Gewerkschaften vor Tarifrunde für öffentlichen Dienst kämpferisch

Unmittelbar vor den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst zeigen sich die Gewerkschaften kämpferisch. «Die Beschäftigten wollen Taten sehen», sagte der Vorsitzende des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Verdi-Chef Frank Werneke betonte, die Belegschaften ließen sich nicht mit warmen Worten abspeisen. Am gestrigen Dienstag (24. Januar) begannen in Potsdam die Verhandlungen für mehr als 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen. Flächendeckende Warnstreiks sind möglich.
Gewerkschaften vor Tarifrunde für öffentlichen Dienst kämpferisch
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Verhandelt wird über die Einkommen unter anderem von Müllwerkern, Erzieherinnen, Krankenschwestern, Juristen, Busfahrern. Tausende Berufe sind betroffen - auch Feuerwehrleute, Altenpflegerinnen, Klärwerksmitarbeiter, Förster und Ärzte. Entsprechend groß könnten Auswirkungen von Warnstreiks für die Bürgerinnen und Bürger sein.

Flächendeckende Warnstreiks möglich: Bereits zum Jahreswechsel hatte Werneke von einem ungewöhnlich großen Engagement der Beschäftigten in dieser Tarifrunde berichtet. «In den fast 22 Jahren, in denen ich nun dem Verdi-Bundesvorstand angehöre, habe ich noch keine so große Entschlossenheit der Beschäftigten wie heute erlebt, sich aktiv in die Tarifbewegung einzubringen», sagte Werneke der Deutschen Presse-Agentur. Direkt nach Verhandlungsstart sei die Arbeitnehmerseite «aktionsfähig». Warnstreiks würden «den gesamten öffentlichen Dienst» betreffen, kündigte Werneke in der «Süddeutschen Zeitung» (Montag) an.

Bei der bisher letzten Tarifrunde für Bund und Kommunen waren 2020 unter anderem Kliniken, Kitas, Nahverkehr oder Sparkassen von Ausständen und Protestaktionen betroffen. Damals fielen die Warnstreiks im Vergleich zu früher moderat aus, was vor allem auf Vorsichtsmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie zurückging.

Mehr als zehn Prozent gefordert:

Verdi und der dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatte bereits nach der Präsentation der Forderungen im Oktober eine Umsetzung als «schlicht nicht leistbar» bezeichnet. «Wir haben Verständnis für die Sorgen der Beschäftigten angesichts der aktuell hohen Inflation, aber auch die kommunalen Arbeitgeber befinden sich in einer enorm schwierigen Lage», so VKA-Präsidentin Karin Welge, SPD-Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die seitens des Bundes die Verhandlungen führt, sagte laut einer Mitteilung vom Montag: «Die Forderungen der Gewerkschaften sind hoch und sie treffen auf eine angespannte Haushaltslage, insbesondere auch in den Kommunen.»

Inflation und Reformdruck:

Neben der Inflation zählen die krisenbedingt gestiegenen Anforderungen im öffentlichen Dienst zu den besonderen Umständen dieser Verhandlungen. Es gebe eine «lange Liste der Reformen auf Kosten kommunaler Beschäftigter», sagte Welge der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Mehr Aufwand bringen etwa das gestiegene und ausgeweitete Wohngeld und das zum 1. Januar eingeführte Bürgergeld.

Werneke sieht auch in dem im Vergleich zu 2022 wohl etwas nachlassenden Inflationsdruck in diesem Jahr keinen Grund zur Entspannung. Der Verdi-Chef bekräftigte in der «Süddeutschen Zeitung», dass der reale Lohn ohne Tariferhöhung um bis zu 14 Prozent schrumpfen würde. Zum Jahreswechsel war er noch von 16 Prozent ausgegangen.

Mit einem Anstieg um 7,9 Prozent hatte die Bevölkerung in Deutschland im vergangenen Jahr den stärksten Preisschock seit Gründung der Bundesrepublik erlebt. Zum Ende dieses Jahres hofft Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun auf eine Teuerungsrate unter fünf Prozent.

Milliardenkosten für Kommunen und Bund:

Zu den weiteren Forderungen der Gewerkschaften zählt eine Laufzeit von zwölf Monaten. Auszubildende, Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten sollen monatlich 200 Euro mehr erhalten. dbb-Chef Silberbach forderte ein konkretes Angebot bereits in der ersten von drei geplanten Verhandlungsrunden. Das Tarifergebnis soll aus Sicht der Gewerkschaften ohne Abstriche auf Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Soldatinnen und Soldaten übertragen werden. Für die Tarifbeschäftigten des Bundes und der Kommunen geht es um den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

Laut VKA würden die Kosten für das geforderte Lohnplus bei den kommunalen Arbeitgebern mit rund 15,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Beim Bund wären laut Innenministerium Mehrkosten von rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr die Folge, bei Übertragung auf die Beamten, Richter und Soldaten von 4,7 Milliarden. Die voraussichtlich entscheidende dritte Verhandlungsrunde ist für 27. bis 29. März angesetzt.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte einen Abschluss «mit Augenmaß». Die Finanzlage der Kommunen entwickele sich dramatisch, warnte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Natürlich wird es einen Gehaltszuwachs geben müssen, da auch die Beschäftigten unter der hohen Inflation leiden», sagte er. «Gleichzeitig sollte jedoch auch ein Schwerpunkt sein, die Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern, etwa mit noch mehr flexiblen Arbeitszeitmodellen, sodass es vielleicht gelingt, auch mehr Teilzeitbeschäftige zu einer Erhöhung ihrer Arbeitszeit zu bewegen.»

(Text: Basil Wegener, dpa)

Lehre bei Abiturienten immer beliebter

Junge Menschen mit Hauptschulabschluss tun sich einer Studie zufolge immer schwerer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Gleichzeitig stieg in den vergangenen Jahren der Anteil der Abiturienten, die eine Ausbildung anfingen, deutlich, wie aus einer am gestrigen Dienstag (24. Januar) veröffentlichten Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie für die Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Von einer mangelnden Attraktivität der Berufsausbildung für Abiturienten und Abiturientinnen könne keine Rede sein, sagte Studienautor Dieter Dohmen laut Mitteilung.
Lehre bei Abiturienten immer beliebter
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Zwischen 2011 und 2021 verringerte sich der Anteil der Jugendlichen, die mit Hauptschulabschluss eine Lehre anfingen, demnach um ein Fünftel. Für junge Menschen ohne Schulabschluss spitzte sich die ohnehin schwierige Situation zuletzt zu: Die Übergangsquote lag der Studie zufolge 2021 bei 30 Prozent. In den vergangenen 15 Jahren war sie um die 35 Prozent geschwankt. Der Anteil der Abiturienten, die sich für eine Lehre entschieden, stieg dagegen von 35 auf 47,4 Prozent.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte, es passe nicht zusammen, wenn Arbeitgeber einerseits über fehlende Bewerber klagten, auf der anderen Seite aber vielfach eine «Bestenauslese» betrieben. «Auch Jugendliche mit Hauptschulabschluss brauchen Chancen auf einen Ausbildungsplatz.» Es gebe ein enormes Potenzial für mehr Ausbildung und damit zur Linderung des Fachkräftemangels. Das ungenutzt zu lassen, könne sich die Gesellschaft nicht leisten. Bei der geplanten Ausbildungsgarantie müsse nachgebessert werden. Die Ampelparteien haben die Garantie in ihrem Koalitionsvertrag verankert.

Dieses Instrument hält die Deutsche Industrie- und Handelskammer für den falschen Weg. «Die Ausbildungschancen für junge Menschen sind heute besser denn je - von der Hauptschule bis zum Abitur», sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Zuletzt habe es dreimal mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber gegeben. «Wir haben daher momentan keinen Mangel an Chancen, sondern vielmehr einen Mangel an Orientierung.» Ein Ausbau der Berufsorientierung und eine bessere Vermittlung seien die richtigen Maßnahmen.

Dass sich mehr junge Menschen für die Ausbildung entschieden, obwohl sie an die Hochschule könnten, sei ein guter Trend, sagte Dercks. Die Chancen für Jugendliche mit Hauptschulabschluss seien weiter sehr gut. Ihr Anteil unter den Azubis schrumpfe, weil auch ihr Anteil unter den Schulabsolventen insgesamt zurückgehe.

Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse ging der Studie zufolge im langfristigen Vergleich zurück: Während beim letzten Höchststand 2007 gut 844 000 Menschen in Ausbildung waren, lag die Zahl 2021 bei 706 000. Einen Einschnitt bedeutete hier die Pandemie. In den Jahren davor war die Zahl leicht gestiegen.

(Text: dpa)

Warnstreik am BER

Rund um den Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg wird es am Mittwoch (25. Januar) deutlich ruhiger als sonst: Aufgrund eines Warnstreiks wird an diesem Tag voraussichtlich kein Passagierflug abheben oder dort landen.
Warnstreik am BER
Bild: dpa

Weil die Tarifverhandlungen für die Bodenverkehrsdienste, die Flughafengesellschaft und die Luftsicherheit aus Sicht von Verdi nicht entscheidend vorankommen, will die Gewerkschaft nun ihre Stärke zeigen. Von den Tarifverhandlungen betroffen sind rund 6000 Beschäftigten - und am Mittwoch nun auch etwa 35 000 Passagiere.

«Die Flughafengesellschaft muss in dieser Situation davon ausgehen, dass an diesem Tag keine regulären Passagierflüge am BER stattfinden können und hat in diesem Sinne auch alle Partner am Flughafen über den angekündigten Warnstreik informiert», hieß es von der Flughafengesellschaft am Montag, eine Stunde nach der Warnstreik-Ankündigung von Verdi. Vorgesehen waren demnach rund 300 Starts und Landungen.

Doch die von den Tarifverhandlungen betroffenen Beschäftigten arbeiten an zu zentralen Stellen, um den Flugbetrieb regulär aufrechtzuerhalten. Die Bodenverkehrsdienste sind für die Betankung der Flugzeuge zuständig, ebenso für das Be- und Entladen der Flieger, für den Check-in der Passagiere. Bei der Flughafengesellschaft ist die Verkehrsleitung angestellt, die Flughafensicherheit - und auch das Personal der Feuerwehr.

Verdi fordert für die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste 500 Euro mehr im Monat bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. Die Arbeitgeberseite will dagegen stufenweise Lohnerhöhungen, eine Laufzeit von 36 Monaten und die Einführung von Erfahrungsstufen. Am BER sind derzeit die Firmen Swissport, Airline Assistance Switzerland und Wisag für die Bodenverkehrsdienste im Einsatz. Verhandelt wird für die etwa 2000 Beschäftigten seit Anfang Dezember.

Für die Beschäftigten der Flughafengesellschaft fordert Verdi ebenfalls 500 Euro mehr im Monat bei zwölf Monaten Vertragslaufzeit. «Die aktuellen Vorstellungen des Arbeitgebers bleiben sowohl bei der Erhöhung als auch bei der Laufzeit deutlich hinter den Forderungen der Beschäftigten zurück», teilte die Gewerkschaft mit.

In der zweiten Verhandlungsrunde habe die Arbeitgeberseite drei Prozent mehr ab 1. Juni und weitere 2 Prozent mehr ab 1. Mai 2024 vorgeschlagen, das alles bei einer Laufzeit bis Ende 2024. Außerdem wurde demnach eine Inflationsausgleichsprämie von 2000 Euro angeboten, die durch die Entlastungspakete der Bundesregierung steuerfrei ausfallen würde. «Dieses Angebot ist nach einhelliger Auffassung der Tarifkommission in der Struktur, Höhe und Laufzeit nicht akzeptabel, unzureichend und enttäuschend», teilte Verdi mit.

Für die Beschäftigten der Luftsicherheit wird der Gewerkschaft zufolge bundesweit verhandelt, in sieben Verhandlungsrunden habe es aber «faktisch keinerlei Fortschritt» gegeben. «Hier gibt es bis heute kein Signal der Arbeitgeber, überhaupt eine Lösung finden zu wollen», teilte die Gewerkschaft mit. Verhandelt wird demnach über eine «Erhöhung der Zeitzuschläge für Nacht-, Sonntags-, Feiertags- und Samstagsarbeit sowie eine bessere tarifliche Regelung zur Entlohnung von Mehrarbeit».

Der Warnstreik am Mittwoch beginnt nach Verdi-Angaben mit Beginn der Frühschicht und endet am späten Abend. «Die Streikenden versammeln sich ab 8.00 Uhr vor dem Terminalgebäude auf dem Willy-Brandt-Platz, dort wird in der Zeit von 10.00 Uhr bis circa 11.30 Uhr eine Kundgebung abgehalten.» Die Gewerkschaft rechnet mit bis zu 1500 Teilnehmern.

(Text: Fabian Nitschmann, dpa)

Tarifrunde Deutsche Post AG - bundesweite Streiks ab Donnerstag

Bei der zweiten Tarifverhandlungsrunde für die rund 160.000 Tarifbeschäftigten der Deutschen Post AG sind Arbeitgeber und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ohne Ergebnis auseinandergegangen. „Die Arbeitgeber haben sich sehr deutlich geäußert, dass sie nicht bereit sind, den Reallohnverlust und die Inflation auszugleichen. Dies sei nicht finanzierbar. Diese Sichtweise ist für uns nicht akzeptabel“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzenden und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. „Scheinbar zählen für die Arbeitgeber die Fakten nicht. Unsere Tarifforderungen sind notwendig, gerecht und machbar.“
Tarifrunde Deutsche Post AG - bundesweite Streiks ab Donnerstag
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Der überwiegende Teil der ver.di-Mitglieder bei der Deutschen Post AG habe ein niedriges Einkommen und könne Reallohnverluste schlichtweg nicht verkraften, so Kocsis weiter. „Dass die Arbeitgeber den Ausgleich von Reallohnverlusten verweigern, ist angesichts der Milliardengewinne des Konzerns eine Provokation. Darauf werden die Beschäftigten in den Betrieben nun eine klare Antwort geben und ihren Forderungen mit Streiks Nachdruck verleihen.“

ver.di ruft die Beschäftigten in allen Brief- und Paketzentren (Verteilzentren) bundesweit für Donnerstag, den 19.1.23 (beginnend frühestens ab 17 Uhr) und Freitag, 20.1.23, ganztägig zum Streik auf. In den folgenden Tagen werden weitere Streiks folgen.

Bei der DP AG sind 140.000 der 160.000 Tarifbeschäftigten in den Entgeltgruppen 1 bis 3 eingruppiert. Das Monatsgrundentgelt in diesen Entgeltgruppen beträgt zwischen 2.108 und 3.090 Euro brutto. Diese Tarifbeschäftigten sind im besonderen Maße von der hohen Inflation betroffen, da sie einen großen Anteil ihres Nettoeinkommens für Nahrungsmittel und Energie aufbringen müssen. Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 betrug bei der DP AG zwei Prozent.

ver.di fordert für die Tarifbeschäftigten bei der Deutschen Post AG eine Entgelterhöhung von 15 Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen sollen für jedes Ausbildungsjahr um 200 Euro pro Monat angehoben werden.

Die Tarifverhandlungen werden am 8./9. Februar 2023 fortgesetzt.

(Text: ver.di)

Lehrermangel größtes Problem an Schulen

Das größte Problem an Deutschlands Schulen ist aus Sicht der Schulleiter der Mangel an pädagogischem Personal. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Forsa-Befragung im Auftrag der Robert Bosch Stiftung, die am 18. Januar in Stuttgart veröffentlicht wurde.
Lehrermangel größtes Problem an Schulen
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Besonders angespannt ist die Situation demnach an Schulen in sozialen Brennpunkten. Auch deutliche Lernrückstände bei Schülerinnen und Schülern werden angezeigt. Die Bildungsgewerkschaft GEW rief angesichts der Ergebnisse der Umfrage die «Alarmstufe dunkelrot» aus und forderte schnelle und nachhaltige Hilfen für die Schulen.

Der Lehrkräftemangel werde zu einem immer massiveren Problem, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

Laut Deutschem Schulbarometer, für das erstmals seit 2019 ausschließlich Schulleitungen statt Lehrkräfte befragt wurden, halten zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten den Personalmangel für die größte Herausforderung an ihrer Schule. Mit 80 Prozent wird er demnach besonders häufig an Schulen in sozial schwieriger Lage genannt.

«Für den Lehrkräftemangel gibt es keine schnelle und vor allem keine einfache Lösung», sagte Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung. Weniger bürokratischer Aufwand könne die aktuelle Personalnot an den Schulen aber zumindest lindern, erklärte sie. So könne beispielsweise die Anstellung von Unterstützungsfachkräften in der Verwaltung, von pädagogischen Assistenzkräften oder ausländischen Lehrkräften für Erleichterung sorgen.

Alarm schlagen auch die Bildungsgewerkschaft GEW und der Verband Bildung und Erziehung (VBE). «Der eklatante Lehr- und Fachkräftemangel ist die Achillesferse des Schulsystems. Er bremst nicht nur nahezu jedes schulpolitische Reformvorhaben aus, sondern gefährdet mittlerweile die Bildungsanstrengungen in Deutschland insgesamt», sagte GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. «Schulleitungen und Kollegien brauchen endlich wieder Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit professionell tun zu können», forderte sie. Es gelte, dem Teufelskreis aus Überlastung durch Lehrkräftemangel und Lehrkräftemangel durch Überlastung zu entkommen. Das werde jedoch nur gelingen, wenn die Politik bereit sei, insgesamt mehr Ressourcen ins System zu stecken.

Kurzfristig könnten etwa die schnellere Anerkennung ausländischer Lehramtsabschlüsse sowie die Qualifikation von Quer- und Seiteneinsteigern Entlastung bringen. Darüber hinaus müssten die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Länder umgehend eine Strategie entwickeln, kontinuierlich eine ausreichende Zahl Lehrkräfte auszubilden und einzustellen.

«Lehrkräftemangel ist für uns in der Schule nicht nur eine Zahl, es ist eine reale Bedrohung für die pädagogische Qualität unseres Angebots», teilte der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand mit. «Vor allem, wenn noch lauter darüber nachgedacht wird, das Lehramtsstudium zu verkürzen und die Lehrbefähigung schon mit dem Bachelor erreicht wird.» Das sei ein Irrweg, warnte er.

Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ria Schröder, forderte angesichts der Umfrageergebnisse ein Bürokratieentlastungsgesetz für Schulen. «Die Kultusminister sollten prüfen, an welchen Stellen unnötige Vorgaben wegfallen können. Schulen und Schulleitungen brauchen mehr Freiheit und weniger Bürokratie», erklärte sie.

Das Schulbarometer zeigt zudem, dass mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Schulleitungen meinen, einigen Schülerinnen und Schülern nicht die benötigte adäquate Unterstützung beim Lernen bieten zu können. Laut der Umfrage haben durchschnittlich 35 Prozent der Schüler aktuell deutliche Lernrückstände, an Schulen in sozial schwieriger Lage sind es mit geschätzten 65 Prozent fast doppelt so viele.

Stark-Watzinger verwies hier auf das von der Ampel-Koalition geplante «Startchancen-Programm», mit dem 4000 Schulen in schwierigen Lagen finanziell und personell besonders unterstützt werden sollen. Das Programm soll nach bisheriger Planung im Schuljahr 2024/25 starten.

Weit abgeschlagen hinter dem Personalmangel gaben die befragten Schulleitungen die schleppend vorankommende Digitalisierung sowie eine schlechte technische Ausstattung (22 Prozent) als Probleme an, gefolgt von zu viel Bürokratie (21 Prozent) und der hohen eigenen Arbeitsbelastung (20 Prozent). Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen beschäftigen der Umfrage zufolge nur noch jede zehnte Schule.

Trotz der zwei Milliarden Euro schweren Unterstützung aus dem Bund-Länder-Paket «Aufholen nach Corona» benötige die große Mehrheit der Schulleitungen (70 Prozent) dringend weitere Fördermittel, erläuterte Wolf. Das Ziel, insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zu unterstützen, sei weit verfehlt worden, weil alle Schulen über einen begrenzten Zeitraum Fördermittel nach dem sogenannten Gießkannenprinzip erhalten hätten. Es brauche hingegen eine langfristige und passgenaue Unterstützung der Schulen, forderte Wolf.

Auch die Zuwanderung von Schülerinnen und Schülern stellt die Schulen vor große Herausforderungen. Im Schnitt sieben Kinder und Jugendliche aus der Ukraine haben sie seit März 2022 nach Schätzungen der befragten Schulleitungen aufgenommen. Durchschnittlich fünf waren es demnach aus anderen Ländern. Rund die Hälfte der Schulen sieht laut Schulbarometer aktuell keine Kapazitäten mehr für die Aufnahme weiterer Schülerinnen und Schüler. Mit 45 Prozent gaben insbesondere Schulen an sozial benachteiligten Standorten an, bereits über ihrer Kapazitätsgrenze zu arbeiten. Laut Schulbarometer haben sie überdurchschnittlich häufig neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler aufgenommen.

(Text: dpa)

Personalnot im Gastgewerbe wächst

Schon jetzt fehlen bundesweit Zehntausende Arbeitskräfte im Gastgewerbe - und die Personalnot dürfte sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen. Nach Einschätzung des Branchenverbandes Dehoga gibt es in Deutschland derzeit um die 50 000 offene Stellen in Restaurants und Cafés, Hotels, Pensionen und anderen Betrieben. «Im Frühjahr werden die Zahlen noch einmal deutlich steigen», sagte eine Dehoga-Sprecherin. Insgesamt gehe man aber auch dank intensiver Bemühungen um die Stärkung der Ausbildung von einem «positiven Trend» bei der Beschäftigung aus.
Personalnot im Gastgewerbe wächst
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Nachdem sich während der Corona-Pandemie zahlreiche Mitarbeiter andere Jobs, beispielsweise im Einzelhandel und in der Logistik, gesucht hatten, seien viele von ihnen mittlerweile wieder zurückgekehrt, erklärte die Sprecherin. Im Oktober 2022 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten noch um 3,7 Prozent unterhalb des Vorkrisenniveaus. Hoffnungen setze man auf die geplante Einwanderungsreform, so die Dehoga-Sprecherin. «Wir brauchen neue rechtliche Möglichkeiten für eine gezielte Erwerbsmigration aus Drittstaaten.» Insgesamt bietet das Gastgewerbe in Deutschland mehr als eine Million sozialversicherungspflichtige Jobs.

Gesucht würden Fach- und Arbeitskräfte in allen Bereichen - von der Vollzeitkraft bis zu Minijobbern. Vor allem für die meist kleinen und mittelständischen Betriebe in ländlichen Regionen gestalte sich der Wettbewerb um Mitarbeiter schwierig. Aber auch neue Betriebe haben es teils schwer, Personal zu finden und zu binden, wie Madjid Djamegari sagt. Der Betreiber des Frankfurter Gibson Club und Vorsitzende der Initiative Gastronomie Frankfurt bekommt das auch in seinem vor einem halben Jahr eröffneten Restaurant Club Social Mexicano am Eschenheimer Tor in Frankfurt zu spüren. In dem Betrieb gebe es eine hohe Fluktuation, immer wieder sei er auf Leiharbeitskräfte angewiesen und müsse viel Aufwand betreiben, um ein passendes Team zu etablieren, sagt Djamegari. Wettbewerbern ergehe es ähnlich - teils wendeten sie ihren kompletten Marketingetat für die Personalgewinnung auf.

Der Personalmangel werde durch einen naturgemäß höheren Krankenstand in den Wintermonaten zusätzlich verschärft. Dadurch können manche Betriebe nur noch drei oder vier Tage pro Woche öffnen und müssen die Reservierungszeiten einschränken, was wiederum auf die Umsätze drückt und die Schwierigkeiten noch vergrößert. Dass der Branche Bewerber fehlen, führt Djamegari auch auf geänderte Ansprüche und Vorstellungen junger Menschen zurück. «Die Work-Life-Balance ist ein Riesenthema», sagt der Gastronom. Selbstverwirklichung stehe hoch im Kurs - deshalb wirke die arbeitsintensive Gastro-Branche, in der man auch viel Verantwortung übernehmen müsse, gerade für junge Leute wenig verlockend. Die Probleme seien nicht neu, hätten sich durch die Corona-Pandemie aber noch verschärft.

Immerhin: Beim Umsatz hat sich das Gastgewerbe im vergangenen Jahr vom Corona-Schock deutlich erholt. Preisbereinigt stieg er nach einer vorläufigen Schätzung des Statistischen Bundesamtes um 47 Prozent gegenüber dem noch von Lockdowns geprägten Vorjahr 2021. Der Wert aus dem Vorkrisenjahr 2019 wurde aber um 11 Prozent verfehlt. Einschließlich der kräftigen Preiserhöhungen der vergangenen Monate hatten Gaststätten und Hotels im Schnitt aber 1 Prozent mehr Umsatz als 2019. Gegenüber 2021 stiegen die nominalen Erlöse um 57 Prozent.

Gastronom Djamegari verweist darauf, dass sich gerade talentierten Servicekräften gute Verdienstmöglichkeiten böten. Den Bewerbern gehe es aber nicht nur um Geld - auch flexiblere Arbeitszeiten mit Freizeit an den Wochenenden seien für viele ein Thema, und nicht wenige Gastronomen gingen darauf auch mit entsprechenden Angeboten ein. Trotzdem schaffen es nicht alle, ausreichend Mitarbeiter zu finden, wie ein Lokal in Wiesbaden, das nach einem Umbau während der Pandemie gar nicht erst wieder aufmachen konnte - weil einfach nicht genügend Arbeitskräfte da waren, wie Djamegari sagt. Hinzu kämen derzeit weitere hohe Belastungen durch die Inflation und die hohen Energiekosten. Das lasse sich nur über eine Professionalisierung und Prozessoptimierung bewältigen, sodass größere Betriebe und Ketten derzeit deutlich besser dastünden.

Mit Personalengpässen und Arbeitskräftemangel haben allerdings auch die im Bundesverband der Systemgastronomie zusammengeschlossenen Unternehmen zu kämpfen. Man habe in den vergangenen Jahren erhebliche Investitionen vorgenommen, etwa in die Modernisierung von Restaurants, Digitalisierung sowie in innovative Produkte und nicht zuletzt in das Personal, erklärte eine Verbandssprecherin. Wenngleich die vergangenen Jahre gezeigt hätten, wie schnell sich die Rahmenbedingungen ändern können, sei man für das laufende Jahr vorsichtig optimistisch.

Weniger Zuversicht für das Gastgewerbe insgesamt herrscht bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Dreh- und Angelpunkt bei der Personalgewinnung seien nun einmal die Entgelte, die vielfach nur knapp über dem Mindestlohn lägen, sagt der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler. Eine Mitgliederbefragung der Gewerkschaft, an der sich kürzlich vorwiegend langjährige Beschäftigte der Branche beteiligt hätten, habe ergeben, dass etwa ein Drittel von ihnen längerfristig keine Perspektive in ihrem Beruf sehe.

Junge Menschen ohne eigene Familie kämen vielleicht mit Arbeitszeiten von teils zehn Stunden und mehr bis in die späten Abendstunden und mit Schichtdiensten zurecht. Doch spätestens wenn die Beschäftigten Kinder haben, werde es schwierig. Langfristig dürfte die Branche deshalb auf noch größere Personalengpässe zusteuern, glaubt Zeitler - gepaart mit kürzeren Öffnungszeiten, mehr Schließtagen und eingeschränkten Buchungsmöglichkeiten. Mehr Mitarbeiter gebe es nur bei besserem Einkommen. 3000 Euro pro Monat brutto müssten für Fachkräfte künftig das Minimum sein. Die Branche brauche «einen echten Neustart», so Zeitler.

(Text: Christine Schultze, dpa)

Ungerechte Nachtzuschläge? - Grundsatzentscheidung erwartet

Der Streit um Nachtarbeitszuschläge in Branchen wie der Getränke- und Lebensmittelindustrie könnte in den kommenden Monaten beendet werden. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, kündigte Grundsatzentscheidungen der höchsten deutschen Arbeitsrichter in Erfurt an. Die erste, bei der es um den Getränkekonzern Coca-Cola gehe, werde voraussichtlich am 22. Februar fallen, sagte Gallner der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
Ungerechte Nachtzuschläge? - Grundsatzentscheidung erwartet
Bild: dpa-Zentralbild

Beantwortet werden solle die Frage, ob unterschiedlich hohe Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Oft deutlich höhere Zuschläge für Arbeitnehmer, die nur selten Nachtarbeit erledigen, sorgen seit Jahren für Auseinandersetzungen in vielen deutschen Unternehmen. «Das wird 2023 eines der großen Themen am Bundesarbeitsgericht», sagte Gallner.

Insgesamt lägen dem Zehnten Senat etwa 400 Verfahren zu diesem Themenkomplex aus sechs verschiedenen Branchen vor. Dazu gehörten unter anderem die Süßwarenindustrie, aber auch Molkereien. «Der Zehnte Senat wird sich jede tarifliche Regelung anschauen und je nach den Vereinbarungen einzeln entscheiden», sagte die Präsidentin. Letztlich geht es dabei um die Bezahlung von Schichtarbeitern - die regelmäßig auch nachts in der Produktion stehen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nach Angaben der Präsidentin dazu bereits Ende 2020 den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Von den europäischen Richtern in Luxemburg habe es jedoch keine Grundsatzentscheidung gegeben. Der EuGH erklärte im Juli 2022, dass die EU-Charta, auf die sich zwei Kläger beriefen, in dieser Auseinandersetzung keine Anwendung finde. Damit sei der Fall keine Frage des europäischen Rechts - und die Entscheidung liegt allein bei den höchsten deutschen Arbeitsrichtern.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte vor einiger Zeit auf tausende Verfahren zur Auslegung von Tarifregelungen mit Arbeitgeberverbänden der Ernährungsindustrie in den verschiedenen Arbeitsgerichtsinstanzen hingewiesen. In einigen Bereichen sollen die Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit bei 20 Prozent liegen, bei unregelmäßiger Nachtarbeit jedoch bei 50 Prozent der Stundenvergütung.

Nach Angaben von Gallner sind je nach Tarifvertrag Verhandlungen und Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Höhe von Nachtarbeitszuschlägen im Februar, im März sowie im Juni dieses Jahres zu erwarten.

(Text: dpa)

Verbot von Subunternehmen in der Paketbranche nötig

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert ein Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmer*innenrechten in der Kurier-, Express-, Paket-Branche (KEP), das insbesondere ein Verbot des Einsatzes von Subunternehmen in der Branche beinhaltet. „In der KEP-Branche haben Ausbeutung und prekäre Beschäftigung mittlerweile ein unerträgliches Maß angenommen. Es ist nicht hinnehmbar, wenn die tägliche Paketzustellung in unserem Land teilweise mit ausbeuterischen und gesetzwidrigen Arbeitsbedingungen sichergestellt wird“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis.
Verbot von Subunternehmen in der Paketbranche nötig
Bild: dpa

„Wir brauchen ein Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmer*innenrechten in der Paketbranche. Das Gesetz muss analog zu den gesetzlichen Regelungen ausgestaltet sein, die seit Anfang 2021 in der Fleischwirtschaft gelten und wirken.“ Kernpunkt des Gesetzes müsse ein Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal zum Transport und zur Auslieferung bei Paketdienstleistern sein; damit würden Subunternehmerketten und Werkverträge verhindert, die der Mechanismus für Lohn- und Sozialdumping in der Branche seien.

„Fast alle großen Paketdienstleister setzen auf Subunternehmer, um sich der Verantwortung für die Arbeitsbedingungen auf der besonders kostenintensiven letzten Meile zu entledigen“, so Kocsis weiter. „Die Leidtragenden sind die bei den Subunternehmern Beschäftigten. Denn bei Subunternehmen gibt es in der Regel keine Betriebsräte oder gar Tarifbindung, da diese gerade bei Kleinstunternehmen in solchen Subunternehmerketten faktisch kaum durchsetzbar sind.“

Zum Schutz der Zusteller*innen vor zunehmender physischer Belastung fordert ver.di darüber hinaus eine Kennzeichnung schwerer Pakete. Zudem müsse es eine Gewichtsbegrenzung von 20 Kilogramm für Paketsendungen im Ein-Personen-Handling geben.

Bei der Einführung eines Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmer*innenrechten in der Paketbranche müsse auch ein entsprechender Stellenaufbau beim Zoll erfolgen, so Kocsis. „Damit muss sichergestellt werden, dass das Gesetz tatsächlich eingehalten wird. Der Erfolg des Gesetzes steht und fällt mit der Kontrolle.“

(Text: ver.di)

IG Metall fordert 8 % mehr für westdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie

In der Tarifrunde der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie fordert die IG Metall 8 Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro. Das beschloss der Vorstand der IG Metall gestern (16. Januar) in Frankfurt. Außerdem soll die tarifliche Altersteilzeit fortgesetzt und ihre Konditionen verbessert werden. Die Forderungen gelten für die ca. 100.000 Beschäftigten der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie.
IG Metall fordert 8 % mehr für westdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie
Bild: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Miriam Bürger, Verhandlungsführerin der IG Metall betonte die Wichtigkeit deutlicher Lohnsteigerungen: „Die Preisentwicklung der letzten Monate war auch für die Beschäftigten der Textil- und Bekleidungsindustrie eine enorme Belastung. Es muss deshalb jetzt mehr Geld geben. Und wir brauchen weiterhin planbare Übergänge in die Rente. Die tarifliche Altersteilzeit hat sich hierfür bewährt.“

Die wirtschaftliche Situation der Branche unterscheidet sich zwar von Bekleidung mit klarem Umsatzplus zu Textil mit aktuell leichtem Dämpfer, ist insgesamt aber stabil. Die Unternehmen können die gestiegenen Kosten größtenteils an die Kunden weitergeben.

„Die Forderung nach 8 Prozent mehr Lohn und Gehalt berücksichtigt die wirtschaftliche Gesamtsituation der Branche. Diese Erhöhung können sich die Betriebe leisten“ macht Miriam Bürger deutlich.

Wie viele Branchen ist auch die Textil- und Bekleidungsindustrie von Fach- und Arbeitskräftemangel betroffen. Attraktive Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Faktor, um Beschäftigte in den Betrieben zu halten. Die geforderten Lohnsteigerungen sind also nicht nur eine Entlastung für die Beschäftigten, sondern können auch zu einer guten Zukunftsperspektive für die Industrie beitragen.

Beginn der ersten Verhandlung ist am 07. Februar 2023 in Frankfurt am Main. Eine zweite Verhandlung ist für den 28. Februar in Ingolstadt angesetzt – dann endet auch die Friedenspflicht und es sind Warnstreiks möglich.

(Text: IG Metall)

Tausende neue Leute für bessere Bahn gesucht

Tausende neue Beschäftigte sollen in diesem Jahr bei der Deutschen Bahn anfangen - und vor allem für Entlastung im angespannten Bahnbetrieb sorgen. «Wir werden auch in diesem Jahr an Einstellungszahlen anknüpfen, die der Größe einer Stadt entsprechen», sagte Konzern-Personalvorstand Martin Seiler am 6. Januar in Berlin. Konkret heißt das: Mehr als 25 000 neue Beschäftigte sollen kommen. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll damit unterm Strich um rund 9000 wachsen.
Tausende neue Leute für bessere Bahn gesucht
Bild: dpa

Lokführer, Fahrdienstleiter, Instandhalter, Bauüberwacher, aber auch Elektroniker, IT- und Datenexperten werden gesucht - und dringend gebraucht. Etwa im täglichen Zugbetrieb: «Wir haben im letzten Jahr eine Phase gehabt, in der wir hohe Corona-Ausfälle hatten und hohe Krankheitsstände vor allem bezogen auf Erkältungen», sagte Seiler. In manchen Regionen kämpfte der Konzern an einzelnen Tagen mit Krankenständen von mehr als 30 Prozent. Im längerfristigen Durchschnitt liege die Quote derzeit bei sieben Prozent, sagte Seiler. Das seien ein bis zwei Prozentpunkte mehr als normalerweise.
Fahrgäste mussten deshalb zahlreiche Verspätungen und Zugausfälle in Kauf nehmen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kritisierte die daraus resultierende hohe Belastung für die Beschäftigten und bemängelte die Personalpolitik der Bahn. Mit dem geplanten 49-Euro-Ticket im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dürften noch mehr Menschen in Bussen und Bahnen unterwegs sein.
Mehr Mitarbeiter werden auch im Baubereich gebraucht. Der schlechte Zustand der Infrastruktur ist einer der Hauptgründe für die zahlreichen Verspätungen, für die die Bahn oft kritisiert wird. Ab Ende 2024 sollen deshalb nach und nach wichtige Streckenkorridore gesperrt und innerhalb weniger Monate generalsaniert werden. Entsprechend groß ist der Bedarf an Fachkräften wie Bauüberwachern oder Ingenieurinnen und Ingenieuren.
«Wir müssen auf der anderen Seite aber auch daran arbeiten, den Personalbedarf als solchen zu verringern», betonte Seiler. Es müsse geschaut werden, an welcher Stelle Prozesse automatisiert und digitalisiert werden könnten. Auch dafür brauche es entsprechend ausgebildete Fachkräfte.  
Doch der hohe Personalbedarf trifft auf einen immer engeren Arbeitsmarkt, über den unzählige Branchen seit Jahren klagen. «Der Arbeitskräftemangel hat sich durch die Pandemie aus unterschiedlichsten Gründen verstärkt», sagte Seiler. Seit einigen Jahren rekrutiert die Bahn deshalb verstärkt im Ausland und will nun gezielt etwa auch Studienabbrecher in den Blick nehmen.
Ab der kommenden Woche startet der Konzern zudem eine neue Kampagne zur Werbung neuer Mitarbeiter. Der Slogan: «Was ist dir wichtig?» Flexible und familiengerechte Arbeitszeiten, keine Büropflicht - in Zeiten angespannter Arbeitsmärkte rücken vor allem die Bedürfnisse potenzieller neuer Mitarbeiter in den Fokus.
Das betrifft auch die Bezahlung. Ende Februar steht die nächste Tarifrunde mit der EVG an. «Man muss kein großer Hellseher sein, um zu sehen, dass wir es mit einer hohen Forderung zu tun bekommen werden», sagte Seiler. Gleichzeitig kämpfe der Konzern mit hohen Kostensteigerungen etwa bei Energie und im Bau. «Für uns wird es darauf ankommen, beides in ein ausgewogenes Maß zu bringen», betonte er.
Weltweit beschäftigte der Konzern Ende Juni des vergangenen Jahres mehr als 338 600 Menschen, davon rund 220 500 in Deutschland. Im vergangenen Jahr hat die Bahn eigenen Angaben zufolge rund 28 000 neue Beschäftigte eingestellt. Unterm Strich wuchs dadurch die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um rund 5000, weil im selben Zeitraum Tausende Beschäftigte das Unternehmen verließen, etwa um in Rente zu gehen. Daran will die Bahn nun anknüpfen. Leicht wird das nicht.

(Text: Matthias Arnold, dpa)

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