Zwischen 3000 und 4000 der zurzeit rund 22 000 Stellen sollen abgebaut werden, kündigte Fraport am 4. August erstmals schriftlich an. Neben der natürlichen Fluktuation wolle man verschiedene sozialverträgliche Maßnahmen nutzen, über die mit den Arbeitnehmern verhandelt werde. Ob darüber hinaus betriebsbedingte Kündigungen erforderlich werden, hänge von der Umsetzung ab.
Momentan nutzt der vom Land Hessen und der Stadt Frankfurt mehrheitlich getragene MDax-Konzern intensiv die Möglichkeiten der Kurzarbeit. Im zweiten Quartal galt sie für 16 000 Beschäftigte in Frankfurt. Die Arbeitszeit der Gesamtbelegschaft wurde so um 60 Prozent reduziert, der operative Aufwand wurde unter anderem durch Terminalsperrungen in Frankfurt um 30 Prozent gesenkt, konzernweit sogar um 40 Prozent.
Unter dem Strich stand im zweiten Quartal für die Fraport-Gesellschafter aber dennoch ein Verlust von rund 182 Millionen Euro nach 127 Millionen Euro Gewinn ein Jahr zuvor. Weil der Flugverkehr über mehrere Wochen fast komplett stillstand und auch dann nur langsam wieder anlief, brach der Umsatz um rund drei Viertel auf 250 Millionen Euro ein (Q2 2019: 979 Mio Euro).
Die Passagierzahlen bewegten sich auch in der vergangenen Woche nur langsam aus dem Corona-Tief. Vom 27. Juli bis 2. August zählte Fraport an Deutschlands größtem Airport rund 343 865 Fluggäste und damit 78,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In der Vorwoche hatte man noch 79,7 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen.
Im laufenden Jahr ist mit einem Ansturm kaum noch zu rechnen. Schulte rechnet sowohl am Heimatstandort als auch an den Auslandsflughäfen des Konzerns für 2020 mit Verkehrsrückgängen im hohen zweistelligen Prozentbereich. Nachdem das Passagieraufkommen im zweiten Quartal in Frankfurt rund 94 Prozent niedriger lag als ein Jahr zuvor, stand für das erste Halbjahr ein Rückgang um 63,8 Prozent auf 12,2 Millionen Fluggäste zu Buche.
Um die Durststrecke zu überstehen, hat sich Fraport im ersten Halbjahr 1,3 Milliarden Euro zusätzliche Finanzmittel besorgt und mit einer neuen Anleihe im Juli weitere 800 Millionen Euro hereingeholt. Derzeit verfügt das Unternehmen nach eigenen Angaben über knapp 3 Milliarden Euro an liquiden Mitteln und zugesicherten Kreditlinien. Damit sei die Liquidität mindestens bis zum Ende des Jahres 2021 abgesichert.
Schulte rechnet ab 2023 wieder mit einem «langfristigen, moderaten Wachstum» des Flugverkehrs. Aus dieser Überzeugung heraus hält die Fraport-Führung auch an dem Bau des dritten Passagier-Terminals im Süden des Flughafens fest, dessen Eröffnung sich allerdings bereits verzögert hat.
(Text: dpa)
Grund für die sinkende Zahl der Visa im Rahmen der sogenannten Westbalkan-Regelung sind demnach coronabedingte Einschränkungen des öffentlichen Lebens. In vielen Ländern konnten die Visastellen an deutschen Auslandsvertretungen in den vergangenen Monaten nur eingeschränkt oder im Notbetrieb arbeiten, hieß es vom Auswärtigen Amt.
Im Juli war bekannt geworden, dass die Ausnahmegenehmigung für Arbeitsmigranten aus den Westbalkan-Staaten verlängert werden soll. Nach einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums soll die sogenannte Westbalkanregelung bis 2023 gelten - für bis zu 25 000 Menschen pro Jahr.
Menschen aus den Westbalkan-Ländern können seit Januar 2016 ein Arbeitsvisum für Deutschland erhalten, auch ohne Deutschkenntnisse und berufliche Qualifikation. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller einen Arbeitsvertrag vorweisen kann und dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) zustimmt. Auch darf er vorher keine Sozialleistungen bezogen haben. Die Regelung war als Reaktion auf die hohe Zahl von Asylbewerbern geschaffen worden. Sie soll eigentlich Ende Dezember auslaufen.
(Text: dpa)
Vorstandschefin Martina Merz nannte den Verkauf an ein Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Cinven eine schwierige Entscheidung, die niemandem leichtgefallen sei. «Im Interesse der gesamten Unternehmensgruppe war sie aber unabdingbar.» Der Eingang des Kaufpreises führe unmittelbar zu einem signifikanten Rückgang der Verschuldung und einer deutlichen Erhöhung des Eigenkapitals, betonte das Unternehmen. Geld der Förderbank KfW müssen die Essener jetzt nicht aufnehmen, eine Kreditlinie von einer Milliarde Euro sei nicht abgerufen worden. Der Verkauf war noch vereinbart worden, bevor die Corona-Krise Deutschland erreichte.
Thyssenkrupp steckt tief in den roten Zahlen. Allein in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres könnte sich ein Verlust von bis zu einer Milliarde Euro aufgetürmt haben. Die Einnahmen aus dem Verkauf sollten eigentlich zum großen Befreiungsschlag werden. Aus dem Milliardenzufluss will Merz den Schuldenabbau, die Absicherung von Pensionslasten und einen Konzernumbau finanzieren.
Wie viel Geld für Investitionen übrig bleibt, ist aber ungewiss. Es sei klar, «dass Corona unseren Spielraum deutlich einschränken wird», hatte Merz bei der Vorlage der Halbjahreszahlen im Mai eingeräumt. Jetzt betonte der Konzern, er werde bei der Verwendung der Mittel «größtmögliche Flexibilität bewahren».
Bei Thyssenkrupp brennt es an allen Ecken und Enden. Nach der Trennung von der Aufzugssparte bleibt der Stahlbereich die größte Baustelle von Merz. Die Vorstandschefin ist auf Partnersuche und schließt selbst eine Minderheitsbeteiligung am Kern des Traditionskonzerns nicht mehr aus. «Es gibt keine Denkverbote», hatte sie betont. Nahezu jeder Stahlkocher in Europa gilt inzwischen als möglicher Partner für Thyssenkrupp.
Der Stahl ist aber nicht das einzige Problemfeld des geschrumpften Konzerns. Der Anlagenbau, der Edelstahlbereich, die Produktion von Federn und Stabilisatoren sowie Grobblech - die Liste der Firmenteile, für die Partner gebraucht werden, die verkauft oder geschlossen werden sollen, ist lang. Es gehe jetzt darum, «die Leistungsfähigkeit der verbliebenen Geschäfte substanziell zu verbessern», betonte Merz.
Angesichts der bisherigen Bedeutung des Aufzugsgeschäfts für Thyssenkrupp sprach Vorstandsmitglied Oliver Burkhard von «gemischten Gefühlen» beim Verkauf. «Bestes Geschäft weg, aber neuer Spielraum zur Stärkung unserer anderen Geschäfte», schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter.
Die Aufzugssparte mit einem Jahresumsatz von zuletzt 8 Milliarden Euro hat sich bislang als wenig krisenanfällig erwiesen. Auch deshalb, weil die Wartung von etwa 1,4 Millionen Aufzügen und Fahrtreppen weltweit das wichtigste Geschäftsfeld ist.
Welche Rolle die neuen Eigentümer, zu denen auch die Essener RAG-Stiftung gehört, übernehmen wollen, ist noch nicht deutlich geworden. Der Vorstandschef von Thyssenkrupp Elevator, Peter Walker, bezeichnetet sie am Freitag als «Strategie- und Finanzpartner». Advent und Cinven kündigten an, ihr neues Unternehmen «durch Investitionen in organisches Wachstum und gezielte Akquisitionen» zu stärken. Eine erste Entscheidung ist bereits gefallen: Die Zentrale des jetzt selbstständigen Unternehmens, an dem Thyssenkrupp eine Minderheitsbeteiligung übernimmt, wird aus Essen nach Düsseldorf umziehen.
(Text: dpa)
Insolvenzverwalter Plathner hatte schon das im April begonnene vorläufige Verfahren geleitet und nach Investoren für die Firma gesucht. An dem Prozess, der auch die Auslandsgesellschaften umfasse, hätten strategische und Finanzinvestoren teilgenommen, berichtete er. Er sei «sehr optimistisch, eine gute Lösung für das Unternehmen zu finden». Kunden und Lieferanten hätten dem Unternehmen die Treue gehalten. Jedoch stehe auch eine Zerschlagung im Raum. «Die Investoren sind zum Teil an der gesamten Gruppe oder nur an einzelnen Betrieben interessiert», sagte Plathner.
Die Produktion an den fünf deutschen Standorten in Gelnhausen, Gießen (Hessen), Neustadt und Polenz (Sachsen) sowie Benshausen (Thüringen) sowie den ausländischen Standorten habe man vorerst stabilisiert. Auch Sanierungsmaßnahmen samt Stellenabbau wurden demnach eingeleitet. Nicht zuletzt der Umsatzrückgang in der Corona-Krise habe zu Kosteneinsparungen gezwungen, erklärte Plathner.
Veritas hat über elf eigenständige Werke in Deutschland, China, Mexiko, Österreich, Bosnien, Ungarn und der Türkei. Die Firma stellt Schläuche, Leitungen, Luftzirkulationssysteme und Dichtungen her. Die Wurzeln von Veritas reichen nach eigenen Angaben zurück bis 1849.
(Text: dpa)
Im Juli steigt die Arbeitslosigkeit üblicherweise. Vor den Sommerferien stellen weniger Betriebe neue Mitarbeiter ein und Ausbildungsverhältnisse enden. Die Arbeitsmarktexperten sprechen deshalb vorsichtig von einer Stabilisierung am Arbeitsmarkt. Nach Einschätzung des Bundesarbeitsministeriums hat dieser die Krise im weltweiten Vergleich gut verkraftet. «Nun ist es wichtig, dass auch die Unternehmen die Grundlagen für ein wirtschaftliches Comeback unseres Landes schaffen», teilte Staatssekretär Björn Böhning (SPD) am gestrigen Donnerstag (30. Juli) mit.
Die Anzeigenflut bei der Kurzarbeit habe deutlich nachgelassen, sagte Bundesagentur-Vorstand Daniel Terzenbach bei der Vorstellung der Arbeitsmarktstatistik in Nürnberg. Im Mai hatte diese einen Rekorderwert in der Geschichte der Bundesrepublik erreicht: 6,7 Millionen Menschen waren in Kurzarbeit. Im April hatte die Zahl noch bei 6,1 Millionen, im März bei 2,46 Millionen gelegen. Die Kurzarbeit habe größeren Schaden vom Arbeitsmarkt abgewendet, betonte Terzenbach. In den vergangenen drei Monaten habe diese Millionen Jobs gesichert. Allein im Mai seien es 2,9 Millionen gewesen.
Nach Schätzungen der Bundesagentur könnte die Zahl der Kurzarbeiter im Juni bei 4,5 Millionen liegen. «Der Höhepunkt der Inanspruchnahme dürfte damit überschritten sein», sagte Terzenbach. Auch nach einer Umfrage des Ifo-Instituts geht die Kurzarbeit in Deutschland zurück - allerdings langsam. Danach habe es im Juli in 42 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen Kurzarbeit gegeben, im Juni waren es noch 46 Prozent.
Dazu passt, dass die deutschen Unternehmen im Juli (1.-26.7.) für 190 000 Menschen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt haben und damit für deutlich weniger als noch im März und April, als insgesamt Anzeigen für 10,7 Millionen Menschen eingingen. Im Mai und Juni gab es noch Anzeigen für insgesamt 1,5 Millionen. Die Zahl der Menschen, die tatsächlich in Kurzarbeit ist, liegt erfahrungsgemäß niedriger. Die Unternehmen melden die Kurzarbeit oft vorsorglich an.
Führende Volkswirte sehen den Tiefpunkt der Corona-Krise überwunden und rechnen mit einer Erholung der Wirtschaft, vorausgesetzt die Infektionszahlen bleiben niedrig. Das macht auch der Bundesagentur Hoffnung. Dennoch werde der Arbeitsmarkt noch lange mit den Folgen der Pandemie und den Maßnahmen zur Eindämmung zu kämpfen haben, betonte Terzenbach. «Wer während der Corona-Krise seinen Job verloren hat, hat es deutlich schwerer einen neuen zu finden.»
Seit Beginn der Krise sind nach Berechnungen der Bundesagentur 635 000 Menschen entlassen worden, konnten eine neue Arbeitsstelle nicht antreten oder an einer Weiterbildung teilnehmen. Im Mai habe es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine halbe Million sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse weniger gegeben, sagte Terzenbach. Davon seien 100 000 verloren gegangen und 400 000 gar nicht erst zustande gekommen.
Das Ausmaß der Krise lässt sich auch am Kurzarbeitergeld ablesen: 11,3 Milliarden Euro hat die Bundesagentur seit Jahresbeginn ausgezahlt. «Diese Größenordnung hat es in der Geschichte der Bundesagentur für Arbeit noch nicht gegeben», sagte Finanzvorständin Christiane Schönefeld. Allein in den vergangenen Wochen seien es täglich durchschnittlich 157 Millionen Euro gewesen - so viel wie im ganzen vergangenen Jahr nicht.
Mit Sorge blicken die Arbeitsmarktexperten auf den Herbst. «Es sieht so aus, als könnte da noch etwas kommen», sagte Terzenbach. Bisher gebe es weniger Insolvenzverfahren als in den Jahren der Finanzkrise. «Momentan sind wir auffällig unauffällig», betonte er. Wegen der Corona-Krise sind Firmen vorübergehend von der Pflicht befreit, einen Insolvenzantrag zu stellen. Diese Regelung endet am 30. September. Dann könnte nach Ansicht von Fachleuten eine Insolvenzwelle drohen.
(Text: dpa)
ver.di hatte zuletzt in den Verhandlungen die Errichtung einer Transfergesellschaft tarifvertraglich durchgesetzt. Doch das Unternehmen und der Generalbevollmächtigte wollen kein Geld dafür bereitstellen. „Das ist unverantwortlich! Nur mit einer finanzierten Transfergesellschaft können Menschen weiterqualifiziert und auf einen neuen beruflichen Weg vorbereitet werden“, so der Gewerkschafter. „Ohne Finanzierung wird rund 700 Beschäftigten die Existenzgrundlage entzogen.“ Ihnen drohe Arbeitslosigkeit und Armut, wenn das Unternehmen nicht einlenke.
„Da das Management Lösungen blockiert, ist der Eigentümer René Benko höchstpersönlich gefragt und in der Verantwortung“, mahnte Akman und forderte: „Benko muss jetzt persönlich intervenieren und für eine Absicherung der Beschäftigten durch eine Finanzierung der beschlossenen Transfergesellschaft sorgen.“
(Text: ver.di)
«Im September läuft der Standort nahezu wieder auf Normalniveau», sagte Andreas Zelzer, Personalleiter Ingolstadt dem Schreiben zufolge. «Für den September planen wir daher keine Kurzarbeit.» Bereits in den vergangenen Wochen kehrten laut Audi sukzessive immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihren Arbeitsplatz zurück.
Diese positive Entwicklung setze sich fort, sagte Stefanie Ulrich, Personalleiterin Neckarsulm. Allerdings warnte sie: «Es ist schwer abzuschätzen, ob es – auch in Folge einer möglichen zweiten Corona-Welle – wieder zu Rückgängen in der Nachfrage kommen wird. Wir beobachten die Lage an beiden Standorten weiterhin sehr genau und arbeiten dabei eng mit dem Betriebsrat zusammen.»
(Text: dpa)
Insgesamt waren im vergangenen Jahr laut BA-Angaben vom Freitag, 24. Juli, im Jahresdurchschnitt 727 451 Menschen langzeitarbeitslos - hatten also mindestens ein Jahr keinen Job. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sank demnach zwischen 2015 und 2019 um rund 300 000.
«Wir sehen aber auch, dass die Beratung von Langzeitarbeitslosen komplexer wird», sagte ein BA-Sprecher in Nürnberg. «Je geringer die Zahl der Langzeitarbeitslosen, desto größer werden die notwendigen Anstrengungen bei der Unterstützung und Förderung.» Besondere Schwierigkeiten von Sucht- bis Schuldenproblematik nähmen zu. «Das führt dazu, dass die Menschen immer häufiger deutlich kleinschrittiger, langfristiger und intensiver betreut werden müssen.»
Statistisch gab es im vergangenen Jahr 1,15 Millionen Fälle, in denen Menschen ihre lange Erwerbslosigkeit beendeten. Eine Person kann im Verlauf eines Jahres allerdings mehrfach aus der Arbeitslosigkeit abgehen und wieder hineinrutschen und somit mehrfach in der Statistik auftauchen.
Der Anteil der Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt nach einem Vorschlag der Jobcenter oder Arbeitsagenturen ist in den vergangenen Jahren dabei leicht auf 1,2 Prozent (2019) gesunken. Etwas gestiegen sind dagegen die Abgänge aus der Langzeitarbeitslosigkeit aufgrund von Teilnahmen an geförderten Ausbildungen oder sonstigen Fördermaßnahmen - auf 24 Prozent im vergangenen Jahr.
In mehr als jedem zweiten Fall - betroffen waren insgesamt 611 570 Abgänge aus Langzeitarbeitslosigkeit - wurde jemand durch Nichterwerbstätigkeit als nicht mehr arbeitslos geführt. Das waren beispielsweise Menschen, die länger als sechs Wochen arbeitsunfähig gemeldet waren.
Der AfD-Abgeordnete René Springer sagte: «Nur ein Bruchteil der Langzeitarbeitslosen schafft den Sprung in einen regulären Job.» Er warf den Jobcentern eine unterirdische Leistungsbilanz vor.
Die BA wies den Vorwurf zurück. Zudem wirke sich auch die Präventionsarbeit positiv aus, weil weniger Menschen überhaupt langzeitarbeitslos geworden seien. Begünstigt habe die Beschäftigungsaufnahme von Langzeitarbeitslosen zudem die gute Arbeitsmarktlage der vergangenen Jahre.
Langzeitarbeitslose, die den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erst einmal geschafft haben, bleiben dabei relativ stabil in Beschäftigung. Das ist das Ergebnis einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die Anfang der Woche veröffentlicht worden war. 58 Prozent seien in einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren nach ihrem Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt mehr als zwei Jahre beschäftigt gewesen.
Die Bundesregierung hatte mit dem Anfang 2019 in Kraft getretenen Teilhabechancengesetz neue Fördermöglichkeiten für Langzeitarbeitslose geschaffen.
(Text: dpa)
Auch der Export habe wieder angezogen, die Ausfälle etwa im China-Geschäft seien nicht so groß wie befürchtet, sagte Schattenberg. Dennoch warnte er: «Im zweiten Halbjahr werden auch handelspolitische Risiken wieder in den Fokus rücken.» Die Nachricht, dass ein ungeordneter Brexit nach Ende der Übergangsfrist Ende des Jahres wahrscheinlich sei, sei nicht gut, betonte er. Mit großer Unsicherheit werde die Entwicklung in den USA beobachtet, wo die Corona-Krise mit besonderer Wucht Schaden anrichtet.
Utermöhl rechnet im Juli mit einem Zuwachs von 119 000 Arbeitslosen im Vergleich zum Juni. Mit einer Gesamtzahl von 2,972 Millionen Arbeitslosen würde damit die Drei-Millionen-Grenze nahe heran rücken. Deutsche-Bank-Volkswirt Schattenberg sieht saisonbereinigt sogar eine Zahl knapp über der Drei-Millionen-Grenze.
Den Konjunkturerwartungen scheint das keinen Abbruch zu tun. «Seit Juni geht es aufwärts, seit Juli scheint sogar schon mehr Dynamik erkennbar zu sein», sagt auch Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg. «Nach dem tiefen Fall im März und April wird es aller Voraussicht nach noch eine ganze Zeit dauern, bis das Vorkrisenniveau in Produktion und Umsatz wieder erreicht wird», warnte er allerdings.
Der Arbeitsmarkt zeige sich überraschend stabil, sagte Niklasch. «Vermutlich wird der Anstieg der Zahl der Arbeitslosen saisonal bereinigt im Juli nur geringfügig ausfallen in einer Größenordnung von um 50 000.» Zwar habe es auch im Juli wieder Ankündigungen von Stellenabbau in der Industrie gegeben. «Aber die herumgereichten Zahlen erstrecken sich zumeist über längere Zeiträume.»
Er befürchtet allerdings, dass es im Herbst zu einer Welle von Insolvenzen infolge der Corona-Pandemie kommen könnte, mit Konsequenzen für Konjunktur und Arbeitsmarkt. Im September setzt die wegen Corona ausgesetzt Anzeigepflicht für Insolvenzen wieder ein.
Auch Fritzi Köhler-Geib, Chef-Volkswirtin der staatlichen KfW-Gruppe, drückt etwas auf die Euphorie-Bremse. «Die Zahl der Arbeitslosen dürfte in den nächsten Monaten weiter steigen, denn es wird weitere Entlassungen geben und die Unternehmen stellen weniger ein», sagte sie. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen im Mai habe mit 570 000 um mehr als 200 000 unter der des Vorjahresmonats gelegen. Die Arbeitslosigkeit habe vor allem unter Erwerbstätigen ohne Berufsabschluss sowie Jugendlichen zugenommen.
«Es kommt in den kommenden Monaten darauf an, dafür zu sorgen, dass sich die Arbeitslosigkeit nicht verfestigt und zu bleibenden Nachteilen führt», sagte Köhler-Geib. Hierfür müssten Lehrstellen und Qualifizierungsangebote in größerer Zahl geschaffen werden.
(Text: dpa)
Am Ende waren 2015 deutlich mehr als 800 000 Asylbewerber nach Deutschland gekommen. Nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik waren es innerhalb eines Jahres so viele. Im davorliegenden Rekordjahr 1992 waren es nur halb so viele Schutzsuchende. Die Flüchtlinge aus einem Kriegsgebiet - etwa in Syrien - waren aber oft wenig vorbereitet auf die Migration.
Mitgebrachte Qualifikationen und Fähigkeiten passten oft wenig zu den Anforderungen in Deutschland. Deutsch konnten viele bei der Ankunft nicht. «Geflüchtete haben aus vielen Gründen schlechtere Voraussetzungen für die Integration in den Arbeitsmarkt, das Bildungssystem und andere gesellschaftliche Bereiche als Migrantinnen und Migranten, die auf anderen Wegen nach Deutschland gekommen sind, etwa über Erwerbsmigration oder Familiennachzug», schreibt der Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker in einer aktuellen Studie.
Die Bundesregierung sieht Deutschland in der Migrationspolitik heute «besser sortiert als 2015», wie Arbeitsminister Hubertus Heil sagt. Nach teils erbittertem Streit zwischen CDU und CSU und zwischen Union und SPD sind Gesetze für leichtere Abschiebungen, für bessere Integration und für Fachkräfteeinwanderung auf den Weg gebracht worden. Doch wie gut haben es die Flüchtlinge auf den deutschen Arbeitsmarkt geschafft?
Tatsächlich fällt die Bilanz nach fünf Jahren gemischt aus. Die Integration auf den Jobmarkt hakt, klappt aber auch oft gut. Ungefähr die Hälfte der erwerbsfähigen Flüchtlinge, die heute in Deutschland sind, hat einen Job. Wiederum die Hälfte davon arbeitet auf Fachkräfteniveau, sagt Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg.
Deutschland liegt laut BA bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt besser als andere Länder. Es gebe jedoch deutliche Unterschiede bei den Betroffenen, sagt Terzenbach. Frauen seien schwieriger zu integrieren. Ein Grund: Traditionelle Rollenmuster - zuständig sind sie laut dem BA-Vorstandsmitglied oft für die Kinder, für die Familienarbeit. Deswegen nähmen sie oft nicht in ausreichendem Maße an Integrations- und Qualifizierungskursen teil.
Der Eintritt in den deutschen Arbeitsmarkt gelang für diese Ankömmlinge aber unterm Strich besser, als bei den Flüchtlingen im Zuge der Balkankriege in den 1990er Jahren, betont Brücker in seiner Studie für das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Denn: Die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes war zuletzt einfach größer.
Es gibt aber bis heute teils deutliche Hürden, was die rechtliche Stellung von Asylbewerbern betrifft. Viele, die in Deutschland bleiben dürfen, bekommen nur zeitlich befristeten Schutz. Von den 1,36 Millionen Geflüchteten, die zum Jahreswechsel in Deutschland anerkannt waren, hatten laut Statistischem Bundesamt 80 Prozent nur Schutz auf Zeit erhalten.
Der Gedanke dahinter: Wer vor Krieg oder Verfolgung in seinem Herkunftsland flieht, soll in Deutschland Aufnahme finden - aber eben so lange die Gefahr besteht und nicht dauerhaft. Insbesondere CDU/CSU fürchten, andernfalls Anreize für Migranten zu schaffen, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen.
Kritiker bemängeln indes, dass das auch Gruppen betrifft, die absehbar nicht ohne Gefahr für Leib und Leben in ihr Herkunftsland zurückkehren können - etwa Syrer. Die unsichere Zukunft in Deutschland erschwert Betroffenen die Integration und schreckt potenzielle Arbeitgeber ab. Auch die Hürden, Angehörige nachzuholen, sind höher.
In diesen Monaten haben es Geringqualifizierte auf dem Jobmarkt oft besonders schwer. Sie verlieren in der Krise leichter ihren Job, wie Terzenbach sagt. Flüchtlinge sind stark betroffen. Denn: «Keine formale Qualifikation und schlechte Sprachkenntnisse - insbesondere wenn diese beiden Merkmale zusammenkommen, führt das häufiger zum Arbeitsplatzverlust», so der BA-Mann.
(Text: Michael Donhauser, Martina Herzog und Basil Wegener, dpa)