Aufgrund der Corona-Pandemie stehen sogenannte versorgungsrelevante Tätigkeiten stark im Fokus der öffentlichen Debatte. Eine einheitliche Diskussionsgrundlage, welche Berufe „versorgungsrelevant“ sind, fehlte bislang, da sich die vorliegenden Listen für „Kritische Infrastrukturen (KRITIS)“ auf Branchen beziehen. Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) grenzte in seiner aktuellen Studie „Versorgungsrelevante Berufe in der Corona-Krise“ erstmals Berufe unter der Berücksichtigung von Wertschöpfungsketten ab. Bisher standen lediglich Berufe im Fokus, die als unmittelbar relevant für kritische Infrastrukturen gesehen wurden. Dazu zählten beispielsweise Tätigkeiten im Gesundheitswesen oder im Lebensmitteleinzelhandel, bei deren Ausfall nachhaltige Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen befürchtet werden. Mittelbar relevante Berufe wurden vernachlässigt, obwohl diese Teil versorgungsrelevanter Wettschöpfungsketten sind. So benötigen Krankenhäuser nicht nur Ärzte und Pfleger, sondern auch medizinische Geräte, Materialien und funktionierende Gebäudetechnik, die hergestellt und instandgehalten werden müssen. Ausgehend von den unterschiedlichen KRITIS-Branchenlisten von Bund und
Ländern arbeitete das KOFA-Autorenteam 501 „versorgungsrelevante“ Berufe heraus. Für diese Berufe wurden in einer Corona-spezifischen Arbeitsmarktanalyse vorhandene und drohende Engpässe identifiziert.
Die größte Corona-Fachkräftelücke liegt demnach für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe vor. Bereits vor der Corona-Krise bestanden hier Fachkräfteengpässe. Nun könnten im Zuge der Pandemie aufgrund von Corona-bedingten Mehrbedarfen, erhöhten Krankenständen und geringen Aktivierungspotenzialen zusätzlicher Fachkräfte bis zu 163.000 Krankenpfleger fehlen. Zudem ist denkbar, dass mit bis zu 18.000 fehlenden Spezialisten für Fachkrankenpflege, etwa auf Intensivstationen, der Mangel in diesem Bereich noch gravierender ausfallen könnte. Aufmerksamkeit gebührt jedoch auch den Berufen jenseits des Gesundheitsbereichs - auch hier fehlen viele Fachkräfte. So benötigen öffentliche Verwaltungen oder auch Banken zusätzliches Personal zur Umsetzung der bereits beschlossenen Corona-Hilfen. Perspektivisch könnten allein an dieser Stelle über 150.000 Fachkräfte fehlen. Wichtig sind zudem viele technische Berufe, beispielsweise in der Papier- und Verpackungstechnik.
„Um die Fachkräfteversorgung in versorgungsrelevanten Berufen sicherzustellen, sollten kurzfristig Arbeitskräfte aktiviert werden, die für die Herstellung der teils lebenswichtigen Güter und Dienstleistungen zwar qualifiziert, aber aktuell nicht mit deren Erstellung oder Erbringung beschäftigt sind“, empfiehlt Dirk Werner, Leiter des KOFA. Dieser veränderte Einsatz von benötigten Fachkräften könne durch die Bereitstellung von passgenauen Informationen über Bedarfe und Rahmenbedingungen sowie durch verstärkte Anreize für Arbeitskräfte und Arbeitgeber erleichtert werden.
(Text: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.)
Im Rahmen des heute durchgeführten Tarifpartnergipfels hat der Konzernvorstand über die aktuelle Lage der Lufthansa informiert. Dort unterstrich VC-Präsident Markus Wahl die Bereitschaft der Piloten, notwendige Sparmaßnahmen zu unterstützen, sollte die Lufthansa den Weg gemeinsam mit dem Cockpitpersonal beschreiten.
„Die Piloten der Lufthansa, Lufthansa Cargo, Lufthansa Aviation Training und Germanwings bekennen sich zu ihrer Verantwortung. Wir haben deshalb dem Konzernvorstand neben einer kurzfristig wirkenden zusätzlichen Absenkung des Kurzarbeitsgeldes eine signifikante Lohnkostenreduzierung bis zum 30.06.2022 angeboten. Für den einzelnen Piloten bedeutet dies ein bis zu 45% niedrigeres Gehalt gegenüber den vergangenen Jahren.“, so Wahl.
Die Zugeständnisse belaufen sich auf gut 350 Millionen Euro und stellen einen maßgeblichen Beitrag zur Überlebensfähigkeit des Unternehmens dar. Voraussetzung für das Angebot ist, dass sich der Konzernvorstand im Gegenzug zu seinen Mitarbeitern bekennt und alles tut, um die Krise gemeinsam mit diesen sozialpartnerschaftlich zu überwinden; auch ein Schutzschirmverfahren erfüllt diese Anforderungen nicht.
„Wir haben immer gesagt, dass wir uns als Personal im oberen Vergütungsbereich zu unserer besonderen Verantwortung bekennen, in guten wie in schlechten Zeiten, auch wenn dies schmerzhafte Einschnitte bedeutet. Hier ist nun der Beweis.“, so Wahl weiter. „Wir hoffen, dass wir gemeinsam mit dem Lufthansa-Management das Unternehmen zu alter Stärke zurückführen können. Wichtig ist, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben und ein Kündigungsschutz vereinbart wird.“
Bereits 1992 hatten die Lufthansa-Piloten durch Zugeständnisse in Höhe von ca. 30% geholfen, das Unternehmen vor dem „Aus“ zu retten.
(Text: Vereinigung Cockpit)
«Wenn es wieder bergauf geht, werden ihnen diese Fachkräfte fehlen.» Anstatt nun die alte Melodie «Wir müssen den Gürtel enger schnallen» zu bedienen, müsse mit ordentlichen Löhnen die Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten gesichert werden.
«Dazu gehört auch ein armutsfester Mindestlohn - und der liegt bei 12 Euro die Stunde», sagte Hoffmann. «Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn Unternehmen ihre Bonizahlungen und Dividenden streichen und stattdessen ordentlich in die Zukunft investieren.» Derzeit liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 9,35 Euro.
«Wir sind gut gerüstet, um gemeinsam gut aus der Krise zu kommen», betonte der DGB-Chef. «Unser starker Sozialstaat und die Solidarität der Menschen helfen Wirtschaft und Beschäftigten in der Krise.» Auch die milliardenschweren Rettungsprogramme seien richtig. Die damit einhergehende höhere Staatsverschuldung sei zu verkraften. «Wer jetzt nur von Belastungen redet, ignoriert, dass alle Staatshilfen für Unternehmen und Leistungen für die Menschen ja gerade darauf ausgerichtet sind, dauerhafte Schäden der Krise abzuwenden.»
Wegen der Corona-Epidemie verzichteten die Gewerkschaften diesmal auf die traditionellen Mai-Kundgebungen. Unter dem Motto «Solidarisch ist man nicht alleine» wurde der Tag der Arbeit aber via Internet gefeiert. «Solidarität bedeutet in diesem Jahr: Abstand halten», sagte Hoffmann.
Hoffmann erläuterte, das Herunterfahren der Wirtschaft werde auch am Arbeitsmarkt Spuren hinterlassen. «Das Kurzarbeitergeld wird aber verhindern, dass die Zahl der Arbeitslosen durch die Decke schießt.» Es sei richtig, dass Firmen dies nutzten und Beschäftigung sicherten. Wie viele Arbeitslose es letztendlich geben werde, hänge davon ab, wie rasch das Infektionsrisiko in den Griff komme und wie erfolgreich eine behutsame Rückkehr zum normalen sozialen und wirtschaftlichen Leben gelinge. Zum Ankurbeln der Wirtschaft werde entscheidend auch ein zielgerichtetes, nachhaltiges Konjunkturprogramm beitragen.
Auch der Chef der IG Metall, Jörg Hofmann, rief die Arbeitgeber auf, Beschäftigung in der Corona-Krise zu sichern. Jetzt müsse sich Sozialpartnerschaft bewähren, sagte Hofmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. «Die Krise lässt sich nur zusammen mit den Beschäftigten überwinden und mit Investitionen in die Zukunft.»
Verdi-Chef Frank Werneke beklagte im SWR-Interview der Woche, dass in der Corona-Krise wichtige Arbeitnehmerrechte ausgehebelt werden. Das Arbeitszeitgesetz etwa sei momentan ausgesetzt, was 12-Stunden-Schichten ermögliche. Das könne nicht so bleiben.
(Text: dpa)
«Das war ein deutlich vernehmbares Zeichen, das uns sehr freut», sagte der Sprecher des Verbandes Deutscher Reeder in Hamburg der Deutschen Presse-Agentur. In der Hansestadt haben trotz des eigentlich arbeitsfreien Tages Schlepper, Kreuzfahrtschiffe, Containerschiffe, Museumsschiffe und Frachtschiffe aller Art pünktlich um 12.00 Uhr für mehrere Sekunden gemeinsam laut getutet.
Mit der weltweiten Aktion wollen die Reeder zudem darauf aufmerksam machen, dass die Seeleute wegen der Corona-Pandemie enormen Belastungen ausgesetzt seien. So sind auch wegen der Ausgangsrestriktionen in den Häfen und der verbotenen Auslandsreisen derzeit beispielsweise keine Crew-Wechsel möglich. Etwa 150 000 Seeleute warteten weltweit nach ihrem mehrmonatigen Einsatz gerade darauf, dass sie endlich - wie geplant - abgelöst werden, sagte der Sprecher. Stattdessen aber arbeiten sie weiter.
(Text: dpa)
In den vergangenen Wochen hat die IG Metall viel für die Menschen erreicht. Trotz der tiefen wirtschaftlichen Krise und des kompletten Stillstands ganzer Branchen konnte In den Betrieben flächendeckend Kurzarbeit durchgesetzt und damit Entlassungen bis heute weitgehend vermieden werden. Auch die Tarifabschlüsse sichern Arbeitsplätze und Einkommen von Millionen von Beschäftigten. Daneben drängte die IG Metall die Regierung zum entschiedenen Handeln. Beispielhaft genannt seien die tarifliche und gesetzliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, die Verlängerung des Arbeitslosengelds, Hilfspakete für Betriebe und Unternehmen sowie Standards zum Gesundheitsschutz. Diese Maßnahmen sind eingeflossen in die verbindlichen, vom Bundesarbeitsministerium beschlossenen Standards zum Gesundheitsschutz. Hofmann: „Einmal mehr bewährt sich die Rolle mitgliederstarker Gewerkschaften in Krisenzeiten als fester ökonomischer und gesellschaftlicher Stabilitätsanker. Die Krise zeigt, dass Politikansätze falsch sind, die der Devise folgen, dass jeder am besten alleine zurechtkommt.“
Die Krise hat sich tief in die Gesellschaft hineingefressen. Mehr als 700.000 Betriebe haben inzwischen Kurzarbeit angemeldet. Hofmann: „Diese tiefste wirtschaftliche Rezession in Folge der Pandemie wird uns noch Monate beschäftigen. Jetzt muss sich die Sozialpartnerschaft bewähren. Es geht darum, mit den heute Beschäftigten die Krise zu überwinden und in eine nachhaltige Zukunft zu investieren.“
Die Beschäftigten haben mit dem Abbau von Arbeitszeitkonten oder der Einbringung von Urlaubstagen, aber auch mit Gehaltseinbußen bei Kurzarbeit in vielen Betrieben einen Beitrag zur Krisenbewältigung geleistet. “Ohne diese Beiträge der Beschäftigten wären viele Betriebe schon heute insolvent oder im schwierigen Fahrwasser. Wir erwarten von den Arbeitgebern jetzt Verantwortung für Beschäftigung und Standorte, statt Entlassung und Verlagerung“, sagte Hofmann.
Der IG Metall-Vorsitzende fordert eine Debatte darüber, welche Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Mittel für Hilfsprogramme angewendet werden. „Unternehmen, die Staatshilfen in Anspruch nehmen, dürfen darüber nicht Personalabbau und Sozialpläne finanzieren. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass es bei der Inanspruchnahme der Hilfsprogramme keine Abstriche bei Vorstandsgehältern und Dividenden gibt.“
Hofmann kritisiert auch, dass Arbeitgeber gegen ein höheres Kurzarbeitergeld zu Felde ziehen und sich gleichzeitig bei Kurzarbeit die gesamten Sozialversicherungsbeiträge, also auch den Arbeitnehmeranteil, erstatten lassen. „Die Beschäftigten haben mit ihren Beiträgen diese Entlastung der Unternehmen mitfinanziert und verlangen jetzt auch Unterstützung.“
Die Corona-Krise überwinden und zugleich den ökologischen und digitalen Strukturwandel angehen: Vor dieser doppelten Herausforderung stehen Politik und Wirtschaft. Hofmann: „Diese anspruchsvolle Aufgabe ist nur mit mehr Investitionen zu bewältigen. Deshalb brauchen wir ein Konjunkturproramm, um am Ausgang der Krise Wachstumsimpulse zu setzen. Wir müssen die Energie- und Verkehrswende voranbringen, den Umstieg auf alternative Antriebe beschleunigen und die Infrastruktur ausbauen. Ein solches Konjunkturprogramm muss auf europäischer Ebene koordiniert werden.“
Dazu gehören auch Überlegungen, wie die europäische Leitbranche der Automobilindustrie wieder Fahrt aufnehmen kann. „Wir werden an Kaufprämien nicht vorbeikommen. Neben einer fairen Aufteilung zwischen staatlicher Hilfe und Beiträgen der Automobilhersteller sollte diese so ausgestaltet sein, dass sie einen Beitrag leistet zur Senkung der CO2-Emissionen und zur Unterstützung der Beschäftigung bei Zulieferern und Herstellern. Das verlangt Technologieoffenheit.“
(Text: IG Metall)
751 000 Unternehmen haben bis Ende April für 10,14 Millionen Menschen Kurzarbeit angemeldet. Weit mehr, als Volkswirte prognostiziert hatten. «Das ist eine Zahl, die uns auch ein bisschen hat den Atem stocken lassen», sagte Scheele. Aber hinter diesen 10,14 Millionen Namen steckten Menschen, deren Arbeitsplatz erhalten werde.
Damit könnte nicht nur jedes dritte dazu berechtigte Unternehmen von Kurzarbeit betroffen sein, sondern auch fast jeder dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland. In der Gastronomie - einer der am stärksten betroffenen Branchen, ist sogar für neun von zehn Beschäftigten Kurzarbeit angemeldet worden.
Die Bundesagentur geht davon aus, dass am Ende nicht alle Personen, für die ein Antrag gestellt wurde, tatsächlich Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen. Valide Schätzungen gibt es nicht, da die Situation nicht mit einer konjunkturellen Krise vergleichbar ist. Unklar sei auch, wie lange und zu welchem Prozentsatz die Kurzarbeit am Ende erfolge. Die Bundesregierung hat beschlossen, das Kurzarbeitergeld aufzustocken und damit künftig nicht mehr nur 60 Prozent des Netto-Ausfalls zu ersetzen, sondern bis zu 80 Prozent, für Eltern bis zu 87 Prozent. Die Aufstockung koste zwischen 1 und 1,5 Milliarden Euro, sagte Scheele.
Trotz der enorm hohen Kurzarbeitsanzeigen ist die Zahl der Arbeitslosen - untypisch für einen April - um 308 000 im Vergleich zum März auf 2,644 Millionen gestiegen. Damit liegt sie um 415 000 höher als im April 2019. Saisonbereinigt waren im April 373 000 Menschen mehr ohne Job - ein Anstieg wie nie zuvor um die Jahreszeit. Die Arbeitslosenquote kletterte um 0,7 Punkte auf 5,8 Prozent. Massenentlassungen aber finden nicht statt, die Unternehmen halten Mitarbeiter und überbrücken die Krise mit Kurzarbeit.
Im Krisenjahr 2009 waren in der Spitze 1,44 Millionen Menschen in Kurzarbeit - der bisherige Rekord. Im Gesamtjahr 2009 summierte sich die Zahl auf 3,3 Millionen. Dies wird nun weit übertroffen. Die Bundesagentur geht in ihrem Negativszenario davon aus, dass es in der Spitze bis zu acht Millionen Kurzarbeiter werden und der Jahresdurchschnitt bei gigantischen 2,8 Millionen liegen wird. Zusätzlich könnte die Zahl der Arbeitslosen um 200 000 im Jahresdurchschnitt steigen.
In diesem Szenario würde die Rücklage von 26 Milliarden Euro nicht reichen. «Wir hätten einen Finanzbedarf zwischen vier und fünf Milliarden Euro aus den Mitteln des Bundes in diesem Jahr», sagte Scheele. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände und Co-Vorsitzender im Verwaltungsrat der Bundesagentur, übte Kritik an der aus seiner Sicht allzu großzügigen Arbeitsmarktpolitik. «Durch politische Entscheidungen schmilzt allerdings die Rücklage der Bundesagentur für Arbeit schneller als Schnee in der Sahara», betonte Kampeter. «Politik, die heute gefallen will und das Morgen dabei völlig aus den Augen verliert, ist von geringer Substanz und hat eine noch geringere Halbwertszeit bis zum politischen Offenbarungseid.»
Detlef Scheele, in seiner bisherigen Amtszeit als Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit eher an positive Meldungen gewöhnt, ist sichtlich mitgenommen, als er in Nürnberg die Aprilzahlen verkünden muss. Noch nie in der Nachkriegsgeschichte habe er oder einer seiner Vorgänger im Amt mit solchen Zahlen vor die Presse treten müssen, sagte Scheele.
«Die Corona-Krise dürfte in Deutschland zur schwersten Rezession der Nachkriegszeit führen», betonte er: «Schlimmer war es nie.» Dadurch gerate auch der Arbeitsmarkt stark unter Druck. Nicht so sehr, weil es in großem Stil zu Entlassungen gekommen sei. Eher, weil es kaum noch offene Stellen gebe und weil arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie etwa Qualifizierungen gar nicht erst hätten beginnen können.
«Das arbeitsmarktpolitische Geschehen ist praktisch zusammengebrochen», sagte Scheele. Im April 2020 waren nur noch 626 000 unbesetzte Stellen bei den Arbeitsagenturen gemeldet, 169 000 weniger als noch vor einem Jahr. Saisonbereinigt sei die Zahl der offenen Stellen um 66 000 nach unten gegangen.
Vermittlungen fänden kaum mehr statt. Die Vermittler würden jetzt Anträge auf Kurzarbeit bearbeiten. Insgesamt sind mit dieser Tätigkeit derzeit nicht wie üblich 700 sondern 9000 Menschen betraut - neben den Bediensteten der Arbeitsagenturen auch Freiwillige des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der Deutschen Rentenversicherung und der Deutschen Post.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil würdigte - ebenso wie IG-Metall-Chef Jörg Hofmann - das in Deutschland zur Verfügung stehende Instrument der Kurzarbeit - auch im Vergleich zu anderen Nationen. «Kurzarbeit sichert Millionen Arbeitsplätze», sagte Heil. In den USA hätten in den vergangen fünf Wochen mehr als 26 Millionen Menschen ihren Job verloren hätten. Die Entwicklung zeige: «Wir können zwar auch in unserem Land nicht für jeden Arbeitsplatz garantieren, aber wir werden um jeden Job kämpfen», sagte Heil.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) versicherte, die Regierung werde auch weiterhin alles tun, um Unternehmen und Arbeitsplätze zu sichern. «Ich habe ganz bewusst die Bazooka herausgeholt. Unser Ziel ist es, dass Unternehmen und Arbeitsplätze einigermaßen heil durch diese Zeit kommen», sagte Scholz mit Blick auf die Bereitstellung von Steuergeld.
Ob der mit gigantischen Summen geführte Kampf tatsächlich Insolvenzen und damit neue Arbeitslose verhindern kann, ist dennoch nicht sicher. «Das kommt darauf an, wie lange es dauert», sagte Scheele. Der Erfolg hänge von Entscheidungen ab, die Virologen und Politiker treffen müssten. Knackpunkt sei die Öffnung von Schulen und Kindergärten. «Die Wirtschaft kann nur anspringen, wenn Eltern zur Arbeit gehen können», betonte er. Und die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Annelie Buntenbach, warnt: «Der Damm Kurzarbeit hält und wir müssen alles dafür tun, dass er nicht bricht.»
(Text: Michael Donhauser, dpa)
„Jeder Erkrankte, jeder Tote ist einer zu viel. Gerade im Zeichen der Corona-Krise darf der Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht vernachlässigt werden. Wer Beschäftigte im Arbeitskontext effektiv schützt, trägt nicht nur zur Unversehrtheit des Einzelnen und seiner Familien bei, sondern sichert auch die Arbeitsfähigkeit von Organisationen, Unternehmen und ganzer Branchen. Es ist ausgesprochen beunruhigend, dass es knapp 9.000 Corona-Fälle unter den Beschäftigten im medizinischen Bereich gibt, das sind knapp 6 Prozent aller Infektionen.
Klar ist: Guter Arbeits- und Gesundheitsschutz funktioniert nur mit Einbindung der betrieblichen Interessensvertretungen. Die betriebliche Mitbestimmung muss ausgebaut und Betriebsräte, Personalräte, Schwerbehindertenvertretungen müssen in allen Angelegenheiten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes stärker einbezogen werden. Zentrales Instrument für die Identifizierung, Bewertung und Ableitung von notwendigen Maßnahmen für einen wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutz ist und bleibt die umfassende Gefährdungsbeurteilung.“
(Text: DBG)
„Umso unverständlicher ist es, dass die Bundesregierung mit ihrem arbeitsmarktpolitischen Kurs nach einigen klugen Entscheidungen zu Beginn der Krise nun die falsche Richtung einschlägt“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, deren Ausgestaltung sowohl die Bundesagentur für Arbeit als auch die Unternehmen mit zusätzlicher Bürokratie belastet, ist nur ein gravierendes Beispiel dafür, die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I ein weiteres. „Auch wenn die Maßnahmen befristet sind, wecken sie doch Begehrlichkeiten, die weit über die Corona-Zeit hinaus die Sozialkassen in erheblichem Umfang belasten werden“, warnt Brodtmann.
Die hohe Zahl an Kurzarbeitern und die wachsende Zahl an Arbeitslosen werden sich auch nach einer schrittweisen Aufhebung der Corona-Beschränkungen nicht einfach in Luft auflösen. Gerade in international aufgestellten Industrien werden viele Lieferketten noch lange Zeit brüchig bleiben. Viele Unternehmen müssen erst mühsam ihre Marktposition zurückgewinnen, nicht jeder Arbeitsplatz wird gerettet werden. „Für weitere Belastungen der Unternehmen ist deshalb kein Platz.“
Maschinenbau nutzt Homeoffice-Regelungen: Dazu gehört auch der Plan des Arbeitsministers, einen Rechtsanspruch auf Homeoffice weit über die Corona-Krise hinaus einzuführen“, kritisiert der VDMA-Hauptgeschäftsführer. Im Maschinenbau wäre ein solches Gesetz auch überflüssig. Nach einer VDMA-Umfrage haben mindestens 56 Prozent der Unternehmen Homeoffice-Regelungen, weitere 14 Prozent haben solche Regelungen in Planung. Die Folgekosten eines gesetzlichen Anspruchs wären immens. Denn die Unternehmen müssten unter Umständen anteilig Kosten für Wohnen, Energie und digitale Infrastruktur übernehmen, die den Beschäftigten zuhause entstehen. Homeoffice wirft darüber hinaus zahlreiche Fragen des Arbeitsschutzes und des Versicherungsrechts auf. „Ganz abgesehen davon, stellt ein solcher Rechtsanspruch einen erheblichen Eingriff in bestehende Arbeitsverträge und die Organisationshoheit der Unternehmen dar“, erläutert Brodtmann.
„Gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften muss es nun sein, unser Wirtschafts- und Sozialgefüge möglichst unbeschadet durch die Krise zu bringen. Die Corona-Pandemie ist der völlig falsche Zeitpunkt, um die endgültige Rückabwicklung früherer äußerst erfolgreicher Arbeitsmarkt- und Sozialreformen einzuläuten, von der mancher Gewerkschafter oder Sozialpolitiker immer noch träumen mag“, resümiert der VDMA-Hauptgeschäftsführer.
(Text: VDMA)
«Die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird daher steigen», lautet die Schlussfolgerung der Wirtschaftsforscher. Die Entwicklung dürfte alle Bereiche der deutschen Wirtschaft betreffen. Demnach sollte es auch im Dienstleistungssektor erstmals seit der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 wieder zu Entlassungen kommen.
In der Industrie erwarten die Forscher, dass sich der Trend rückläufiger Mitarbeiterzahlen, der bereits vor der Corona-Krise eingesetzt habe, verstärkt fortsetzen werde. Auch im Handel dürfte die Zahl der Mitarbeiter sinken, wobei die Ifo-Forscher die Supermärkte als einzige Ausnahme bezeichneten. «Auch der zuletzt boomende Bausektor kann sich der negativen Beschäftigungsdynamik nicht mehr entziehen», hieß es weiter in der Mitteilung.
Das Ifo-Beschäftigungsbarometer basiert auf etwa 9000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, der Baubranche, des Groß- und Einzelhandels sowie des Dienstleistungssektors.
Der deutsche Arbeitsmarkt hatte sich vor der Corona-Krise robust gezeigt. In den Jahren seit 2010 war die Arbeitslosenquote in der Tendenz gefallen. In diesem Zeitraum hat sich die Quote von etwa 8 Prozent auf zuletzt 5,1 Prozent im März verringert.
(Text: dpa)
In Folge prägt Kurzarbeit die Beschäftigungssituation in weiten Teilen der Branchen. 70,4 Prozent der Betriebe haben Kurzarbeit für mindestens einen Teil ihrer Beschäftigten angemeldet. In diesen Betrieben arbeiten gut 2 Millionen Beschäftigte. Hier könnte mit dem Öffnen der Vertriebswege ein Rückgang der Kurzarbeit etwa im Kfz-Handwerk oder in der Textil- und Möbelindustrie erhofft werden.
Die Mehrzahl der Betriebe (1.668 Betriebe) plant Kurzarbeit für mehr als drei Monate, davon sind rund 717.000 Beschäftigte betroffen. Für gut eine Million Beschäftigte beträgt die geplante Dauer der Kurzarbeit bis zu drei Monate. Ob diese Zeitspanne ausreicht, ist aber ebenfalls von der weiteren konjunkturellen Entwicklung geprägt. 57 Prozent der Betriebe reduzieren die Arbeitszeit über 50 Prozent, das betrifft rund eine Million Beschäftigte. Kurzarbeit 0 haben dabei 27 Prozent der Betriebe, das betrifft rund 500.000 Beschäftigte.
Nur in einem Teil der Betriebe (61,6 Prozent) gibt es tarifvertraglich oder betrieblich vereinbarte Aufstockungen auf das Kurzarbeitergeld. Diese sind teilweise zeitlich befristet und reichen in 25 Prozent der Betriebe nur bis Juni dieses Jahres. Die jetzt beschlossene Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ist daher dringend notwendig und hätte für viele Beschäftigte schon früher einsetzen müssen.
Die klare Orientierung auf Kurzarbeit trägt auch in dieser Krise zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit bei. Der Abbau von Stammbelegschaften spielt bisher nur für einen geringen Teil der Unternehmen eine Rolle, jedoch wurden in großem Umfang Leiharbeiter abgemeldet (37,5 Prozent), Werkverträge gekündigt (14,8 Prozent) und befristete Arbeitsverträge nicht verlängert (31,8 Prozent). Ein Signal der Zuversicht sendet die Angabe von einer sehr geringen Zahl von Betrieben (4,0 Prozent), die Anzahl der Ausbildungsplätze infolge der Corona-Krise reduzieren zu wollen. Die Position der IG Metall wird damit bestätigt: Die momentane Situation darf nicht dazu führen, Ausbildungsplätze abzubauen oder gar bestehende Verträge zu lösen.
Die Befragungsergebnisse zur Liquidität zeigen: In fast 10 Prozent gibt es bereits akute Engpässe. Dies betrifft rund 130.000 Beschäftigte. Das ist ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber der Befragung vom Monatsanfang. Weitere 15,1 Prozent der Betriebe rechnen damit in den kommenden vier bis sechs Wochen. Damit wären 220.000 Beschäftigte betroffen. Für Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, ein Alarmsignal: „Der Schritt der Bundesregierung, Liquiditätshilfen in großem Umfang bereitzustellen war richtig. Diese müssen nun schnell und unbürokratisch bei den Betrieben ankommen. Neben den Engpässen bei der Liquidität verstärkt sich aber Woche für Woche bei einigen Betrieben die Eigenkapitalschwäche. Hier muss der Wirtschaftsstabilisierungsfonds auch durch direkte Beteiligungen an Unternehmen stützen. Die IG Metall verfolgt daneben weiter das Ziel, über ergänzende Fondsmodelle Betriebe und Beschäftigte zu schützen. Insolvenzen und der Ausverkauf deutscher Industrieunternehmen muss soweit möglich verhindert werden.“
Die Befragung zeigt, wie sehr die Corona-Krise die Wirtschaft im Griff hat. Neben den Liquiditätshilfen führt mittelfristig auch an einem Konjunkturprogramm deshalb kein Weg vorbei. Jörg Hofmann: „Ein Konjunkturprogramm muss so zugeschnitten sein, dass zum Ende der Krise Wachstumsimpulse gesetzt und die ökologische Transformation vorangebracht werden. Da gibt es viel zu tun: Für die Mobilitäts- und Energiewende sind enorme Investitionen, vom Ausbau der Infrastruktur bis zu synthetischen Kraftstoffen und der Umstellung auf klimafreundliche Antriebe, nötig.“
(Text: IG Metall)