Autozulieferer Hella will 900 Stellen in Lippstadt streichen

Der Autozulieferer Hella verschärft wegen der Belastungen durch die Corona-Krise seinen Sparkurs. Der Licht- und Elektronikspezialist will an seinem Firmensitz Lippstadt rund 900 Stellen in der Verwaltung und Entwicklung streichen. Der Stellenabbau solle bis Ende 2023 erfolgen und so sozialverträglich wie möglich umgesetzt werden, teilte Hella am gestrigen Dienstag (28. Juli) bei der Veröffentlichung vorläufiger Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2019/2020 (31. Mai) mit. Mit den Arbeitnehmervertretern sollen zeitnah Gespräche aufgenommen werden.
Autozulieferer Hella will 900 Stellen in Lippstadt streichen
Bild: David Inderlied/dpa

Hella hat sein Stammpersonal in den vergangenen Jahren bereits kräftig reduziert. Seit August 2018 sei die weltweite Belegschaft um rund 5400 Stellen verringert worden, hieß es in der Mitteilung. Aktuell gibt Hella die Zahl der Mitarbeiter mit mehr als 36 000 an. Ein gutes Viertel aller Beschäftigten hatte 2019 in Deutschland gearbeitet.

«In einem ohnehin schon rückläufigen Marktumfeld ist unsere Geschäftsentwicklung im letzten Jahr durch die Covid-19-Pandemie zusätzlich belastet worden», sagte Hella-Chef Rolf Breidenbach. Deshalb habe man die bereits laufenden Kostenprogramme weiter forciert. Parallel zum geplanten Stellenabbau in Lippstadt will Hella auch das weltweite Standortnetzwerk unter die Lupe nehmen.

Im vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 gingen die Erlöse von Hella wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie um rund 14 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro zurück. Das bereinigte operative Ergebnis lag mit 233 Millionen Euro rund 60 Prozent unter dem Vorjahreswert. Für das neue Geschäftsjahr erwartet Hella einen Umsatz von rund 5,6 Milliarden Euro bis 6,1 Milliarden Euro.

(Text: dpa)

Ryanair-Schließungspläne treffen etwa 350 Flugbegleiter

Die Gewerkschaft Verdi hat die angekündigte Schließung von Standorten der Billigairline Ryanair in Deutschland scharf kritisiert. «Es ist nicht auszuschließen, dass die Gewerkschaften mit der Ankündigung in den laufenden Verhandlungen unter Druck gesetzt werden sollen», sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Sven Bergelin der Deutschen Presse-Agentur am gestrigen Mittwoch (22.Juli).
Ryanair-Schließungspläne treffen etwa 350 Flugbegleiter
Bild: dpa

Von den Plänen sind nach seinen Angaben etwa 350 der circa 1000 Flugbegleiter der Ryanair-Tochter Malta Air in Deutschland betroffen, der Großteil vermutlich am Berliner Standort Tegel. «Von den in Summe 350 Stellen könnten 150 bis 200 in Tegel wegfallen», sagte Bergelin.

Die Billigairline will zum 1. November ihre Basis am Hunsrück-Airport Hahn schließen. Auch den Standorten in Berlin-Tegel und im nordrhein-westfälischen Weeze droht noch vor dem Winter das Aus, wie Malta Air in einem internen Schreiben mitgeteilt hatte. Darin spricht die Airline auch für weitere Standorte wie Köln, Frankfurt und Berlin-Schönefeld von einem erheblichen Personalüberhang.

Zuvor hatte es einen heftigen Streit mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) über Gehaltskürzungen in der Corona-Krise gegeben. Die bei der Ryanair-Tochter Malta Air beschäftigten Piloten aus Deutschland hatten die Vorschläge der Airline abgelehnt. Ein VC-Sprecher bekräftigte zugleich aber, die Gewerkschaft habe ein Interesse an einer Verhandlungslösung. «Wir hoffen, dass Ryanair an den Verhandlungstisch zurückkehrt», sagte er am Mittwoch. Das Verhalten des Managements sei «total unangemessen». Nach VC-Angaben sind von angedrohten Kündigungen bis zu 170 Piloten betroffen. Nicht auszuschließen sei, dass sie später zu anderen Konditionen wieder eingestellt würden, sagte der VC-Sprecher.

Verdi verhandelt aktuell mit dem Management für die Flugbegleiter weiter. Bergelin hält die Einigungschancen persönlich allerdings für gering. «Die Beschäftigten in der Kabine in Kurzarbeit haben teilweise weniger als 1000 Euro im Monat. Sie wissen kaum, wie sie ihre Miete zahlen sollen.» Nach Angaben der Gewerkschaft fordert Malta Air Gehaltskürzungen bis zu 10 Prozent bis 2025. Als Voraussetzung, um überhaupt darüber zu verhandeln, verlangt Verdi eine verbindliche Beschäftigungssicherung. Das Unternehmen habe bislang aber nur einen Kündigungsschutz während der Dauer der Kurzarbeit bis Ende März 2021 angeboten.

Die Corona-Pandemie hat weltweit die Fluggesellschaften hart getroffen und teils zu massiven Stellenkürzungen geführt.

(Text: dpa)

Gewerkschaft will mehr Geld und Corona-Prämie

Die Chemiegewerkschaft IG BCE fordert mehr Geld und eine Corona-Sonderzahlung für die bundesweit 40 000 Beschäftigten in der Papierindustrie. In der anstehenden Tarifrunde wolle man eine Anhebung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen oberhalb der Inflationsrate sowie eine einheitliche Prämie für Leistungen in der Pandemie durchsetzen, beschloss die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) am gestrigen Donnerstag (23. Juli) in Frankfurt.
Gewerkschaft will mehr Geld und Corona-Prämie
Bild: dpa

Diese Prämie soll entweder ausgezahlt, für die tarifliche Altersvorsorge genutzt oder in freie Tage umgewandelt werden können. Auf eine feste Vertragslaufzeit legte sich die Bundestarifkommission bei ihrer Forderung nicht fest.

«Weltuntergangsszenarien werden wir in der Tarifrunde keinen Raum geben», erklärte IG-BCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn. Viele Beschäftigte hätten in der Corona-Krise exorbitante Leistungen vollbracht. Die Lage in der Branche sei sehr unterschiedlich. Während Toilettenpapierhersteller wegen coronabedingter Hamsterkäufe ein außergewöhnlich gutes Jahr hatten, litten Produzenten von Foto-Spezialpapier, weil weniger Menschen reisten und sich seltener Urlaubserinnerungen auf Fotopapier ausdruckten.

Die IG BCE will in der Tarifrunde zudem Verhandlungen zum Entgeltrahmentarifvertrag abschließen. Dieser soll bestehende Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträge ablösen, um eine Gleichstellung zwischen Löhnen für Arbeiter und Gehälter für Angestellte zu erreichen. Die Tarifgespräche beginnen am 9. September in Ulm.

(Text: dpa)

Werkvertragsverbot nur für Schlachthöfe ist rechtskonform

Ein nur auf die Fleischindustrie begrenztes Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit ist laut einem Gutachten für das Düsseldorfer Gesundheitsministerium rechtssicher. «Um drohende schwere Schäden für Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer in den Schlachthöfen abzuwenden», dürfe der Gesetzgeber dort ein Direktanstellungsgebot aussprechen, heißt es in dem am 21. Juli veröffentlichten Gutachten. Ein Eingriff in die verfassungsrechtlich verankerte Berufsfreiheit der Schlachthofbetreiber und der Werkvertragsunternehmen sei zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte gerechtfertigt, stellte Rechtswissenschaftler Olaf Deinert von der Universität Göttingen fest.
Werkvertragsverbot nur für Schlachthöfe ist rechtskonform
Bild: Ingo Wagner/dpa

Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte nach dem massenhaften Corona-Ausbruch beim Branchenriesen Tönnies mehrfach darauf gedrungen, Werkverträge in der Fleischindustrie zu verbieten. «Ich bin zuversichtlich, dass das jetzt auch passiert», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

Das Gutachten bestätige: «Die festgestellten Missstände beim Einsatz von Werkverträgen in der Fleischindustrie rechtfertigen ein sektorales Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit.» Dies sei sowohl verfassungs- als auch europarechtskonform.

Die Gefährdung von Arbeitnehmerrechten durch Leiharbeitsnetzwerke sei aus anderen Branchen nicht in vergleichbarem Ausmaß bekannt, argumentiert Rechtsprofessor Deinert. Deswegen sei es sogar geboten, hier mit besonderen rechtlichen Beschränkungen zu reagieren.

Mildere Mittel - etwa eine Selbstverpflichtung der Branche - seien bereits ins Leere gelaufen. «Die Fleischindustrie findet erkennbar nicht aus eigener Kraft den Weg aus dieser Situation heraus», resümiert der Göttinger Arbeits- und Sozialrechtler.

Die Zahlen sprächen für sich: «In manchen Schlachthöfen werden bis zu 30 Werkvertragsunternehmen tätig», heißt es im Gutachten. Die Größe variiere erheblich zwischen zwei und 5000 Beschäftigten. Eingesetzt würden Arbeitnehmer aus Osteuropa, «die überwiegend der deutschen Sprache nicht mächtig sind». Allein in NRW betreffe das rund 17 000 Arbeitsplätze. Das Geschäftsmodell basiere auf einem Sozialkostengefälle, kritisierte Deinert.

Praktisch seien in der Fleischindustrie «keinerlei eigene Arbeitnehmer in der Produktion beschäftigt». Nach Feststellungen des Arbeitsministeriums in NRW sei dies nur in zwei von 30 Großbetrieben anders. Ansonsten werde «auf Basis von etwa 90 Werkverträgen» Fremdpersonal eingesetzt. «Eine derart weitgehende Ausgliederung praktisch des gesamten Kernprozesses der betrieblichen Produktion ist bislang aus keiner anderen Branche bekannt», hob der Wissenschaftler hervor.

Dabei habe es wiederholt massive Verstöße gegen arbeitsrechtliche Verpflichtungen gegeben. So seien in NRW zwischen Juli und September 2019 bei breit angelegten Kontrollen der Arbeitsplätze von 17 000 Beschäftigten fast 9000 Verstöße festgestellt worden. Darunter: Arbeitszeiten über 14 Stunden, versperrte Notausgänge, offene Brandschutztüren, fehlende Schutzausrüstungen - etwa gegen Kälte und Schnittverletzungen sowie zum Gehör- und Sichtschutz. Regelmäßig werde von Werkvertragsunternehmen Lohn für Schutzkleidung oder für die zweimonatige Anlernphase einbehalten.

«Wenn in 30 Betrieben knapp 9000 Verstöße festgestellt werden und auch derartige Ausmaße nicht als völlige Ausreißer erscheinen, ist ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gefährdet», bilanzierte Deinert. Weitere Kontrollen in diesem Jahr hätten keine Besserung ergeben. Wenn der Gesetzgeber eine Grenze als überschritten ansehe, könne er die rechtlichen Grundlagen des Missbrauchs beseitigen.

Die Interessen der Fleischindustrie hätten hinter dem Allgemeininteresse zurückzutreten, erklärte der Jurist. «Der Einwand, sie seien dann verstärkter Billigkonkurrenz aus dem Ausland ausgesetzt, verfängt nicht», stellte er fest. «Konkurrenzdruck kann nicht die Verletzung geltenden Rechts rechtfertigen.»

Ein Direktanstellungsgebot lege die Verantwortung wieder in eine Hand: «So entfällt die Gefahr, dass das Fleischunternehmen als Herr des Produktionsprozesses nicht etwa nur sehenden Auges Rechtsverstöße der Vertragspartner hinnimmt, sondern diese sogar durch knappe Preiskalkulation veranlasst, unter Umständen sogar fordert.»

(Text: dpa)

Krankschreibung per Video wird erlaubt

Patienten können sich künftig per Videosprechstunde vom Arzt krankschreiben lassen. Voraussetzung für die Krankschreibung per Video ist, dass der Versicherte der behandelnden Arztpraxis bekannt ist und die Erkrankung eine Untersuchung per Videosprechstunde zulässt. Das beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss von Spitzenvertretern der Ärzte, Krankenkassen und Krankenhäuser, wie das Gremium am 16. Juli in Berlin mitteilte.
Krankschreibung per Video wird erlaubt
Bild: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Ein Anspruch der Versicherten auf Krankschreibung per Videosprechstunde besteht jedoch nicht. Die neue Möglichkeit wurde unabhängig von der Corona-Pandemie geschaffen, wie der Ausschuss betonte.
Die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Video ist auf einen Zeitraum von sieben Kalendertagen begrenzt. Eine Folgekrankschreibung auf diese Weise darf es nur geben, wenn die vorherige Arbeitsunfähigkeit bei einer unmittelbaren persönlichen Untersuchung festgestellt wurde. Ausschließlich per Online-Fragebogen, Chat-Befragung oder Telefonat darf niemand krankgeschrieben werden.
«Als Standard für die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit gilt weiterhin die unmittelbare persönliche Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt», sagte Monika Lelgemann vom Bundesausschuss. «Im Einzelfall soll aber die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit über eine Videosprechstunde möglich sein, ganz unabhängig von Pandemiegeschehnissen.»
Zudem wird ab 1. Januar 2021 die Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit für die Krankenkasse digitalisiert und elektronisch übermittelt. Bereits seit Längerem schreitet die Digitalisierung des Gesundheitswesens voran.
(Text: Basil Wegener, dpa)

Reise in ein Risikogebiet: Bekomme ich trotz Quarantäne Lohn?

Während der Corona-Pandemie kann es passieren, dass Urlauber im Reiseland feststecken. Insbesondere, wenn sie in einem der Länder unterwegs sind, die das Robert-Koch-Institut als Risikogebiet deklariert hat. Vorstellbar ist etwa, dass ein Hotel unter Quarantäne gestellt wird, oder die Fluggesellschaft Reisende aus einem akut betroffenen Gebiet nicht transportieren möchte. Bekommen Arbeitnehmer dann weiter ihren Lohn, wenn sie nicht zur Arbeit kommen können?
Reise in ein Risikogebiet: Bekomme ich trotz Quarantäne Lohn?
Bild: Pixabay

Darauf können sie sich nicht verlassen. «Wer wissentlich in ein Risikogebiet fährt und dann nicht nach Urlaubsende zur Arbeit kommen kann, weil er etwa im Hotel feststeckt, verliert im Zweifel auch seinen Vergütungsanspruch», sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Arbeitnehmer können mit dem Arbeitgeber aber vereinbaren, ob sie aus der Ferne arbeiten oder weitere Urlaubstage für die Zeit der Abwesenheit einsetzen können.

Eine Urlaubsreise in ein Risikogebiet kann auch in Deutschland eine Quarantäne nach sich ziehen. Die Bundesländer können für Reiserückkehrer aus bestimmten Ländern die Pflicht erlassen, sich 14 Tage ausschließlich zu Hause aufzuhalten. Wer dann nicht von zu Hause aus arbeiten kann, hat im Zweifel Pech.

«Wenn man schon vorher von den Quarantänebestimmungen wusste, nimmt man die eigene Arbeitsunfähigkeit sehenden Auges in Kauf - und kann die Vergütung im Quarantänefall nicht auf den Arbeitgeber abwälzen», fasst Meyer die herrschende Rechtsauffassung zusammen.

Selbst wer sich bei einer Urlaubsreise im Risikogebiet ansteckt, und dann nicht zur Arbeit kommen kann, müsse damit rechnen, dass der Arbeitgeber den Lohn während der Krankheit nicht zahlt. «Der Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall verlangt, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung ist.»

Dies sei nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer auch ohne Erkrankung nach seiner Rückkehr aus dem Risikogebiet die zwingend angeordnete 14-tägige Quarantäne einhalten muss, und auch aus diesem Grund nicht zur Arbeit kommen kann. Das würde von der Rechtsprechung im Streitfall berücksichtigt.

Wird das Urlaubsland erst während des Aufenthalts zum Risikogebiet erklärt, haben Arbeitgeber dagegen schlechtere Chancen, zu beweisen, dass jemand seine Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet hat, so Meyer. Noch gibt es zu all diesen Szenarien aber keine geltende Rechtsprechung.

Zur Person: Peter Meyer ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).

(Text: dpa)

Sorgt Corona für Nachsicht beim Finanzamt?

Viele Bürger haben ihre Steuererklärung in diesem Jahr besonders früh eingereicht - weil sie ungewohnt viel Zeit hatten, vor allem wohl aber, weil in der Corona-Pandemie jeder Cent Erstattung dringend gebraucht wird. Trotzdem steht den Finanzämtern die heiße Phase noch bevor, denn am 31. Juli endet die Frist zur Abgabe der Steuererklärung für 2019.
Sorgt Corona für Nachsicht beim Finanzamt?
Bild: Pixabay

Viele Finanzbeamten arbeiten selbst noch im Homeoffice. Drücken sie wegen der schwierigen Bedingungen jetzt hier und da ein Auge zu? Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, hält das durchaus für möglich. «Es kann sein, dass wir im Herbst nicht mehr jede Kleinigkeit beanstanden, dass wir die Ampel nach den Ferien häufiger auf "grün" schalten», sagte er dem Nachrichtenportal «t-online».

Dass normale Arbeitnehmer in diesem Jahr zuhauf mit Schummeleien bei der Steuererklärung durchkommen, ist trotzdem unwahrscheinlich. Bei den einfachen Fällen erwarte er kaum Verzögerung, sagte Eigenthaler. Der Gewerkschaftsboss, der an die 80 000 Beschäftigte der Finanzverwaltung vertritt, spricht eher von den komplizierten Fällen. Bilanzen wälzen, Nebeneinkünfte prüfen, all das dauere Zeit. Zugleich aber sind die Finanzbeamten mit Steuer-Stundungen und anderen Corona-Regelungen beschäftigt. «Wir wollen keine Bugwelle an Steuererklärungen vor uns herschieben», betonte Eigenthaler. «Deshalb müssen wir uns genau überlegen, was wir prüfen - und was nicht.»

Beim Finanzministerium kommt Nachsicht in Steuerfragen nicht gut an. «Wir gehen davon aus, dass die Finanzämter die Steuererklärungen in dem Umfang prüfen, wie es gesetzlich vorgesehen ist», betonte eine Sprecherin am gestrigen 15. Juli. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass sie wegen der Pandemie nicht arbeitsfähig seien.

Tatsächlich prüfen die Finanzämter auch in guten Zeiten lange nicht jede Steuererklärung auf Herz und Nieren. 10 bis 15 Prozent werden laut Eigenthaler vollautomatisch bearbeitet, ohne dass sie je ein Finanzbeamter in die Finger bekommt. Ziel ist es, diese Quote auf 50 Prozent zu steigern. Dafür jedoch «müsste der Gesetzgeber öfter Fünfe gerade sein lassen, was aber nicht meine Zustimmung findet», sagte Eigenthaler.

Zahlreiche weitere Steuererklärungen, meist einfache von normalen Arbeitnehmern ohne hohe Sondereinkünfte, werden lediglich auf Plausibilität geprüft. Hier fallen große Abweichungen zum Vorjahr auf - wenn etwa die Kilometerpauschale stark steigt, obwohl Arbeits- und Wohnort gleich bleiben. Lediglich eine Stichprobe und ausgewählte Sonderposten werden eingehend unter die Lupe genommen.

Insgesamt könnte die Bearbeitung in diesem Jahr etwas länger dauern, warnten einzelne Finanzämter schon im April - zu wenig Personal und zu viele zusätzliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Krise. Im Gegenzug sind die viele Ämter auch kulanter bei Stundungen und Verspätungszuschlägen.

Im kommenden Jahr dagegen dürfte die Steuererklärung für viele komplizierter werden - vor allem für all diejenigen, die gerade vom Küchentisch, vom Kinderschreibtisch oder aus dem Heim-Arbeitszimmer arbeiten. Die Kilometerpauschale für den Weg zur Arbeit falle für die Zeit des Homeoffice natürlich weg, sagte Eigenthaler. Wer im Gegenzug hofft, seinen Heimarbeitsplatz steuerlich absetzen zu können, wird oft leer ausgehen. Anerkannt wird dieser derzeit nur, wenn der Raum so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird - ein Schreibtisch im Wohn- oder Schlafzimmer zählt nicht, genauso wenig der Esstisch in der Küche. «So große Wohnverhältnisse haben viele gar nicht», beklagte der Gewerkschaftschef.

Eigenthaler hält deshalb - ähnlich wie der hessische Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) - eine Homeoffice-Pauschale für richtig. 600 Euro pauschal von der Steuer abzuziehen sei «eine sinnvolle Idee». «Denn wenn wir im Finanzamt jetzt anfangen, die Kilometerpauschale zu kürzen, im Gegenzug aber nichts anbieten, bringt das nur Ärger.»

Das Finanzministerium hat eine solche Pauschale bisher noch nicht auf dem Zettel. Der Bund der Steuerzahler dagegen hält sogar 100 Euro im Monat, also bis zu 1200 Euro im Jahr, für angemessen. «Auch diejenigen, die nur eine provisorisch eingerichtete Arbeitsecke haben oder am Küchentisch tätig werden und ihre Firma am Laufen halten, sollten hier eine steuerliche Anerkennung bekommen», forderte Verbandspräsident Reiner Holznagel. Ein Foto vom Arbeitsplatz müsse den Finanzämtern genügen.

Welche Zusatzkosten die Arbeit im Homeoffice verursacht, überblicken viele Arbeitnehmer noch gar nicht. Sie müssen mit höheren Stromrechnungen rechnen. Die Nutzung privater Computer, den Internetzugang, Telefonkosten, höhere Parkplatzkosten, all diese Aufwendungen sollten Heimarbeiter im kommenden Jahr über die Pauschale abrechnen, fordert der Steuerzahlerbund. Was dann auch die Finanzämter entlasten würde, die nicht massenweise Telefonrechnungen und Arbeitszimmer prüfen müssten.

(Text: Theresa Münch, dpa)

Viele Hartz-IV-Aufstocker

Die Linke im Bundestag kritisiert, dass in mehreren Berufen besonders viele Beschäftigte Löhne mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken müssen. «Betroffen sind auch ausgerechnet diejenigen, die eben noch als Helden des Alltags gefeiert wurden», sagte Linke-Arbeitsmarktexpertin Sabine Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur etwa mit Blick auf Beschäftigte im Einzelhandel oder Reinigungskräfte und die Corona-Krise. Insgesamt sei es nicht hinnehmbar, dass rund eine Million Menschen in Deutschland ihr niedriges Einkommen mit Hartz IV aufstocken müssten.
Viele Hartz-IV-Aufstocker
Bild: dpa

Laut einer Sonderauswertung der Bundesarbeitsagentur, die Zimmermann angefordert hat, waren unter 656 000 Reinigungskräften der unteren Qualifikationsstufe «Helfer» 10,1 Prozent Aufstocker - unter Helfern aller Berufe waren es 5 Prozent. Von 176 000 Reinigungsfachkräften bezogen demnach 7,8 Prozent ergänzend Hartz IV - verglichen mit 1,6 Prozent bei Fachkräften aller Berufe. Die Angaben beziehen sich auf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Jahresschnitt 2018. Unter Reinigungskräften mit Minijob bekamen demnach 14,3 Prozent der Helfer und 16,1 Prozent der Fachkräfte ergänzende Unterstützung.

Wenn bei Erwerbstätigen der Lohn nicht für den Lebensunterhalt reicht, können sie ihn aufstocken, indem sie zusätzlich Hartz-IV-Leistungen bekommen. Die Arbeitsagentur selbst spricht nicht von «Aufstockern», sondern von «Ergänzern» oder «erwerbstätigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten».

Auffällig hohe Anteile mit zusätzlichen Hartz-IV-Zahlungen gab es laut der Auswertung etwa auch bei Helfern im Lebensmittelverkauf (13,5 Prozent) und in der Speisenzubereitung (9,9 Prozent). Im Bereich Körperpflege mussten demnach 22,7 Prozent der Helfer, aber auch 7,9 Prozent der Fachkräfte aufstocken. In Gastronomieberufen stockten 7,6 Prozent der Helfer und 6 Prozent der Fachkräfte Löhne mit Hartz IV auf.

Zimmermann sagte, betroffen seien Menschen in allen Lebensformen, auch Alleinstehende und Paare ohne Kinder. «Gute tarifliche Bezahlung muss endlich zum Standard werden.» Nötig seien zudem etwa ein höherer Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde und ein Rechtsanspruch auf eine Mindest-Wochenarbeitszeit, verbunden mit strikten Zeitkontrollen.

«Denn zu viele Beschäftigte werden unfreiwillig mit Teilzeitverträgen abgespeist, um sie flexibler einsetzen zu können, arbeiten aber faktisch dann doch unbezahlt länger», kritisierte Zimmermann. Gerade in der Pandemie werde auch klar, dass Minijobs nicht existenzsichernd seien. «Sie müssen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden.»

(Text: dpa)

Bodendienstleister will an Berliner Flughäfen viele Stellen abbauen

Der Boden- und Sicherheitsdienstleister Wisag will an den Berliner Flughäfen Schönefeld und Tegel rund die Hälfte der Arbeitsplätze streichen. «Der dramatisch eingebrochene Luftverkehr in Berlin und die Schließung von Tegel zwingen uns zu einem Stellenabbau über alle unsere Berliner Gesellschaften hinweg», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Bodendienstleister will an Berliner Flughäfen viele Stellen abbauen
Bild: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Das Magazin «Business Insider» hatte zuvor berichtet, 800 von 1500 Stellen könnten betroffen sein. «Genaue Zahlen können wir heute nicht nennen, die Größenordnung ist jedoch im Ansatz richtig», hieß es von Wisag. Das Unternehmen stehe am Anfang der Gespräche mit den Beteiligten und Gewerkschaftsvertretern, «um möglichst viele Arbeitsplätze in Berlin erhalten zu können».

Die Gewerkschaft Verdi teilte am Freitag (10. Juli) mit, von der Ankündigung der Wisag überrascht worden zu sein. «Auch die Beschäftigten sind bisher vom Arbeitgeber nicht informiert», teilte ein Sprecher des Landesbezirks Berlin-Brandenburg mit. Die Gewerkschaft fordere Wisag auf, «die Beschäftigten und die Gewerkschaft unverzüglich über seine Pläne aufzuklären und die Ankündigung, Gespräche führen zu wollen, in die Tat umzusetzen». Dies sei bislang nicht geschehen.

Der Luftverkehr an den beiden Hauptstadtflughäfen war, wie überall in Deutschland, während der Corona-Krise nahezu zum Erliegen gekommen. Inzwischen erholen sich die Fluggastzahlen wieder, doch aus Sicht der Betreiber wird es noch einige Jahre dauern, bis das Niveau aus dem Jahr 2019 wieder erreicht wird.

(Text: dpa)

Wie lange hält Urlaubsanspruch?

Um über die Dauer von Urlaubsansprüchen bei Arbeitnehmern mit Langzeitkrankheit urteilen zu können, hat das Bundesarbeitsgericht den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung gebeten. Es gehe dabei um mehr Klarheit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub verfällt, teilte das Gericht am 7. Juli mit.
Wie lange hält Urlaubsanspruch?
Bild: dpa

Die Bundesarbeitsrichter müssen sich mit zwei Verfahren aus Hessen und Nordrhein-Westfalen beschäftigen, bei denen Arbeitnehmer jeweils darauf pochen, dass ihnen aus teils schon länger zurückliegenden Arbeitsjahren noch Urlaubsansprüche zustehen. Dabei handelt es sich um Jahre, in denen die Arbeitnehmer längere Zeit krank waren.

Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem vergangenen Jahr, wonach Arbeitgeber ihre Beschäftigten auffordern müssen, noch nicht beantragten Urlaub zu nehmen mit dem Hinweis, dass der Anspruch sonst erlischt. Kommen Arbeitgeber dieser Informationspflicht nicht nach, kann der Urlaub auch später noch geltend gemacht werden.

In den beiden Fällen muss nach Angaben eines Gerichtssprecher nun geklärt werden, ob die Arbeitgeber es versäumt haben, über den möglichen Verfall des Urlaubs rechtzeitig zu informieren. Denn, so die Überlegung, wären die Mitarbeiter früh genug in Kenntnis gesetzt worden, hätten sie die Urlaubstage möglicherweise noch in Anspruch genommen, bevor sie krank wurden.

Konkret geht es in einem Fall um eine Krankenhausmitarbeiterin, die im Laufe des Jahres 2017 krank wurde und seither arbeitsunfähig ist. Aus ihrem Urlaubskontingent von 2017 konnte die Frau 14 Tage nicht in Anspruch nehmen. Im November 2018 forderte sie ihren Arbeitgeber erfolglos zur Abgeltung dieser Urlaubstage auf. Die Klage deshalb wies zuletzt das Landesarbeitsgericht Hamm zurück. Die Frau vertritt die Ansicht, dass sie nicht rechtzeitig auf den drohenden Verfall ihres Urlaubsanspruch hingewiesen worden sei.

In dem anderen Fall geht es um einen schwerbehinderten Frachtfahrer, der aufgrund eines Tarifvertrags im Öffentlichen Dienst von Dezember 2014 bis zuletzt August 2019 eine befristete Erwerbsminderungsrente erhielt. Der Mann ist der Ansicht, dass ihm noch 34 Urlaubstage aus dem Jahr 2014 zustehen, was der Arbeitgeber bestreitet. Zuletzt wies das Hessische Landesarbeitsgericht die Klage des Mannes zurück.

(Text: dpa)

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