Die Beschäftigten sollen nun rückwirkend zum 1. Juni 2,3 Prozent mehr Geld bekommen, zum 1. April 2018 dann weitere 2,0 Prozent. Außerdem wurde eine Einmalzahlung von 50 Euro ausgehandelt. Die Einigung gilt zumindest als Orientierung für die übrigen Tarifbezirke - verhandelt werden muss aber für jeden einzeln. In der Branche arbeiten in Baden-Württemberg rund 490 000 Menschen, in ganz Deutschland sind es etwa drei Millionen. Viele sind jedoch in Betrieben ohne Tarifbindung beschäftigt.
Auch nach dem in Baden-Württemberg erzielten bundesweit ersten Tarif-Abschluss für die Beschäftigten des Einzelhandels will die Gewerkschaft Verdi ihre Aktionen etwa in Nordrhein-Westfalen fortsetzen. Bis zu einer Einigung auch in NRW werde der Druck in den Betrieben aufrechterhalten, kündigte Verdi-Verhandlungsführerin Silke Zimmer am Freitag (28. Juli) in Düsseldorf an. Zuvor hatte die Gewerkschaft Einzelhandelsbeschäftigte in Hagen, Menden und Witten zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen.
In der Hauptstadt sind bislang etwa 800 Osram-Mitarbeiter hauptsächlich mit der Produktion von Xenon-Autolampen beschäftigt. Der Standort soll nun zum weltweiten Zentrum für Software und autonomes Fahren umgewandelt werden. In Schwabmünchen bei Augsburg ist bisher die Produktion von Draht für traditionelle Glühlampen das Hauptgeschäft, dort arbeiten etwa 300 Menschen. Nun will Osram dort ein Reinraumwerk für LED-Vorprodukte bauen.
Da die bisherigen Geschäftsfelder der zwei Werke stetig schrumpfen, galten beide Standorte als mittelfristig gefährdet. In Belegschaft und Betriebsrat gab es Befürchtungen, dass Osram in Deutschland Stellen abbauen würde. Nun sichert die Unternehmensleitung zu, dass Osram künftig mehr statt weniger Mitarbeiter in Deutschland beschäftigen will. Allerdings soll es «Änderungen in der Beschäftigungsstruktur» geben.
Deren WSI-Tarifarchiv hat für die jährliche Studie Tarifverträge aus 25 Branchen ausgewertet und erhebliche Unterschiede festgestellt. Die vereinbarte Arbeitszeit schwankt zwischen 34 Stunden bei der Deutschen Telekom AG und 40 Stunden etwa im gesamtdeutschen Bauhauptgewerbe oder in der Landwirtschaft.
Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit liegt Befragungen zufolge mit 43,5 Stunden ohnehin weit über dem tariflich vereinbarten Maß. Das liegt zu einem an durchschnittlich längeren Arbeitszeiten für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und an etlichen tariflichen Ausnahmeregelungen wie in der Metallindustrie, erläuterte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. Hinzu kommen Millionen bezahlte und unbezahlte Überstunden.
Im Osten kennen selbst Tarifbeschäftigte die 35-Stunden-Woche nur vom Hörensagen. Gerade einmal für 9,1 Prozent gilt diese Obergrenze, während vier von zehn Tarifbeschäftigten noch eine 40-Stunden-Woche haben. Im Westen haben nur noch 8,3 Prozent eine derart lange Regelarbeitszeit.
Auf lange Sicht hat sich seit den 1990er-Jahren an der Arbeitszeit im Westen kaum noch etwas geändert. Für einzelne Berufsgruppen beispielsweise im öffentlichen Dienst wurde sie sogar wieder verlängert. Im Osten hat sich die vertraglich fixierte Wochenarbeitszeit seit 1994 hingegen um eine Stunde verringert. Dass sie immer noch über der Arbeitszeit im Westen liegt, hängt auch mit der fehlenden regionalen Durchschlagskraft der Gewerkschaften in einzelnen Wirtschaftszweigen zusammen.
Die IG Metall will in der anstehenden Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie individuelle Arbeitszeitverkürzungen auf bis zu 28 Stunden mit Rückkehrrecht durchsetzen. Bestimmte Personengruppen wie junge Eltern oder pflegende Familienangehörige sollen dabei einen Lohnausgleich erhalten.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) erklärte dazu, die Tarifbindung im Einzelhandel sei stabil. Zusätzlich orientierten sich zahlreiche Unternehmen der Branche an den tariflichen Regelungen.
Bsirske forderte die Arbeitgeberverbände auf, in der Branche künftig Allgemeinverbindlichkeitserklärungen zu ermöglichen. Damit wären auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die nicht in Verband und Gewerkschaft organisiert sind, an die jeweiligen Tarifverträge gebunden. Das Bundesarbeitsministerium kann Tarifverträge auf gemeinsamen Antrag der Tarifparteien für allgemeinverbindlich erklären.
Der HDE nannte eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge den falschen Weg. Um die Tarifbindung in der Branche weiter zu steigern, müsse über die Modernisierung der Tarifverträge gesprochen werden.
Im Jahr 2015 erreichten rund 650.000 Mitarbeiter die Rentenberechtigung oder waren bereits rentenberechtigt. In gut 170.000 Fällen wollten die Betriebe rentenberechtigte Mitarbeiter halten. Gelungen ist das bei knapp 145.000 Mitarbeitern. Dies entspricht einer Erfolgsquote von 83 Prozent. Allerdings haben die Betriebe möglicherweise in Fällen, bei denen sie sich keine Chancen ausrechneten, erst gar nicht versucht, die Mitarbeiter zu halten, merken die Arbeitsmarktforscher zur hohen Erfolgsquote an.
„Danach gefragt, welche Maßnahmen in den erfolgreichen Fällen eingesetzt wurden, gab die überwiegende Mehrheit der Betriebe (60 Prozent) kürzere Arbeitszeiten an, gefolgt von 49 Prozent der Betriebe, die rentenberechtigte Mitarbeiter mit einer Flexibilisierung der Arbeitszeit halten konnten“, schreiben die Arbeitsmarktforscher. Eine Veränderung des Tätigkeitsprofils stellte für insgesamt 17 Prozent der Betriebe ein erfolgreiches Instrument dar, während 13 Prozent der Betriebe mit einer höheren Entlohnung, Prämien oder einer Beförderung rentenberechtigte Mitarbeiter weiter beschäftigen konnten.
Bei einer Betrachtung nach Wirtschaftszweigen zeigt sich, dass im Bereich der Öffentlichen Verwaltung mit 18 Prozent vergleichsweise wenige Betriebe Versuche unternahmen, rentenberechtigte Mitarbeiter zu halten. Die Erfolgsquote fiel hier mit 67 Prozent zudem unterdurchschnittlich aus. Im Wirtschaftszweig „Maschinen, Elektrotechnik, Fahrzeuge“ waren es dagegen 43 Prozent der Betriebe, die rentenberechtigten Mitarbeitern entsprechende Angebote unterbreiteten. Die Erfolgsquote betrug dabei 86 Prozent. „Der Wunsch, Mitarbeiter zu halten, wird maßgeblich durch Fachkräfteengpässe bestimmt, welche insbesondere im verarbeitenden Gewerbe eine Rolle spielen: Liegen Fachkräfteengpässe vor, so steigt die Wahrscheinlichkeit, rentenberechtigte Mitarbeiter halten zu wollen, statistisch hochsignifikant um 21 Prozentpunkte“, erklären die Forscher.
Kleinbetriebe versuchten mit 32 Prozent einen erheblich höheren Anteil an rentenberechtigten Mitarbeitern zu halten als größere Betriebe mit elf Prozent. Auch hier spielen Rekrutierungsprobleme eine Rolle: „Kleinbetriebe haben tendenziell schlechtere Chancen, ausscheidende Mitarbeiter durch Neueinstellungen adäquat zu ersetzen“, so die Arbeitsmarktforscher.
Die aufgrund des Flexirenten-Gesetzes seit diesem Jahr geltenden Regelungen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit werden von den Betrieben überwiegend positiv eingeschätzt. Besonders hoch ist die Zustimmung zum Wegfall der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für altersrentenberechtigte Mitarbeiter und zu den großzügigeren Hinzuverdienstmöglichkeiten im Rahmen einer Teilrente.
Die IAB-Studie beruht auf einer repräsentativen Befragung von rund 13.000 Betrieben. Sie ist im Internet abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2017/kb1617.pdf.
400 Streikende vor dem Verhandlungshotel in Mainz-Bretzenheim waren bunt, motiviert und forderten lautstark mehr Geld.
„Das Angebot ist leider immer noch nicht abschlussfähig. Die Arbeitgeberseite sagt zwar, dass Geld da sei, aber sie es nicht auf die hart arbeitenden Beschäftigten umverteilen könnten. Es gebe ein sehr begrenztes Budget,“ sagte Verhandlungsführerin Monika Di Silvestre direkt nach der Verhandlung. Die Tarifkommission brachte diese Aussage ins Grübeln. Wenn doch das Geld da sei, warum kann dann ein fairer Anteil nicht auf die Beschäftigten übertragen werden. Mit Wertschätzung habe dies nichts zu tun.
In letzter Zeit zeigte sich bundesweit, dass das Kalkül der Arbeitgeber wenig mit konstruktiver Angebotsunterbreitung zu tun hat. Es wurden übergreifend nahezu gleiche Angebote vorgelegt, die ihren Namen kaum verdienen. In Rheinland-Pfalz verglich die Arbeitgeberseite jüngst Tarifarbeit mit dem Monopoly-Spiel, bei dem die Beschäftigten wohl nicht über Los gehen und keine Tariferhöhungen erhalten sollen. „400 Handelsbeschäftigte haben heute stellvertretend und solidarisch zusammengestanden. Sie vertreten den Unmut von 140.000 Beschäftigten in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Ich habe heute erlebt, wie viel Energie in den Menschen steckt. Diese werden auch weiterhin für ein Plus im Geldbeutel auf die Straße gehen,“ sagte Stefan Prinz, Gewerkschaftssekretär im Handel. Gabriela Sold, ehrenamtliche Vorsitzende der Tarifkommission RP ergänzte: „Es zeigt uns, dass wir nicht alleine sind – gemeinsam sind wir stark – wir halten zusammen.“
Mit weiteren Streikmaßnahmen ist zeitnah zu rechnen.
Ver.di fordert im Kern eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 4% bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Als soziale Komponente für die unteren Lohn- bzw. Gehaltsgruppen haben die Tarifkommissionsmitglieder einen Betrag von 81.- Euro pro Monat oder 50 Cent pro Stunde festgelegt. Außerdem soll es eine Mitgliedervorteilsleistung für Gewerkschaftsmitglieder in Höhe von 300.- Euro geben. Die Ausbildungsvergütungen sollen um 100.- Euro je Ausbildungsjahr steigen. Auch die Forderung nach der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags für alle Beschäftigten der Branche in Rheinland-Pfalz ist ver.di sehr wichtig.
Die örtlich flexible Arbeit hat in den vergangenen Jahren eine stetig wachsende Verbreitung gewonnen. Betriebs- und Tätigkeitsspezifika sowie die Arbeitsumgebung lassen diese Form der Flexibilität jedoch auch heute noch nur zum Teil zu. Zudem bestimmt die Unternehmenskultur den Grad der praktischen Umsetzung. Forscher des Fraunhofer IAO und des IAT der Universität Stuttgart werteten die Meinungen von ca. 680 000 Beschäftigten des verarbeitenden Gewerbes aus. Die Ergebnisse sowie grundlegende Erkenntnisse über mobile Arbeit präsentieren sie in der aktuellen Studie »Mobile Arbeit – eine Analyse des verarbeitenden Gewerbes auf Basis der IG Metall-Beschäftigungsbefragung 2017«. Die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie zeigt, dass die Hoffnungen und Erwartungen der Beschäftigten an mobiles Arbeiten insgesamt sehr hoch sind. Um selbstbestimmtes, örtlich flexibles Arbeiten jedoch wirklich erfolgreich umzusetzen, müssen die Stellschrauben in zahlreichen Unternehmen noch nachjustiert werden«, fasst Christian Piele die Studienergebnisse zusammen. »Und das zeigen uns nicht nur die Daten der Befragung, sondern auch unsere praktischen Erfahrungen in vielen Unternehmen«, ergänzt ihn Co-Autor Alexander Piele.
Gesamtbeurteilung mobiler Arbeit fällt positiv aus: Neun von zehn Beschäftigten haben ein positives Bild von mobiler Arbeit, dennoch liegen auch bei potenziellen »Mobile Workern« oft Hindernisse oder Hemmnisse vor, was die Umsetzung betrifft, etwa die Furcht vor Entgrenzung oder vor ausufernden Arbeitszeiten. Für mobiles Arbeiten ist eine Kultur des Vertrauens im Kollegenkreis förderlich. Allerdings haben etwa 30 Prozent der Beschäftigten, welche mobil arbeiten können, Angst, mehr leisten zu müssen, weil sie befürchten, dass ihre Arbeitsleistung in mobiler Arbeit nicht wahrgenommen wird. Hieraus resultiert für sie die Gefahr von ausufernden Arbeitszeiten, wenn mitarbeiterseitig versucht wird, die fehlende Präsenz durch Mehrarbeit zu kompensieren.
Insgesamt zeigt sich, dass personenbezogene Faktoren oder das Arbeitsumfeld häufig zum Ausschluss mobiler Arbeit führen. So sind fehlende technische Voraussetzungen oder eine ablehnende Haltung der Führungskraft gegenüber mobilem Arbeiten wesentliche Gründe, das vorhandene Angebot von mobiler Arbeit nicht nutzen zu können.
Örtlich flexible Arbeit hat Einfluss auf geleistete Arbeitszeit und Work-Life-Balance: Örtlich flexible Arbeit kann zu ausufernden Arbeitszeiten führen und dies wiederum zu einer Verschlechterung der Work-Life-Balance. Im Falle mobiler Arbeit scheinen jedoch die positiven Wirkungen die für die Work-Life-Balance als »Störquelle« empfundenen längeren Arbeitszeiten zu kompensieren. Geeignete betriebliche Rahmenbedingungen helfen, ausufernde Arbeitszeiten und die damit einhergehenden negativen Konsequenzen von mobiler Arbeit zu vermeiden. Hierzu gehören insbesondere klar definierte Prozesse im Umgang mit zu hohen Arbeitszeiten und eine entsprechende Unternehmenskultur, welche sich deutlich gegen Entgrenzung ausspricht. Wichtig ist allerdings, dass eine – der Work-Life-Balance zuträgliche – zeitliche Autonomie der Beschäftigten durch die Prozesse nicht genommen wird.
Ein Teilvorhaben dieser Studie wird im Rahmen des Projekts LAIF »Leben und Arbeiten in Flexibilität« durch die Hans-Böckler-Stiftung gefördert . Der Startschuss für LAIF fiel im September 2015. Die Laufzeit des Projekts endet Ende 2017. Weitere Veröffentlichungen, die zusätzliche Facetten flexibler Arbeit aus Sicht unterschiedlicher betrieblicher Akteure beleuchten, sind in Planung.
Zum 1. Januar 2018 soll er auf 10,55 Euro (Westen) beziehungsweise 10,05 Euro (Osten) steigen. Die Lohnuntergrenze in der Pflege betrifft rund 908 000 Beschäftigte. Wenn Privathaushalte als Arbeitgeber fungieren, gilt der Pflege-Mindestlohn nicht, sondern der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von deutschlandweit derzeit 8,84 pro Stunde.
Deutschlands Chemiebranche erwartet nach einem starken ersten Halbjahr noch bessere Geschäfte für 2017. Erneut setzte der Branchenverband VCI seine Prognose für das laufende Jahr herauf. «Wir erwarten auch für die zweite Jahreshälfte anhaltend gute Geschäfte im In- und Ausland», sagte VCI-Präsident Kurt Bock gestern (20.07.) in Frankfurt laut Mitteilung. Der Umsatz soll nun um 5 Prozent auf 194 Milliarden Euro steigen. Zuletzt hatte der VCI ein Plus von 3,5 Prozent vorausgesagt.
Deutschlands drittgrößter Industriezweig profitiert von der anziehenden Konjunktur und höheren Ölpreisen. Dank der starken Nachfrage können die Unternehmen höhere Rohstoffkosten an Kunden weitergeben.
Die Produktion soll in diesem Jahr um 1,5 Prozent zulegen. Im Mai hatte die chemisch-pharmazeutische Industrie noch ein Plus von 1 Prozent erwartet. Im ersten Halbjahr kletterte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 5 Prozent auf 96,9 Milliarden Euro. Die Produktion legte um 1,5 Prozent zu.
Den Angaben zufolge rechnen die Unternehmen in allen für die Branche wichtigen Auslandsmärkten bis ins kommende Jahr hinein mit einem stabilen Wirtschaftswachstum. «Das gilt nicht nur für Europa, sondern auch für unseren wichtigsten Handelspartner, die USA», erklärte Bock. Mögliche negative Folgen des bevorstehenden Brexits zeigten sich bisher nicht in den Kennzahlen.
Die Zuversicht der Branche, die etwa 449 300 Mitarbeiter beschäftigt, spiegelt sich auch in den Investitionsplänen in Deutschland wider. Die Unternehmen wollten in diesem Jahr mit rund 7,5 Milliarden Euro mehr als jemals zuvor in Produktionsanlagen und Maschinen investieren, erklärte der Bock.
Mit Blick auf die Bundestagswahl im September forderte der VCI-Präsident eine Bremse bei den Energiekosten, mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in Bildung. Defizite sieht der Verband auch in der Infrastruktur. Die Substanz der Verkehrswege in Deutschland drohe zu erodieren, was für die transportintensive Chemie ein großes Problem darstellt, warnte Bock.
Die Chemiebranche hatte im vergangenen Jahr unter einer schwachen Nachfrage und fallenden Chemikalienpreisen gelitten. Sie ist als Lieferant für die Auto-, Bau- und Konsumgüterindustrie auch ein wichtiger Signalgeber für die Konjunktur.
Fast jeder dritte Betrieb in Deutschland kann nach einer aktuellen Befragung aus Mangel an geeigneten Bewerbern Lehrstellen nicht besetzen. Wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am 18. Juli zu seiner Umfrage «Ausbildung 2017» unter etwa 10 500 Unternehmen berichtete, lag die Quote zuletzt bei 31 Prozent - im Vergleich zu 12 Prozent zehn Jahre zuvor. «Fast jeder zehnte Ausbildungsbetrieb hat noch nicht einmal eine Bewerbung erhalten», sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer in Berlin.
Besonders schwierig ist die Lage in Ostdeutschland wegen des massiven Wegzugs junger Menschen. «Hier konnten im vergangenen Jahr 41 Prozent der Betriebe ihre angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzen, während in Westdeutschland jeder vierte Betrieb betroffen war», heißt es im DIHK-Report. Unter den Branchen habe das Gastgewerbe, wo 58 Prozent der Betriebe Lehrstellen nicht besetzen konnten, die größten Probleme. Stark zugenommen hat der Azubi-Mangel im Baugewerbe mit 42 Prozent (2015: 30 Prozent).
Deutschland müsse mehr für seine duale Ausbildung tun, forderte Schweitzer. Lehrer sollten nicht nur die Berufschancen durch ein Studium aufzeigen, sondern auch die der beruflichen Bildung. Schulen könnten mehr Kooperationen mit Betrieben eingehen und ihren Schülern frühzeitig Praktika und den Austausch mit Azubis ermöglichen.
Für die Firmen sei es «umso wichtiger, dass wir vorhandene Potenziale nutzen, insbesondere von Studienabbrechern, Lernschwächeren und Flüchtlingen». Bereits jetzt reagierten die Betriebe verstärkt auf rückläufige Bewerberzahlen: vor allem durch Angebote von Praktika (55 Prozent), verbessertes Ausbildungsmarketing (46 Prozent) oder die Erschließung neuer Bewerbergruppen (42 Prozent).
Nach dem Anfang April veröffentlichten Berufsbildungsbericht der Bundesregierung sank die Gesamtzahl neu abgeschlossener Lehrverträge 2016 auf gut 520 000. Fünf Jahre davor waren noch fast 570 000 Lehrstellen besiegelt worden. Gründe: der demografische Wandel mit immer weniger jungen Menschen und der Trend zum Studium. Die Zahl offener Azubi-Plätze wuchs im Vorjahr um 4,5 Prozent auf 43 500.
Der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks zählte zu den erfreulichen Umfrageergebnissen, dass «die Kooperation zwischen Betrieb und Berufsschule eine Erfolgsgeschichte» sei. 86 Prozent der Firmen seien «mit ihrer Berufsschule zufrieden oder sehr zufrieden». Dercks mahnte aber auch: «Die Betriebe empfinden die zunehmenden Entfernungen zur Berufsschule als großes Problem. Schulstandorte werden zunehmend ausgedünnt, weil es immer weniger Azubis und somit Berufsschüler gibt».
Hier könne «der Einsatz digitaler Kommunikationsmittel und Lernformate so manchem Auszubildenden den dadurch längeren Weg zur Berufsschule ab und zu ersparen». Auch deshalb müssten bei den Digitalisierungsstrategien von Bund und Ländern «die Berufsschulen einen besonderen Stellenwert einnehmen», meinte Dercks.