies in der Vergangenheit auf Lohnerhöhungen und Dienstplanverbesserungen, die mit lokalen Piloten-Ausschüssen ausgehandelt worden seien. Dieses Vorgehen sei vom Obersten Gerichtshof in Irland als rechtmäßig genehmigt worden. Ryanair-Chef Michael O'Leary hat die VC in der Vergangenheit stets als «Gewerkschaft der Lufthansa» abgelehnt, mit der man nicht verhandeln werde. Diese Haltung wurde am Dienstag bekräftigt.

«Die Piloten haben es satt, sich so behandeln zu lassen. An dem Willkür-System muss sich etwas ändern», sagte VC-Chef Schulz. Die lokalen Ausschüsse an den Ryanair-Basen seien nicht von den Piloten gewählt worden und besäßen keine Verhandlungsmacht. Tarifverträge könnten nur mit den zuständigen Gewerkschaften abgeschlossen werden: «Wir sind in Deutschland die Ryanair-Gewerkschaft und wir sind stolz drauf.»

Auch die deutsche Kabinengewerkschaft Ufo will mit Ryanair über einen nationalen Tarifvertrag für die in Deutschland stationierten Flugbegleiter verhandeln und wirbt dafür in der Belegschaft um Mitglieder. Eine Kooperation zwischen den beiden Gewerkschaften gibt es aber bislang nicht. (dpa)

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