Höhere Beteiligung bei Tüv-Warnstreiks

Am zweiten Tag der neuen Warnstreik-Runde bei Tüv-Gesellschaften in mehreren Bundesländern haben nach Verdi-Angaben noch etwas mehr Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft sprach am heutigen Dienstag (4. Mai) von über 1500 Teilnehmern, am Montag waren es demnach gut 1200 gewesen. Abermals habe es Ausfälle und Einschränkungen etwa bei Fahrprüfungen oder an Tüv-Stationen gegeben.
Höhere Beteiligung bei Tüv-Warnstreiks
Bild: Hauke-Christian Dittrich/dpa

«Diejenigen, die gestern die Standorte zugemacht haben, haben das heute auch getan», hieß es bei Verdi. Aus der Belegschaft gebe es die Rückmeldung, dass viele Niederlassungen zuletzt nur «begrenzt arbeitsfähig» gewesen seien. Der Tüv Nord nannte keinen neuen Stand, bekräftigte aber, man strebe jetzt eine zügige Einigung an.

In der kommenden Woche - voraussichtlich am 12. Mai - wollen beide Seiten ihre Verhandlungen in der schleppenden Tarifrunde fortsetzen. Verdi fordert 7 Prozent mehr Geld in diesem Jahr, dabei mindestens 300 Euro mehr für die unteren Lohngruppen. Die Tüv-Tarifgemeinschaft bot bisher ein Plus von 4,5 Prozent, verteilt über dieses und das nächste Jahr. Thema des Tarifstreits, der der Gewerkschaft zufolge rund 6700 Beschäftigte betrifft, sind zudem Vorschläge für mehr Wahlmöglichkeiten zwischen Entgelt und Umwandlung in Freizeit.

Am Mittwoch soll wieder normaler Betrieb herrschen. Verdi erklärte: «Wir erwarten aber, dass jetzt etwas kommt.» Das bisherige Angebot reiche nicht aus, der Tüv Nord bezeichnete es dagegen als «gut und fair». Der Warnstreik erstreckte sich auf Niedersachsen, Teile von NRW, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Betroffen waren außerdem die Tüv-Gesellschaften in Hessen und im Saarland.

(Text: dpa)

Jobverlust wegen Corona

Hunderttausende Entlassungen im Zuge der Corona-Krise lassen den Ruf nach Reformen auf dem Arbeitsmarkt lauter werden. Im vergangenen Jahr haben mehr als eine Million Menschen ihre Arbeit verloren. Mehr als die Hälfte davon waren Minijobber und Minijobberinnen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte besonders mit Blick auf die vielen betroffenen Frauen Verbesserungen für Minijobber.
Jobverlust wegen Corona
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477 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte verloren der Regierungsantwort zufolge ihren Job. Für die geringfügige Beschäftigung schlug Corona im vergangenen Jahr mit einem Minus von 526 000 Jobs zu Buche. Demnach waren mit rund 398 000 Menschen bei Minijobs und regulären Jobs besonders Arbeitskräfte aus dem Gastgewerbe betroffen, also etwa aus den Bereichen Hotellerie und Gastronomie.

Mit etwa 128 000 entlassenen regulär Beschäftigten machte das verarbeitende Gewerbe einen weiteren großen Block aus - vor allem die Metall- und Elektroindustrie, die aber schon vor Corona mit Umwälzungen durch Digitalisierung und klimaschonendere Antriebe zu kämpfen hatte. Auch viele Menschen aus der Kunst-, Unterhaltungs- und Erholungsbranche sind arbeitslos geworden. Die Bundesregierung hatte zuletzt eine gemischte arbeitsmarktpolitische Corona-Bilanz gezogen. «Die Pandemie hat den deutschen Arbeitsmarkt erschüttert. Aber das große Beben ist ausgeblieben», sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im März in seiner Jahresbilanz.

Der DGB rief die Regierung dazu auf, grundsätzliche Lehren aus der Krise für den Arbeitsmarkt zu ziehen. Vorstandsmitglied Anja Piel forderte eine Verlängerung der maximalen Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld. Für diejenigen, «die eine Beschäftigung mit Sozialversicherung hatten und sie wegen der Pandemie verloren haben, muss der soziale Schutz an das Problem angepasst werden», sagte sie der dpa. «Denn aktuell ist es besonders schwer, überhaupt eine neue Stelle zu finden.»

Bei den Minijobs verwies Piel darauf, dass zwei Drittel von ihnen mit Frauen besetzt seien. «Wo der Minijob die einzige Beschäftigung ist, liegt der Frauenanteil sogar bei 70 Prozent.» Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sabine Zimmermann, forderte, Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umzuwandeln. «In der Krise zeigt sich ein weiteres Mal, welche Armutsfalle Minijobs, vor allem für Frauen, sind», sagte sie.

Expertinnen fordern zudem mehr Anstrengungen bei der Qualifizierung. «Über 3 Millionen Beschäftigte und 1,4 Millionen Arbeitslose verfügen über keinen Berufsabschluss», sagte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen KfW-Gruppe, im Zuge einer dpa-Umfrage. «Qualifizierung ist der vielversprechendste Weg, um Beschäftigten in den unteren Lohngruppen höhere Einkommen zu ermöglichen und Kurzarbeitenden weitere Perspektiven zu eröffnen.» Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm befürchtet langfristig negative Auswirkungen auf die Wirtschaft durch die von der Pandemie angerichtete Bildungsmisere.

Vor allem mit Kurzarbeit hatten Regierung und Bundesagentur für Arbeit den Jobmarkt abgesichert. Zeitweise, im April 2020, waren fast sechs Millionen Menschen bundesweit in Kurzarbeit - 20 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Jüngsten verlässlichen Daten zufolge wurde im Januar 2021 für 2,85 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld gezahlt.

Durch die Kurzarbeiterregelung sei Massenarbeitslosigkeit vermieden worden, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zur Konjunktur zeigte er sich optimistisch. «Trotz der andauernden Lockdown-Situation entwickelt sich die Wirtschaft stärker, als von vielen erwartet», sagte der CDU-Politiker.

Jüngsten Zahlen der Arbeitsagentur zufolge gab es im März dieses Jahres rund 2,8 Millionen arbeitssuchende Menschen in Deutschland. Das waren etwa 492 000 mehr als im März 2019. Rund eine Million gelten als Langzeitarbeitslose.

Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, zeigte sich zuversichtlich, dass die zusätzlichen Arbeitslosen aufgrund der Krise «nach und nach wieder zurück in den Arbeitsmarkt finden, wenn das Impfen funktioniert und beispielsweise Einzelhandel und Gastronomie wieder öffnen». Er rechne nicht mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, wenn das Instrument der Kurzarbeit auslaufe, sagte er der «Rheinischen Post». Es sei aber eine wachsende Zahl an Langzeitarbeitslosen zu erwarten. «Das werden wir nicht verhindern können.»

(Text: Weronika Peneshko, Basil Wegener und Michael Donhauser, dpa)

Tarifeinigung für Mitarbeiter von Call-Centern der Deutschen Bank

Nach zehnmonatigen Verhandlungen und mehreren Streikwellen gibt es eine Tarifeinigung für die Call-Center der Deutschen Bank. Vereinbart wurde nach Angaben der Gewerkschaften Verdi und DBV vom 23. April sowohl ein zweistufiges Lohnplus als auch die stufenweise Einführung eines 13. Monatsgehalts. Der neue Tarifvertrag läuft bis zum 31. Oktober 2023.
Tarifeinigung für Mitarbeiter von Call-Centern der Deutschen Bank
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Die 640 Beschäftigten in den Call-Centern des größten deutschen Geldhauses in Berlin und Essen erhalten demnach von diesem Juni an 2,0 Prozent mehr Lohn. Am 1. Oktober 2022 gibt es eine weitere Tariferhöhung um 1,5 Prozent.

Das 13. Monatsgehalt wird den Angaben zufolge rückwirkend ab dem Jahr 2020 aufgebaut. In einem ersten Schritt erhalten die Beschäftigten im kommenden Monat zusätzlich 25 Prozent des Bruttogehalts sowie 200 Euro als Einmalzahlung. Im laufenden Jahr sind es 35 Prozent, ab 2025 gibt es dann ein volles Monatsgehalts im Jahr oben drauf.

«Für Beschäftigte der untersten Gehaltsgruppe mit knapp 2100 Euro brutto bedeutet das erzielte Ergebnis - 13. Gehalt, Einmalzahlung und Tariferhöhung - zusätzliches Geld für dieses Jahr in Höhe von fast 1500 Euro», erläuterte Verdi-Verhandlungsführer Roman Eberle. «Das kann sich sehen lassen, auch wenn wir uns bei einem so potenten Konzern wie der Deutschen Bank, für die die DB Direkt die Call-Center betreibt, mehr gewünscht hätten.»

Verdi hatte in den seit Juli geführten Verhandlungen sechs Prozent mehr Gehalt rückwirkend ab dem 1. April 2020 gefordert, mindestens aber 150 Euro. Zu den Aufgaben der DB Direkt zählen neben dem telefonischen Kundendienst auch der Direktvertrieb ausgewählter Produkte der Deutschen Bank.

(Text: dpa)

Tarifeinigung in Kautschukindustrie

Einigung nach harten Gesprächen: IG BCE und Arbeitgeber haben sich in der zweiten Verhandlungsrunde in Hannover auf einen Tarifabschluss in der Kautschukindustrie geeinigt. Die 25.000 Beschäftigten der Branche bekommen einen Corona-Bonus, eine dauerhafte jährliche Zahlung, eine Entgelterhöhung und ihr Kurzarbeiter-Zuschuss wird verdoppelt.
Tarifeinigung in Kautschukindustrie
Bild: dpa

Marc Welters, Verhandlungsführer der IG BCE: „Wir haben ein gutes Gesamtpaket geschnürt, das die Arbeit der Beschäftigten wertschätzt. Und sie haben dadurch mehr Geld in der Tasche.“ Wichtig sei außerdem die Einrichtung eines Zeit-Geld-Kontos im Rahmen der dauerhaften jährlichen Zahlung: „Damit können die Beschäftigten zwischen den beiden Komponenten wählen.“ Die Verdopplung des Zuschusses zum Kurzarbeitergeld für IG-BCE-Mitglieder gebe ein Stück Sicherheit. Betriebe hingegen, denen es sehr gut gehe, müssten ihre Beschäftigten daran teilhaben lassen. „Mit dem Extra beim Corona-Bonus garantieren wir das“, so Welters.

DER ABSCHLUSS IM DETAIL:
Corona-Bonus in Höhe von 500 Euro netto (250 Euro für Auszubildende), zahlbar im Juni 2021. Unternehmen mit einem Umsatzergebnis von über 5 Prozent im vergangenen Jahr zahlen 800 Euro (400 Euro für Auszubildende).
ab 1. April 2022: Erhöhung der Vergütungen um 1,7 Prozent. Auszubildende erhalten pauschal 50 Euro.
ab 1. April 2023: Die Beschäftigten erhalten eine dauerhafte jährliche Zahlung. Sie beträgt 26 Prozent eines Monatseinkommens (29 Prozent für Beschäftigte im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb). Das entspricht mindestens fünf freien Tagen. Die Auszahlung ist in Zeit oder in Geld möglich (Kautschuk-Zeit-Geld-Konto).
Erhöhung des Kurzarbeitergeldzuschusses: IG-BCE-Mitglieder erhalten exklusiv einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld. Mit diesem Tarifabschluss wurde diese Leistung verdoppelt: Bisher betrug der Zuschuss pro Beschäftigten pro Jahr betrug 480 Euro. Gezahlt wird er von dem sozialpartnerschaftlich getragenen „Verein zur Beschäftigungsförderung“.
Der Tarifvertrag läuft 26 Monate bis zum 31. Mai 2023.
Neben großen Reifenherstellern zählen zahlreiche kleinere Unternehmen zur Kautschukbranche, die in ihrer Nische sogar oft Weltmarktführer sind. Rund die Hälfte der Beschäftigten arbeitet in der Auto- oder Autozuliefererindustrie. Andere Unternehmen in der Kautschukbranche produzieren zum Beispiel Abdichtungen von Fenstern, Förderbänder oder Badekappen.

Regionale Schwerpunkte sind in Fulda, Hanau, Fürstenwalde, Hannover, Riesa, Breuberg, Hann. Münden und Hamburg. Große Betriebe sind unter anderem der Reifenhersteller Goodyear und der Hersteller von Kautschuk- und Kunststoffprodukten ContiTech.

(Text: IG BCE - Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie)

Bund plant 15 500 neue Jobs in strukturschwachen Gebieten

Die Bundesregierung will in abgehängten und vom Strukturwandel betroffenen Regionen knapp 15 500 neue Vollzeit-Arbeitsplätze schaffen. In einer Zwischenbilanz zur Umsetzung der Maßnahmen der Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse, die am 21. April im Kabinett verabschiedet wurde, heißt es, rund 4300 dieser Arbeitsplätze seien in den kommenden zehn Jahren in den Braunkohlerevieren geplant.
Bund plant 15 500 neue Jobs in strukturschwachen Gebieten
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Hinzu kommen den Angaben zufolge 450 Stellen in Gebieten, die im Strukturstärkungsgesetz von 2020 aufgeführt sind. Darüber hinaus sollen den Angaben zufolge rund 6100 Jobs in den neuen Ländern und weitere 4600 Arbeitsplätze in den strukturschwachen Regionen der alten Länder entstehen.

«Seit 2019 hat die Bundesverwaltung 12 neue Standorte aufgebaut, davon 9 in strukturschwachen Regionen», heißt es in dem Zwischenbericht weiter. Die Planungen für weitere Ansiedlungen würden konsequent fortgesetzt. Zu den bereits eröffneten neuen Standorten zählen der Hauptsitz der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt in Neustrelitz und das neue Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten in Brandenburg an der Havel. Im nordrhein-westfälischen Brühl soll eine Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung entstehen. In Cottbus soll 2022 eine Außenstelle des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung angesiedelt werden.

Die Bundesregierung hatte im Juli 2018 die Kommission «Gleichwertige Lebensverhältnisse» gegründet. Sie sollte Maßnahmen für eine gerechte Verteilung von Ressourcen und Teilhabe-Chancen für alle Menschen - unabhängig von ihrem Wohnort - entwickeln. Den Vorsitz hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Co-Vorsitzende sind Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Teil der Querschnittsaufgabe, die diese Kommission übernommen hat, sind unter anderem auch die Instandsetzung maroder Bahnhöfe auf dem Land und die Förderung von
Bike+Ride-Konzepten. Der Bericht verweist auch auf Modellprojekte, die das Ziel haben, «sozialer Isolation und Einsamkeit im Alter entgegenzuwirken».

(Text: dpa)

Personalabbau im Lufthansa-Konzern läuft nicht überall glatt

Bei ihrem Stellenabbau in Deutschland stößt die Lufthansa auf Widerstand. Der Konzern setzt in der Corona-Flaute auf die Schließung von Teilgesellschaften, während die große Masse der Beschäftigten im Kern noch vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt ist und im laufenden Jahr mit Kurzarbeitergeld über die Runden kommt. An manchen Stellen wird sogar neu eingestellt.
Personalabbau im Lufthansa-Konzern läuft nicht überall glatt
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Relativ schnell hatte sich der Konzern nach dem Einbruch im vergangenen Jahr entschieden, die ungeliebte Germanwings zu schließen. Nach dem vom Co-Piloten verursachten Absturz im März 2015 mit 150 Toten war der Markenname ohnehin weitgehend verschwunden und nur noch zum Dienstleister innerhalb der Eurowings-Marke degradiert worden. Auch die SunExpress Deutschland, ein Gemeinschaftsbetrieb mit Turkish Airlines, hatte unter Corona-Bedingungen keine Zukunft mehr. SunExpress-Crews hatten unter anderem touristische Langstreckenflüge unter dem Logo der Lufthansa-Tochter Eurowings absolviert.

Rund 2600 Beschäftigte stehen so vor äußerst unsicheren Zukunftsperspektiven, auch wenn die Eurowings-Kerngesellschaft und die neue Eurowings Discover jeweils rund 300 Leute für weiter aufrecht zu erhaltende Flugangebote suchen.

Der Anwalt Martin Leufgen aus Rommerskirchen vertritt nach eigenen Angaben mehr als 150 Piloten und Flugbegleiter bei Kündigungsschutzklagen. Er ist der Meinung, dass die Betriebe auf andere Lufthansa-Gesellschaften übergegangen sind, die Leute daher nicht hätten gekündigt werden dürfen. Ab Juni werden sich damit die Arbeitsgerichte in Köln und Frankfurt beschäftigen. In ersten Güteterminen hat die Germanwings nach Auskunft beider Seiten keine Kompromissbereitschaft erkennen lassen.

Die Lufthansa sieht hingegen keinen Betriebsübergang, bei dem dann sämtliche Mitarbeiter übernommen werden müssten, wie eine Sprecherin bestätigt. Die rund 600 Stellen gebe man zwar bevorzugt an Bewerber aus dem Konzern, behalte sich aber die Bestenauswahl vor. Immerhin werde die Berufserfahrung berücksichtigt, lobt Verdi, wenn auch keine Kabinenchefs (Purser) gesucht würden.

Ganz außen vor sind bei den Bewerbungen die SunExpress-Piloten mit einer Zulassung auf die Boeing 737, ein Flugzeugtyp, der im gesamten Lufthansa-Konzern nicht mehr geflogen wird. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit bietet ihnen zwar Rechtsschutz an, sieht aber die Chancen wegen der fehlenden Arbeitsmöglichkeiten begrenzt. Die Betroffenen können demnach bestenfalls auf Abfindungen nach dem Sozialplan oder mit Weiterbildungsangeboten rechnen. «Zufrieden ist da keiner», berichtet ein VC-Sprecher.

Wesentlich besser schätzt die Gewerkschaft Verdi die Chancen von Flugbegleitern ein, bei der Eurowings Deutschland unterzukommen. Die Lufthansa-Tochter für Direktflüge hat ihr Programm mächtig umgebaut und hofft, im Sommer rund 80 Jets auslasten zu können. Statt der klassischen Urlaubsziele am Mittelmeer werden nun auch Verbindungen nach Südosteuropa geflogen, die oft für Familienbesuche in diesen Ländern genutzt werden. «Das funktioniert in der Krise besser», hofft man in Köln. Bei den Touristikzielen legen Griechenland und die Kanaren zu.

Noch etwas Zeit haben die Piloten der Kerngesellschaft Lufthansa, um sich mit dem Unternehmen auf die geforderten kreativen Teilzeitmodelle zu einigen. Sollte es dazu nicht kommen, müssen bis zu 1200 der mehr als 5000 Piloten ab dem zweiten Quartal des kommenden Jahres gehen. Mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo sowie Verdi hat sich das Unternehmen bereits auf längerfristige Sparbeiträge des Boden- und Kabinenpersonals verständigt und dabei als Gegenleistung den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen versprochen.

(Text: Christian Ebner, dpa)

Diese fünf Faktoren bestimmen Ihr Gehalt

Eine solide berufliche Qualifikation macht sich für die Beschäftigten bezahlt: Wer nach einer zwei- bis dreijährigen Berufsausbildung noch eine Meister- oder Technikerausbildung absolviert, kann mit einem Gehaltsplus von etwa 14 Prozent rechnen. Wer in seinem Berufsfeld zu den Topverdienern gehören will, sollte jedoch zusätzlich ein Studium anschließen und etwa einen Ingenieursabschluss erwerben.
Diese fünf Faktoren bestimmen Ihr Gehalt
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Dies ist die Voraussetzung für hoch komplexe Tätigkeiten und bringt innerhalb des gleichen Berufsfeldes einen Gehaltszuwachs von rund 41 Prozent. Solch ein Aufstieg ist in Deutschland in vielen Berufsfeldern - wie dem Maschinenbau oder der sozialen Arbeit - unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Abitur möglich und lohnt sich auch finanziell. Ohne Ausbildungsabschluss schlägt hingegen ein Malus von -7 Prozent zu Buche. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung von über 62.000 Datensätzen des Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.

Das Anforderungsniveau einer Tätigkeit ist einer von fünf wesentlichen Faktoren, die in Deutschland innerhalb der gleichen Berufsgruppe die Höhe der Gehälter bestimmen. Entscheidend sind außerdem das Geschlecht der oder des Beschäftigten, das Bundesland der Anstellung, die Betriebsgröße und ob der Arbeitgeber nach Tarifvertrag zahlt. »Auch hier können die Lohnunterschiede erheblich sein und sich im Jahr auf mehrere tausend Euro belaufen«, sagt Dr. Malte Lübker, Lohnexperte am WSI. So verdienen Frauen bei gleicher Berufserfahrung im gleichen oder einem engverwandten Beruf mit dem gleichen Anforderungsniveau unter auch sonst vergleichbaren Bedingungen etwa 8 Prozent weniger als Männer. In kleinen Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten liegen die Gehälter in etwa 6 Prozent unter denen in mittelständischen Betrieben mit 100 bis 500 Beschäftigten. Ein Job in einem Großunternehmen macht sich hingegen mit einem Plus von 9 Prozent bezahlt. Unabhängig von der Größe zahlen tarifgebundene Betriebe deutlich mehr: Hier liegt das Lohnplus im Durchschnitt bei 11 Prozent (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). »Es lohnt sich also für die Beschäftigten in tariflosen Betrieben, für einen Tarifvertrag zu kämpfen - auch wenn der Weg dahin nicht immer einfach ist«, so WSI-Lohnexperte Lübker.

Die Datenanalyse zeigt auch, wie groß die Entgeltunterschiede innerhalb Deutschlands noch immer sind. Am besten gezahlt wird in Baden-Württemberg und Hamburg, wo die Gehälter für vergleichbare Tätigkeiten um 7 bzw. 6 Prozent über dem Niveau Nordrhein-Westfalens liegen, das für die Berechnungen als Vergleichsmaßstab verwendet wurde. Am Tabellenende stehen die ostdeutschen Flächenländer Thüringen ( 15 Prozent), Sachsen und Sachsen-Anhalt (jeweils -14 Prozent). Durch die Nähe zu den Ballungsräumen Hamburg und Berlin haben Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern ( 12 Prozent) und Brandenburg ( 11 Prozent) hingegen bessere Ausweichmöglichkeiten. Dies macht sich in beiden Ländern in einem verschärften Fachkräftemangel bemerkbar, der bisher aber nur zu moderaten Lohnanpassungen geführt hat. »Eine Niedriglohnpolitik kann keine sinnvolle Antwort auf fehlende Fachkräfte sein, wenn 60 Autominuten entfernt im gleichen Beruf deutlich mehr gezahlt wird«, gibt Lohnexperte Lübker zu bedenken.

Neben den fünf wesentlichen Bestimmungsfaktoren gibt es eine Reihe von weiteren Einflüssen auf die Höhe des Gehalts. Dazu zählen das Berufsfeld selbst, die Berufserfahrung und ob jemand im Job Leitungsverantwortung übernommen hat. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) hat deswegen einen Lohn- und Gehaltscheck entwickelt, mit dem Beschäftigte auf Lohnspiegel.de für über 500 Berufe eine genaue Vergleichsberechnung durchführen können. Das Angebot ist kostenlos und ohne Eingabe einer E-Mail-Adresse nutzbar.

- Informationen zur Methode -

Die ausgewiesenen Entgeltunterschiede beruhen auf einer Lohnregression, mit deren Hilfe der Einfluss einzelner Faktoren auf das Entgeltniveau statistisch errechnet werden kann. Der Vergleich bezieht sich auf Beschäftigte mit der gleichen Berufserfahrung in der gleichen Berufsuntergruppe (4-Steller der Klassifikation der Berufe von 2010).

Als Datengrundlage dient eine kontinuierlichen Online-Umfrage des WSI-Portals Lohnspiegel.de unter Erwerbstätigen in Deutschland. Für die Analyse wurden 62.758 Datensätze berücksichtigt, die zwischen Anfang 2020 und Ende Januar 2021 erhoben wurden. Die Umfrage ist nicht-repräsentativ, erlaubt aber aufgrund der hohen Fallzahlen detaillierte Einblicke in die tatsächlich gezahlten Entgelte. Lohnspiegel.de ist ein nicht-kommerzielles Angebot der Hans-Böckler-Stiftung.

(Text: Hans-Böckler-Stiftung)

Vier von zehn Neueinstellungen befristet

"Die Pandemie hat strukturelle Probleme auf dem Arbeitsmarkt einmal mehr sichtbar gemacht. Neben den kaum abgesicherten Minijobs und Leiharbeitsverhältnissen sind auch Befristungen alles andere als krisenfest – und werden für die Betroffenen zur Karrierefalle", sagt IG BAU-Bundesvorsitzender Robert Feiger. Der jetzt vom Arbeitsministerium vorgelegte Gesetzentwurf müsse rasch umgesetzt werden. CDU und CSU sollten ihre bisherige Blockadehaltung gegenüber dem Vorhaben aufgebeben, damit das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode vom Bundestag auf den Weg gebracht werden könne.
Vier von zehn Neueinstellungen befristet
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"Von rund 1,7 Millionen Neueinstellungen, die es bundesweit im zweiten Quartal 2020 gab, waren 700 000 befristet – das macht einen Anteil von 39 Prozent", so Feiger unter Verweis auf jüngste Zahlen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Nach Beobachtung der IG BAU sind solche unsicheren Jobs in Branchen wie der Gebäudereinigung und der Land- und Forstwirtschaft stark verbreitet. Im Ländervergleich ist die Befristungsquote in Berlin mit einem Anteil von 53 Prozent am höchsten. Auch in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und im Saarland werden laut WSI überdurchschnittlich viele Arbeitsverträge befristet ausgestellt.

"Wenn vier von zehn Neueinstellungen ein Verfallsdatum haben, ist auf dem Arbeitsmarkt etwas aus dem Ruder gelaufen. Die Corona-Pandemie hat für befristet Beschäftigte oft dramatische Folgen. In der Krise lassen viele Firmen Arbeitsverträge auslaufen", kritisiert Feiger. Möglich werde dies durch die aktuelle Gesetzeslage. Bislang ist die Befristung eines Arbeitsvertrages – ohne Angabe eines sogenannten Sachgrunds – bis zu zwei Jahre lang erlaubt. In diesem Zeitraum kann ein befristeter Arbeitsvertrag in der Regel maximal dreimal verlängert werden. Als Sachgrund gelten etwa eine Probezeit oder eine Elternzeitvertretung.

"Genau das wollte die Bundesregierung ändern und hat 2018 im Koalitionsvertrag festgeschrieben, sachgrundlose Befristungen einzudämmen", so Feiger. Nach den Plänen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sollen Befristungen in Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten auf maximal 2,5 Prozent der Belegschaft begrenzt werden. Außerdem sollten befristete Verträge nur noch einmal verlängert werden dürfen.

Feiger: "Das Gesetz ist überfällig. Aber bislang haben die Unionsparteien das Vorhaben blockiert. Das Spiel auf Zeit muss schnell ein Ende haben. Es bleiben nur noch zehn Wochen, um dieses wichtige arbeitsmarktpolitische Projekt durch das Parlament zu bringen."

Besonders jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem befristeten Arbeitsvertrag hätten erhebliche Probleme, beruflich Fuß zu fassen. Sie fänden auch schwerer eine Wohnung oder bekämen keinen Kredit. "Am Ende muss oft sogar der Wunsch nach eigenen Kindern vertagt werden", betont der Gewerkschafter.

Nach Angaben der Böckler-Stiftung sank auch die Zahl der Neueinstellungen insgesamt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stark. Bundesweit wurden im zweiten Quartal 2020 rund 29 Prozent weniger sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse neu abgeschlossen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Der Befristungsanteil blieb mit 39,4 Prozent (2019: 41,9 Prozent) auf einem hohen Level.

Laut einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) entfielen im Jahr 2018 mit einem Anteil von 47 Prozent knapp die Hälfte aller befristeten Neueinstellungen in Deutschland auf Beschäftigte unter 25 Jahren (Azubis nicht mitgerechnet). In der Gruppe über 25 Jahren lag die Quote hingegen bei 36 Prozent. Frauen sind häufiger von einer Befristung betroffen als Männer, auch ein Migrationshintergrund wirkt sich negativ aus.

(Text: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt)

Corona drückt Ausbildungsmarkt auf historisches Tief

Die Krise auf dem Ausbildungsmarkt hat sich während der Corona-Pandemie noch verschärft. Schon in den vergangenen Jahren war die Zahl der jungen Menschen, die eine Lehre anfingen, in der Tendenz immer weiter gesunken. Doch im Corona-Jahr 2020 brachen die Zahlen ein. Wirtschaftliche Unsicherheit, fehlende Ausbildungsmessen und Praktika-Plätze haben die duale Ausbildung ausgebremst. Verbände warnen vor einem sich zuspitzenden Fachkräftemangel und sehen kaum Anzeichen für schnelle Besserung. Für betroffene Lehrlinge ist die Lage nach über einem Jahr Pandemie mehr als nur angespannt.
Corona drückt Ausbildungsmarkt auf historisches Tief
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WIE DER CORONA-KNICK KONKRET AUSSIEHT: Seit dem gestrigen Mittwoch (14. April) ist amtlich, was schon länger absehbar war: Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gefallen. Nur noch 465 200 Menschen begannen 2020 eine Lehre, wie aus vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Das bedeutet ein Minus von 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Selbst in Zeiten der Finanzkrise gab es keinen so starken Einbruch.

In Industrie und Handel ging die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge gar um 11,9 Prozent zurück. Im Handwerk betrug das Minus immerhin noch 6,6 Prozent. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) betraf der Rückgang hier insbesondere Friseure, Fotografen, Maßschneider oder Kosmetiker - also Bereiche, die besonders unter Corona leiden. Das Bauhauptgewerbe, das bislang vergleichsweise gut durch die Krise kam, habe hingegen sogar Zuwächse verzeichnet.

Der Handwerksverband zeigt sich angesichts der Zahlen alarmiert. «Azubis, die jetzt nicht ausgebildet werden, fehlen in der Zukunft als Fachkräfte», sagt ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Seine Befürchtung: Ähnlich wie in der Finanzkrise könnte Corona den Sockel an Azubis langfristig verringern. «Das müssen wir diesmal unbedingt verhindern.» Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Elke Hannack, sieht jedoch kaum Entspannung für das anstehende Ausbildungsjahr: «Erste Rückmeldungen aus den Branchen zeigen, dass die Zahl der Ausbildungsverträge 2021 abermals sinken könnte.»

WIE CORONA DIE KRISE DER DUALEN AUSBILDUNG BEFEUERT: Die Pandemie hat nicht nur Ausbildungsmessen oder Praktika ausgebremst. Auch die Firmen sind beim Anbieten neuer Ausbildungsplätze eher zurückhaltend. Einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zufolge könnte in diesem Jahr jeder zehnte ausbildungsberechtigte Betrieb weniger Lehrstellen anbieten als im Vorjahr. Die Bundesregierung will gegensteuern und stellt bis 2022 bis zu 700 Millionen Euro für die Sicherung von Ausbildungsplätzen zur Verfügung.

Verbände und Gewerkschaften beobachten jedoch noch einen weiteren Effekt: Viele Jugendliche fragen sich, ob eine Ausbildung unter den derzeitigen Bedingungen überhaupt Sinn macht. Sie bleiben wohl erst mal länger in der Schule oder Fachhochschule, vermutet der ZDH. Es gelte daher, junge Menschen von der Zukunftsfähigkeit der dualen Ausbildung zu überzeugen.

Dass diese Überzeugung in letzter Zeit gelitten haben könnte, zeigen die Erzählungen junger Azubis. Etwa die des 22-jährigen Moritz: Er machte eine Ausbildung bei einem Sportartikelgeschäft in Erlangen. Dann kam Corona, der Laden geriet in finanzielle Schieflage, der Großteil der Belegschaft ging in Kurzarbeit. Von da an sei es nur noch darum gegangen, die drohende Insolvenz abzuwenden. «Von uns Azubis hat keiner mehr das gemacht, was er hätte machen sollen», erzählt er. «Wir haben uns wirklich kaputtgeackert - körperlich wie psychisch.»

Genutzt hat es wenig: Der Laden ging pleite, Moritz verlor im dritten Lehrjahr seine Stelle. Im Rückblick sei die Sache jedoch gut für ihn ausgegangen, erzählt er. Er habe sich getraut, die Branche zu wechseln und beginnt nach langer Suche im September eine Ausbildung in einer Bundesbehörde.

WAS CORONA MIT DER QUALITÄT DER AUSBILDUNG MACHT: Abgesehen von den existenziellen Sorgen drückt die Krise vielerorts auch auf die Ausbildungsqualität. Viele Jugendliche hätten bereits jetzt gut die Hälfte ihrer Ausbildung im Ausnahmezustand absolviert, sagt Hannack. Koch-Azubi Julius etwa startete im vergangenen September gleich in diesem Modus. Ab November ging in seinem Restaurant in Unterfranken gar nichts mehr. Statt in einer Sterneküche stand der 22-Jährige vorübergehend an der Frischetheke eines Supermarkts.

Mittlerweile bereitet er mit den anderen Azubis To-Go-Essen für Stammgäste zu. «Das ist auf jeden Fall nicht das Gleiche, viele Inhalte fallen weg», sagt Julius. Im Vergleich zu vielen seiner Klassenkameraden an der Berufsschule sei er jedoch froh, überhaupt am Herd stehen zu können.

Eine Debatte um das Stigma einer «Corona-Ausbildung» oder eines «Corona-Abiturs» sei aber nicht zielführend, warnt die Bundesjugendsekretärin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Julia Böhnke. Viel wichtiger sei, jetzt das Erreichen von Ausbildungszielen zu forcieren. «Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Auszubildende und ausbildendes Personal nicht in Kurzarbeit geschickt werden dürfen.»

(Text: David Hutzler, dpa)

Hotelketten schlagen Alarm - «Notverkäufe» wegen knapper Kassen

Weil Deutschlands Hotelketten in der Coronakrise das Wasser bis zum Hals steht, müssen erste Firmen Teile ihrer Standorte verkaufen. Maritim gab am gestrigen Donnerstag (15. April) «Hotel-Notverkäufe» bekannt, um das «Überleben» zu sichern. Entsprechende Verhandlungen laufen noch, Einzelheiten nannte das 5000-Mitarbeiter-Unternehmen aus Bad Salzuflen in Nordrhein-Westfalen nicht.
Hotelketten schlagen Alarm - «Notverkäufe» wegen knapper Kassen
Bild: Oliver Berg/dpa

Die Hotelkette Centro, die 2019 noch 60 Hotels mit 1200 Mitarbeitern hatte, hatte bereits im vergangenen Jahr 13 Standorte veräußert, darunter sieben Neubauprojekte. Man habe dies «schweren Herzens» getan, «um das Unternehmen weiter abzusichern», sagte Chefin Homeira Amiri in Köln.

In der Domstadt traten Vertreter von mehreren Hotelketten auf, um gemeinsam ihrer Enttäuschung über die Politik Luft zu machen und um Entschädigungen zu fordern. Unisono betonten sie, dass die bisher vom Staat gezahlten oder zugesagten Hilfen längst nicht ausreichten, zumal man auf viele Zahlungen sehr lange warten müsse. Es gebe kein Infektionsgeschehen in den Hotels und auf den Fahrten in die Hotels, dennoch dürften keine Touristen beherbergt werden - die Firmen erbrächten ein «Sonderopfer» für die Allgemeinheit, sagte Dirk Iserlohe von den Dorint-Hotels. «Wir fordern Entschädigungen.»

Tatsächlich kommen die Hotelketten bei den staatlichen Hilfsgeldern relativ schlecht weg. Dies liegt letztlich an ihrer Größe: Die aktuell laufende Überbrückungshilfe III ist bei den Verbundunternehmen auf drei Millionen Euro pro Monat gedeckelt, insgesamt bekommen sie hierüber nicht mehr als 12 Millionen Euro. Firmen, die üblicherweise einen dreistelligen Millionen-Euro-Jahresumsatz haben, können mit solchen Geldern nur einen Teil ihrer Finanzlöcher stopfen. Zwar ist das Personal in Kurzarbeit, doch Fixkosten wie Mieten laufen weiter.

Per Videobotschaft meldete sich der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki zu Wort und sprach sich für umfangreiche staatliche Zahlungen aus, schließlich dürften die Firmen ihr Gewerbe nicht ausüben. «Es geht darum, das Überleben einer ganzen Branche zu sichern», sagte er.

Nacheinander schilderten die Branchenvertreter ihre aktuelle Situation. Die Dormero-Kette (1000 Mitarbeiter, 35 Hotels) plante für 2020 mit 100 Millionen Euro Umsatz, durch die Corona-Einschränkungen wurden es nur 40 Millionen Euro. 2021 werde es wohl noch weniger. «Vor der Krise ging es uns gut», sagte Geschäftsführerin Manuela Halm. «Jetzt stehen wir vor den Trümmern unserer Existenz.» Bei den Leonardo Hotels mit ihren 2200 Mitarbeitern sackte der Umsatz von 317 Millionen Euro im Jahr 2019 auf knapp 120 Millionen Euro 2020 ab.

Alexander Fitz von den H-Hotels, die vor der Krise mit 3000 Mitarbeitern 400 Millionen Euro Jahresumsatz verbucht hatten und nun ebenfalls heftige Einbußen hinnehmen müssen, wies auf langfristige Schäden nach der Pandemie hin: Es werde Jahre dauern, bis die aufgenommenen Schulden abgetragen seien. Danach müsse die Branche neue Schulden machen, um überfällige Investitionen zu stemmen.

Bei den Lindner Hotels sackte der Jahresumsatz von 200 auf 45 Millionen Euro ab. Geschäftsführer Otto Lindner, der auch Vizepräsident des Branchenverbandes Dehoga ist, sprach von einer «furchtbaren Lage». Die Eigenkapitalreserven seien aufgebraucht, sagte er mit Blick auf die Hotelketten. «Wir sind nicht der Pandemietreiber, deswegen steht uns Schadenersatz zu.»

Dorint-Vertreter Iserlohe betonte die Dringlichkeit: «Kein Unternehmer kann Rückstellungen gebildet haben, um eine solche Krise zu überwinden.» Am 1. Mai werde es ernst, wenn die derzeit ausgesetzte Insolvenzantragspflicht wieder greife. «Je größer das Unternehmen, desto größer die Gefahr der Insolvenz.» Er forderte den Bund zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes auf, um Entschädigungen zu ermöglichen. Eine Alternative hierzu wäre eine umfangreiche Hilfe, die sich nach dem Umsatz von Vorjahresmonaten bemisst - also deutlich mehr Geld vom Staat als bisher vorgesehen.

Die Hotelbranche wurde von der Coronakrise besonders heftig erwischt. Seit November dürfen nur Geschäftsreisende beherbergt werden. Die allerdings gibt es kaum noch, weil die meisten Messen und Kongresse abgesagt wurden, zudem setzen viele Firmen verstärkt auf digitale Kommunikation anstelle von Reisen. Mit den Geschäftsreisenden kam Dorint seit November nur auf 6 Prozent des Vorjahresumsatzes.

Rund 200 Kilometer nordöstlich der als «Notruf» verstandenen Kölner Pressekonferenz äußerte die Inhaberin der Hotelkette Maritim, Monika Gommolla, ihre Besorgnis. Man sei von der Pandemie «extrem hart getroffen», erklärte sie in Bad Salzuflen. Es seien bisher nur zwei Millionen Euro an staatlichen Hilfen ausgezahlt worden. «Dies erweckt den Eindruck, dass der größere Mittelstand in den betroffenen Branchen sich selbst überlassen und so kaputt gemacht wird.»

Gommolla verwies auch auf einen personellen Aderlass als Krisenfolge. Man verliere hochqualifizierte Beschäftigte, die man selbst ausgebildet habe - das Unternehmen habe bereits 2000 Mitarbeiter weniger als vor der Pandemie. Befristete Verträge wurden nicht verlängert, Auszubildende nicht als Festangestellte übernommen und Mitarbeiter, die über Monate in Kurzarbeit waren, suchten sich Jobs in anderen Branchen. 2019 kam das Unternehmen laut Bundesanzeiger in Deutschland auf einen Umsatz von rund 426 Millionen Euro und auf einen Gewinn (Konzernergebnis) von 28 Millionen Euro.

(Text: Wolf von Dewitz, dpa)

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