Evobus will Kosten sparen und Wettbewerbsfähigkeit sichern

Als im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass Daimler Truck einen Teil der Produktion seiner Tochter Evobus ins Ausland verlagern will, war das Entsetzen bei der Gewerkschaft und Teilen der Politik noch groß. Am 2. März haben das Unternehmen und der Gesamtbetriebsrat von Evobus nun konkrete Pläne und eine Vereinbarung präsentiert - und dafür Lob erhalten.
Evobus will Kosten sparen und Wettbewerbsfähigkeit sichern
Bild: Sebastian Kahnert/dpa

Das Unternehmen habe mit dem Gesamtbetriebsrat ein «Zukunftsbild zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der deutschen Standorte vereinbart», hieß es laut Mitteilung. Gleichzeitig sollen bis Ende 2030 etwa 150 Millionen Euro in die Werke in Mannheim und Neu-Ulm investiert werden.

Der Standort Mannheim soll nach Angaben des Unternehmens künftig das Kompetenzzentrum für E-Stadtbusse werden. Ab 2024 sollen hier nur noch elektrische Stadtbusse produziert werden. Außerdem werde die Fertigung von Komponenten verstärkt. Neu-Ulm bleibe das Kompetenzzentrum für Reisebusse und werde weiterhin als einziger Standort Reisebusse der Marke Setra fertigen.

Ziel der «strukturellen Änderungen» sei es, dauerhaft die Kosten in Deutschland zu senken und so die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Neben der Verlagerung des Rohbaus nach Tschechien solle zudem die Zusammenarbeit im europäischen Produktionsverbund ausgebaut werden. Die Stückzahlen der Fahrzeuge würden künftig abhängig von der Auftragslage flexibel verteilt.

Der Mix aller Maßnahmen solle schrittweise zu mehr Kosteneinsparungen führen, sagte Till Oberwörder, Chef der Bussparte von Daimler Truck, der Deutschen Presse-Agentur. Er begründete die Maßnahmen mit neuen Wettbewerbern bei der E-Mobilität und einer verschärften Marktsituation, weshalb sich das Unternehmen bei den Kosten besser aufstellen müsse. Bis etwa 2030 sollen rund 100 Millionen Euro jährlich gespart werden.

Bis 2028 soll der Rohbau im Busgeschäft für die Standorte Mannheim, Neu-Ulm und Ligny-en-Barrois (Frankreich) vollständig nach Holýšov in Tschechien wandern. Dafür habe der Gesamtbetriebsrat die bestehende Zukunftssicherung für die Evobus-Beschäftigten in Deutschland von 2024 bis Ende 2033 verlängern können. Betriebsbedingte Kündigungen seien damit bis dahin ausgeschlossen.

In Mannheim sind laut Oberwörder 650 Mitarbeiter im Rohbau tätig. In der ersten Phase der Verlagerung, die jetzt sofort beginne, seien zunächst 250 Mitarbeiter betroffen. Diese sollen nun andere Aufgaben übernehmen und dafür qualifiziert werden. In Neu-Ulm seien keine Beschäftigten betroffen.

Man müsse die Verlagerung des Rohbaus ins Ausland akzeptieren, erklärte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von Evobus, Bruno Buschbacher. Nur so könne das Unternehmen die notwendige Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen. Eine Blockade hätte «in den kommenden Jahren nur noch mehr Unsicherheit gebracht und letztlich ein Sterben auf Raten bedeutet». Er hob gegenüber der dpa hervor, dass eine Deckelung der Stückzahlen und der Beschäftigung an den Standorten nun vom Tisch sei. «Wenn die Aufträge da sind, lässt sich auch Wachstum in der Belegschaft erzeugen», sagte Buschbacher.

Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sprach von einem «sehr guten Resultat», das von der gemeinsam getragenen Verantwortung von Arbeitgeber und Arbeitnehmern zeuge. «Das sind gute Nachrichten für den Industriestandort Mannheim», teilten auch die Mannheimer SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei und Boris Weirauch mit. «Es waren harte Verhandlungen und Auseinandersetzungen für die beiden Standorte, aber ich glaube, es hat sich gelohnt», teilte der Geschäftsführer der Gewerkschaft IG Metall in Mannheim, Thomas Hahl, mit. Die Verlagerung sei ein schmerzlicher Einschnitt, jedoch habe man einen adäquaten Ersatz für die Beschäftigung am Standort vereinbaren können.

250 000 Handwerker fehlen - Ausblick eingetrübt

Die Geschäftslage im deutschen Handwerk wird schwächer. Die Nachfrage sei in den vergangenen Monaten zurückgegangen, sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des deutschen Handwerks, am Mittwoch (1. März) in München. Mehr als ein Drittel der vom Verband befragten Betriebe rechne damit, dass die eigene wirtschaftliche Lage im laufenden Halbjahr schlechter werde. Die Baukonjunktur sei eingeknickt, die Energiekosten stiegen weiter, die Lieferketten blieben angespannt. «Die nächsten Monate bleiben schwierig», sagte Schwannecke.
250 000 Handwerker fehlen - Ausblick eingetrübt
Bild: dpa

Am 8. März wird in München die Internationale Handwerksmesse (08. - 12. März 2023) eröffnet. Zum Auftakt diskutieren Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der neue Handwerkspräsident Jörg Dittrich, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl über mögliche Wege aus der Krise. Am 10. März wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum traditionellen «Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft» mit den großen Wirtschaftsverbänden BDI, BDA, DIHK und ZDH auf der Handwerksmesse erwartet.

Das Handwerk kreidet der Politik eine zu geringe Wertschätzung für die berufliche Ausbildung an. Der fehlende Nachwuchs sei die größte Herausforderung, sagte Schwannecke. Schon heute fehlten 250 000 Handwerker, 19 000 Lehrstellen seien unbesetzt. Das liege nicht nur an der demografischen Entwicklung, sondern auch an der Bildungspolitik: Akademische und berufliche Ausbildung müssten als gleichwertig anerkannt werden auch an Gymnasien müsse die Berufsausbildung zu einem festen Teil der Berufsorientierung gemacht werden, forderten Schwannecke und Peteranderl. Ohne Handwerk werde auch die Klimawende nicht gelingen.

IG-Metall-Vorstandsmitglied Ralf Kutzner sagte in Frankfurt: «Mit der Energie- und Mobilitätswende droht der Fachkräftemangel im Handwerk noch weiter zuzunehmen.» Doch viele Probleme seien hausgemacht: Die Tarifbindung sei gering, das Lohngefälle hoch und die Arbeitszeiten seien oft überlang. So kehrten zwei von drei Ausgebildeten dem Handwerk den Rücken und wanderten in andere Branchen ab. Die Politik müsse für eine bessere Ausstattung von Berufsschulen, günstiges Azubi-Wohnen, Ausbau des Aufstiegs-BAföGs und kostenlose Weiter- oder Meisterausbildungen sorgen.

Zum deutschen Handwerk zählen eine Million Betriebe mit fast 5,6 Millionen Selbstständigen und Beschäftigten sowie 360 000 Lehrlingen.

(Text: dpa)

Im Bahn-Tarifstreit stehen Signale auf Eskalation

Im Tarifstreit der Deutschen Bahn werden Warnstreiks nach einer ergebnislosen ersten Runde wahrscheinlicher. Personalvorstand Martin Seiler ging am gestrigen Dienstag (28. Februar) entgegen den Forderungen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ohne Angebot in die Verhandlungen für die rund 180 000 Beschäftigten des Konzerns in Fulda. Bereits nach zwei Stunden wurden die Gespräche daraufhin unterbrochen - und der Tonfall zwischen den Parteien verschärfte sich deutlich.
Im Bahn-Tarifstreit stehen Signale auf Eskalation
Bild: Sebastian Gollnow/dpa

EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch machte im Anschluss klar, dass die Gewerkschaft nur bei einem Angebot des Arbeitgebers die Gespräche wieder aufnehmen will. «Wir möchten mit Substanz reden», sagte Loroch in einer Online-Pressekonferenz. «Offensichtlich hat das Unternehmen überhaupt kein Interesse daran, einen Abschluss am Verhandlungstisch zu erzielen, sondern provoziert bewusst einen Arbeitskampf.» EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay ergänzte: «Wir setzen uns in dem Moment hin, wo ein Angebot vorliegt.»

Bahn-Personalvorstand Seiler bezeichnete die Unterbrechung der Verhandlungen als «völlig unnötig». «Die EVG hat verlangt, dass wir ohne inhaltliche Erörterung ein Angebot vorlegen - und das ist aus unserer Sicht derzeit nicht möglich.» Es liege ein «massives Paket» mit 57 Forderungen auf dem Tisch, «da müssen wir zunächst den Rahmen abstecken, priorisieren und dann in die Details einsteigen.» Man sei irritiert, dass die EVG nicht bereit gewesen sei, über Inhalte zu sprechen, sondern «als Vorbedingung auf einem Angebot beharrte». Bereits vor Beginn hatte Seiler deutlich gemacht, dass man sich auf eine «sehr komplexe Tarifverhandlungsrunde» einstelle.

Die Gewerkschaft fordert in der Tarifrunde unter anderem mindestens 650 Euro monatlich mehr für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei den höheren Entgelten will die Gewerkschaft eigenen Angaben zufolge eine Steigerung um zwölf Prozent erreichen. Für die Nachwuchskräfte fordert die EVG 325 Euro mehr im Monat. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Neben der Deutschen Bahn verhandelt die Gewerkschaft in den kommenden Wochen auch für 50 weitere Unternehmen der Branche und geht dabei jeweils mit den gleichen Forderungen in die Gespräche.

Man verlange von der Bahn kein umfassendes Angebot, aber «wir müssen schon wissen, mit welcher Vorstellung der Arbeitgeber da reingeht», sagte Loroch. Ein für April geplanter Verhandlungstermin sei für die Gewerkschaft nun eine «Terminoption», sagte Ingenschay. «Wir verhandeln aber gerne früher weiter». «So gar nichts Schriftliches mitzubringen, halte ich für denkwürdig und für kulturell überholt», meinte Loroch.

Zum Verhandlungsbeginn hatten rund 150 Beschäftigte die Forderungen der Gewerkschaft bei einer Protestkundgebung vor dem Tagungshotel untermauert. Dabei hielten sie Schilder hoch mit Aufschriften wie «Keine Verzögerungstaktik, sofort verhandeln. Wir sind kampfbereit!» Zu den Teilnehmern der Kundgebung sagte Loroch, man werde bei den Gesprächen «die Wertschätzung und den Respekt in barer Münze» einfordern, die während Corona zugesagt worden seien. Man verlange von dem Arbeitgeber deshalb, ein erstes Angebot auf dem Tisch zu sehen.

Loroch warnte die Bahn auch davor, die Reisenden als «Spielball» gegen die Beschäftigten zu nutzen und diese schon jetzt in Warnstreiks hineinzutreiben. Zum Zeitplan bekräftigte der Gewerkschafter, dass nach den ersten Gesprächen mit den anderen 50 Unternehmen, die voraussichtlich bis Ende März dauern wird, erste Aktionen möglich seien. «Unser Credo ist eine gemeinsame Runde», sagte Loroch, «Alle sollen die Chance bekommen haben, mit uns einmal zu sprechen, und dann werden wir in entsprechende Maßnahmen gehen oder auch nicht gehen.»

Bahn-Personalvorstand Seiler wies die Darstellung der EVG zurück, dass die Bahn mit ihrer Verhandlungstaktik auf Warnstreiks zusteuere. Es stehe außer Frage, wer für die Eskalation die Verantwortung trage. Man erwarte von der EVG nun, dass bei den nächsten Gesprächen am 14. und 15. März «ernsthaft» in die Verhandlungen eingetreten werde. Die offizielle zweite Verhandlungsrunde steht nach EVG-Angaben im April an.

Bereits zuvor hatte Seiler die Erwartungen für die Tarifrunde gedämpft. «Diese Tarifverhandlungen finden in einer besonderen Situation statt», sagte der Personalvorstand. «Wir haben mitten in Europa einen verheerenden Krieg, wir sind in einer Nach-Corona-Phase, wir haben eine hohe Inflation und auch enorme Energiepreise.» Zwar wolle das Unternehmen die Leistungen der Beschäftigten anerkennen. «Wir müssen aber auch die Zukunftsfähigkeit der Deutschen Bahn mit den großen Investitionen, nicht nur in Personal, sondern auch in Fahrzeuge, in Infrastruktur, im Blick behalten.» Das Gesamtvolumen der Forderungen der EVG bezifferte Seiler am Dienstag auf 25 Prozent - das entspräche rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, sagte der Personalvorstand.

(Text: Christine Schultze und Fabian Nitschmann, dpa)

Axel Springer kündigt Stellenabbau bei «Bild» und «Welt» an

Der Medienkonzern Axel Springer streicht bei seinen Marken «Bild» und «Welt» Stellen. «In den Bereichen Produktion, Layout, Korrektur und Administration wird es deutliche Reduzierungen von Arbeitsplätzen geben», teilte der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner am Dienstag (28. Februar) in einem Schreiben an die Mitarbeiter mit, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Hintergrund ist auch die Digitalstrategie des Konzerns.
Axel Springer kündigt Stellenabbau bei «Bild» und «Welt» an
Bild: Monika Skolimowska/dpa

Der Springer-Chef erläuterte: «Wir werden gleichzeitig Arbeitsplätze aufbauen und abbauen. Dafür wird es ein Freiwilligenprogramm geben.» Der 60-Jährige schrieb auch: «Betriebsbedingte Kündigungen versuchen wir zu vermeiden.» Konkrete Zahlen zum Stellenabbau wurden nicht genannt.

Zum deutschen Mediengeschäft des Konzerns mit Sitz in Berlin hieß es weiter: «Um auch künftig wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, muss sich unser Ergebnis im deutschen Mediengeschäft in den nächsten drei Jahren um rund 100 Millionen Euro verbessern. Durch Umsatzsteigerungen, aber auch durch Kostenreduzierungen.» «Bild» ist die größte Boulevardzeitung in Deutschland.

Der Konzern will sich perspektivisch vom gedruckten Zeitungsgeschäft verabschieden und ein reines Digitalunternehmen werden. Das Medienunternehmen teilte auch mit, dass «Welt» die erste journalistische Marke werden soll, die von Print komme und rein digital sein werde.

In der Pressemitteilung sagte Döpfner: «Print ist heute noch profitabel und für Leserinnen und Werbekunden unverzichtbar. Deshalb wird die komplette Umstellung auf Digital noch einige Jahre dauern.» Man müsse sich aber darauf vorbereiten und die Transformation aktiv in Angriff nehmen.

Einen großen Wachstumsmarkt im Mediengeschäft sieht Springer in den USA. Außerdem hob Döpfner die künftige Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Medienbereich hervor.

Zu den künftigen Schwerpunkten bei den hiesigen Marken betonte Döpfner: «Reichweite ist bei "Bild" die oberste Priorität. Bei "Welt" sind es gut bezahlte und haltbare digitale Abos.»

Der Stellenabbau hatte sich schon länger angedeutet. Hintergrund ist ein Strategieprojekt im Segment nationales Mediengeschäft (News Media National). Seit Herbst wurden die Strukturen mit Blick auf den beschleunigten Wandel in der Medienbranche überprüft.

Vor kurzem hatte Springer-Chef Döpfner auch in einem dpa-Interview erläutert, dass sich der Konzern im Zuge der künftigen Struktur der beiden Marken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen werde.

Am Dienstag betonte Döpfner in dem Schreiben an die Mitarbeiter: «Unser journalistischer Anspruch ist hoch und er wird noch höher. Um diesen Exzellenzanspruch zu leben und liefern zu können, werden wir im journalistischen Kern – also bei Reportern, Autoren und Fachredakteuren – nicht reduzieren, sondern eher investieren und qualitative Verbesserungen vornehmen.» Das sei zugleich keine Jobgarantie. «Denn auch in den Redaktionen werden wir uns von Kollegen trennen, wenn bestimmte Profile zu den erforderlichen Kompetenzen nicht mehr passen.»

Der Konzern beschäftigt weltweit aktuell rund 18 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu zählen 3400 Journalisten, davon ein immer größerer Teil in den USA.

Springer übertraf 2022 trotz Inflation, Energiekrise und des Kriegs in der Ukraine seine Wirtschaftsziele. Döpfner sagte in dem dpa-Interview: «Wir hatten nach 2021 zum zweiten Mal in Folge zweistelliges organisches Umsatzwachstum.» Das habe das Unternehmen seit vier Jahrzehnten nicht gehabt. Der Umsatz lag demnach bei rund 3,9 Milliarden Euro, unter dem Strich steht rund eine dreiviertel Milliarde Gewinn. 85 Prozent des Umsatzes und mehr als 95 Prozent des Gewinns kommen demnach bereits aus dem Digitalgeschäft.

Der Konzern zog sich 2020 von der Börse zurück und war davor eine Kooperation mit dem US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) für beschleunigtes Wachstum eingegangen. KKR hält einen großen Anteil an Springer.

(Text: Anna Ringle, dpa)

Schienenfahrzeugbauer hält trotz Alternativen an Abbauplänen fest

Im Streit um den geplanten Stellenabbau beim Schienenfahrzeugbauer Alstom ist weiterhin keine Lösung in Sicht. Nach über einem Jahr Verhandlungen, begleitet von massiven Protestaktionen der Belegschaften, ist auch die jüngste Verhandlungsrunde wieder gescheitert.
Schienenfahrzeugbauer hält trotz Alternativen an Abbauplänen fest
Bild: Robert Michael/dpa

Während die Arbeitnehmervertreter längst konstruktive und zukunftsfähige Alternativen zum geplanten Kahlschlag vorgelegt haben, hält die Arbeitgeberseite weiter an ihren Plänen fest: Entlassungen und zudem umfangreiche Lohnkürzungen bei den Beschäftigten. Das weisen Betriebsrat und IG Metall entschieden zurück. Sie fordern das Alstom-Management auf, seine Hinhaltetaktik zu beenden, endlich tragfähige Lösungen für die deutschen Werke zu entwickeln und einen Tarifvertrag zu vereinbaren, der Perspektiven für die Zukunft eröffnet. Andernfalls drohen fatale Folgen – auch mit Blick auf die anstehende Verkehrswende, warnt die Arbeitnehmervertretung.

Jürgen Kerner, für die Bahnindustrie zuständiges Vorstandsmitglied der IG Metall: „Ohne eine starke Bahnindustrie und ihre klugen Köpfe wird die Verkehrswende nicht gelingen. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir attraktive Engineering- und Fertigungsarbeitsplätze. Das geht nicht mit Lohnkürzung und fehlender Zukunftsperspektive. Diese falsche Weichenstellung ist für die IG Metall keine Option. Wir erwarten von Alstom ein klares Bekenntnis zum Bahnstandort Deutschland und zur eigenen Belegschaft.“

Jochen Homburg, Verhandlungsführer IG Metall: „Nach über einem Jahr intensiver Verhandlung ist überdeutlich, dass auf Alstom-Seite Entscheidungen fallen müssen, die von der aktuellen Verhandlungsgruppe nicht getroffen werden. Wir brauchen deshalb die Einbindung eines Managements, das befugt ist zu entscheiden. Zukunft wird aus Mut gemacht.“

René Straube, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Alstom: „Es ist für uns ein Ding der Unmöglichkeit, Zugeständnisse ohne klare Zukunftsaussagen zu machen, wie sich das Alstom vorstellt. Das wird auf keinen Fall funktionieren. Wo Zukunft draufsteht, muss auch Zukunft drin sein. Wir wollen das Unternehmen nachhaltig besser machen.“

Stefan Lüer, stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender Alstom: „Den deutschen Werken sollte eine faire Auslastung zugestanden werden. Nur ausgelastete Werke können auch wirklich produktiv arbeiten. Es ist ein Unding, dass hier gewonnene Aufträge, oftmals komplett im Ausland gefertigt werden. Wir fordern einen echten Local Content für die deutschen Standorte bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Denn nur das ist fair und wettbewerbsgerecht.“

Zum Hintergrund: Das Deutschland-Management hatte im Dezember 2021, zehn Monate nach der Übernahme von Bombardier Transportation durch Alstom, ein groß angelegtes Programm zur Stellenkürzung angekündigt, da in den betroffenen Standorten angeblich eine strukturelle und langfristige Unterauslastung bestehe. Gesamtbetriebsrat und IG Metall konnten daraufhin mit Hilfe externer Expertise belegen, dass sich die avisierte Einsparsumme auch durch Produktivitätssteigerungen realisieren lässt. Unter dem Motto „besser statt billiger“ legten sie ein Konzept vor, das die Standorte wettbewerbsfähig macht, anstelle sie fantasielos kaputtzusparen. Darüber hinaus zeigte sich die Arbeitnehmerseite zu Zugeständnissen bereit: Für den Fall, dass die Produktivitätsziele nicht erreicht würden, sollte die entstehende Lücke mit objektiv zu messenden und gemeinsam zu kontrollierenden Beiträgen der Beschäftigten ausgeglichen werden. Dies wurde vom Management abgelehnt.

(Text: IG Metall)

Ost-West-Angleichung der Löhne in der Landwirtschaft beschlossen

Die Angleichung der Löhne zwischen Ost und West für Beschäftigte in der Landwirtschaft ist beschlossene Sache. Die Gewerkschaft IG BAU und die Landesverbände-Ost des Gesamtverbandes der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) haben sich in Teltow auf die Annahme einer Tarifeinigung aus dem vergangenen Herbst verständigt, wie die Gewerkschaft am gestrigen Montag (27. Februar) in Frankfurt mitteilte.
Ost-West-Angleichung der Löhne in der Landwirtschaft beschlossen
Bild: Philipp Schulze/dpa

«33 Jahre nach der Wiedervereinigung haben wir endlich gleiches Einkommen in Ost und West für die Beschäftigten in der Landwirtschaft», sagte der stellvertretende IG-Bau-Bundesvorsitzende Harald Schaum. In Ostdeutschland sind laut Gewerkschaft rund 74 500 Frauen und Männer sozialversicherungspflichtig in der Landwirtschaft beschäftigt, bundesweit etwa eine Viertelmillion.

Der GLFA und die IG BAU hatten sich bereits im Oktober auf eine bundesweite Vereinheitlichung der Löhne und Gehälter für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft geeinigt. Demnach bekommen rückwirkend zum 1. Oktober 2022 Tarifarbeiter mindestens 14,50 Euro die Stunde und Meister mindestens 16,50 Euro. Damit gingen teils deutliche Lohnsteigerungen, insbesondere in Ostdeutschland, einher. Zusätzlich erhielten Beschäftigte in Vollzeit eine steuer- und sozialabgabenfreie Prämie zum Inflationsausgleich von 350 Euro.

Die sogenannte «Bundesempfehlung für Landarbeiter» hat eine Laufzeit bis Ende dieses Jahres. Die Mitgliedsverbände der GLFA mussten die Tarifeinigung in regionalen Verhandlungen mit der IG BAU umsetzen, in der Folge kam es zu Verzögerungen.

(Text: dpa)

Airbus will 3500 Menschen einstellen

Der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus will in diesem Jahr in Deutschland 3500 Menschen einstellen. Etwa 1900 von ihnen würden im zivilen Flugzeugbau gebraucht, 1100 im militärischen und Raumfahrtbereich und etwa 500 beim Hubschrauberwerk, sagte Arbeitsdirektor Marco Wagner am 2. Februar.
Airbus will 3500 Menschen einstellen
Bild: dpa

Gebraucht würden vor allem Elektriker, Mechaniker und Kabinenausrüster, aber auch IT-Spezialisten, Experten für Cybersicherheit und Entwickler von Brennstoffzellen und hybriden Antriebssystemen.

Auf den Standort Hamburg entfielen etwa 1300 externe Einstellungen, sagte Wagner. Bei den Standorten Donauwörth und Manching seien es jeweils etwa 500 und in Ottobrunn 300. In Nordenham sollen 250 Frauen und Männer eingestellt werden, in Friedrichshafen/Immenstadt 130 sowie in Bremen und Stade jeweils 100.

Etwa 20 Prozent der neuen Beschäftigten sollen sich mit Zukunftsthemen befassen. Wagner nannte dabei unter anderem die Dekarbonisierung, die digitale Transformation, Softwareentwicklung und Cybertechnologien. Ein Drittel aller Stellen soll an Berufsanfänger gehen, ein Drittel an Frauen. Bislang sind 20 Prozent der Belegschaft weiblich.

Bereits im vergangenen Jahr stellte Airbus nach eigenen Angaben weltweit 13 000 Frauen und Männer ein, die Hälfte davon im zivilen Flugzeugbau, 30 Prozent im militärischen und Raumfahrtbereich und etwa 20 Prozent im Hubschrauberbau. «Das war der steilste Aufwuchs in der Geschichte von Airbus», sagte Wagner. Weltweit beschäftigt Airbus derzeit rund 134 000 Menschen, davon 45 000 in Deutschland. Am größten Standort Hamburg sind es etwa 15 000 Beschäftigte.

Der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, zeigte sich erfreut über die geplanten Neueinstellungen. «Nur mit einer größeren Stammbelegschaft ist der Hochlauf zu schaffen», betonte er. Über die Tarifverträge bekämen jetzt viele Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter eine feste Anstellung. Gleichzeitig warf Friedrich Airbus vor, in der Krise nicht gut reagiert zu haben. «Wenn das Unternehmen mehr auf Kurzarbeit und Arbeitszeitverkürzung gesetzt hätte, müsste es jetzt nicht so um neue Beschäftigte werben.»

(Text: dpa)

Gewerkschaften pochen auf Angebot der Arbeitgeber

In der zweiten Runde der Tarifverhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im Bund und in den Kommunen haben die Gewerkschaften auf ein Angebot von Arbeitgeberseite gepocht. Anderfalls könnten die bisherigen Warnstreiks ausgeweitet werden. Innenministerin Nancy Faeser zeigte sich optimistisch, dass man eine Lösung finden werde.
Gewerkschaften pochen auf Angebot der Arbeitgeber
Bild: dpa

«Die Arbeitgeber sind jetzt am Zug», sagte Verdi-Chef Frank Werneke zu Beginn der Verhandlungsrunde in Potsdam. «Wir erwarten, dass es ein Angebot gibt. Und zwar ein Angebot, das nicht Taktiererei bedeutet, sondern das Perspektive für einen Abschluss ermöglicht.» Dass Verdi in der gesamten Breite des öffentlichen Dienstes streik- und mobilisierungsfähig sei, habe sich gezeigt in den letzten Wochen. «Und natürlich ist das auch jederzeit ausbaubar», sagte Werneke.

In dem Tarifstreit kam es bisher zu keiner nennenswerten Annäherung. Für die Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen fordern Verdi und der Beamtenbund dbb eine Steigerung der Einkommen von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Laut Bundesinnenministerium hätte der Mindestbetrag in den unteren Entgeltgruppen Steigerungen von teilweise über 20 Prozent zur Folge. Auszubildende, Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten sollen monatlich 200 Euro mehr erhalten.

Innenministerin Faeser gab sich «davon überzeugt, dass wir auch jetzt in den nächsten zwei Tagen tragfähige Lösungen finden werden». Sie werde sich dafür einsetzen, dass es ein Angebot von Arbeitgeberseite geben werde.

Weniger optimistisch klang die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände. Dem Vorstandsvorsitzenden Wolf-Rüdiger Michel zufolge liegen die Positionen der Verhandler noch sehr weit auseinander. Die Tarifforderungen seien so nicht zu schultern. Die Kommunen müssten auch investieren, in Schulen, in Kindergärten oder in die Mobilitätswende, sagte Michel. Das wäre dann ohne deutliche Erhöhung von Gebühren und Abgaben nicht möglich. «Und das kann ich mir bei der derzeitigen Belastung der Bürgerinnen und Bürger so nicht vorstellen.»

Der dbb forderte die Kommunen auf, ihre Beschäftigten im Kampf zu unterstützen. «Statt gegen die eigenen Beschäftigten sollten die Kommunen lieber mit ihnen zusammen für eine bessere Finanzausstattung kämpfen», sagte der Vorsitzende Ulrich Silberbach. Man wisse zwar um die entsprechenden Sorgen der städtischen Kämmerer, aber «die Situation ist nicht die Schuld der Kolleginnen und Kollegen oder einer aus dem Ruder laufenden Einkommensentwicklung. Die Verantwortung hierfür liegt beim Bund und vor allem bei den Ländern, die die Städte und Gemeinden finanziell ausbluten.»

Die Verhandlungen betreffen unter anderem Erzieherinnen, Krankenschwestern, Busfahrer, Altenpflegerinnen, Feuerwehrleute, Müllwerker und etliche andere Berufe. Vor dem Verhandlungsort in Potsdam kamen am gestrigen Mittwoch (22. Februar) zahlreiche Beschäftigte zusammen, um ihren Forderungen Druck zu verleihen. «Gerade, wenn die Inflation ja so dermaßen hoch ist, müssen wir auch irgendwo ein bisschen mehr verdienen. Und mir ist halt auch ganz wichtig, dass die Auszubildenden hier im Fokus stehen, also auch mehr Geld bekommen», sagte Erzieher André Kuhr. Die Inflation sei spürbar.

(Text: dpa)

Abend- und Nachtarbeit gehen deutlich zurück

Sie arbeiten dann, wenn andere sich ausruhen dürfen: Abend- und Nachtarbeit werden laut Statistischem Bundesamt (Destatis) auch als ungewöhnliche oder atypische Arbeitszeiten bezeichnet.
Abend- und Nachtarbeit gehen deutlich zurück
Bild: pixabay

So verbreitet sind sie in Deutschland: Der Anteil der Erwerbstätigen, die ständig oder regelmäßig zwischen 18 und 23 Uhr arbeiten, lag 2021 nach Destatis-Angaben bei 14,9 Prozent. Zum Vergleich: 2011 waren es 27,2 Prozent. Der Anteil der Erwerbstätigen, die regelmäßig zwischen 23 und 6 Uhr früh arbeiten, lag 2021 nach Daten von Eurostat bei 4,2 Prozent. 2011 waren es mit 9 Prozent noch mehr als doppelt so viele.

Ein Grund für den Rückgang heißt Corona. In der Pandemie hätten sich Abend- und Nachtarbeit in der Gastronomie, Flugbranche oder bei Veranstaltern reduziert, erklärt Enzo Weber, Forschungsbereichsleiter Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Selbstständige haben später Feierabend: Während laut Eurostat gut ein Viertel von ihnen zu diesen Abendstunden noch tätig ist (2011: 40,2 Prozent), sind es bei den Arbeitnehmern nur 13,9 Prozent (2011: 25,5). Von den Selbstständigen gibt es nach Worten von Enzo Weber «allerdings immer weniger». Fast ausgeglichen ist bei der Abendarbeit der Anteil von Männern (16,9 Prozent) und Frauen (12,7 Prozent).

Bei der Nachtarbeit war 2021 der Anteil an Selbstständigen (3,2 Prozent) und Arbeitnehmern (4,3 Prozent) relativ ähnlich. Auffällig ist aber, dass der Anteil der nachts Arbeitenden bei Männern fast doppelt so hoch wie bei Frauen ist.

(Text: dpa)

Bahn und Gewerkschaft EVG vor harter Tarifrunde

Für Bahnreisende und Pendler könnte dieses Frühjahr zu einer Geduldsprobe werden: Die Gewerkschaft EVG und die Deutsche Bahn sowie 50 weitere Branchenunternehmen ringen vom kommenden Dienstag (28. Februar) an in Fulda um neue Tarifverträge. Schon vor Beginn zeichnen sich schwierige Verhandlungen ab.
Bahn und Gewerkschaft EVG vor harter Tarifrunde
Bild: dpa

Die Gewerkschaft pocht angesichts von Inflation, Energiekrise und Personalmangel auf kräftige Lohnerhöhungen und zeigt sich kämpferisch. Von den Arbeitgebern erwartet sie ein Angebot bereits in der ersten Verhandlungsrunde - sonst könne es früh zu ersten Warnstreiks kommen.

Welche Forderungen stellt die EVG?

Mindestens 650 Euro will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft für rund 180 000 Beschäftigten durchsetzen. Die unteren Einkommensgruppen sollen überproportional gestärkt werden, daher hat sich die Gewerkschaft für eine Forderung mit Festbetrag entschieden. Bei den höheren Entgelten will die Gewerkschaft eigenen Angaben zufolge eine Steigerung um 12 Prozent erreichen. Für die Nachwuchskräfte fordert die EVG 325 Euro. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Nach interner Einschätzung würden 80 Prozent der Beschäftigten eher von einer Erhöhung um 650 Euro profitieren, nur für die oberen 20 Prozent ist die prozentuale Forderung relevant.

Es ist die bisher höchste prozentuale Forderung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft und auch für die beiden Gewerkschaften Transnet und GDBA, aus deren Zusammenschluss die EVG 2010 hervorgegangen war. Wie für die Deutsche Bahn soll sie auch für alle anderen Unternehmen gelten, für die die EVG verhandelt.

Wie begründet die Gewerkschaft ihre Forderungen?

Eine historisch hohe Inflation und gestiegene Energiepreise, die die Einkommen der Beschäftigten deutlich schmälern, die Folgen der Pandemie mit Maskenkontrollen und zahlreichen Krankheitsfällen, zunehmende Übergriffe auf Bahnmitarbeiter - aus EVG-Sicht müssen die Beschäftigten immer höhere Belastungen schultern und haben sich deshalb einen deutlichen Einkommenszuschlag verdient. Sonst drohe eine weitere Abwanderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mahnte EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch kürzlich in Fulda. Beim Thema Fachkräfte steuere man in eine «Totalkatastrophe» - und das, obwohl die Bahn in diesem Jahr unter dem Strich eigentlich 9000 Beschäftigte hinzugewinnen will.

Wie hat die Deutsche Bahn reagiert?

Die Bahn kommentierte die Forderungen bisher nicht direkt, betonte in den Wochen vor Verhandlungsbeginn aber immer wieder die Bedeutung der Verkehrswende. «Wir müssen sehen, was in dieser Wandelzeit möglich ist. Wir müssen berücksichtigen, dass wir die Zukunftsorientierung des Unternehmens nicht aus den Augen verlieren», sagte Personalvorstand Martin Seiler im Januar.

Die nicht-bundeseigenen Bahnunternehmen hätten derweil mit einem Aufruf zur Mäßigung auf die Forderungen reagiert und das Argument der Inflation abgewiegelt, verlautete aus Gewerkschaftskreisen. Man sehe sich an Verträge gebunden, die Steigerungen in dieser Höhe nicht vorsähen und die man nicht bezahlen könne. Die Gewerkschaft will dies nicht gelten lassen - dann müssten die Unternehmen eben auf die Aufgabenträger zugehen und diese in die Pflicht nehmen, hieß es.

Wann könnte es zu Warnstreiks kommen?

Die EVG hat bereits zum Beschluss ihrer Tarifforderungen deutlich gemacht, dass sie Aktionen schon früh in Betracht zieht. Schon zum jeweiligen Auftakt wolle man ein Angebot seitens der Arbeitgeber sehen, sonst werde es «ganz schnell gehen», hatte Loroch mit Blick auf mögliche Warnstreik-Aktionen gesagt. In Betracht kämen Aktionen im Osterreiseverkehr nach der ersten Verhandlungsrunde, die voraussichtlich bis Ende März dauert. Dabei könnte sich die EVG auch mit der Gewerkschaft Verdi abstimmen, die derzeit unter anderem in Tarifverhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst beim Bund und den Kommunen steht.

Vor welchen Herausforderungen steht die Deutsche Bahn?

Das bundeseigene Unternehmen transportiert immer mehr Menschen auf einem Streckennetz, das viele Jahre vernachlässigt wurde - und inzwischen sehr anfällig ist. Für die Fahrgäste am deutlichsten wird das derzeit in der Pünktlichkeit, die im Fernverkehr 2022 bei gerade 65 Prozent lag. Der Sanierungsbedarf ist riesig und soll in den kommenden Jahren mit Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken angegangen werden - was viel Geld kosten wird.

Die DB-Vertreter werden also absehbar darauf setzen, dass nicht auch noch die Personalkosten durch einen allzu hohen Tarifabschluss in die Höhe springen. Gleichzeitig will das Unternehmen attraktiv bleiben für neue Mitarbeiter angesichts des Fachkräftemangels. «Die Mitarbeiter haben einen tollen Job gemacht, wir sind gut miteinander durch die Krise gekommen. Da ist von unserer Seite klar, dass wir das auch anerkennen wollen», sagte Personalvorstand Seiler im Januar. «Wir müssen da eine gute Balance finden zwischen kurzfristiger Anerkennung und dem, was wir auch langfristig leisten können, ohne dass wir die Mobilitätswende in irgendeiner Form belasten.»

Warum will die EVG mit so vielen Unternehmen gleichzeitig verhandeln und wie soll das ablaufen?

Nach eigenen Angaben will die EVG für einheitliche Tarifbedingungen in der Branche sorgen und dafür auch die größere Schlagkraft durch die Bündelung von Forderung und Verhandlungen nutzen. Das dürften die Unternehmen, aber auch die Fahrgäste nicht zuletzt bei möglichen Arbeitskampfmaßnahmen zu spüren bekommen. Die Gewerkschaft erwartet, dass die kleineren Bahnunternehmen dem Branchenführer DB AG folgen. «Gemeinsam geht mehr», lautet dazu passend das Motto der Tarifrunde. Zum Start am 28. Februar kommen ihre Verhandlungsführer mit denen der Deutschen Bahn zusammen, danach soll mit jedem einzelnen der anderen rund 50 Branchenunternehmen gesprochen werden - was voraussichtlich bis Ende März dauern wird, bevor es in die zweite Runde geht.

Woran orientiert sich die EVG bei ihren Forderungen?

Mit ihren Tarifforderungen liegt die EVG über denen der Gewerkschaft Verdi, die für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 500 Euro mehr verlangt. Für die rund 160 000 Post-Beschäftigten fordert Verdi ebenfalls mit Blick auf die Inflation 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Hier hatte Verdi bereits eine Urabstimmung gestartet.

Wie steht es um die zweite Bahner-Gewerkschaft, die GDL?

Die Gewerkschaft mit ihrem bekannten Bundesvorsitzenden Claus Weselsky wird im Herbst mit der Bahn in Tarifverhandlungen gehen. Die GDL ist deutlich schwächer innerhalb der DB vertreten als die EVG, hat sich in der Vergangenheit aber immer wieder als sehr streikbereit präsentiert. Streiks der GDL wurden öffentlich zuletzt als wirksamer und dramatischer für die Fahrgäste wahrgenommen. Der Grund: Ohne Lokführer kann keine Bahn fahren. Sollte sich die EVG zu Warnstreiks entscheiden, könnte die Durchschlagskraft aber sogar deutlich höher sein, da je nach Ausmaß dann entscheidende Posten in der Infrastruktur, etwa in einem Stellwerk, betroffen sein könnten.

(Text: Christine Schultze und Fabian Nitschmann, dpa)

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