Arbeitslosengeld künftig in Ausnahmefällen an der Supermarktkasse

Empfänger von Leistungen wie dem Arbeitslosengeld können sich Bargeld künftig in besonders dringenden Fällen an Supermarktkassen auszahlen lassen. Das Verfahren sei für Menschen, die kein eigenes Konto haben oder die im Ausnahmefall sofort eine Auszahlung bräuchten, sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit am Samstag, 11. November. Zuvor hatte die «Welt am Sonntag» darüber berichtet.
Arbeitslosengeld künftig in Ausnahmefällen an der Supermarktkasse
Bild: Daniel Karmann/dpa

Zu den beteiligten Supermärkten und Drogerien gehörten Rewe, Penny, Real, dm und Rossmann. «Ziel ist die flächenweite Einführung der neuen Lösung bis Ende 2018», sagte der BA-Sprecher. Die Umstellung soll im zweiten Quartal 2018 starten.
Bislang standen dafür Kassenautomaten in Jobcentern und Arbeitsagenturen zur Verfügung. Diese Automaten sollen nun aus Kostengründen abgebaut werden. Die üblichen Überweisungen von Leistungen der Jobcenter oder Arbeitsagenturen bleiben ganz normal bestehen, betonte der Sprecher.
Damit Arbeitslose bei den Händlern Geld bekommen, müssen sie einen Zettel mit einem Barcode vorlegen, den sie sich im Jobcenter oder der Arbeitsagentur abholen können. Dieser werde an der Kasse eingescannt und der angezeigte Betrag sofort ausgezahlt.
Der Unterhalt der bisherigen Geldautomaten in den Jobcentern koste die Bundesagentur acht Euro pro Transaktion. Im Vorjahr hätten sich die Kosten mit 400 000 Bar-Transaktionen demnach auf 3,2 Millionen Euro belaufen. Die neue Lösung werde günstiger sein, sagte der BA-Sprecher. Eine genaue Höhe nannte er nicht.
Den Zuschlag für die Bargeldauszahlung erhielt das Berliner Unternehmen Cash Payment Solutions. Der Dienstleister verfügt dem Zeitungsbericht zufolge über ein bundesweites Händlernetz mit 8500 angeschlossenen Filialen. Kunden könnten dort bereits Online-Einkäufe und Stromrechnungen bar an der Ladenkasse bezahlen. Zudem böten einige Banken die Kassen ihren Kunden als Alternative zum Geldautomaten an.

Ost-West-Angleichung für Gebäudereiniger kommt bis 2020

Die rund 100 000 Gebäudereiniger im Osten bekommen ab 2020 den gleichen Lohn wie ihre Kollegen im Westen. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks einigten sich auf einen Fahrplan zur Lohngleichheit, wie die Gewerkschaft und der Verband mitteilten.
Ost-West-Angleichung für Gebäudereiniger kommt bis 2020
Bild: dpa

Danach falle «die Lohnmauer» endgültig im Jahr 2020 nach 30 Jahren Wiedervereinigung. Zugleich werden die Löhne für alle rund 600 000 Beschäftigten angehoben. Der tarifliche Mindestlohn steigt ab 1. Januar 2018 im Westen von 10,00 auf 10,30 Euro und im Osten von 9,05 auf 9,55 Euro. In den Jahren darauf folgen weitere Schritte zur Anpassung. Ab 1. Dezember 2020 sollen dann in Ost und West mindestens 10,80 Euro je Stunde gezahlt werden. (dpa)

Bauhauptgewerbe: Mindestlöhne steigen

Der Tarifkonflikt um die Mindestlöhne im Bauhauptgewerbe ist beigelegt. Die Gremien der Arbeitgeberverbände, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, haben das am 18. Oktober in Frankfurt erzielte vorläufige Verhandlungsergebnis mit großer Mehrheit bestätigt.
Bauhauptgewerbe: Mindestlöhne steigen
Bild: Maurizio Gambarini/dpa

Zuvor hatte bereits die IG BAU für die Arbeitnehmerseite ihre Zustimmung erklärt. Damit steigen ab dem 1. Januar 2018 die Mindestlöhne 1 und 2 in jeweils zwei Schritten auf 12,20 Euro beziehungsweise 15,20 Euro. Die Laufzeit beträgt 24 Monate. Die Allgemeinverbindlichkeit wird nun umgehend beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales beantragt. Der Mindestlohn 1 gilt bundesweit für Helfertätigkeiten auf dem Bau. Der Mindestlohn 2 gilt nur in den westlichen Bundesländern. Er wird für Facharbeiter gezahlt.

Das Ergebnis im Einzelnen:

Mindestlohn 1
(Ost und West):
Ab 1. Januar 2018 von 11,30 Euro auf 11,75 Euro; ab 1. März 2019 von 11,75 Euro auf 12,20 Euro. Das entspricht einer Erhöhung von jährlich rund vier Prozent.

Mindestlohn 2 (West):
Ab 1. Januar 2018 von 14,70 Euro auf 14,95 Euro; ab 1. März 2019 von 14,95 Euro auf 15,20 Euro. Das entspricht einer Erhöhung von jährlich rund 1,7 Prozent.
Mindestlohn 2 (Berlin):
Ab 1. Januar 2018 von 14,55 Euro auf 14,80 Euro; ab 1. März 2019 von 14,80 Euro auf 15,05 Euro. Das entspricht einer Erhöhung von jährlich rund 1,7 Prozent.

Neben der Höhe der Mindestlöhne wurde auch vereinbart, eine Expertenkommission einzusetzen, die unter anderem prüfen soll, wie die Einhaltung des Mindestlohns 2 besser kontrolliert werden kann.

1.300 Jobs auf der Streichliste

Der Leuchtmittelhersteller Ledvance will nach Gewerkschaftsangaben in Deutschland mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze abbauen. Wie die IG Metall am Montag, 13. November, berichtete, sollen 1300 von 2400 Jobs gestrichen werden. Dies betrifft insbesondere die Mitarbeiter in Augsburg und Berlin, wo die früheren Osram-Werke komplett geschlossen werden sollen, wie bereits am Wochenende aus Industriekreisen verlautete.
1.300 Jobs auf der Streichliste
Bild: Stefan Puchner/dpa

An den beiden weiteren Standorten Wipperfürth und Eichstätt ist demnach ebenfalls mit Personalabbau zu rechnen. Von Ledvance gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Plänen. Am Montag wurden die Mitarbeiter an den Standorten informiert. Osram hatte seine im Jahr 2016 Ledvance getaufte Lampensparte zum 1. März 2017 für mehr als 400 Millionen Euro an ein Konsortium um den chinesischen Investor MLS verkauft. «Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen müssen definitiv ausgeschlossen werden», forderte Willi Sattler, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrat, in Augsburg, wo 650 Jobs wegfallen soll. Der Konzernbetriebsratsvorsitzende Andreas Jakob kritisierte, es würden keinerlei Alternativvorschläge zu einem Kahlschlag-Szenario gemacht. In Berlin sollen 220 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren. Der dortige Erste Bevollmächtigte der IG Metall, Klaus Abel, meinte, es sei «offensichtlich, dass es MLS durch den Kauf von Ledvance nur darum ging, sich einen Marktzugang nach Deutschland und Europa zu sichern». (dpa)

Paketdienstleister im Weihnachtsstress

Die Paket- und Sortierzentren laufen auf Hochtouren, die Fahrzeuge der Zusteller sind prall gefüllt: Für die Paketbranche rund um die Dienstleister Post DHL, Hermes, DPD & Co beginnt in diesen Wochen die lukrative Jahresendsaison. Und eines steht bereits vorher fest: Der anhaltende Boom im Onlinehandel mit der Paketbranche im Schlepptau wird wieder alle Rekorde brechen.
Paketdienstleister im Weihnachtsstress
Bild: dpa

«Es gibt keine Anzeichen von Wachstumsschwäche», heißt es beim Handelsverband Deutschland (HDE), der in diesem Jahr im Onlinehandel einen Zuwachs 10 Prozent auf 48,7 Milliarden Euro erwartet. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel prognostiziert gar einen Zuwachs von 11 Prozent. Und das ist die Basis für hochschnellende Umsätze bei den Paketlogistikern.
Um die Weihnachtszeit müssen vor allem die Zusteller wieder schleppen und schwitzen: Der Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK) rechnet damit, dass bis zu 30 Millionen Pakete mehr an der Haustür abgegeben werden als vor einem Jahr. 15 Millionen Sendungen täglich sollen es an einem Spitzentag werden. Peter Rey vom Paketlogistiker DPD aus Aschaffenburg schätzt das Paketvolumen um die Weihnachtszeit um 50 Prozent über der Menge eines durchschnittlichen Zustelltages.
Auch der Branchenprimus Deutsche Post DHL rechnet mit einem Paketansturm: «Wir erwarten für das Schlussquartal ein starkes Weihnachtsgeschäft», gibt sich Vorstandschef Frank Appel zuversichtlich.
Konkurrent Hermes, eine Tochterfirma der Otto-Gruppe, taxiert den Zuwachs des Paketvolumens im Jahresendgeschäft auf 15 Prozent. «Wir erwarten ein Weihnachtsgeschäft, das die gesamte deutsche Logistikbranche vor eine Kraftprobe stellen wird», sagt Dirk Rahn aus der Geschäftsführung. Mehr Fahrzeuge, mehr Personal - seit Wochen sucht die Branche händeringend Arbeitskräfte, auch die Deutsche Post. «Freuen Sie sich auf einen Job, in dem Sie als Weihnachtsmann täglich an der frischen Luft unterwegs sind», wirbt das Unternehmen in der unternehmenseigenen Jobbörse um Aushilfskräfte.
Allein im Oktober hatten die Bonner auf ihrer Internetseite mehr als 300 Aushilfsjobs ausgeschrieben. Bundesweit bietet der Konzern über mehrere Monate über 10 000 befristete Jobs in Sortierzentren und Zustellung. Außerdem werden 12 000 zusätzliche Fahrzeuge benötigt. Auch unter Flüchtlingen hat die Post Arbeitskräfte angeworben. «Mehr als 600 Geflüchtete unter anderem aus Ruanda, Eritrea, Togo, Afghanistan und Syrien haben bisher einen Arbeitsvertrag in unseren Niederlassungen erhalten», sagt Thomas Schneider, Produktionschef der Brief- und Paketsparte. Der Versandhändler Amazon, der selbst in einigen Städten in der Zustellung aktiv ist, rüstet sich bundesweit mit 13 000 Saisonkräften fürs Weihnachtsgeschäft. Bei Hermes sind es rund 6000 Aushilfskräfte in Voll- oder Teilzeitarbeit.
«Für die Unternehmen wird es tatsächlich immer schwieriger, den zunehmenden Bedarf an geeigneten Zustellern zu decken», sagt Elena Marcus-Engelhardt, Sprecherin des BIEK. Faire Arbeitsbedingungen und die Sicherung hoher Sozialstandards seien aber zentrale Faktoren, um auch künftig geeignete Arbeitskräfte zu finden. «In den Monaten vor Weihnachten müssen die Zusteller wegen des Paketbooms zusätzlich ackern», umschreibt Andrea Kocsis vom Verdi- Bundesvorstand die Lage. Nur eine gute Bezahlung und damit verbunden eine qualitativ hochwertige Dienstleistung könnten dauerhaft Arbeitsplätze sichern. Kocsis meint: «Eine Politik, die auf Verschleiß setzt, stößt an ihre Grenzen. Das Heuern und Feuern vor allem in Subfirmen muss ein Ende haben». (dpa)

"Schmerzhafte Einschnitte"

Die Siemens-Beschäftigten müssen sich trotz der Milliardengewinne des Unternehmens auf massive Stellenstreichungen vor allem im Kraftwerksgeschäft gefasst machen. «Unsere Division Power and Gas kämpft seit längerem mit sehr schwierigen Marktverhältnissen und strukturellen Herausforderungen», sagte Konzernchef Joe Kaeser gestern (9. November) in München. «Wenn dieses Geschäft eine Zukunft haben soll, dann müssen wir reagieren. Wir müssen die Kapazitäten anpassen, auch wenn das schmerzhafte Einschnitte bedeutet».
"Schmerzhafte Einschnitte"
Bild: dpa

Siemens wird wohl in der Kraftwerkssparte sowie im Geschäftsfeld Prozessindustrie und Antriebe mehrere tausend Stellen streichen, über rund 4000 gefährdete Jobs wird spekuliert. Details sollen Arbeitnehmervertreter am 16. November im Wirtschaftsausschuss erfahren. Zusätzlich hat der Windturbinenhersteller Siemens Gamesa angekündigt, bis zu 6000 Jobs zu kappen. Siemens leidet im Kraftwerksgeschäft unter einer Nachfrageflaute vor allem bei großen Gasturbinen, die Preisdruck und Überkapazitäten nach sich zieht.

«Wir sind davon überzeugt, dass es weiterhin einen Weltmarkt für große Gasturbinen geben wird», sagte Kaeser. Dieser werde aber deutlich kleiner sein und die Nachfrage werde sich Richtung Asien, Lateinamerika und Afrika verschieben. «Daher müssen wir jetzt handeln, unsere Kapazitäten anpassen und zugleich in innovative Zukunftstechnologien investieren.» Auch in der Antriebssparte müssten «strukturelle Anpassungen» konsequent fortgesetzt werden, sagte Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas.

Geschäftlich will Kaeser das Tempo derweil in diesem Jahr in etwa halten - auch wenn hohe Kosten durch den bevorstehenden Personalabbau auf Siemens zukommen dürften. Den Umsatz will das Unternehmen 2017/18 (30. September) aus eigener Kraft leicht steigern. Beim Ergebnis wird wieder eine Spanne 7,20 und 7,70 Euro je Aktie angepeilt. Unter dem Strich könnte damit ein Gewinn von bis zu 6,55 Milliarden Euro stehen. In der Prognose sind allerdings Aufwendungen, etwa für den Stellenabbau, nicht enthalten.

Im vergangenen Geschäftsjahr verdiente Siemens unter dem Strich knapp 6,1 Milliarden Euro, nach 5,5 Milliarden Euro im Vorjahr. Der Umsatz legte von 79,6 Milliarden auf 83 Milliarden Euro zu.

Die Probleme im Kraftwerksgeschäft bekam Siemens im Schlussquartal wieder deutlich zu spüren. Die Umsätze in der Sparte schrumpften um 20 Prozent, das Ergebnis brach sogar um 40 Prozent ein. Beim Auftragseingang konnten Rückgänge im Neuanlagengeschäft mit Großaufträgen im Servicegeschäft aufgefangen werden. Insgesamt erhöhte sich der Umsatz des Konzerns in dem Dreimonatszeitraum um zwei Prozent auf 22,3 Milliarden Euro. Der Gewinn nach Steuern kletterte um 10 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. (dpa)

1,1 Millionen offene Stellen

Fast 1,1 Millionen offene Stellen gab es nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im dritten Quartal in Deutschland. Das waren 174 400 Stellen mehr als im entsprechenden Vorjahresquartal, wie aus einer repräsentativen Betriebsbefragung des Instituts hervorgeht.
1,1 Millionen offene Stellen

In Westdeutschland waren 842 200 offene Stellen zu vergeben, in Ostdeutschland 255 400. Fast zwei Drittel der Stellen waren bei kleinen Unternehmen mit maximal 49 Beschäftigten zu finden.
«Besonders stark gestiegen ist die Personalnachfrage gegenüber dem Vorjahr im verarbeitenden Gewerbe und im Bereich Verkehr und Lagerei», sagte Arbeitsmarktforscher Alexander Kubis nach IAB-Angaben vom 6. November. Mit ihrer Stellenerhebung untersuchen die Nürnberger Forscher viermal jährlich das gesamte Angebot - also auch jene Stellen, die den Arbeitsagenturen nicht gemeldet werden. Sie werteten dafür Antworten von rund 6000 Arbeitgebern aller Wirtschaftsbereiche aus. (dpa)

Stahlkocher wollen bis Freitag Klarheit über Jobverluste

Die Beschäftigten der Thyssenkrupp-Stahlsparte fordern vom Vorstand bis zu diesem Freitag Klarheit über die Stellenverluste bei der geplanten Fusion mit Tata. «Die angekündigten 2000 Jobs, die weg gehen, werden nicht alles sein», sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Thyssenkrupp-Steel Europe (TKSE), Günter Back, heute (7. November) in Duisburg. Zuvor waren Mitarbeiter an zehn Standorten zu außerordentlichen Betriebsversammlungen zusammengekommen. Die Wahrheit über weitere Stellenkürzungen werde aber vom Vorstand verschleiert, befürchten sie.
Stahlkocher wollen bis Freitag Klarheit über Jobverluste
Bild: dpa

Wenn das Management bis zum Freitag keine Zahlen auf den Tisch lege, werde der Betriebsrat sich neue Schritte überlegen. Am 23. November werde es eine große Demonstration bei der TKSE-Tochter Rasselstein in Andernach in Rheinland-Pfalz mit mehreren tausend Teilnehmern geben - parallel zur Essener Bilanz-Pressekonferenz. Auch regelmäßige Informationsveranstaltungen in den Betrieben seien denkbar. Dabei sind erfahrungsgemäß Einschränkungen in der Produktion möglich.

«Außerdem haben wir eine Menge Leute, die die Villa Hügel und die Thyssenkrupp-Stiftung gern mal wieder besuchen würden», sagte Back. Er spielte damit auf den Sturm wütender Arbeiter auf den ehemaligen Stammsitz der Krupps Ende 1987 im Zuge der Thyssen-Krupp-Fusion an.

Die Mitarbeitervertreter kritisierten die Fusionspläne: Das geplante Stahl-Joint-Venture solle Schulden und Pensionsverpflichtungen für 6,5 Milliarden Euro übernehmen. Gewinne würden nach den Plänen von Thyssenkrupp und Tata abgeschöpft - für den Fall einer schwächeren Stahlkonjunktur seien aber keine Verlustübernahmen vorgesehen. «Und wenn das Ganze in Probleme gerät, will keiner etwas damit zu tun haben», sagte Back.

Außerdem lehnen die Betriebsräte die geplante Verlegung des Sitzes der neuen Gesellschaft in die Niederlande strikt ab. Nach niederländischem Recht dürften dort nämlich keine Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sitzen. Damit würden die deutschen Mitbestimmungsrechte degradiert, kritisierte Back.

Thyssenkrupp hatte angekündigt, im Zuge der Fusion mit der Tata-Stahlsparte deutschlandweit rund 2000 Stellen zu streichen. Besiegelt werden soll das Geschäft laut Zeitplan Anfang 2018. (dpa)

Bei flexibler Vollzeit insgesamt mehr Beschäftigung?

Viele Personalchefs erwarten von einem Recht auf Teilzeit oder flexible Vollzeit insgesamt eher mehr Beschäftigung. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts und des Personaldienstleisters Randstad unter 1000 Personalmanagern deutscher Unternehmen hervor.
Bei flexibler Vollzeit insgesamt mehr Beschäftigung?
Bild: Frank Rumpenhorst/dpa

Die IG Metall fordert in der anstehenden Tarifrunde für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie das individuelle Recht, über maximal zwei Jahre die Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden reduzieren zu können. Gut ein Drittel der von Münchner Ifo-Institut befragten Personalchefs erwartet von einer flexiblen Vollzeit mit der Möglichkeit, die Wochenarbeitszeit um bis zu zehn Stunden zu erhöhen oder zu verringern für Kinderbetreuung, Pflege oder Weiterbildung, positive Effekte auf die Entwicklung ihres Mitarbeiterbestands. 15 Prozent rechnen mit negativen Effekten.
Bei einem Recht auf Teilzeit erwarten 34 Prozent der Personalleiter ein Beschäftigungswachstum in ihrer Firma, 21 Prozent dagegen negative Effekte. Anders sieht es allerdings bei einem Rückkehrrecht in Vollzeit aus: Da sehen 32 Prozent der befragten Manager in erster Linie negative und nur 12 Prozent positive Auswirkungen auf ihren Personalstamm.

Siemens will Stellenabbau-Pläne Mitte November vorlegen

Siemens will die Arbeitnehmer in zwei Wochen über den geplanten Stellenabbau informieren. «Es stehen massive Veränderungen bevor», sagte Personalchefin Janina Kugel am Freitag (3. November) der Deutschen Presse-Agentur. Einschnitte müssten sorgfältig durchdacht werden und möglichst sozialverträglich erfolgen. Sobald es einen Plan gebe, werde er mit den Arbeitnehmern im Wirtschaftsausschuss besprochen. «Wir haben uns Mitte November vorgenommen, und das werden wir wohl auch einhalten können», sagte Kugel.
Siemens will Stellenabbau-Pläne Mitte November vorlegen
Bild: Lino Mirgeler/dpa

Siemens will in der Kraftwerkssparte sowie bei Prozessindustrie und Antrieben wohl mehrere tausend Stellen streichen. Der Konzern hatte sich zu entsprechenden Medienberichten noch nicht im Detail geäußert. Ob auch Werke geschlossen werden, ist noch unklar. In Erfurt, Görlitz, Leipzig und Erlangen gab es bereits Proteste. Die Ministerpräsidenten von Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Berlin äußerten sich besorgt.

Kugel sagte: «Wenn ein Geschäft langfristig nicht mehr da ist, können wir nicht einfach an der Vergangenheit festhalten und weitermachen wie bisher.» Die Energiebranche sei weltweit im Umbruch: «Der Markt für große Gasturbinen ist um 40 Prozent, für Dampfturbinen um 70 Prozent geschrumpft.» Das sei keine Konjunkturdelle, «sondern eine vor Jahren schon einsetzende, strukturelle und dauerhafte Veränderung». Das Unternehmen müsse wirtschaftlich handeln, nur so sei Beschäftigung langfristig sicher.

Entlassungen schloss sie nicht aus. «Wo immer wir können, werden wir Mitarbeiter umschulen für Aufgaben in unseren Wachstumsfeldern. Aber man muss auch ehrlich sagen, das wird nicht für jeden überall möglich sein», sagte die Personalchefin.

Siemens-Chef Joe Kaeser wehrte sich dem «Spiegel» zufolge in einem Brief an Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) gegen deren Vorwurf, er stärke mit Werksschließungen die AfD in Ostdeutschland. Bei einem dauerhaften Rückgang der Nachfrage nach konventioneller Kraftwerkstechnik seien Kapazitätsanpassungen unvermeidbar. Siemens habe allein in Deutschland dieses Jahr gut 5000 neue Mitarbeiter eingestellt.

IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner hatte kritisiert, dem Siemens-Vorstand gehe es um die Marge und nicht um die Menschen. An vielen Standorten herrsche nackte Angst. Die Gewerkschaft sieht den Standort- und Beschäftigungssicherungspakt in Frage gestellt.

Kugel sagte, der Pakt sei nicht tot. Siemens habe den Arbeitnehmern 2008 zugesichert, wo immer möglich auf betriebsbedingte Kündigungen, Werksschließungen und Verlagerungen zu verzichten. Wo Wirtschaftslage oder neue Rahmenbedingungen einen dieser Schritte notwendig machten, sei ein klar geregeltes Verfahren vorgesehen. «Wir wollen den guten Dialog aufrecht erhalten», betonte Kugel. «Wir erwarten auch von den Gewerkschaften, dass wir den Wandel miteinander gestalten.»

Die öffentlichen Spekulationen seien für alle Beteiligten ärgerlich, «sie haben die Unsicherheit in der Belegschaft vergrößert». Arbeitnehmer und Politik forderten natürlich rasche Aufklärung. Aber erst müsse der Plan stehen, danach rede Siemens «zuerst mit den Arbeitnehmern, dann mit allen anderen». (dpa)

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