Retten mit Aussicht

Drei Jahre Ausbildung für eine lebensgefährliche Tätigkeit ohne Bezahlung - dafür lassen sich bei der Bergwacht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) unverändert viele Menschen begeistern. «Unsere Erfahrung ist: Wo die Leute richtig gefordert sind, ist der Zuspruch da», sagt Bundesleiter Klemens Reindl. Von rund 12 000 Aktiven bei der Bergwacht sind nach DRK-Angaben derzeit etwa 2000 in der Ausbildung. Über Nachwuchsprobleme könne man auch 100 Jahre nach der Gründung also nicht klagen - zumindest in den meisten Regionen.
Retten mit Aussicht
Bild: picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand/dpa

«Wir quälen sie so richtig - das ist der Trick», sagt Bergwacht-Bundesleiter Reindl und lacht. Die Ausbildung zum Bergretter ist anspruchsvoll, umfasst psychische und körperliche Eignungstests sowie bis zu fünf Abschlussprüfungen. Rund ein Drittel der Bewerber schließe die Ausbildung nicht ab, sagt Reindl. «Viele merken schon vor den Eignungstests, dass das doch nichts für sie ist.» Wer dabei bleibe, schätze vor allem die Mischung von Ehrenamt und Natur: «Man kann Gutes tun in einer Gegend, die Spaß macht.»

Meike Mantey hat 2016 deshalb den Weg zur Bergwacht in Stuttgart gefunden. «Menschen helfen, körperlich fit bleiben und draußen sein», nennt die 31 Jahre alte Ingenieurin als Reiz der Tätigkeit. «Für mich ist das eine Win-win-Situation.» Dafür nehme sie auch in Kauf, dass sie für einen Teil ihrer Ausrüstung und Kosten während des Dienstes zahlen muss. «Ich kriege nichts fürs Helfen, aber ich bekomme unglaublich viel vermittelt», sagt Mantey.

Wie viel die Bergretter für ihre Ausrüstung selbst zahlen müssen, hänge vom jeweiligen Bundesland ab, sagt Bergwacht-Bundesleiter Reindl aus Garmisch-Partenkirchen. Denn Rettungsdienstrecht ist Ländersache. «Wir sind hier in Bayern bei Investitionen und Betriebskosten relativ komfortabel ausgestattet», betont Reindl. Dagegen gebe es in Nordrhein-Westfalen nicht mal eine Grundlage zur Abrechnung von Bergwacht-Einsätzen durch die Krankenkassen.

«Wir rechnen das deshalb direkt mit der Person ab», sagt Elena Schlüter, Sprecherin des DRK-Kreisverbands Brilon, zu dem die Bergwacht Winterberg im Hochsauerland gehört. Viele Skifahrer weigerten sich nach einem Unfall aber, die Rechnung dafür zu zahlen. «Wir bekommen da wirklich böse Anrufe», sagt Schlüter. «Und es ist viel administrativer Aufwand.»

Auch in Sachen Nachwuchs sehe es bei der Bergwacht Winterberg nicht so gut aus wie im Süden der Republik. «Es gibt schon die eine oder andere Anfrage von Interessenten», sagt Schlüter. Auch an Einsätzen mangle es nicht. «Aber es ist trotzdem nicht so, dass wir uns vor Bewerbern kaum retten könnten.» Der DRK-Landesverband in Sachsen vermeldet ebenfalls nur etwa 15 bis 20 Prüfungsabsolventen pro Jahr - bei 19 Bergwachten. Diese seien aber immer öfter gefragt: Wurden 2015 noch 509 Einsätze gemeldet, waren es vier Jahre später 888.

Auch wegen dieser Entwicklung dürfe sich die Bergwacht auf der insgesamt guten Bewerbersituation nicht ausruhen, sagt Bundesleiter Reindl. «Bergrettung braucht es auch in den Bereichen, wo man es vielleicht nicht vermutet.» Wichtig seien dafür aber gute Voraussetzungen in allen Bundesländern.

(Text: dpa)

Krankmeldungen nehmen während Corona-Krise deutlich ab

Während der Corona-Krise haben sich nach Angaben der AOK deutlich weniger Arbeitnehmer krank gemeldet als in den Vorjahren. Vor allem zwischen Mai und August sank die Zahl der Krankmeldungen teilweise deutlich, wie eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts (Wido) der Krankenkasse ergibt, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die «Welt am Sonntag» darüber berichtet. Demnach lagen auch bei der Techniker Krankenkasse (TK) die Krankmeldungen auf einem «unterdurchschnittlichen Niveau».
Krankmeldungen nehmen während Corona-Krise deutlich ab
Bild: dpa

Der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, vermutet mehrere Gründe hinter dem Rückgang. «Zum einen dürften viele Beschäftigte Arztpraxen aus Angst vor Ansteckung meiden», sagte er. «Zum anderen ist es wahrscheinlich, dass die Pandemie das Infektionsrisiko insgesamt eher absenkt.» Mehr Menschen arbeiteten im Homeoffice, dadurch sinke das Ansteckungsrisiko auf dem Arbeitsweg und im Büro. Außerdem würden Arbeitnehmer bei leichten Erkrankungen wie einer Erkältung eher im Homeoffice bleiben und auf eine Krankschreibung verzichten.

Litsch verwies darauf, dass es seit Mai deutlich weniger Krankschreibungen aufgrund von «Akuten Infektionen der oberen Atemwege» gegeben habe. «Offensichtlich wurde die Empfehlung ernst genommen, auch bei leichten Erkältungssymptomen das Büro zu meiden.» Und bereits vor der Pandemie sei die Tendenz erkennbar gewesen, «dass Beschäftigte im Homeoffice generell weniger Fehltage aufweisen». Litsch warnte aber, dass die Möglichkeit zur Heimarbeit die Tendenz fördere, trotz Erkrankung zu arbeiten. «Wer krank ist, sollte in jedem Fall beruflich pausieren. Halbkrank gibt es nicht», sagte er.

Dem Wido zufolge betrug der Krankenstand im Mai 4,4 Prozent, nach 5,2 Prozent im Vorjahresmonat und 4,7 Prozent im Mai 2018. Im Juni meldeten sich 4,5 Prozent krank (2019: 4,8, 2018: 5,0 Prozent), im Juli 4,8 Prozent (2019: 5,0, 2018: 4,9 Prozent) und im August 4,4 Prozent (2018 und 2019 je 4,7 Prozent). Laut «WamS» deuten auch Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums auf diesen Trend hin. Einer monatlichen Stichprobe zufolge seien in den ersten neun Monaten 4,22 Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben gewesen, das sei der niedrigste Neun-Monats-Wert seit 2017.

Die Zahl der Krankschreibungen ging laut Wido bei Männern wie bei Frauen teils deutlich zurück. So waren etwa im Mai 4,4 Prozent der männlichen Beschäftigten krankgeschrieben sowie 4,5 Prozent der weiblichen. Im Vorjahresmonat waren es noch 5,1 Prozent der Männer und 5,3 Prozent der Frauen.

(Text: dpa)

Airbus-Manager zuversichtlich für deutsche Standorte

Beim angekündigten Abbau von weltweit 15 000 Stellen des europäischen Flugzeugherstellers Airbus ist derzeit kein Aus für Standorte in Deutschland geplant. «In der Substanz sehe ich im Moment keine deutschen Standorte gefährdet», sagte Airbus-Produktionschef Michael Schöllhorn dem «Handelsblatt». Das Risiko betreffe aber mehrere Länder, auch wenn es noch zu früh sei, über Schließungen zu sprechen.
Airbus-Manager zuversichtlich für deutsche Standorte
Bild: Carmen Jaspersen/dpa

Die Aussichten für die Luftfahrtindustrie hätten sich wegen der erneut aufflammenden Corona-Epidemie und staatlicher Reisebeschränkungen verschlechtert. Die Lage sei im Frühherbst schlechter, «als wir das im Sommer erwartet haben», sagte der Manager dem Blatt.

Airbus-Chef Guillaume Faury hatte die Belegschaft Berichten zufolge bereits vor einer schwereren und länger als erwartet andauernden Krise gewarnt. Es sei «unwahrscheinlich, dass das freiwillige Ausscheiden aus dem Unternehmen» ausreiche, um 15 000 Arbeitsplätze abzubauen. Auch mehrere Tausend Stellen in Deutschland sind von dem Sparplan betroffen.

(Text: dpa)

Die Kürzungspläne in der deutschen Autobranche

Von der «Schlüsselindustrie» ist häufig die Rede, wenn es um die deutsche Autobranche geht. Mehr als 800 000 Beschäftigte arbeiten hier, direkt und indirekt hängen geschätzt zwei Millionen Menschen von Wohl und Wehe des wichtigen Wirtschaftszweigs ab. Zu dem ohnehin schwierigen Umbruch von der alten Verbrenner-Welt in die neue Zeit der Alternativantriebe und Vernetzung kommt jetzt die tiefe Absatzkrise wegen der Pandemie, bei der noch kein Ende absehbar ist. Dabei liefen schon vorher Sparpläne in etlichen Unternehmen. Wie sieht die aktuelle Lage aus?
Die Kürzungspläne in der deutschen Autobranche
Bild: dpa

Volkswagen: Eine Verschärfung laufender Einsparungen explizit infolge von Corona ist bei der Kernmarke des weltgrößten Autokonzerns bisher nicht vorgesehen. Aber es besteht ein Einstellungsstopp - und VW baut auch so schon seine Strukturen radikal um. 2016 startete ein zunächst heftig umstrittener «Zukunftspakt», mit dem bis Ende 2019 bereits fast 11 000 Stellen gestrichen und knapp drei Milliarden Euro an Ausgabenkürzungen erreicht wurden. Im Laufe der kommenden Jahre dürften insgesamt bis zu 20 000 Jobs weggefallen sein. Kündigungen will VW dabei vermeiden, im Kern gilt eine Beschäftigungsgarantie bis 2029. Parallel dazu entstehen neue Arbeitsplätze: Für die E-Mobilität werden auch Beschäftigte umgeschult, für Digitalisierung und Vernetzung baut der Konzern unter anderem eine interne Software-Sparte mit mittelfristig mehr als 10 000 Beschäftigten auf.

Daimler: Die Corona-Krise sorgt für tiefrote Zahlen und zwingt den Autobauer zur Verschärfung seines sowieso geplanten Sparkurses. Obendrein beschleunigt sie die Transformation von Verbrenner- zu E-Motoren. Standortübergreifend war zuletzt der Abbau von 10 000 bis 15 000 der weltweit rund 300 000 Stellen kolportiert worden. Medien hatten sogar von bis zu 30 000 Stellen berichtet. Die Zahlen kommentiert Daimler nicht - man strebe möglichst sozialverträgliche Lösungen an. Nach Betriebsratsangaben sollen beispielsweise am Stammsitz in Stuttgart-Untertürkheim bis 2025 rund 4000 von 19 000 Stellen gestrichen werden. In Berlin, wo das älteste produzierende Werk steht, sollen demnach rund 1000 von 2500 Jobs wegfallen.

BMW: Der bayerische Autobauer streicht 6000 seiner 126 000 Stellen, verzichtet aber auf betriebsbedingte Kündigungen. Stattdessen bekommen freiwillig ausscheidende Mitarbeiter und Frührentner Abfindungen. Auch die Altersteilzeit-Angebote sind laut Betriebsrat «sehr attraktiv». Junge Beschäftigte, die studieren wollen, unterstützt BMW finanziell und garantiert ihnen nach dem Abschluss die Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis. Personalchefin Ilka Horstmeier sprach von einem Paket, «das uns kurzfristig hilft, das Unternehmensergebnis zu verbessern, uns aber langfristig die Innovationskraft erhält». Die Autoverkäufe brachen im zweiten Quartal ein, BMW schrieb zum ersten Mal seit elf Jahren rote Zahlen. Der Autobauer investiert Milliarden in E-Mobilität und Digitalisierung.

Audi: Die VW-Tochter hatte schon im November 2019 beschlossen, in Ingolstadt und Neckarsulm 9500 der 61 000 Stellen abzubauen, aber ohne Kündigungen. Die Fertigungskapazität der beiden Werke wird um ein Sechstel verkleinert. Knapp 2000 Jobs sollen bei Elektromobilität und Digitalisierung neu entstehen. Audi will sechs Milliarden Euro einsparen, die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Standorte langfristig sichern und wieder profitabler werden. Der Hersteller ist seit der Aufdeckung des Dieselskandals 2015 deutlich hinter die Konkurrenten Daimler und BMW zurückgefallen und schreibt wegen Corona jetzt rote Zahlen. Der neue Chef Markus Duesmann sagte, der geplante Stellenabbau reiche - mehr sei nicht geplant.

Opel: Seit der Übernahme im Sommer 2017 durch den französischen PSA-Konzern hat Opel massiv Arbeitsplätze mit Abfindungsprogrammen abgebaut. Die verbleibenden Beschäftigten sind per Tarifvertrag bis Sommer 2025 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Umso größer war daher die Empörung von IG Metall, Betriebsrat und politischen Parteien in Hessen, als Arbeitsdirektor Ralph Wangemann wegen der coronabedingten Absatzkrise mit betriebsbedingten Kündigungen drohte, sollten sich für die nächste Abfindungsrunde nicht genug Freiwillige finden. In der Folge einigten sich die Beteiligten dann auf eine Verlängerung der Kurzarbeit in Rüsselsheim bis Ende 2021 und die Gründung von Transfergesellschaften, in denen Opelaner fit gemacht werden sollen für andere Jobs. Von Entlassungen ist derzeit nicht mehr die Rede.

MAN: Der Lkw-Hersteller will in Deutschland und Österreich rasch 9500 Stellen abbauen, die Werke Steyr, Plauen sowie Wittlich schließen und Produktion nach Polen und in die Türkei verlagern. Allein im Stammwerk München und im Dieselmotorenwerk Nürnberg sollen 4000 Jobs wegfallen. Der Vertrag zur Beschäftigungs- und Standortsicherung wurde gekündigt, der Betriebsrat läuft Sturm dagegen. VW-Konzernchef Herbert Diess sagte, die wirtschaftliche Basis von MAN habe schon vor Corona nicht gereicht, um Investitionen zu finanzieren. Nun schreibt die VW-Tochter rote Zahlen. MAN erklärte, man müsse weiter investieren, um 2025 «zu den führenden Nutzfahrzeugherstellern im Bereich Elektro- und Wasserstoffantriebe» zu zählen.

Bosch: Bei dem Technologiekonzern und Autozulieferer greifen verschiedenste Sparmaßnahmen. Bosch hatte schon vor der Corona-Krise angesichts der Transformation zu Elektromotoren angekündigt, Tausende Stellen an zahlreichen Standorten abbauen zu wollen. Inzwischen ist klar, dass die Werke in Bremen und Bietigheim ganz geschlossen werden. Anderswo sind Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit. Zudem wurde die wöchentliche Arbeitszeit von 35 000 Mitarbeitern in Entwicklung, Forschung, Vertrieb und Verwaltung an verschiedenen Standorten verringert. Es gibt entsprechende Gehaltskürzungen. Für Tarifbeschäftigte aus diesen Bereichen mit einer Arbeitszeit von mehr als 35 Stunden verkürzt sich die Wochenarbeitszeit um zehn Prozent.

Continental: Viele Kunden haben Bestellungen zurückgestellt oder könnten dies noch tun. Bereits vor der Pandemie hatte ein von der Belegschaft als schmerzhaft empfundenes Umbauprogramm begonnen, das nun verschärft wurde. Zuletzt nahm die Conti-Führung an, dass im Rahmen der Strategie «Transformation 2019-2029» weltweit 30 000 Jobs «verändert» werden, davon 13 000 in Deutschland - das schließt auch Streichungen oder Verlagerungen ein. Während es bei Technik für Verbrennungsmotoren oder Hydraulik spürbare Einschnitte gibt, werden bei Elektronik und Software neue Stellen geschaffen. Für Irritationen sorgt aber besonders, dass auch im insgesamt noch profitablen Reifengeschäft massiv gespart wird. So wird das Reifenwerk in Aachen mit 1800 Mitarbeitern bis Ende 2021 aufgegeben. Auch weitere Standorte werden verkleinert, umgebaut oder ganz geschlossen.

ZF: Der Zulieferer vom Bodensee hatte im Mai intern angekündigt, in den nächsten Jahren bis zu 15 000 Stellen weltweit streichen zu wollen, die Hälfte davon in Deutschland. Die rund 50 000 deutschen Tarifbeschäftigten sind zwar bis Ende 2022 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt - darauf hatte sich der Konzern mit Arbeitnehmervertretern geeinigt. Jobs können aber trotzdem gestrichen werden, etwa über Abfindungen oder Altersteilzeitregelungen. Zugleich verzichten die Beschäftigten im laufenden Jahr auf eine Sonderzahlung in Höhe von 400 Euro.

Schaeffler: Das fränkische Familienunternehmen hat eigentlich immer betont, recht gut mit der Krise klar zu kommen. Die Autoindustrie ist nicht der einzige Abnehmer der Produkte, aus Herzogenaurach kommen etwa auch Antriebskomponenten für Windräder und andere Teile, die in der Industrie gebraucht werden. Doch im September packte Schaeffler überraschend die Personal-Keule aus. Zusätzlich zu einem bereits laufenden Freiwilligen-Programm sollen bis Ende 2022 rund 4400 der weltweit mehr als 80 000 Stellen wegfallen, fast ausschließlich in Deutschland. Schaeffler will sich nach den Worten von Vorstandschef Klaus Rosenfeld neu aufstellen - vor allem in Richtung Umwelttechnologie und Elektromobilität. Für etwaige Übernahmen in diese Richtung wird auch eine Kapitalerhöhung vorbereitet.

(Text: dpa-Korrespondenten)

Bayer verschärft Sparprogramm

Bayer hat mit der Ankündigung eines weiteren Sparprogramms und trüben Geschäftsaussichten Arbeitnehmervertreter und Anleger alarmiert. Der Pharma- und Agrarchemiekonzern will über ein laufendes Sparprogramm hinaus weitere 1,5 Milliarden Euro pro Jahr einsparen und schließt dabei einen zusätzlichen Stellenabbau nicht aus. Das Unternehmen bekräftigte aber den zugesagten Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland bis Ende 2025. An der Frankfurter Börse ging es für die Bayer-Aktie am Donnerstag (1. Oktober) tief in den Keller.
Bayer verschärft Sparprogramm
Bild: dpa

Bayer hatte am Mittwochabend (30. September) mitgeteilt, dass von 2024 an zusätzlich mehr als 1,5 Milliarden Euro pro Jahr an Kosten wegfallen sollen. Die neuen Sparmaßnahmen könnten «auch zu einem möglichen weiteren Arbeitsplatzabbau führen». Genauere Angaben machte Bayer nicht. Die Planungen befänden sich noch in einem frühen Stadium.

Bei den Leverkusenern läuft ein bereits ein Stellenabbau. Bis Ende 2021 fallen weltweit 12 000 Stellen weg, davon 4500 in Deutschland. Dieses Programm sei inzwischen «weit fortgeschritten», sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag. Der Konzern will ab 2022 pro Jahr 2,6 Milliarden Euro sparen. Zu dieser Summe sollen die zusätzlichen Einsparungen ab 2024 hinzukommen, die Bayer unter anderem mit den Folgen der Corona-Pandemie begründete.

Die IG Bergbau, Chemie, Energie reagierte überrascht auf das verschärfte Sparprogramm. Noch fehlten ausreichend Informationen, um beurteilen zu können, ob die Corona-Pandemie als Begründung für die Sparmaßnahmen wirklich trage, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis. «Einfach nur auf die Kosten zu drücken, verlagert die Last einseitig auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.» Der Vorstand hat Bayer habe die radikale globale Neuaufstellung verordnet. «Den Erfolg dieser Strategie kann man nicht herbeisparen.» Die Gewerkschaft werde die Konzernspitze am zugesagten Kündigungsschutz messen.

Bayer-Chef Werner Baumann kündigte an, das eingesparte Geld sei für weitere Investitionen in Innovation und profitable Wachstumschancen sowie zum Schuldenabbau vorgesehen. Die zusätzlichen Maßnahmen seien notwendig, um den Umbau des Konzerns zu beschleunigen.

Bayer hatte 2018 viel Geld für den Kauf des US-Saatgutriesen Monsanto ausgegeben und sich neben Schulden auch zahlreiche juristische Probleme um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat aufgehalst. Es wird an milliardenschweren Vergleichen gearbeitet. Zugleich schwächelt in der Corona-Pandemie das Agrochemie-Geschäft, das Baumann mit der Monsanto-Übernahme stärken wollte. Die Auswirkungen der Pandemie auf das Crop-Science-Geschäft würden tiefgreifender sein als zunächst erwartet, betonte Bayer.

(Text: dpa)

Minijobber in Kneipen und Cafés leiden besonders an Corona-Jobverlust

Der Zapfer ist tapfer, heißt es in einem alten Kneipenspruch. Und das muss er in Corona-Zeiten auch sein. Gerade im Gastgewerbe sind im ersten Halbjahr Hunderttausende Minijobs weggebrochen, weil Gaststätten, vor allem Schankwirtschaften ihrem Geschäft zumindest nicht in gewohntem Umfang und einige gar nicht nachgehen konnten. 325 000 Minijobs allein im Gastgewerbe seien bis Ende Juni weggefallen, ein Minus von 36 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, wie aus Daten der Minijobzentrale hervorgeht, die von der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann abgefragt und ausgewertet wurden. Die Zahlen liegen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag) und der Deutschen Presse-Agentur vor.
Minijobber in Kneipen und Cafés leiden besonders an Corona-Jobverlust
Bild: dpa

Die Bundesagentur für Arbeit sieht dagegen schon wieder Licht am Ende des Tunnels. Im Juli sei die Zahl der Minijobs zu Juni um 54 000 gestiegen - vor allem wohl auch, weil Biergärten, Terrassencafés und die Außenbereiche von Schankkneipen wieder Fuß gefasst hatten. Insgesamt waren in Deutschland im Juli 7,166 Millionen Menschen in einem Minijob tätig. Das waren 254 000 weniger als im Februar und 423 000 weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.

«Im Gastgewerbe, in Folge der Pandemie und der Schließungen gab es deutliche Rückgänge. Wir sehen aber jetzt, dass es sich insbesondere im Gastgewerbe wieder leicht stabilisiert», sagt Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit. «Insbesondere das Gastgewerbe hat damit einen Großteil der Erholung der Minijobs mit ausgelöst», betont er. Die Bundesagentur errechnete, dass im Juni und Juli sogar deutlich mehr Minijobs wieder neu hinzugekommen sind, als dies noch im Sommer 2019 der Fall war.

Den Juni-Zahlen der Minijob-Zentrale zufolge gingen fast 184 000 Minijobs allein in Restaurants und anderen Gaststätten verloren, im Juli waren es der Bundesagentur zufolge noch 157 000. In absoluten Zahlen folgen der wirtschaftliche Dienstleistungsbereich mit einem Einbruch um 96 116 Minijobs im Juni und noch 81 800 im Juli, der Handel (minus 73 641 im Juni und noch 22 200 im Juli) und das verarbeitende Gewerbe (minus 70 181 im Juni und noch 23 200 im Juli).

Das Gastgewerbe war von den Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie vor allem im Frühjahr besonders betroffen. Allein zwischen März und Juni verzeichnete das Gastrogewerbe im Vergleich zu Vorjahr nach Angaben des Branchenverbandes Dehoga Umsatzeinbußen von 17,6 Milliarden Euro. Im gesamten ersten Halbjahr gingen die Erlöse im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um nahezu 40 Prozent zurück. In den Sommerwochen ist mit der Öffnung vieler Gastro-Betriebe zwar wieder etwas Normalität zurückgekehrt. Trotz der Lockerungen gibt es für die Branche jedoch keine Entwarnung. Mit dem Herbst, kälteren Temperaturen und steigenden Infektionszahlen wächst dort die Sorge.

«Die Corona-Pandemie hat drastisch erwiesen, dass Minijobs keine sichere Beschäftigungsform sind», sagte Zimmermann dem RND. «Sie sind die ersten, die in der Krise wegbrechen.» Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion fügte hinzu, durch einen Minijob entstehe weder ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld noch auf Arbeitslosengeld: «Das betrifft jetzt Hunderttausende Menschen.» Eine solche Situation dürfe sich nicht wiederholen. «Deshalb müssen Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden», forderte Zimmermann. Die Bundesregierung müsse schnellstmöglich ein entsprechendes Gesetz vorlegen.

Auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund kamen warnende Worte. «In der aktuellen Corona-Krise wird besonders deutlich, dass Minijobber auf dem Arbeitsmarkt in keiner Weise geschützt sind», sagte Vorstandsmitglied Anja Piel, die auch als Vize-Vorsitzende im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit sitzt. Sie bezeichnete es als unverantwortlich, jetzt die Erhöhung der Minijobgrenze zu verlangen. «Auf diesem Weg leben wir irgendwann in einer Minijob-Republik, in der das Risiko nur noch bei den Beschäftigten liegt», sagte die Grünen-Politikerin. «Es darf keine Beschäftigungsverhältnisse zweiter Klasse mehr geben, bei denen die Beschäftigten in Krisenzeiten ungeschützt dastehen», forderte sie.

Minijobs, offiziell «geringfügig entlohnte Beschäftigung» und im Volksmund heute auch als 450-Euro-Jobs bekannt, wurden in Deutschland im Jahr 1977 eingeführt und sind in der heute bekannten Form seit 1999 möglich. Die ermöglichen eine stundenweise Anstellung von Mitarbeitern mit stark verringerter Verpflichtung, Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Sie dienen vor allem als Mittel, Schwarzarbeit zu verhindern und dem Arbeitgeber dennoch hohe Flexibilität zu ermöglichen.

(Text: Michael Donhauser und André Stahl, dpa)

Aus für Werke in Aachen und Karben

Tausende Mitarbeiter von Continental stehen vor einer ungewissen Zukunft: Der Aufsichtsrat des Autozulieferers hat die umfassenden Schließungspläne des Konzerns bestätigt. Das Reifenwerk in Aachen wird Ende 2021 aufgegeben, der Standort für Autoelektronik im hessischen Karben bis Ende 2024, wie Conti am Mittwoch (30. September) in Hannover mitteilte. Außerdem soll der Standort Regensburg umgebaut werden.
Aus für Werke in Aachen und Karben
Bild: dpa

Allein an diesen drei Standorten sind rund 4800 Arbeitsplätze betroffen. Neben dem Wegfall von Stellen zählen auch Umschulungen von Mitarbeitern und Verlagerungen von Jobs dazu. An den Plänen hatte es laute Kritik von Gewerkschaften und Politikern gegeben: Noch am Dienstag (29. September) demonstrierten rund 2000 Menschen in Hannover gegen den angekündigten Stellenabbau.

Conti steht allerdings wegen des Strukturwandels und der Corona-Krise unter Druck. Die Werksschließungen sind zudem Teil eines schon im vergangenen Jahr angekündigten und nun verschärften Sparkurses beim zweitgrößten Autozulieferer der Welt. Insgesamt will Conti weltweit 30 000 Stellen «verändern», davon 13 000 in Deutschland. Von 2023 an soll der Umbau jährlich mehr als eine Milliarde Euro einsparen.

Arbeitnehmervertreter kritisierten den Beschluss des Aufsichtsrats am Mittwoch dennoch umgehend. Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, sprach von einem «Kahlschlag-Konzept» des Unternehmens. «Continental hat die gesamte Mannschaft vor den Kopf gestoßen, die eigene Unternehmenskultur beschädigt und die betriebliche Mitbestimmung mit Füßen getreten», sagte er.

Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall und Vize-Aufsichtsratschefin bei Continental, kritisierte, Conti werde seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht. Es gehe nun weiter darum, «Alternativen zu Schließungen und dem Abbau von 13 000 Industriearbeitsplätzen» zu prüfen. Zuvor hatte sich auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) irritiert gezeigt über das Ausmaß der Sparmaßnahmen.

Conti argumentiert mit dem wirtschaftlichen Umfeld. Die derzeitige Krise der Autobranche sei «größer und schärfer als alles, was wir in den letzten Jahrzehnten gesehen haben», sagte Konzernchef Elmar Degenhart. «Strukturwandel, sinkende Absätze und jetzt die Coronavirus-Pandemie: Das alles kommt zeitgleich zusammen und verursacht in Summe eine historische Krise in der Autoindustrie», ergänzte Personalvorständin Ariane Reinhart.

Degenhart betonte jedoch auch, dass die 30 000 vom Sparprogramm betroffenen Stellen nicht automatisch 30 000 Kündigungen bedeuteten. Entlassungen seien «für uns immer das allerletzte Mittel», sagte er. Mit den Arbeitnehmervertretern werde daher jetzt nach möglichst fairen Lösungen für die Mitarbeiter gesucht.

(Text: dpa)

Weitere Warnstreiks im ÖPNV angekündigt

In Hessen, Niedersachsen und Bremen sollen Busse und Bahnen in der kommenden Woche erneut stillstehen: Im Tarifkonflikt im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) hat Verdi für nächsten Dienstag und Mittwoch weitere Warnstreiks in diesen Bundesländern angekündigt.
Weitere Warnstreiks im ÖPNV angekündigt
Bild: dpa

«Die Arbeitgeber haben das Signal nicht verstanden», teilte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Christine Behle, am Freitag (2. Oktober) mit. Bereits am vergangenen Dienstag hatten die Beschäftigten im ÖPNV bundesweit die Arbeit niedergelegt. Im ganzen Land war es zu massiven Einschränkungen im Nahverkehr gekommen.

Verdi will mit den Aktionen einen bundesweiten Tarifvertrag für die rund 87 000 ÖPNV-Beschäftigten durchsetzen. Dieser soll die regionalen Tarifregelungen in den 16 Bundesländern ergänzen und zentrale Punkte einheitlich regeln. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) lehnt das bislang mit Verweis auf die derzeit laufenden Verhandlungen in den Regionen ab.

Wann genau es wo in den Ländern Warnstreiks geben soll, blieb am Freitagvormittag zunächst offen. Die jeweiligen Landesverbände sollten im Laufe des Tages den genauen Ablauf bekannt geben. «Wir werden diese weiterhin frühzeitig ankündigen, damit Fahrgäste Alternativen finden können», teilte Verdi-Vize Behle mit.

(Text: dpa)

Mehr Geld für Coca-Cola-Mitarbeiter

Die rund 7500 Coca-Cola-Mitarbeiter in Deutschland erhalten nach einer Tarifeinigung mehr Geld. Die Löhne und Gehälter steigen zum 1. Februar 2021 um 63 Euro im Monat, zum 1. Februar 2022 nochmals um 66 Euro. Das teilten Coca-Cola European Partners Deutschland und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) am 25. September mit. Die Auszubildenden bekommen für beide Jahre jeweils zum 1. Januar 25 Euro mehr. Der Tarifabschluss gilt bis Ende 2022.
Mehr Geld für Coca-Cola-Mitarbeiter
Bild: Jens Kalaene/ZB/dpa

Coca-Cola European Partners Deutschland ist hierzulande für Abfüllung und Vertrieb der Getränke zuständig. Es ist mit einem Absatzvolumen von mehr als 3,8 Milliarden Litern (2019) nach eigenen Angaben das größte deutsche Getränkeunternehmen.

Freddy Adjan, stellvertretender NGG-Vorsitzender, teilte mit: «Gerade in Zeiten der Coronavirus-Pandemie, von Kurzarbeit und weiterer Umstrukturierung ist es gelungen, einmalig ein Gesamtpaket zu vereinbaren, das Sicherheit für die Beschäftigten in den nächsten drei Jahren bietet.»

«Wir haben ein faires, umfassendes Tarifpaket vereinbart, dass der besonderen Corona-Situation Rechnung trägt», erklärte Felicitas von Kyaw, Geschäftsführerin Personal bei CCEP DE. «Es berücksichtigt die Interessen unserer Mitarbeitenden und gibt uns gleichzeitig die Möglichkeit, in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld flexibel agieren zu können.»

Laut Gewerkschaft wurde darüber hinaus ein Tarifvertrag über längere Maschinenlaufzeiten bei verkürzter individueller Arbeitszeit an den Standorten Hildesheim, Dorsten, Knetzgau, Karlsruhe und Mannheim geschlossen. Damit könne CCEP an fünf Standorten sechs Tage in der Woche produzieren.

(Text: dpa)

Schwarzarbeit: Tausende Paketboten kontrolliert

Der Zoll hat im Kampf gegen Schwarzarbeit mit einer bundesweiten Kontrolle der Paketbranche auf den Zahn gefühlt. Wie die Generalzolldirektion in Köln am 25. September mitteilte, waren bereits in der vorangegangenen Woche 2200 Zöllner von allen 41 Hauptzollämtern in Deutschland ausgerückt - ob in München, Osnbrück, Koblenz, Dortmund, Duisburg oder Magdeburg.
Schwarzarbeit: Tausende Paketboten kontrolliert
Bild: dpa

Die Zöllner überprüften rund 8000 Kuriere und Paketboten darauf, ob zum Beispiel der Mindestlohn von 9,35 Euro pro Stunde gezahlt wird und ob Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Zudem prüften sie in 250 Fällen Geschäftsunterlagen.
Es kam bisher zu 16 Strafverfahren wegen Betrugs, illegalem Aufenthalt und Urkundenfälschung. Zudem wurden 36 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. In Köln nahmen die Zöllner einen 28-jährigen Tadschiken fest, der sich mit einem gefälschten rumänischen Pass ausweisen wollte. In Dortmund wurden Strafverfahren gegen drei Ukrainer wegen des Verdachts des illegalen Aufenthalts eingeleitet. Die Auswertung der Erkenntnisse dauert noch an. In der Kurier-, Express- und Paketbranche sind zahlreiche Subunternehmer im Auftrag großer Konzerne unterwegs. Gewerkschafter kritisieren seit langem, dass die Arbeitsverhältnisse häufig undurchsichtig sind. Die Rechtslage wurde zuletzt verschärft, um Schwarzarbeit zu unterbinden.

(Text: dpa)

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