Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie: Warnstreiks

Am gestrigen Montag (1. März) um 24 Uhr endete in der aktuellen Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie die Friedenspflicht. Das heißt: Warnstreiks sind ab heute möglich. Den ganzen Montag über zeigten Tausende Metallerinnen und Metaller aus Hunderten Betrieben im Rahmen eines bundesweiten Aktionstags, dass sie sich auch unter Corona-Bedingungen für die Forderungen der IG Metall sichtbar und wirksam stark machen werden. An über 150 Orten fanden verschiedene Aktionen statt.
Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie: Warnstreiks
Bild: dpa

In München fanden sich Metallerinnen und Metaller zu einer Sternfahrt zur Theresienwiese mit anschließender Kundgebung zusammen, in Kiel wurden Tarifhelden als Pappfiguren aufgestellt. In Duisburg machte eine Lichtinstallation und Kundgebung auf die Forderungen der Tarifrunde aufmerksam und in Emden fand eine Fahrraddemo mit Beschäftigten aus mehreren Betrieben statt. Virtuelle Mittagspausen, Kundgebungen vor den Werkstoren und Fotoaktionen fanden ebenfalls an zahlreichen Orten statt.

Den Angriffen der Arbeitgeber auf tarifliche Errungenschaften hat sich der Erste Vorsitzende der IG Metall entschlossen entgegengestellt und substanzielle Vorschläge eingefordert: „Was die Arbeitgeber uns bisher vorgelegt haben, sind Wundertüten ohne Inhalt. Damit haben die Arbeitgeber eine große Chance vertan; die Chance, in der Friedenspflicht zu einem vernünftigen und tragfähigen Kompromiss am Verhandlungstisch zu kommen. Die Lasten der Krise müssen jetzt gerecht verteilt werden. Krisenbewältigung einseitig auf Kosten der Beschäftigten ist mit uns nicht zu machen“, sagte Jörg Hofmann auf einer Veranstaltung der IG Metall in Crailsheim (Baden-Württemberg).

In der Nacht starteten dann die ersten Warnstreiks, in Bremen bei Daimler Mercedes-Benz-Werk, in Hamburg bei Airbus Operations, in Lohr bei Bosch Rexroth, in Weilbach bei Linde Material Handling, in München bei RF360 Europe, in Regensburg bei Mahle-Behr und in Elchingen bei Bosch Rexroth.

Die IG Metall fordert für die mehr als 3,8 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in dieser Tarifbewegung ein Zukunftspaket. Dieses beinhaltet ein Volumen von vier Prozent, das je nach Situation der Betriebe zur Stärkung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen oder zur Finanzierung von Maßnahmen der Beschäftigungssicherung eingesetzt werden kann. Außerdem sollen mit Zukunftstarifverträgen passgenaue betriebliche Lösungen gefunden werden, die Zusagen für Investitionen, Standorte, Beschäftigung und Qualifizierung enthalten.

(Text: IG Metall)

174 000 Pendler kommen über die Grenze zur Arbeit nach Deutschland

Im vergangenen Jahr sind etwas weniger Berufstätige aus dem Ausland zur Arbeit nach Deutschland gependelt. Nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) gingen 174 000 Personen mit Wohnsitz im angrenzenden Ausland 2020 in Deutschland einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Das waren etwa 6000 weniger als im Jahr zuvor, wie die Behörde am 24. Februar mitteilte.
174 000 Pendler kommen über die Grenze zur Arbeit nach Deutschland
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Die meisten Pendler aus den Nachbarländern kamen 2020 mit gut 72 000 aus Polen. In Frankreich hatten 43 000 Beschäftigte ihren Wohnsitz, in Tschechien gut 33 000. Auch viele Deutsche wohnen den Angaben zufolge im Ausland und arbeiten hierzulande. So habe beispielsweise jeder zweite Berufspendler aus Belgien und der Schweiz die deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Gesamtzahl der Einpendler aus den Nachbarländern entspreche zwar weniger als einem Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland, in Grenzregionen sei ihr Anteil jedoch deutlich höher. Die Liste führen die bayerischen Landkreise Tirschenreuth (9,2 Prozent) und Cham (8 Prozent) an der tschechischen Grenze sowie die Region Saarbrücken (6,3 Prozent) an der französischen Grenze an. Der höhere Anteil in den Grenzregionen unterstreiche die Bedeutung der Berufspendler für die regionalen Arbeitsmärkte, heißt es in der Mitteilung.

Das BSSI hatte Daten der Bundesagentur für Arbeit zum Stichtag 30. Juni 2020 ausgewertet. Ob alle Pendler täglich zur Arbeit nach Deutschland fahren, wurde nicht erfasst.

(Text: dpa)

Die Ruhe vor dem Sturm: Friseure bereiten sich auf Öffnung vor

Stühle werden verrückt, Trennwände aufgestellt und Spender mit Desinfektionsmittel gefüllt - die Vorbereitungen vieler Friseursalons laufen vor der Wiedereröffnung am kommenden Montag (1. März) auf Hochtouren. «Die Vorfreude ist groß – bei Kunden und ihren Friseuren gleichermaßen», sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Friseurhandwerks, Jörg Müller. Die Betriebe seien auf den Ansturm der Kunden vorbereitet. Frust herrscht hingegen bei vielen Kosmetikerinnen, deren Läden weiterhin zu bleiben.
Die Ruhe vor dem Sturm: Friseure bereiten sich auf Öffnung vor
Bild: Kira Hofmann/dpa-Zentralbild/dpa

Seit Mitte Dezember sind die Friseursalons wegen der Pandemie geschlossen, im Frühjahr 2020 hatten sie schon mal dichtmachen müssen. Zwischendrin durften die Betriebe nur unter Einhaltung strenger Auflagen öffnen - auch diesmal orientieren sich die Vorbereitungen an einem strikten Hygienekonzept.

«Wir halten einen Sicherheitsabstand von 1,5 Metern ein und tragen eine medizinische Maske. Umhänge werden nach jedem Kunden gewechselt und der Arbeitsplatz desinfiziert», sagte Müller. Zudem arbeiteten Friseure ausschließlich nach vorheriger Terminvergabe.

Wie groß die Sehnsucht vieler Kunden nach einem neuen Haarschnitt ist, zeigt ein Blick in die Regale der Drogeriemärkte. Die Drogeriekonzerne dm und Rossmann berichtet etwa, dass die Nachfrage nach Haarscheren in den vergangenen Wochen gestiegen sei - bei Rossmann nach Unternehmensangaben teilweise sogar um das Vierfache.

Kein Wunder also, dass sich die Terminbücher der Friseursalons seit Bekanntgabe der Öffnungen schnell füllen. Kunden müssen laut Branchenangaben mit einer Wartezeit von mehreren Wochen rechnen. Die Betreiberin eines Salons in Duisburg, Sadiye Kisin, schrieb auf Facebook: «(...) seit Tagen steht unser Telefon nicht mehr still, bis zum 11.03.2021 gibt es schon keine freien Termine mehr.» Ein Friseur aus Bayreuth versteigerte den ersten Termin nach dem Lockdown für einen guten Zweck - für 422 Euro.

Um dem Kundenandrang gerecht zu werden, wollen viele Betriebe täglich länger und auch montags öffnen und für Mitarbeiter Schichtbetrieb einführen, sagte etwa der Geschäftsführer des Fachverbands Friseur und Kosmetik Baden-Württemberg, Matthias Moser.

Anders als nach den Lockerungen im Mai vergangenen Jahres, rechnet Müller diesmal nicht mit Preissteigerungen. Damals mussten Kunden für Haarschnitte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 5,4 Prozent mehr bezahlen als im Vorjahresmonat. Doch auch Preissteigerungen konnten den starken Nachfragerückgang oftmals nicht ausgleichen. So hatte der Umsatzeinbruch etwa Deutschlands größte Friseurkette Klier in die Insolvenz gedrückt. Anfang Dezember war ein Verfahren eröffnet worden, um die Forderungen der Gläubiger zu prüfen. Eine Gläubigerversammlung ist für den heutigen Donnerstag (25. Februar) angesetzt.

Trotz der Öffnungen am Montag bleibt bei vielen Friseuren eine Unsicherheit. Denn eine Garantie, dass sie nicht wenige Tage nach dem 1. März aufgrund steigender Corona-Zahlen wieder schließen müssen, gibt es nicht. «Eine hundertprozentige Sicherheit, dass das nicht passiert, kann einem niemand geben, sagte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) in einer Video-Diskussionsrunde mit Friseur- und Kosmetikbetrieben aus Brandenburg am Mittwoch (24. Februar). Aber man versuche alles, um die erneute Schließung von Friseursalons zu vermeiden.

Nicht alle blicken positiv auf den 1. März. «Friseure sollten zu sein», meinen etwa die Mitglieder von «#ZeroCovid» - eine Initiative von Wissenschaftlern, Aktivisten und Gesundheitspersonal. Sie fordern einen strengen Lockdown, damit die Infektionszahlen auf null sinken. Eine Öffnung der Salons bewirke das Gegenteil - es sei anzunehmen, dass die Zahlen wieder ansteigen. «Die nächste Corona-Welle rollt an», sagte David Schrittesser aus dem Presseteam der Initiative.

Kritik an den Öffnungen kommt auch von Kosmetikern, wenn auch aus einem anderen Grund. «Ich bin schockiert über die Ungleichbehandlung», sagte die Landesinnungsmeisterin der Friseure und Kosmetiker in Sachsen-Anhalt und Thüringen, Sybille Hain. Schließlich bestehe immer ein Abstand zwischen Kosmetikerin und Kundin, dann noch die FFP2-Maske und ein Schutzvisier.

Auch die Handwerkskammer Potsdam spricht von einer riesigen Enttäuschung bei Kosmetikern, die mittlerweile in Wut und Frust umschlage. «Die Angst, dass sie durch die weiteren Schließungen in immer schwereres Fahrwasser für das wirtschaftliche Überleben geraten, wird immer größer», sagte Sprecherin Ines Weitermann.

Auf die Frage, warum Kosmetikbetriebe nicht gleichzeitig zu den Friseursalons aufmachen dürfen, antwortete Scholz in der Video-Runde unter anderem: «Das hätte beinahe dazu geführt, dass sich keine Mehrheit gefunden hätte, die Friseure zum 1. März aufzumachen.»

Ob die Corona-Zahlen trotz der Friseuröffnungen nicht ansteigen und die Kosmetikbetriebe bald bundesweit nachziehen können, bleibt abzuwarten. Aber vorerst gilt: Weg mit der Corona-Mähne!

(Text: Jordan Raza, dpa)

Bauhauptgewerbe schließt 2020 mit Rekordumsatz ab

Die Baubranche in Deutschland hat im Jahr 2020 einen Rekordumsatz erzielt. Im Vergleich zum Vorjahr steigerten die 9100 Betriebe, deren Zahlen das Statistische Bundesamt erfasst, ihre Erlöse um 6,6 Prozent auf 98,3 Milliarden Euro. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich um etwa 18 000 auf 505 000, wie die Wiesbadener Behörde am gestrigen Donnerstag. (25. Februar) mitteilte. Erfasst werden Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten.
Bauhauptgewerbe schließt 2020 mit Rekordumsatz ab
Bild: dpa

Die Auftragslage in den einzelnen Sparten entwickelte sich 2020 allerdings sehr unterschiedlich: Während es im Wohnungsbau ein Plus von 7,6 Prozent gab, konnte der gewerbliche Bau mit minus 4,8 Prozent das Vorjahresergebnis nicht erreichen.

Insgesamt verzeichnete das Bauhauptgewerbe 2020 real (preisbereinigt) 2,6 Prozent weniger neue Aufträge als ein Jahr zuvor. Nominal lag der Auftragseingang mit einem Gesamtvolumen von 86,5 Milliarden Euro um 0,5 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Im Dezember verzeichnete die Branche sowohl real (plus 0,2 Prozent) als auch nominal (plus 3,9 Prozent) mehr Aufträge als ein Jahr zuvor. Der baugewerbliche Umsatz erreichte im Dezember 2020 nach Angaben des Bundesamtes erstmals in einem Monat mit rund 11 Milliarden Euro den zweistelligen Milliardenbereich. Das Bauhauptgewerbe umfasst die Errichtung von Gebäuden (Hochbau) sowie von Straßen, Bahnstrecken und Leitungen (Tiefbau).

Die Bauwirtschaft habe im Schlussquartal 2020 «die unterjährigen Verluste mehr als wettgemacht», bilanzierte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), Felix Pakleppa. «Ein Plus von 7,6 Prozent bei den Auftragseingängen per Jahresende stimmt uns zuversichtlich für das Jahr 2021. Hinzu kommt, dass auch die Anträge für Baugenehmigungen im Jahresverlauf nach oben zeigten.» Die Bauwirtschaft erweise sich einmal mehr als Konjunkturstütze.

(Text: dpa)

Kette DER Reisebüro schließt Filialen

Bei den deutschen Reisebüro-Betreibern schlagen die Corona-Folgen zunehmend durch. DER Touristik setzt angesichts anhaltender Beschränkungen nun auch bei den Filialen den Rotstift an - beim Tourismus-Branchenprimus Tui ringen Betriebsrat und Management weiter um einen umstrittenen Kürzungsplan.
Kette DER Reisebüro schließt Filialen
Bild: dpa-Zentralbild

Die Kette DER Reisebüro schließt 40 ihrer rund 500 Filialen, wie das Unternehmen am gestrigen Donnerstag (25. Februar) auf Anfrage mitteilte. Die Zahl der Vollzeitstellen soll dabei um rund 6 Prozent verringert werden. Ziel sei ein sozialverträglicher Abbau über ein Freiwilligenprogramm. Zudem würden den betroffenen Beschäftigten freie Stellen in anderen Niederlassungen angeboten. Die Entscheidung sei aufgrund des Buchungseinbruches in der Corona-Krise unumgänglich, hieß es. Zuvor hatte das Fachblatt «Touristik Aktuell» darüber berichtet.

Bereits Ende vergangenen Jahres hatte DER Touristik Deutschland die Streichung von 253 der insgesamt 1422 Vollzeitstellen bei seinen Veranstaltern binnen drei Jahren angekündigt. Das Unternehmen mit den Veranstalter-Marken Dertour, Meiers Weltreisen, ITS, Jahn Reisen und Travelix strebt ein freiwilliges Ausscheiden der Mitarbeiter über Abfindungen an. Es gibt eine entsprechende Betriebsvereinbarung.

Die Führung des Konkurrenten Tui plant anteilig bisher eine noch größere Schließung der eigenen Reisebüros. Das Management nannte die Vorstellung, 60 der rund 450 Filialen in Deutschland dichtmachen zu wollen - das wären etwa 13 Prozent der Niederlassungen gegenüber 8 Prozent bei DER. Der Betriebsrat lehnte einen pauschalen Abbau im stationären Vertrieb jedoch schon im Herbst ab, die Gespräche wurden zwischenzeitlich unterbrochen. Aktuell liefen die Verhandlungen über das heikle Thema wieder, hieß es aus der Belegschaftsvertretung.

Laut Tui-Betriebsrat könnte man die Chancen zur Fortführung bei etlichen Büros intensiver prüfen - selbst wenn sich manche anderen nicht erhalten ließen. Unter den Mitarbeitern war der Unmut zuletzt erheblich gewachsen. Die Reisebranche zählt zu den am härtesten von den Corona-Folgen getroffenen Wirtschaftszweigen. Tui hat sich als größter Anbieter hohe Einsparungen inklusive Stellenabbau verordnet und will gleichzeitig die Digitalisierung vorantreiben. Ausmaß und Verteilung der Kürzungen bei Verwaltung, Hotels, Airlines, Reisebüros und Veranstaltergeschäft sind aber schwierig auszutarieren.

(Text: dpa)

Arbeitsmarkt Fußball in Corona-Zeiten

Die Corona-Krise lässt die Unterschiede auf dem Fußball-Arbeitsmarkt zwischen den Top-Stars der Bundesliga und Profis aus unteren Ligen noch schneller wachsen. «Was man aus meiner Sicht festhalten kann, ist, dass die Schere weiter auseinander geht», sagte Gregor Reiter, bis Ende des vergangenen Jahres 13 Jahre lang Geschäftsführer der Deutschen Fußballspieler-Vermittler Vereinigung (DFVV). «Corona tut denjenigen, die ohnehin schon vorher am unteren Ende standen, deutlich mehr weh, als denen, die oben stehen.»
Arbeitsmarkt Fußball in Corona-Zeiten
Bild: Foto: David Inderlied/dpa

Wie die vergangene Wintertransferperiode zeigte, halten sich viele Clubs mit Verpflichtungen zurück. Durch die Geisterspiele verlieren sie an Umsätzen, Sponsoren überdenken auch wegen ihrer eigenen Lage ihre Engagements. «Ich kann als Verein meine Einnahmen nicht mehr so planen wie vor anderthalb, zwei Jahren», sagte der Anwalt und Sportrechtler. «Das führt dazu, dass ich mich wirtschaftlich zurückhalte.»

Laut Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VDV, sind eher ältere Spieler die Leidtragenden, denen keine neuen Verträge zu den bisherigen Konditionen angeboten wurden. Zu den Gewinnern der Pandemie gehörten «sicherlich viele junge Spieler, die aufgrund ihres geringeren Gehaltsanspruchs und ihres Entwicklungspotenzials eine sportliche Chance erhalten haben», sagt er. Viele Spieler sehen sich früher durch Corona als geplant vor dem Ende ihrer Laufbahn.

(Text: dpa)

Deutscher Ausbildungsmarkt steuert auf Lehrstellen-Krise zu

Deutschland steuert einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge auf eine Lehrstellen-Krise zu. Jeder zehnte ausbildungsfähige Betrieb könnte zum neuen Ausbildungsjahr weniger Lehrstellen anbieten als noch im Vorjahr, fanden die Nürnberger Wissenschaftler in ihrer Studie heraus, die am gestrigen Montag (22. Februar) in Berlin gemeinsam mit der OECD vorgestellt wurde.
Deutscher Ausbildungsmarkt steuert auf Lehrstellen-Krise zu
Bild: dpa

«Wir sind im letzten Jahr mit einem blauen Auge davongekommen», sagte IAB-Direktor Bernd Fitzenberger der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze habe um acht bis zehn Prozent unter dem Vorjahresniveau gelegen - und auch die Zahl der Bewerber sei gesunken. «Die Jugendlichen konnten viel schwerer erreicht werden», sagte Fitzenberger, es habe keine Praktika gegeben, Ausbildungsmessen hätten im Internet stattfinden müssen.

Die große Gefahr sei, dass die Jugendlichen auf der Strecke blieben. Nur ein Teil bleibe im Schulsystem und strebe statt einer beruflichen Ausbildung einen höheren Bildungsabschluss an. Die Erfahrung: Wenn erst einmal einige Jahre zwischen Schule und Berufsstart vergangen sind, dann ist die Chance auf eine ordentliche Ausbildung meist vertan.

Hinzu komme ein weiterer fataler Aspekt: «Die Qualität der Ausbildung im letzten Jahr hat vermutlich auch gelitten», sagte Fitzenberger. Lehrlinge konnten nicht ohne weiteres mit zum Kunden genommen werden, eine geregelte Ausbildung unter den Bedingungen von Kurzarbeit und Homeoffice sei schwierig. «Wo nicht gekocht wird, kann man auch nicht kochen lernen», sagte Fitzenberger.

Der IAB-Experte befürchtet nicht nur, dass viele Jugendliche auf der Strecke bleiben und ihre Karrierechancen nachhaltig geschädigt werden - mit gesellschaftlichen Folgen wie häufiger Arbeitslosigkeit als Langzeiteffekt. Die nicht ausgebildeten Fachkräfte fehlten auch dem Arbeitsmarkt der Zukunft. «Arbeitsmarkt und Konjunktur werden sich nach der Krise sehr schnell erholen. Dann werden die Fachkräfte fehlen», sagte Fitzenberger. Erfahrungen aus der Finanzkrise von 2009 zeigten: «Es besteht die Gefahr, dass Jugendliche, die jetzt keine Ausbildung beginnen können, dies später auch nicht mehr nachholen.»

Fitzenberger sprach sich dafür aus, dringend die Ausbildungsprämie zu verlängern und deren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. «Wir müssen über eine Verlängerung reden», sagte er. Finanzielle Anreize alleine reichten jedoch nicht zur Lösung des Problems. Es müssten auch Praktika und Berufsberatung an den Schulen wieder ermöglicht werden. «Sonst verlieren wir die Jugendlichen für das Ausbildungssystem», betonte der Wissenschaftler.

(Text: dpa)

Thyssenkrupp hält am Stahl fest

Thyssenkrupp hat den Abschied vom Stahl abgeblasen - zumindest vorerst. Nach dem Ende der Gespräche über einen Verkauf der Stahlsparte an den Konkurrenten Liberty Steel will der Essener Industriekonzern seinen Traditionskern jetzt im Alleingang sanieren. Thyssenkrupp und Liberty waren sich nicht über den Kaufpreis für das riesige Stahlwerk in Duisburg und die anderen Standorte einig geworden. Deshalb hatten die Essener die Gespräche am Mittwochabend (17. Februar) abgebrochen.
Thyssenkrupp hält am Stahl fest
Bild: dpa

Die IG Metall begrüßte die Verkaufsabsage. «Es ist gut, dass in Sachen Liberty Steel Klarheit herrscht», sagte der NRW-Bezirksleiter der Gewerkschaft, Knut Giesler, am Donnerstag (18. Februar). Für die noch rund 24 000 Mitarbeiter der Nummer zwei auf dem europäischen Stahlmarkt dürfte das nicht nur eine gute Nachricht sein. Denn Thyssenkrupp-Finanzvorstand Klaus Keysberg forderte in einem Informationsschreiben an die Stahlarbeiter: «Die Kosten beim Stahl müssen runter – und zwar signifikant.»

Bisher hat das Unternehmen mit den Arbeitnehmervertretern den sozialverträglichen Abbau von 3000 Stellen vereinbart. Dass es nicht dabei bleiben könne, machen die Thyssenkrupp-Manager seit Tagen deutlich. «Wir stehen vor Riesenherausforderungen, die uns allen viel abverlangen werden», betonte Keysberg. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Thyssenkrupp Steel, Tekin Nasikkol, warnte davor, an der vereinbarten Beschäftigungssicherung zu rütteln. Wer das tue, «der überschreitet unsere rote Linie».

Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, Umsatzeinbrüche durch Corona - und ein immens teurer Umbau der Produktion für den Klimaschutz: Thyssenkrupp steht wie die gesamte europäische Stahlindustrie erheblich unter Druck. Deshalb verhandeln die Unternehmen seit langem und immer wieder über Fusionen und Kooperationen.

Vor zwei Jahren hatte die EU mit aus Sicht von Thyssenkrupp zu hohen Auflagen die bereits vereinbarte Fusion der Essener mit dem Konkurrenten Tata Steel gestoppt. Vor wenigen Wochen platzen die Gespräche zwischen dem schwedischen Stahlkonzern SSAB und Tata über den Verkauf des Tata-Werks in den Niederlanden. Nachdem Liberty nicht im Ruhrgebiet zum Zuge kommen soll, könnte das Gesprächskarussell im europäischen Stahl neuen Schwung aufnehmen.

Liberty-Steel-Vorstandschef Sanjev Gupta kritisierte die Absage aus Essen. Es sei unverständlich für ihn, «den Deal ohne ernsthafte Verhandlungen abzublasen», sagte der britisch-indische Unternehmer dem «Handelsblatt». Das vorgelegte Konzept sei «besser als alles andere», was für Thyssenkrupp auf dem Tisch liege. Liberty sei bereit, eine Bewertungslücke zu schließen. Thyssenkrupp zeigte sich unbeeindruckt: «Wir stehen hinter unserer Entscheidung», ließ Personalvorstand Oliver Burghard über den Kurznachrichtendienst Twitter wissen.

Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hat mit der Absage an Liberty nach dem Verkauf des Aufzugsgeschäfts für mehr als 17 Milliarden Euro das zweite Ausrufezeichen beim Konzernumbau gesetzt. Zur Hilfe dürfte ihr dabei die wieder anziehende Stahlkonjunktur gekommen sein. Thyssenkrupp hatte beim Start ins laufende Geschäftsjahr wieder schwarze Zahlen geschrieben. Stahlverarbeiter klagen bereits über ausbleibende Lieferungen und «Extrempreise».

Nach der Absage an den Verkauf verfolgt Merz jetzt zwei Optionen. Entweder der Stahl bleibt Teil des Konzerns, oder er wird ausgegliedert und kommt an die Börse. Dann könnten auch Konkurrenten als Partner wieder ins Spiel kommen.

Die IG Metall hätte bisher gerne den Staat als Teilhaber dabei gehabt. Am Donnerstag tauchte diese Forderung in ihren Stellungnahmen so nicht mehr auf. Stattdessen hieß es, bei Thyssenkrupp werde es «ohne ein substanzielles Engagement des Staates im Sinne einer Brückenfinanzierung nicht gehen». Nötig sei «ein klares Bekenntnis von Seiten des Landes NRW oder des Bundes für die Zukunft des Stahls», sagte Jürgen Kerner, für die Gewerkschaft Aufsichtsratsvize bei Thyssenkrupp.

Die Antwort von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart dürfte die Gewerkschaft nicht so recht zufrieden stellen. «Die Landesregierung wird sich nach Kräften weiter für beste Rahmenbedingungen einsetzen, damit die Transformation der Stahlindustrie am Standort Nordrhein-Westfalen gelingt», sagte der FDP-Politiker.

(Text: Claus Haffert, dpa)

Zukunftstarifvertrag sorgt für Krach zwischen Ikea und Verdi

Ein angedachter Digitalisierungstarifvertrag für Ikea Deutschland sorgt für Krach zwischen der Gewerkschaft Verdi und dem schwedischen Möbelhaus. Verdi teilte am gestrigen Freitag (19. Februar) mit, das Unternehmen habe die für den 5. März geplanten Tarifverhandlungen über den «Tarifvertrag.Zukunft.Ikea» einseitig abgesagt. «Das ist ein klarer Wortbruch», erklärte der Verdi Bundesfachgruppenleiter für den Einzel- und Versandhandel Orhan Akman. Die Gewerkschaft warf dem Unternehmen in einem Flugblatt vor, es wolle offenbar verhindern, dass die digitale Transformation bei Ikea von Verdi im Sinne der Mitarbeiter mitgestaltet werde.
Zukunftstarifvertrag sorgt für Krach zwischen Ikea und Verdi
Bild: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Eine Ikea-Sprecherin erklärte dagegen, das Unternehmen wolle die Gespräche über die Voraussetzungen und Notwendigkeiten, um langfristig sichere Arbeitsplätze bieten zu können, nicht mit der Verdi-Bundestarifkommission, sondern mit den von den Mitarbeitern gewählten Betriebsräten beginnen. «Ikea Deutschland und unsere Mitarbeitenden haben ein gemeinsames Ziel: Maximale Beschäftigungssicherung durch die Weiterentwicklung unseres Geschäfts und die Qualifizierung unserer Mitarbeitenden für eine erfolgreiche Zukunft von Ikea in Deutschland», sagte sie. Schnelle, konstruktive Gespräche und Vereinbarungen mit den Betriebsräten seien bereits in der Corona-Krise ein Schlüssel zum Erfolg des Möbelhauses gewesen.

Der Ikea-Gesamtbetriebsrat, der sein Verhandlungsmandat an Verdi abgegeben hatte, stellte sich allerdings in einer Stellungnahme hinter die Gewerkschaft. Auch er warf dem Unternehmen Wortbruch vor. Die Unternehmensleitung habe im vergangenen Jahr zugesagt, mit Verdi über einen Zukunftstarifvertrag zu verhandeln.

(Text: dpa)

Corona lässt die Löhne sinken

Die Corona-Krise hat negative Auswirkungen auf die Einkommen der Menschen in Deutschland. Erstmals seit Beginn der Erhebungen 2007 sind im vergangenen Jahr die Nominallöhne zurückgegangen, wie das Statistische Bundesamt am gestrigen Mittwoch (17. Februar) in Wiesbaden berichtete.
Corona lässt die Löhne sinken
Bild: dpa-tmn

Einschließlich von Sonderzahlungen lagen die Bruttolöhne durchschnittlich 0,6 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor, hieß es auf der Grundlage vorläufiger Zahlen. Da gleichzeitig die Verbraucherpreise um 0,5 Prozent gestiegen sind, blieben den Beschäftigten real rund 1,0 Prozent weniger Gehalt als noch 2019.

In der Statistik ist allerdings das Kurzarbeitergeld nicht berücksichtigt, das in der Corona-Krise für Millionen Erwerbstätige die Einkommensverluste zumindest abgefedert hat. Die Ausschläge nach unten sind 2020 wesentlich heftiger als in der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2009. Damals waren die nominalen Verdienste noch minimal um 0,2 Prozent gestiegen und die realen Verdienste um 0,1 Prozent gesunken.

«Das sind coronabedingt bittere Nachrichten», sagte Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes der «Funke Mediengruppe». Umso wichtiger sei es, einen weiteren Einbruch zu vermeiden, indem die grundsätzlich gute Lohnentwicklung, die es bis zur Krise gegeben habe, verstetigt werde. Auch zukünftig brauche es dazu unter anderem eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, damit die Binnenkonjunktur als Stütze der Wirtschaft nicht auch noch einbreche.

«Die Zahlen bestätigen noch einmal, dass die Pandemie auf Seiten der abhängig Beschäftigten insgesamt zu spürbaren Einkommenseinbußen geführt hat», sagte Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion im Bundestag. Die Realität sehe in Teilen noch deutlich drastischer aus: «Denn die jetzt veröffentlichten Durchschnittswerte verdecken, dass die Einbußen in den unteren Einkommensgruppen überdurchschnittlich stark ausfallen und dass diejenigen, die ohne den Schutz eines Tarifvertrages dastehen, deutlich schlechter durch die Krise kommen.»

(Text: dpa)

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