Gastgewerbe am meisten von Kurzarbeit betroffen

Das Gastgewerbe ist einer Erhebung des Münchner Ifo-Institutes zufolge die am meisten von Kurzarbeit betroffene Branche in der Corona-Krise. Der Schätzung des Institutes zufolge arbeiteten im Mai 796 000 Mitarbeiter in der Gastronomie kurz - und damit 72 Prozent der gesamten Beschäftigten. Im Fahrzeugbau wurden 513 000 Kurzarbeiter (46 Prozent) geschätzt, im Autohandel 289 000 (44 Prozent).
Gastgewerbe am meisten von Kurzarbeit betroffen
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Erheblich wurde auch der Einzelhandel getroffen - dort geht das Ifo-Institut von 683 000 Kurzarbeitern aus. Glimpflich davon kamen bisher dagegen die Nahrungs- und Genussmittelbranche, Betriebe der Energie- und Wasserversorgung sowie Banken und Versicherungen. Auch auf dem Bau sind nur 22 000 Kurzarbeiter und damit lediglich vier Prozent der Beschäftigten von Kurzarbeit betroffen.

Das Münchner Institut ging in einer früheren Veröffentlichung von deutlich über sieben Millionen Kurzarbeitern im Mai aus. Die Bundesagentur für Arbeit rechnete für April mit rund sechs Millionen. Der bisherige historische Höchstwert aus dem Mai 2009, als 1,44 Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit waren, wird damit um ein Vielfaches übertroffen.

Wirtschaftsexperten und Bundesregierung weisen immer wieder darauf hin, dass das Instrument der Kurzarbeit dazu beiträgt, Arbeitslosigkeit zunächst zu verhindern. Die Bundesagentur für Arbeit verfügt derzeit über eine Rücklage aus Beitragsgeldern in Höhe von rund 26 Milliarden Euro, die nach Schätzungen nicht ausreichen wird, um die Kurzarbeit in diesem Jahr zu finanzieren.

(Text: dpa)

71 Prozent aller Beschäftigten mit Tarifvertrag bekommen Urlaubsgeld

In Deutschland erhalten etwas weniger als die Hälfte (44 Prozent) aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft Urlaubsgeld. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Online-Befragung des Internet-Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird. Für die Analyse wurden die Angaben von mehr als 53.000 Beschäftigten aus dem Zeitraum von Anfang August 2019 bis Ende Mai 2020 ausgewertet (mehr Informationen zur Methode am Ende der PM).
71 Prozent aller Beschäftigten mit Tarifvertrag bekommen Urlaubsgeld
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Ob ein Beschäftigter Urlaubsgeld erhält oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab. Der mit Abstand wichtigste Faktor ist die Frage der Tarifbindung. So erhalten 71 Prozent der Beschäftigten in tarifgebunden Unternehmen der Privatwirtschaft ein Urlaubsgeld, gegenüber nur 34 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen ohne Tarifvertrag (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

In Ostdeutschland wird nach wie vor deutlich seltener Urlaubsgeld gezahlt als in Westdeutschland. Während im Osten 32 Prozent der Beschäftigten ein Urlaubsgeld erhalten, sind es im Westen 47 Prozent. Diese Unterschiede können in erster Linie auf die deutlich geringere Tarifbindung im Osten Deutschlands zurückgeführt werden. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Größe des Unternehmens, da die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu erhalten mit zunehmender Beschäftigtenzahl ansteigt. Auch hier besteht eine enge Korrelation mit der Tarifbindung, da große Unternehmen eher einen Tarifvertrag anwenden.

Schließlich erhalten Männer mit 47 Prozent häufiger Urlaubsgeld als Frauen, von denen nur 39 Prozent eine entsprechende Sonderzahlung bekommen.

– Urlaubsgeld in Corona-Zeiten –

Unter den Bedingungen der Corona-Krise sei das Urlaubsgeld in diesem Jahr für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders wichtig, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Millionen von Beschäftigten in Kurzarbeit müssen derzeit teilweise empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen Vor diesem Hintergrund ist das Urlaubsgeld als Beitrag zur Stabilisierung der Einkommenssituation von großer Bedeutung. Umso problematischer ist es“, so Schulten, „dass nun einzelne Unternehmen hergehen und das Urlaubsgeld streichen wollen. In der Regel ist dies jedoch nicht so einfach möglich. Das gilt vor allem dann, wenn Beschäftigte ein tarifvertraglich gesichertes Recht auf Urlaubsgeld haben.“ In einigen Tarifbranchen wie z. B. der Metall- und Elektroindustrie wurde in diesem Jahr die Möglichkeit eröffnet, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld anteilsmäßig auf die monatlichen Einkommen zu übertragen, um im Fall von Kurzarbeit ein höheres Kurzarbeitergeld zu erhalten.

– Unterschiede in der Höhe des tarifvertraglichen Urlaubsgeldes –

Die Höhe des tarifvertraglich vereinbarten Urlaubsgeldes fällt je nach Branche sehr unterschiedlich aus: Zwischen 155 und 2.513 Euro bekommen Beschäftigte in der mittleren Vergütungsgruppe dieses Jahr als tarifliches Urlaubsgeld (ohne Berücksichtigung von Zulagen/Zuschlägen, bezogen auf die Endstufe der Urlaubsdauer). Das zeigt die aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs für 22 Tarifbranchen (siehe Abbildung 2 sowie die Tabellen 1 und 2 in der pdf-Version; Stand: April 2020). Am wenigsten Geld Urlaubsgeld bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Hotel- und Gaststättengewerbe. Die höchsten Zahlungen erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter anderem in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, der Metallindustrie, der Papier verarbeitenden Industrie, dem Kfz-Gewerbe, der Druckindustrie, im Versicherungsgewerbe, dem Einzelhandel, der Bauindustrie und in der Chemischen Industrie.

Im Westen ist das Urlaubsgeld in vielen Branchen immer noch höher als in Ostdeutschland. Im öffentlichen Dienst und in der Stahlindustrie gibt es kein gesondertes tarifliches Urlaubsgeld. Es wird mit dem Weihnachtsgeld zu einer einheitlichen Jahressonderzahlung zusammengefasst. Bei der Deutschen Bahn AG wird es in das Jahrestabellenentgelt eingerechnet. Auch im Bankgewerbe und in einigen Branchentarifverträgen der Energiewirtschaft gibt es kein tarifliches Urlaubsgeld.

Gegenüber dem Vorjahr hat sich das tarifliche Urlaubsgeld in 11 von 22 untersuchten Branchen erhöht. Besonders kräftig fiel die Erhöhung im Steinkohlebergbau aus, wo das Urlaubsgeld mehr als verdreifacht wurde. In den übrigen Branchen variiert die Erhöhung des Urlaubsgeldes zwischen 1,0 bis 3,5 Prozent. In Branchen, wie z. B. dem Versicherungsgewerbe, in denen das Urlaubsgeld als ein bestimmter Prozentsatz der Tarifentgelte festgelegt wird, folgte das Urlaubsgeld den allgemeinen Tariferhöhungen.

– Informationen zu Methode und Daten –

Die Daten des Online-Portals Lohnspiegel.de beruhen auf einer kontinuierlichen Online-Umfrage unter Erwerbstätigen in Deutschland. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, erlaubt aber aufgrund der hohen Fallzahlen detaillierte Einblicke in die tatsächlich gezahlten Entgelte und die Häufigkeit von Sonderzahlungen. Nicht berücksichtigt wurden Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, bei denen das Urlaubs- und Weihnachtsgeld seit der Tarifreform des Jahres 2005 in einer einzigen Jahressonderzahlung zusammengefasst wird. Lohnspiegel.de ist ein nicht-kommerzielles Angebot der Hans-Böckler-Stiftung, mit dem Beschäftigte unter https://www.lohnspiegel.de/lohn-und-gehaltscheck-13814.htm ihr eigenes Gehalt mit den üblichen Gehältern in 500 Berufen vergleichen können.

(Text: Hans-Böckler-Stiftung)

Tarifverhandlungen für Gebäudereinigungshandwerk vertagt

Die Tarifverhandlungen für die bundesweit etwa 700 000 Beschäftigten im Gebäudereinigungshandwerk sind nach dem Auftakt am gestrigen Dienstag (16. Juni) in Frankfurt ergebnislos vertagt worden. Am 3. September wollen sich die Vertreter der IG BAU und der Arbeitgeber wieder an einen Tisch setzen, wie die Gewerkschaft mitteilte.
Tarifverhandlungen für Gebäudereinigungshandwerk vertagt
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«Die Arbeitgeber haben uns gesagt, dass sie unsere Forderungen verstanden haben. Wir erwarten spätestens in der nächsten Verhandlung ein verhandlungsfähiges Angebot von ihnen», sagte Ulrike Laux, Mitglied des Bundesvorstandes der IG BAU und Verhandlungsführerin der Gewerkschaft.

Die IG BAU fordert die Erhöhung der Mindestlöhne um 1,20 Euro pro Stunde sowie den Einstieg in ein Weihnachtsgeld für die Beschäftigten der Branche. «Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Arbeit der Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger ist», bekräftigte Laux. «Es muss endlich anerkannt werden, wie wichtig die Arbeit der Beschäftigten für das Funktionieren unserer Gesellschaft ist. Ein Lohn von zwölf Euro die Stunde überfordert dabei kein Unternehmen und auch nicht deren Kunden.»

Vor Beginn der Verhandlungen hatte der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) die Forderungen als «vollkommen realitätsfern» bezeichnet. Auch die Gebäudereinigung als industrienahe Handwerksdienstleistung sei von der Corona-Krise stark betroffen.

(Text: dpa)

Männer dominieren die Topetagen großer Familienunternehmen

Traditionsreich und frauenarm: Managerinnen schaffen es in großen Familienunternehmen seltener in die Topetage als in börsennotierten Firmen. Nach einer Studie der gemeinnützigen Allbright-Stiftung lag der Anteil von Managerinnen in der Geschäftsführung der 100 umsatzstärksten Familienfirmen Anfang März bei 6,9 Prozent. Bei den 160 Konzernen der Börsenindizes Dax, MDax und SDax waren es insgesamt 10 Prozent - bei den 30 Börsenschwergewichten des Dax sogar 15 Prozent.
Männer dominieren die Topetagen großer Familienunternehmen
Bild: Christin Klose/dpa-tmn

«Familienunternehmen in zweiter, vierter oder sechster Generation sind Anpassungskünstler, sie haben Jahrzehnte überlebt, weil sie immer rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und genutzt haben», sagten die Geschäftsführer der Allbright Stiftung, Wiebke Ankersen und Christian Berg. «Beim Frauenanteil in der Unternehmensführung haben sie aber noch einen "Blind Spot".»

Tradition sei bei Familienunternehmen ein sehr starker Wert, «aktuell droht er, die Erneuerung zu ersticken», sagte Ankersen weiter. «Es besteht die Gefahr, dass die Firmen die Weiterentwicklung ihrer Führungsstruktur verpassen - mit Folgen für ihre Zukunftsfähigkeit.»

Weniger als ein Drittel (29 Prozent) der großen Familienunternehmen hat eine Frau in der Geschäftsführung. Insgesamt arbeiteten der Studie zufolge am 1. März 406 Männer und 30 Frauen in der Topetage. Am höchsten ist der Frauenanteil mit 10,3 Prozent bei den 20 Konzernen, die auch an der Börse notiert sind. Dazu zählen BMW, Continental, Henkel, Merck oder Volkswagen. Unternehmen, die zu 100 Prozent in Familienbesitz sind, schneiden demnach mit einem Anteil von 4,8 Prozent deutlich schlechter ab.

«Diese Unternehmen stehen nicht so stark im Licht der Öffentlichkeit. Transparenz hilft, denn es wird zunehmend erwartet, dass Unternehmen für Vielfalt und Chancengleichheit ebenso sorgen wie beispielsweise für Nachhaltigkeit», sagte Ankersen.

Besser sieht es bei Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsräten insgesamt aus. Der Frauenanteil in den Kontrollgremien der großen Familienunternehmen beträgt 24,5 Prozent.

In der Eigentümerfamilie werden machtvolle Positionen wie der Vorsitz der Geschäftsführung oder des Aufsichtsrats der Studie zufolge vorwiegend Männern anvertraut. In nur zwei der großen Familienunternehmen haben weibliche Mitglieder den Angaben zufolge den Vorsitz der Geschäftsführung inne: Anna Maria Braun bei der Medizinfirma B. Braun Melsungen und Nicola Leibinger-Kammüller beim Maschinenbauer Trumpf.

Unter den Aufsichtsratschefs gab es Anfang März drei Frauen aus der Familie: Cathrina Claas-Mühlhäuser beim Landmaschinenhersteller Claas, Simone Bagel-Trah bei Henkel und Bettina Würth bei der Würth-Gruppe. Als familienfremde Managerin leitet Doreen Nowotne seit Mai das Kontrollgremium des Traditionsunternehmens Haniel.

«Über ihre machtvolle Position könnten die Familien ihre Unternehmen schnell und pragmatisch als Vorbilder an die Spitze bringen - sie müssen nur die strategischen Vorteile erkennen», argumentierten Ankersen und Berg.

Die Neubesetzungen im vergangenen Jahr - zwischen März 2019 und März 2020 - waren den Angaben zufolge weiblicher und internationaler. Demnach entfielen 22 Prozent der Neurekrutierungen in der Geschäftsführung von Familienunternehmen auf Managerinnen, 26 Prozent kamen aus dem Ausland. «Die Zahlen zeigen, dass erste Familienunternehmen anfangen umzudenken», sagte Ankersen.

Geholfen hat nach ihrer Einschätzung, dass die gesetzliche Quote für Frauen in Aufsichtsräten gezeigt hat, «dass es ausreichend qualifizierte Frauen gibt. Man würde sie genauso für den Vorstand oder die Geschäftsführung finden.» Grundsätzlich sollte die Diskussion aber vor allem darüber geführt werden, «warum mehr Vielfalt in den Führungsgremien im Interesse der Unternehmen ist: Sie führen zu besseren und profitableren Entscheidungen».

Seit Anfang 2016 müssen die etwa 100 größten börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen in Deutschland frei werdende Aufsichtsratsposten mit Frauen neubesetzen, bis mindestens ein Frauenanteil von 30 Prozent erreicht ist.

Nach einem Bericht der Bundesregierung ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten dieser Unternehmen in diesem Jahr auf 35,2 Prozent gestiegen. Das sei ein Zuwachs von gut 10 Prozentpunkten seit Bestehen der Quote, teilte das Bundesfamilienministerium mit. Bei anderen Unternehmen liege der Frauenanteil bei «nur mageren» 19,9 Prozent. Stark unterrepräsentiert seien Managerinnen nach wie vor in Vorständen. 80 Prozent der Unternehmen hätten keine Frau in dem Führungsgremium.

Eine gesetzliche Quote für Vorstände gibt es bislang nicht. Die SPD macht bei diesem Thema allerdings Druck. In der Union gibt es Widerstände dagegen. Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Vorstände großer börsennotierter Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern künftig mit wenigstens einer Frau besetzt sein, wenn sie mehr als drei Mitglieder haben. Das gilt, wenn Neubesetzungen anstehen.

Familienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte am Mittwoch, sie fordere das jetzt auch ein. «Mit Freiwilligkeit kommen wir einfach nicht weiter, ohne politischen Druck bewegt sich gar nichts. Umso wichtiger ist, dass wir endlich die Reform des Gesetzes für mehr Frauen in Führungspositionen angehen.»

Die deutsch-schwedische Allbright Stiftung setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein.

(Text: Friederike Marx und Jörg Ratzsch, dpa)

Zweite Verhandlung ergebnislos vertagt

Die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die rund 850 000 Beschäftigten des Bauhauptgewerbes sind am 4. Juni 2020 ohne Ergebnis vertagt worden. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) verhandeln die Arbeitsbedingungen der Branche vor dem Hintergrund der Pandemie.
Zweite Verhandlung ergebnislos vertagt
Bild: dpa

"Anders als in anderen Branchen boomt die Bauwirtschaft trotz Corona weiter. Kurzarbeit spielt in der Branche keine Rolle, die Betriebe schieben hohe Auftragsbestände aus 2019 und dem ersten Quartal 2020 vor sich her. In den ersten drei Monaten stieg die Zahl der Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser laut Statistischem Bundesamt um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal und zugleich wurde das Personal um vier Prozent aufgestockt. Die Bundesagentur für Arbeit meldet weitere 2800 offene Stellen für Fachkräfte. Dazu kommt ein Konjunkturpaket der Bundesregierung, das weitere starke Impulse für die Bauwirtschaft setzen wird", sagte IG BAU-Bundesvorstandsmitglied und Verhandlungsführer Carsten Burckhardt.

"Wir sind sehr enttäuscht, dass es dennoch nach wie vor kein verhandlungsfähiges Angebot der Arbeitgeber gibt. Vielmehr verfestigt sich der Eindruck, dass sie die Verhandlungen künstlich in die Länge ziehen wollen, obwohl wir durch den Lockdown bereits erheblich in Verzug geraten sind. Das ist nicht mehr nachvollziehbar. Unsere Kolleginnen und Kollegen am Bau arbeiten am Limit – auch während der Corona-Beschränkungen. Nichts deutet auch nur im Ansatz darauf hin, dass die Bauwirtschaft einbricht. Doch selbst wenn es doch dazu kommt, kann man dann immer noch reagieren. Die IG BAU hat stets verantwortungsbewusst agiert. Doch wir sind nicht bereit, vorauseilend und ohne realen Grund zu verzichten."

Die IG BAU fordert kräftige Lohnerhöhungen und ein Plus der Ausbildungsvergütung sowie eine Entschädigung der Wegezeiten der Baubeschäftigten zu den Baustellen.

(Text: IG Bau)

Bombardier droht die nächste Sparrunde

Tarifkürzungen und Stellenabbau: Beim Zughersteller Bombardier Transportation dringt das Management auf eine weitere Sparrunde für die deutschen Standorte. Nach Gewerkschaftsangaben sollen Mitarbeiter auf Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Entgelterhöhungen verzichten. Sie sollen zudem länger arbeiten ohne finanziellen Ausgleich, wie es in einem Mitarbeiter-Rundschreiben der IG Metall heißt, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Bombardier droht die nächste Sparrunde
Bild: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Nach Informationen des «Handelsblatts» aus Unternehmenskreisen sind 1000 Arbeitsplätze in Gefahr. Das neue Programm soll laut IG Metall innerhalb von zweieinhalb Jahren Einsparungen von mehr als 100 Millionen Euro bringen. Das Unternehmen versucht seit Jahren, effizienter und kostengünstiger zu werden.

Deutschlandchef Michael Fohrer äußerte sich am Montag nicht zu den Zahlen, bestätigte aber, dass es ein Konzept für mehr Wettbewerbsfähigkeit gebe. Es beinhalte, dass sich die Beschäftigten an Kostensenkungen beteiligen. «Ich bin mir bewusst, dass einige dieser Maßnahmen einschneidend sind», sagte Fohrer. Derzeit würden Idenen mit den Tarifpartnern ausgetauscht. Ziel sei es, eine Standort- und Beschäftigungssicherung zu erreichen.

Die IG-Metall werde sich Verhandlungen nicht verweigern, kündigte der Aufsichtsratsvertreter der Gewerkschaft, Olivier Höbel, an. «Aber angesichts des angekündigten weiteren massiven Personalabbaus und der Unsicherheit über die Zukunft der Standorte werden Einschnitte in die tariflichen Einkommen von den Belegschaften nicht akzeptiert.»

Bombardier Transportation mit Sitz in Berlin ist die Zugsparte des kanadischen Bombardier-Konzerns, der auch Flugzeuge baut. Weltweit arbeiten in der Sparte rund 36 000 Beschäftigte, gut 6100 Stammbeschäftigte und 1000 Leiharbeiter sind es nach Gewerkschaftsangaben in Deutschland. Die größten deutschen Standorte liegen in Görlitz und Bautzen in Sachsen sowie Hennigsdorf bei Berlin.

Bombardier hatte erst vor drei Jahren den Abbau von 2200 Stellen seiner damals 8500 Stellen in Deutschland angekündigt. Im Februar hatte der französische Konkurrent und TGV-Hersteller Alstom angekündigt, BT zu übernehmen. Das rund sechs Milliarden Euro schwere Geschäft soll im ersten Halbjahr 2021 unter Dach und Fach sein.

Auf seinem wichtigen Markt Deutschland steht Bombardier unter Druck. In einem ungewöhnlichen Schritt forderten im Februar zahlreiche Kunden, der Zugbauer müsse die Qualität seiner Produkte deutlich steigern und Vertragsbedingungen konsequent und fristgerecht einhalten. Seit Jahren finde Bombardier keine Lösung, Liefer- und Qualitätsprobleme nachhaltig zu beseitigen, hieß es in einem Schreiben mehrerer Verkehrsverbände.

Seit einigen Jahren versucht das Unternehmen, seine Standorte stärker zu spezialisieren: Hennigsdorf als Entwicklungszentrum für Züge und den Bau von Prototypen und Testfahrzeuge, Kassel als weltweites Produktionszentrum für Loks, die in Mannheim entwickelt werden. Braunschweig behält die Signal- und Steuerungstechnik, Siegen die Drehgestelle. Görlitz ist auf Wagenkästen spezialisiert, Bautzen auf den Innenausbau. Im Dezember wurde dort ein neues digitales Testcenter eröffnet. Bei der Zeremonie hatte Fohrer noch versichert, es gebe keine weiteren Sparpläne.

«Weitere Spezialisierung und Stellenabbau reichen diesmal nicht», zitiert die Gewerkschaft nun die Geschäftsführung. Die Beschäftigten müssten auf Geld verzichten, sonst gelinge keine schnelle Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Der Entgelt-Tarifvertrag in der Metallindustrie ist eigentlich im Frühjahr gekündigt worden, wurde in der Corona-Krise aber durch einen Not-Abschluss bis Jahresende verlängert.

(Text: Burkhard Fraune, dpa)

IG BAU fordert zwölf Euro Stundenlohn für Reinigungskräfte

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat heute (8. Juni 2020) für die rund 700 000 Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk die Tarifforderung aufgestellt. Aufgrund der Corona-Pandemie diskutierte die IG BAU-Bundestarifkommission per Videokonferenz ausführlich die aktuelle Situation der Branche.
IG BAU fordert zwölf Euro Stundenlohn für Reinigungskräfte
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Die Teilnehmer*innen berichteten von besonderer Arbeitsauslastung ihrer Betriebe in ganz Deutschland. Grund ist der stark gestiegene Reinigungsbedarf aufgrund erhöhter Hygienestandards. Gleichzeitig öffnen derzeit wieder solche Reinigungsobjekte, die durch die Corona-Beschränkungen zeitweise geschlossen waren, wie Schulen oder Gastronomiebetriebe, ihre Türen. Dort besteht nun zusätzlich großer Bedarf nach Reinigung, um die coronabedingten Hygienemaßnahmen sicherzustellen.

Für die am 16. Juni 2020 in Frankfurt am Main startende Tarifrunde fordert die IG BAU ein Plus von 1,20 Euro pro Stunde für die zwei Mindestlöhne der Branche. Damit stiege die unterste Lohngruppe eins auf 12 Euro und der Mindestlohn der Glasreinigung (Lohngruppe 6) auf 15,30 Euro. Die weiteren Löhne der Lohngruppen zwei bis neun sollen um 6,5 Prozent steigen. Die Vergütungen für Auszubildende sollen um 100 Euro pro Monat über alle Ausbildungsjahre erhöht werden. Zudem fordert die IG BAU den Einstieg in ein Weihnachtsgeld für die Branche in Höhe von 80 Stundenlöhnen.

"Der Wert der Gebäudereinigung ist in der Corona-Pandemie mehr als offensichtlich geworden. Das muss sich endlich auch im Lohn spiegeln. Denn auch für die Gebäudereinigung gilt: Klatschen allein reicht nicht. Die gründliche Reinigung durch erfahrene Fachkräfte legt die Basis für das Weiterarbeiten in Büros und Fabriken. Professionelle Reinigung schafft ebenso Vertrauen der Kunden von Geschäften und Supermärkten sowie der Patient*innen und Mitarbeiter*innen in Praxen und Krankenhäusern", sagte IG BAU-Bundesvorstandsmitglied und Verhandlungsführerin Ulrike Laux.
"Auf den Punkt gebracht heißt das: Sauberkeit rettet Leben. Nur in einer gereinigten Umgebung kann ein Neustart klappen. Das muss anerkannt werden."

(Text: IG Bau)

Forscher plädieren für schrittweise Anhebung auf 12 Euro

Einführung und Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns haben seit 2015 die Einkommenssituation von Millionen Menschen in Deutschland verbessert, von denen nicht wenige in „systemrelevanten“, aber niedrig bezahlten Berufen arbeiten. Gleichzeitig hat sich der starke Zuwachs der Erwerbstätigkeit über Jahre fortgesetzt. Der Mindestlohn hat dadurch die private Konsumnachfrage spürbar unterstützt, die in den vergangenen Jahren wesentlich zum Wirtschaftswachstum in Deutschland beigetragen hat.
Forscher plädieren für schrittweise Anhebung auf 12 Euro
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Solche positiven Impulse sind zur Bewältigung der aktuellen Corona-Krise besonders wichtig. Deshalb ist eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf ein Niveau von 12 Euro ökonomisch und sozial weiterhin absolut vernünftig. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in einer neuen Stellungnahme für die Mindestlohn-Kommission.

„Politik und Ökonomen sind sich einig, dass die Nachfrage in Deutschland nach den Einschränkungen zur Corona-Bekämpfung dringend angekurbelt werden muss“, sagt Prof. Dr. Thorsten Schulten, Tarifexperte des WSI. „Dabei werden Unternehmen direkt oder indirekt mit vielen Milliarden Euro unterstützt. Eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns wäre ein weiterer wichtiger Baustein, ebenso wie die Stärkung der Tarifbindung in Deutschland. Ein deutlich höherer Mindestlohn kommt Beschäftigten zu Gute, die sehr wenig verdienen und zusätzliches Einkommen umgehend ausgeben werden. Forderungen nach einer zurückhaltenden Anpassung oder gar Nullrunde beim Mindestlohn mit Hinweis auf die Corona-Krise sind dagegen fehl am Platze.“

„Es ist in der aktuellen Situation besonders wichtig, die Erwartungen auf Einkommenssteigerungen der privaten Haushalte zu stabilisieren“, erklärt Prof. Dr. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Eine Anhebung des Mindestlohns kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, da von ihm eine Signalwirkung für die gesamte Lohnentwicklung ausgeht.“

Ein Konzept für eine weitere schrittweise Anhebung des Mindestlohns ist nach Analyse der Wissenschaftler umso drängender, weil sich bislang die mit dem Mindestlohn verbundenen Hoffnungen auf eine nachhaltige Reduzierung des Niedriglohnsektors und die Etablierung existenzsichernder Löhne kaum erfüllt haben. Wenn mit dem Mindestlohn beispielsweise auch das Ziel erreicht werden soll, nach langjähriger Beschäftigung eine Rente oberhalb der Grundsicherungsschwelle zu erreichen, hätte er bereits im vergangenen Jahr bei mindestens 11,51 Euro liegen müssen, zeigen Berechnungen der Experten.

Gemessen am mittleren (Median-)Lohn von Vollzeitbeschäftigten lag der deutsche Mindestlohn nach den aktuellsten verfügbaren Daten mit 45,6 Prozent deutlich niedriger als im EU-Durchschnitt (50,7 Prozent). Und anders als in vielen anderen Ländern sank die Quote in den vergangenen Jahren. Ein Mindestlohn bei 60 Prozent des Medians und damit oberhalb der Schwelle, bei der nach verbreiteter wissenschaftlicher Definition von „Armutslöhnen“ gesprochen wird, müsste in Deutschland aktuell 12,21 Euro betragen. In Großbritannien soll diese 60-Prozent-Schwelle nach fünf aufeinanderfolgenden kräftigen Erhöhungsschritten in diesem Jahr erreicht werden, berichten die Forscher von WSI und IMK. 60 Prozent des Medians sind auch die Zielmarke, die derzeit in der Europäischen Union im Hinblick auf eine mögliche europäische Mindestlohninitiative diskutiert werden.

Würde der deutsche Mindestlohn analog auf 12 Euro angehoben, könnten davon schätzungsweise rund 10 Millionen Beschäftigte profitieren und damit mehr als doppelt so viele wie bei der Einführung 2015. Nach Simulationsrechnungen mit dem IMK-Konjunkturmodell hätte die Anhebung positive gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. So fiele langfristig der private Konsum preisbereinigt um 1,4 bis 2,2 Prozent höher aus als ohne Erhöhung. Die Wirtschaftsleistung läge um 0,5 bis 1,3 Prozent höher.

Empirische Erfahrungen mit vergleichbar hohen Mindestlohnzuwächsen sind bislang zwar beschränkt, aber in der Tendenz positiv, zeigen die Forscher. Neben der mehrjährigen Anhebung in Großbritannien und zuletzt kräftigen Erhöhungen in Spanien, die von den Unternehmen gut verkraftet worden seien, stammen empirische Beispiele vor allem aus den Vereinigten Staaten, wo lokale und regionale Mindestlöhne in letzter Zeit zum Teil weit über das landesweite Niveau erhöht wurden. Die vorliegenden Studien aus den USA hätten „gezeigt, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 60 bis 66 Prozent des Medianlohns ohne negative Auswirkungen auf die Beschäftigung möglich ist“, schreiben die Wissenschaftler. „Allerdings sind in den meisten Fällen größere Mindestlohnerhöhungen nicht in einem, sondern in mehreren Schritten durchgeführt worden.“

Um den Unternehmen genügend Anpassungsmöglichkeiten an ein höheres Lohnniveau einzuräumen, wäre es nach der Analyse von WSI und IMK auch in Deutschland sinnvoll, die Erhöhung des Mindestlohns in einem mehrjährigen Stufenplan durchzuführen. Als Beispiel für solch ein Konzept nennen die Experten den im März 2020 abgeschlossenen Tarifvertrag in der Systemgastronomie, der vor allem die großen Fast-Food-Ketten wie McDonald‘s, Burger King usw. umfasst. Die unteren Tariflöhne in dieser traditionellen Niedriglohn-Branche, in die ein hoher Anteil der Beschäftigten eingruppiert ist, haben sich bislang sehr nahe am gesetzlichen Mindestlohn bewegt. Mit dem Tarifabschluss sei nun eine grundlegende Aufwertung gelungen, bei der in mehreren jährlichen Schritten die untersten Tariflöhne bis 2024 auf 11,80 bis 12,00 Euro pro Stunde angehoben werden.

(Text: Hans Böckler Stiftung)

Weniger Steuern im Café und mehr Lohnersatz für Eltern

Das nächste Hilfspaket in der Corona-Krise ist beschlossen - diesmal profitieren berufstätige Eltern, Gastwirte und Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Der Bundesrat billigte am Freitag, 5. Juni, mehrere Steuererleichterungen und längeren Lohnersatz für Mütter und Väter, die wegen der Kinderbetreuung gerade nicht arbeiten können.
Weniger Steuern im Café und mehr Lohnersatz für Eltern
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Die Details:

AUSGLEICH FÜR VERDIENSTAUSFALL: Viele Kinder dürfen weiter nicht jeden Tag in die Kita oder die Schule. Wenn Eltern wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten können, gleicht der Staat einen Teil ihres Verdienstausfalls aus. Dieser Lohnersatz kann jetzt deutlich länger fließen als zunächst geplant: statt bisher 6 künftig bis zu 20 Wochen. Jedes Elternteil bekommt Anspruch auf 10 Wochen Entschädigung, Alleinerziehende auf 20 Wochen.

Der Staat zahlt 67 Prozent des Nettoeinkommens, höchstens aber 2016 Euro im Monat. Bedingung für den Lohnersatz ist, dass die Kinder jünger als zwölf sind und dass es sonst «keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit» gibt. Dabei gilt allerdings eine Betreuung parallel zur Arbeit im Homeoffice derzeit als zumutbar.

Lohnersatz gibt es mit dem Beschluss der Länderkammer auch für die Betreuung von Menschen, die wegen einer Behinderung auf Hilfe angewiesen sind und deren Einrichtungen oder Werkstätten wegen der Pandemie geschlossen sind.

WENIGER STEUERN FÜR RESTAURANTS UND CAFÉS: Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird vorübergehend gesenkt. So sollen Restaurants unterstützt werden, die wegen der Pandemie große Umsatzeinbrüche haben.

Zunächst beschlossen Bundestag und Bundesrat, diese Steuer ab Juli für ein Jahr von 19 auf 7 Prozent zu reduzieren. Durch die Einigung des Koalitionsausschusses auf eine weitgehendere Steuersenkung dürfte das aber schon bald überholt sein. Geplant sind dann folgende Steuersätze: Vom 1. Juli bis 31. Dezember fallen auf Speisen 5 Prozent und auf Getränke 16 Prozent an. Von Januar bis Juni 2021 sind es dann für Speisen 7 und für Getränke 19 Prozent.

Die Opposition hatte kritisiert, diese Hilfe wirke nur, wenn die Restaurants wieder ausreichend Umsatz machten. Außerdem würden Kneipen, Bars und Clubs vergessen, da für Getränke weiter ein höherer Steuersatz gilt.

STEUERFREIE ZUSCHÜSSE: Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld bleiben in diesem Jahr größtenteils steuerfrei. Das bedeutet bares Geld für Millionen Bürger, die wegen der Pandemie gerade in Kurzarbeit sind. Viele Firmen haben angekündigt, das Kurzarbeitergeld ihrer Angestellten aufzustocken - weil besonders Geringverdiener sonst längerfristig kaum über die Runden kommen.

Die Steuerbefreiung gilt laut Gesetz für Zuschüsse «bis 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll- und dem Ist-Entgelt». Konkret bedeutet das etwa bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit einem Nettoeinkommen von 2500 Euro und 40 Prozent weniger Arbeitszeit: Der Staat stockt das übrig bleibende Nettoeinkommen von 1500 Euro zu Beginn der Kurzarbeit mit 600 Euro Kurzarbeitergeld auf. Der Arbeitgeber kann dann bis zu 200 Euro steuerfrei dazugeben.

Auch sogenannte Corona-Prämien, die Arbeitgeber für besondere Leistungen während der Pandemie zahlen, bleiben bis zu 1500 Euro steuerfrei.

SELBSTSTÄNDIGE KÜNSTLER: Die Länder setzen sich dafür ein, dass auch selbstständige Künstler stärker unterstützt werden - das ist allerdings bisher nur ein Vorschlag an die Bundesregierung. Der Bundesrat plädierte am Freitag für einen pauschalen monatlichen Zuschuss, mit dem Einnahmeverluste abgefedert werden sollen. Auch für Kinos sollte es direkte Zuschüsse geben. Die Bundesregierung kann nun entscheiden, ob und wie sie die Anregung aufgreift.

(Text: dpa)

Tuifly will Flotte halbieren und Standorte schließen

Der mit einem staatlichen Milliardenkredit gestützte Reisekonzern Tui will seinen deutschen Ferienflieger Tuifly wegen des hohen Spardrucks in der Corona-Krise um rund die Hälfte verkleinern. Außerdem werden voraussichtlich mehrere Standorte dichtgemacht.
Tuifly will Flotte halbieren und Standorte schließen
Bild: dpa

Das Management habe den Mitarbeitern entsprechende Pläne vorgestellt, erklärte das Unternehmen am gestrigen Freitag (5. Juni). Ziel sei es, die eigentlich vorgesehene Flotte von 39 Jets vom Typ Boeing 737 zu halbieren und Stationen wie Köln, Bremen und Münster-Osnabrück zu schließen. Wie viele Jobs dadurch wegfallen müssen, werde nun Teil der Gespräche zwischen Unternehmensführung und Arbeitnehmervertretern sein.

Die im Aufsichtsrat vertretene Gewerkschaft Verdi betonte, es seien noch keine konkreten Entscheidungen gefallen. Man erwarte aber «harte Schnitte», in der kommenden Woche gebe es Verhandlungen. Für die Kunden soll sich zunächst nichts ändern: Der aktuelle Sommerflugplan von Tuifly für die 2020 verspätet gestartete Saison habe Bestand. «Es ist ein Krisenflugplan, aber es ist wohl schwer vorstellbar, dass da jetzt noch etwas gestrichen wird», hieß es aus dem Konzernumfeld. Das Unternehmen hatte auch den Plan für 2021 vorzeitig freigeschaltet.

Bei Tuifly gibt es rund 2000 Vollzeitstellen, davon 1400 Piloten und Flugbegleiter. Dem Nachrichtensender ntv zufolge stehen die Jobs von 700 Mitarbeitern auf der Kippe, davon 230 in Vollzeit. Der Konzern wollte die Zahlen nicht bestätigen. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) sprach von 700 betroffenen Beschäftigten im Flugdienst, darunter etwa 270 Piloten. Am Freitagmorgen erklärte Vorstandschef Fritz Joussen den Mitarbeitern in einer Videokonferenz die Lage.

Es geht laut Tuifly darum, die verkleinerte Flotte über das ganze Jahr hinweg auszulasten und nicht im reiseschwachen Winter zu viele Flugzeuge zu haben. In dieser Zeit werden etliche Jets auch an andere Anbieter vermietet. «Die Frage ist: Was für eine Flugzeugstruktur brauchen wir? Diese Diskussion müssen wir jetzt starten.»

Arbeitnehmervertreter sehen die Kürzungspläne sehr kritisch - auch angesichts der Tatsache, dass Tui gleichzeitig mit Darlehen der staatlichen Förderbank KfW über 1,8 Milliarden Euro zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit unterstützt wird. «Wenn nun ein mit Steuergeldern finanzierter Arbeitsplatzabbau kommen sollte, wäre das schon ein starkes Stück», sagte ein Gewerkschafter der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist völlig unklar, wie das funktionieren soll.»

Die VC befürchtet drastische Folgen durch die Standortschließungen. «Das wäre sehr bitter», hieß es - selbst wenn Jobs gerettet werden könnten, würden sich so vermutlich der Pendelaufwand vieler Kollegen vergrößern. Tuifly gehe offenbar davon aus, dass der touristische Flugverkehr sich erst in zwei bis drei Jahren erhole. Mit Blick auf die schon gewährte Staatshilfe erklärte die Gewerkschaft: «Auch das ist bitter. Es zeigt aber auch, wie stark Reisekonzerne von Corona betroffen sind. Die müssen an allen Ecken und Enden sparen.» Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo zeigte sich «schockiert» von dem Plan.

Joussen hatte den KfW-Kredit mit einer Laufzeit bis Mitte 2022 als entscheidende Hilfe bezeichnet. Der Abfluss an Liquidität war wegen des fast komplett ruhenden Geschäfts im Frühjahr zuletzt beträchtlich. Einem Bericht des Online-Wirtschaftsmagazins «Business Insider» zufolge soll Tui nun weitere Hilfsanträge erwägen, das Unternehmen wollte dies nicht kommentieren. Im Konzern sollen laut bisherigen Plänen schon 8000 Stellen vor allem im Ausland wegfallen.

Das Geschäft von Tuifly ist wie bei anderen Fluggesellschaften durch die Corona-Krise praktisch weggebrochen. Bis zu sieben der Tuifly-Maschinen waren bisher für die Lufthansa-Tochter Eurowings im Einsatz. Diese Verträge laufen aber aus, und auch Eurowings selbst verkleinert seine Flotte. Tuifly wolle sich nun «verstärkt auf das reine Tui-Geschäft konzentrieren», wie es hieß.

Die Airline ist vor allem als Zubringer für eigene Konzernangebote wie Pauschalreisen oder Kreuzfahrten im Einsatz, die Abhängigkeit von externen Veranstaltern soll weiter verringert werden. Tui hat darüber hinaus mit dem Flugzeugbauer Boeing ausgehandelt, bestellte neue Maschinen vom Typ 737 Max erst später abnehmen zu müssen.

Am 17. Juni will Tuifly den Ferienflugbetrieb wieder aufnehmen. Der ursprünglich geplante Start eines eigenen Langstreckenangebots liegt nun aber auf Eis. Eigentlich wollte Tuifly Urlauber von November an mit zwei Jets vom Typ Boeing 787 «Dreamliner» nach Mexiko und in die Dominikanische Republik bringen. Dies sei angesichts der Corona-Krise aber derzeit nicht sinnvoll, hieß es aus dem Unternehmen.

(Text: dpa)

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