Lokführer sind die begehrtesten Arbeitskräfte

Lokführer sind vor Altenpflegern und Klempnern die begehrtesten Fachkräfte in Deutschland. Dies zeigt eine Auswertung von Daten der Bundesagentur für Arbeit durch das gemeinnützige Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene. Demnach hat sich der Fachkräftemangel bei Lokführern 2019 verschärft. Im Jahresdurchschnitt standen 100 offenen Stellen nur noch 25 als arbeitssuchend gemeldete Lokführer gegenüber. Ein Jahr zuvor lag das Verhältnis bei 100 zu 28.
Lokführer sind die begehrtesten Arbeitskräfte
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Selbst bei Altenpflegern ist der Engpass geringer: Selbst bei den gefragten Altenpflegern konnten Arbeitgeber im vergangenen Jahr auf mehr Interessenten zurückgreifen – nämlich auf 27 Arbeitssuchende pro 100 offene Stellen. Bei Klempnern lag die Quote bei 46 und zeigt damit eine deutlich weniger angespannte Arbeitsmarktlage als bei Lokführern an. Aktuell führt Schienenjobs.de, die führende Online-Stellenbörse der Branche, bundesweit über 500 Stellenangebote allein für Lok- und Triebfahrzeugführer auf. Sie wird gemeinsam von der Allianz pro Schiene und der Agentur index betrieben.

Fachkräftemangel darf Aufschwung der Schiene nicht behindern: „Der Fachkräftemangel hat das Potential, den Aufschwung der kunden- und klimafreundlichen Schiene in Deutschland zu gefährden“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. „Deshalb brauchen wir jetzt auch die Unterstützung der Politik, um mehr Menschen für die Zukunftsberufe in der Schienenbranche zu gewinnen.“ Flege rief die Bundesregierung auf, als ersten Schritt die Benachteiligung der Schiene bei der staatlichen Ausbildungsförderung zu beenden. Derzeit stellt der Bund pro Jahr dem Straßengüterverkehr 125 Millionen Euro für die Aus- und Weiterbildung bereit und der Binnenschifffahrt immerhin 2,5 Millionen Euro. Die Unternehmen des Schienenverkehrs dagegen gehen leer aus und kommen für die Aus- und Weiterbildung ihres Personals komplett selbst auf. „Der Bund muss sich stärker bei der Ausbildung von Lokführern engagieren“, so Flege.

Branche bietet spannende Aufgaben und sichere Arbeitsplätze: Der Fachkräftemangel trifft die Schiene stärker als andere Branchen, weil der Sektor und damit der Personalbedarf stark wächst. Im Vierjahreszeitraum von 2015 bis 2018 ist die Beschäftigtenzahl in der Bahnbranche nach Berechnungen der Allianz pro Schiene um fast ein Zehntel gestiegen – mit stark steigender Tendenz. „Die Eisenbahnunternehmen schaffen seit Jahren im großen Stil zusätzliche Arbeitsplätze, um den Fachkräftebedarf zu decken“, so Flege. „Die angespannte Personallage steht also auch für eine Erfolgsstory. Inzwischen ist der Arbeitsmarkt aber leergefegt. Die Schienenbranche braucht jetzt mehr junge Leute und Umsteiger.“ Die Perspektiven für Arbeitnehmer sind in der Branche glänzend. „Wer eine spannende und sinnvolle Tätigkeit sucht und auch noch einen sicheren Arbeitsplatz mit Zukunft wünscht, sollte sich für die Eisenbahn entscheiden“, betonte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.

(Text: Allianz pro Schiene)

Airbus-Betriebsrat bangt

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will in den kommenden Wochen über die Nachfolge des Kampfflugzeugs Tornado entscheiden. Der Betriebsratschef der Airbus-Rüstungssparte, Thomas Pretzl, warnt vor einer Entscheidung für die amerikanische F-18 und gegen den Eurofighter: «Mit dem Kauf der F-18 riskiert man die Zukunft der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Die technischen Kompetenzen bei uns wären weg. Die USA hätten den Markt für sich.»
Airbus-Betriebsrat bangt
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Laut Airbus arbeiten in Deutschland rund 25 000 Menschen am Eurofighter, Zulieferbetriebe eingeschlossen. Deutschland und Frankreich haben zwar vereinbart, gemeinsam ein «Luftkampfsystem der Zukunft» (FCAS) mit Kampffliegern, vernetzten Drohnen und Satelliten zu schaffen, das 2040 einsatzfähig sein soll. «Aber wir brauchen die technologische Brücke vom Eurofighter zum FCAS,» sagte Pretzl. Wenn FCAS wackele und die Bundesluftwaffe US-Flugzeuge kaufe, «dann war's das». FCAS sei nicht bloß ein neuer Kampfflieger, «das ist eine neue Dimension», mit Datencloud und Künstlicher Intelligenz. Auch Spanien würde sich beteiligen, andere europäische Staaten seien interessiert.

Das Projekt wird ab heute (14. Februar) auch Thema bei der Münchner Sicherheitskonferenz sein, auf der Kramp-Karrenbauer, der französische Präsident Emmanuel Macron und US-Außenminister Mike Pompeo erwartet werden.

Die Bundesluftwaffe hat derzeit 90 Tornados - darunter 20 Tornados, die von den USA als Träger von US-Atombomben zertifiziert sind. Da ein Teil der deutschen Flugzeuge, gemäß dem Nato-Konzept der «nuklearen Teilhabe», in der Lage sein muss, US-Atombomben zu transportieren, muss der Tornado-Nachfolger vom Nato-Partner USA zertifiziert werden. Eine Zertifizierung des europäischen Eurofighters dauere nach amerikanischen Aussagen drei bis fünf Jahre länger als bei der F-18. Die Tornados sollen 2030 ausgemustert werden. Die Nachfolger kosten etwa 10 Milliarden Euro.

Die Rüstungs- und Raumfahrtsparte des europäischen Flugzeugbauers Airbus steht derzeit unter starkem Druck: Der Auftragsbestand schrumpfte im vergangenen Jahr um 9 Prozent, der Umsatz gab leicht nach und unter dem Strich stand statt einem Gewinn ein Verlust von 881 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern. Vorstandschef Dirk Hoke hatte bereits im Dezember Kostensenkungen, «robuste Maßnahmen» und Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern angekündigt. Wo ein Stellenabbau droht, ist im Moment noch nicht bekannt.

Airbus Defence und Space beschäftigt in Manching bei Ingolstadt 5500 Mitarbeiter, in Ottobrunn bei München, Friedrichshafen am Bodensee und Bremen je 2000 Mitarbeiter und weitere 23 000 in Frankreich, Spanien und England. Das Eurofighter-Rumpfmittelteil wird bei der Airbus-Tochter Premium Aerotec in Augsburg gefertigt.

(Text: dpa)

Mehr Schutz für entsandte Beschäftigte beschlossen

Beschäftigte, die vom EU-Ausland nach Deutschland entsandt werden, sollen künftig verstärkt zu hiesigen Bedingungen arbeiten. Das Bundeskabinett beschloss am gestrigen Mittwoch (12. Februar) einen entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Das Ziel sind mehr Schutz für die entsandten Beschäftigten - aber auch der Wirtschaft vor Lohndumping und unfairer Konkurrenz. Umgesetzt werden soll damit eine überarbeitete Entsenderichtlinie der EU.
Mehr Schutz für entsandte Beschäftigte beschlossen
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Bisher gelten für die entsandten Beschäftigten nur Vorschriften über Mindestentgelte. Künftig sollen für sie Vorgaben zu allen Elementen der Entlohnung gelten. Etwa Überstundensätze oder Schmutz- und Gefahrenzulagen müssen demnach künftig für alle in Deutschland arbeitenden Arbeitnehmer gezahlt werden. Der Gesetzentwurf stellt auch Anforderungen an Unterkünfte auf, die vom Arbeitgeber befolgt werden müssen.

Wenn bestimmte Arbeitsbedingungen in deutschlandweit geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelt sind, sollen sie künftig auch für entsandte Arbeitnehmer gelten. Bislang galt dies nur für das Baugewerbe. Die Zollbehörden sollen dies kontrollieren. Dazu soll der Zoll um rund 1000 neue Mitarbeiter verstärkt werden.

Heil sagte: «Europa ist mehr als ein Binnenmarkt, Europa steht auch für sozialen Fortschritt und Schutz.» Das Gesetz soll zum 30. Juli 2020 in Kraft treten.

(Text: dpa)

Ausländische Pflegekräfte - Höherer Mindestlohn

Höhere Löhne im Milliardenvolumen und Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer sollen die Personalnot bei der Pflege in Deutschland lindern. So sind in den vergangenen Jahren 5797 Pflegekräfte über ein spezielles Programm aus Bosnien und Herzegowina, Serbien, den Philippinen und Tunesien nach Deutschland gekommen.
Ausländische Pflegekräfte - Höherer Mindestlohn
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Davon wurden seit 2013 3577 Menschen direkt an Arbeitgeber vermittelt, 2220 sind ohne Vermittlung eingereist und haben eine Arbeit als Pflegekraft aufgenommen. Zudem besuchen derzeit in Vietnam 107 Personen einen Deutschsprachkurs, sie sollen ab Mitte 2020 nach Deutschland kommen. Mehr als die Hälfte der eingereisten Pflegekräfte kommt aus den Philippinen.

Das geht aus der Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion vor, die vom Bundestag veröffentlicht wurde. Es handelt sich um das Projekt «Triple Win» der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Bundesagentur für Arbeit (BA). Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im Kosovo und in Mexiko, woher nun auch Pflegekräfte verstärkt angeworben werden, persönlich um Arbeitskräfte geworben.

Die geplante Anhebung der Mindestlöhne in der Pflege wird nach Angaben von Spahn Milliardensummen kosten. «Wir reden hier eher über Milliarden als über hunderte Millionen», sagte Spahn in Berlin.

Die Pflegekommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern hatte in Berlin beschlossen, dass der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte bis 1. April 2022 in vier Schritten spürbar von heute 10,85 Euro (Ost) und 11,35 Euro (West) auf 12,55 Euro in Ost- und Westdeutschland angehoben werden soll. Ab 1. Juli 2021 soll es zudem erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro geben. Dieser soll zum 1. April 2022 auf 15,40 Euro steigen. Die Steigerungen gelten in der Alten- und ambulanten Krankenpflege.

Spahn kündigte an, zur Jahresmitte einen Vorschlag für die Finanzierung vorzulegen. Es gehe darum, einen fairen Ausgleich zwischen dem, was die Pflegeversicherung übernehmen könne und was in der Verantwortung der Familien und Pflegebedürftigen und deren Eigenanteilen liege, zu finden.

Mit den neuen Mindestlöhnen setze man ein deutliches Zeichen, den Pflegeberuf attraktiver zu machen, sagte Sozialminister Hubertus Heil (SPD) in Berlin.

Die SPD im Bundestag pocht auch nach der Erhöhung und Ausweitung der Mindestlöhne auf einen Tarifvertrag für ganz Deutschland. «Wir wollen einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Pflege», sagte SPD-Fraktionsvize Katja Mast der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Ähnlich hatte sich auch Heil zuvor geäußert. Die Vereinbarung zu höheren und ausgeweiteten Pflegemindestlöhnen begrüßte Mast als «eine richtig gute Nachricht».

Die Gewerkschaft Verdi verhandelt derzeit mit der neuen Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP). Das Bundesarbeitsministerium will so einen Tarifvertrag dann für allgemeinverbindlich erklären.

(Text: dpa)

Selbstständig und angestellt

Hunderttausende Menschen in Deutschland gehen einem normalen Job nach und sind gleichzeitig noch selbstständig: So hatten zuletzt rund 764 000 Erwerbstätige neben ihrer Selbstständigkeit noch eine abhängige Beschäftigung. Seit 1994 hat sich die Zahl fast verdreifacht. Damals waren es noch 262 000. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Die jüngste Zahl stammt aus dem Jahr 2018.
Selbstständig und angestellt
Bild: Christin Klose/dpa-tmn

Bis 2017 war die Zahl der Erwerbstätigen, die selbstständig und zugleich abhängig beschäftigt waren, mit Schwankungen auf 794 000 gestiegen. Am häufigsten sind Jüngere «hybrid selbstständig»: Rund 30 Prozent der Selbstständigen im Alter von 15 bis 34 gingen auch einer abhängigen Beschäftigung nach. Insgesamt waren es 16,4 Prozent, 1994 erst 7,4 Prozent der Selbstständigen.

2,23 Millionen Menschen waren 2018 solo-selbstständig, arbeiteten also ohne Mitarbeiter. Die Zahl der Solo-Selbstständigen stieg von 1,45 Millionen 1994 auf 2,45 Millionen 2012. Dann ging die Zahl mit Schwankungen wieder zurück.

Dass die Zahl der Solo-Selbstständigen bis 2012 stark gestiegen ist, geht laut der Antwort des Bundesarbeitsministeriums unter anderem auf «die verstärkte Tendenz zu Auslagerungen bestimmter Funktionen an Freiberuflerinnen und Freiberufler» zurück. Der seitherige Rückgang sei auf die günstige Konjunktur zurückzuführen.

Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung ist ein Grund für die zahlreicheren Solo-Selbstständigen die Förderung von «Ich-AGs» durch die Bundesagentur für Arbeit ab dem Jahr 2003. Viele Solo-Selbstständige kämen über Einkünfte im Niedriglohnsektor nicht hinaus.

Die Zahl der Selbstständigen insgesamt stieg von 3,5 Millionen im Jahr 1994 auf rund 4,7 Millionen im Jahr 2018. 2012 gab es mit 4,9 Millionen einen Höchststand an Selbstständigen. Seit 2012 sind die Zahlen wieder rückläufig.

Die Expertin der Linken-Fraktion für den Wandel in der Arbeitswelt, Jessica Tatti, die die Anfrage gestellt hatte, forderte mehr sozialen Schutz für Selbstständige. «Die unsägliche Masche von Unternehmen, Arbeit aus Kostengründen aus dem Betrieb auszulagern, ist seit Jahren zu beobachten», kritisierte sie. «Oft leisten dann Solo-Selbstständige die gleiche Arbeit wie zuvor abhängig Beschäftigte, mit dem gravierenden Unterschied, dass sie keine vom Arbeitgeber mitfinanzierte Renten- und Krankenversicherung haben, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, keine gesetzlichen Urlaubsansprüche, keine Mitbestimmung und keinen Mindestlohn.»

Vor allem bei Onlineplattformen sei Selbstständigkeit oft unfreiwillig und prekär, sagte Tatti. Gemeint sind Internetdienste etwa für Lieferungen, Transport oder Reinigung. «Für die Menschen sind das meist Phasen ohne Absicherung fürs Alter.» Ein großer Teil der Solo-Selbstständigen verdiene weniger als den Mindestlohn, die wenigsten seien überhaupt über eine Altersvorsorge abgesichert. Deshalb müssten auch Selbstständige in der Rentenversicherung abgesichert sein. Entsprechende Pläne hatte auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigt.

(Text: dpa)

Darf der Arbeitgeber reinreden, wenn ich im Netz poste?

Schon so manchem Arbeitgeber ist es passiert: Ein Mitarbeiter hat mit einer unbedachten Äußerung in den sozialen Netzwerken eine Negativ-Welle ins Rollen gebracht. Aber darf der Arbeitgeber reinreden, wenn Mitarbeiter auf sozialen Netzwerken aktiv sind?
Darf der Arbeitgeber reinreden, wenn ich im Netz poste?
Bild: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Grundsätzlich müsse man zwei Szenarien unterscheiden, erklärt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Wie ist das Verhalten der Mitarbeiter am Arbeitsplatz, und was machen sie in der Freizeit? «Der Arbeitgeber kann zum Beispiel regeln, dass Arbeitnehmer während der Arbeitszeit nicht auf ihrem Smartphone rumdaddeln dürfen.»
Genauso kann er verbieten, dass die Arbeitnehmer die Ressourcen ihres Arbeitgebers, also etwa den PC, für Social-Media-Aktivitäten nutzen. Daneben hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, zu regeln, dass Arbeitnehmer etwa keine Betriebsinterna verraten dürfen - das gilt dann natürlich auch für soziale Medien.

Der zweite Bereich betrifft die Frage: Was darf ein Arbeitnehmer eigentlich während seiner Freizeit? «Da kann man sagen: Der Arbeitgeber kann hier dem Grunde nach keine Einschränkungen vornehmen, das Arbeitsverhältnis wirkt nicht in das Privatleben hinein.»
Arbeitnehmer dürfen ihren Arbeitgeber aber auch in der Freizeit nicht beleidigen: Ein Azubi, der seinen Ausbildungsbetrieb auf Twitter als «Menschenschänder» bezeichnet, muss mit einer Abmahnung oder sogar Kündigung rechnen. «Es ist aber immer eine Einzelfallentscheidung, ob es zu einer Kündigung kommt», erklärt Meyer.

Daneben gilt: Wenn sich das Freizeitverhalten auf berechtigte betriebliche Interessen auswirkt, kann der Arbeitgeber dies im Arbeitsvertrag regeln. «Entsprechend kann es dann als Pflichtverstoß gelten, wenn ein Arbeitnehmer zum Beispiel Geschäftsgeheimnisse und schützenswerte Betriebsinterna in den sozialen Netzwerken preisgibt.» Aber: Nicht jede Geschmacklosigkeit hat automatisch arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Auf der anderen Seite können Arbeitgeber Mitarbeiter aber auch dazu verpflichten, Social Media zu nutzen. «Das ist Teil des Weisungsrechts des Arbeitgebers.» Einer HR-Managerin etwa kann der Arbeitgeber auftragen, das Unternehmen auf unterschiedlichen Plattformen oder Karrierenetzwerken vorzustellen.

Voraussetzung ist aber, dass zwischen den Tätigkeiten des Arbeitnehmers und der Nutzung von Social Media ein inhaltlicher Bezug besteht. «So kann der Arbeitgeber einer Buchhaltungskraft wohl nicht auftragen, Stellenanzeigen über ihr Profil auf Facebook zu posten.»

(Text: dpa/tmn)

Die Ruhe vor dem Sturm - wie sich die Auto-Arbeitswelt wandelt

Nicht alles hat sich geändert für Martin Bednarek. Aber schon sehr viel. Und es könnte ihm noch einiges bevorstehen. Hunderttausende Beschäftigte der Autoindustrie dürften in den kommenden Jahren mit der Frage konfrontiert werden, ob und wie es in ihrem erlernten Beruf weitergeht. Bednarek hat einen Teil des Weges bereits hinter sich. In Halle 32A steht er vor einer fast haushohen Anlage, die von durchsichtigen Wänden umgeben ist. Als müsste man das Ding, das sich dahinter mit millimetergenauen Bewegungen summend in Position bringt, irgendwie zähmen. «Da gibt's höchstens noch etwas Schmieröl», sagt der 47-Jährige - sonst sei alles elektrisch. Es ist eine Roboterstation an einer der modernsten Produktionslinien von VW.
Die Ruhe vor dem Sturm - wie sich die Auto-Arbeitswelt wandelt
Bild: Ole Spata/dpa

Hier, am nordwestlichen Zipfel Braunschweigs, in einem unscheinbaren Gewerbegebiet zwischen Autobahn 2 und Mittellandkanal, soll in nicht allzu ferner Zukunft das Herz der Batteriesystem-Fertigung schlagen. Für 300 Millionen Euro hat der größte Autokonzern der Welt einen Ableger des örtlichen Werks hochgezogen. Linie 1 ist gerade in Betrieb, Ende 2020 soll es auch auf der anderen Hallenseite losgehen.

Bisher wurden vor allem Fahrwerke, Lenkungen und ältere E-Komponenten hergestellt. Nun setzt man auf den Modularen Elektrobaukasten (MEB), der bei VW zum Kernstück der milliardenteuren Elektro-Offensive wird. «Irgendwann hat das Unternehmen gesagt: «Wir brauchen euch dazu»», erzählt Bednarek. «Da habe ich die Überlegung, später mal in meinem alten Bereich in Rente zu gehen, über den Haufen geworfen.»

«Das Wohnzimmer verlassen»: Viele sprechen von einer industriellen Revolution. Einer Umwälzung, die es seit Erfindung des Automobils nicht gab. Hört man Bednarek zu, wird klar, dass Deutschlands Schlüsselbranche mit mehr als 800 000 Jobs jedenfalls im größten Wandel ihrer jüngeren Geschichte steckt.

«Das Wohnzimmer zu verlassen, war keine einfache Entscheidung», meint er im Rückblick auf das Gewohnte. Viele seiner 24 VW-Jahre verbrachte der Maschinenschlosser in der Kunststofftechnik. «Aber Batterien sind das Zukunftsthema.» Er war schon für Instandhaltung zuständig, macht dies nun jedoch im Live-Betrieb. Der Druck sei höher. Der Reiz auch.

Selbst wenn noch niemand sagen kann, ob E-Mobilität im Massengeschäft zündet: Stehenbleiben ist keine Option. Ein Verbrennungsmotor hat im Schnitt weit über 1000 Einzelteile, ein E-Antrieb einen Bruchteil. Es fällt nicht mehr so viel - jedoch ebenso spezialisierte - Arbeit an.

Einspritzanlagen, Zylinder oder Auspuffe braucht man in immer weniger Autos, mittel- bis langfristig vielleicht nur noch in Hybridmodellen. Was bedeutet das für die Belegschaften?

Altes ausmustern, Neues aufbauen: Im VW-Konzern fließen bis 2024 rund 33 Milliarden Euro in die E-Mobilität, bei der Kernmarke 11 Milliarden. Kleine Firmen können solche Summen nicht stemmen. Studien zufolge könnten im schlimmsten Fall branchenweit bis zu 410 000 Stellen wegfallen. Bei den Großen laufen Sparprogramme, die aber mit Beschäftigung in Zukunftssparten gekoppelt sind. Audi kappt bis 2025 in Deutschland 9500 Jobs, Daimler dürfte binnen drei Jahren wenigstens 10 000 Arbeitsplätze abbauen.

Der Betriebsrat von VW geht anhand einer Erhebung der IG Metall davon aus, dass bundesweit 108 000 Stellen ohne Alternative vom Verbrenner abhängig sind. Bei 101 000 seien Alternativen geplant. Im Unternehmen gab es Zoff um den «Zukunftspakt», der auch Streichungen vorsieht. Wer sich verändern will, gibt sich mittlerweile eher zuversichtlich.

Kurz vorm Wochenende stehen einige Anlagen in Halle 32A schon still. «Wenn Zwickau anzieht, wird das hier mehr», heißt es mit Verweis auf die angelaufene Fertigung des E-Modells ID.3, für das der Konzern das komplette Werk in Sachsen umbaut. «Jetzt wird noch optimiert.»

In einem «Prüfpark» etwas abseits von Bednareks Position steht eine kleine Ampel auf Gelb. Ausprobieren, nachjustieren. Ab und zu fährt ein Gabelstapler oder Tieflader vorbei. Es ist ein wenig wie die Ruhe vor dem großen Sturm. Nach dem Hochlauf bis Ende 2021 sollen hier bis zu 500 000 Batteriesystem-Einheiten pro Jahr entstehen.

Der Braunschweiger VW-Betriebsratschef Uwe Fritsch hat schon so manche harte Auseinandersetzung hinter sich. «Wir mussten hier auch von einigen Bereichen Abschied nehmen», berichtet der Gewerkschafter. Es sei aber klar, dass Neuentwicklungen nötig seien: «Die Veränderung gewohnter Strukturen macht was mit den Menschen. Entscheidend ist die Begleitung.» In der Weiterbildung zur Elektronikfachkraft etwa fielen erst viele durch, nun seien 500 bis 600 Kollegen fertig qualifiziert.

Kampf um Aufträge und Mitmischen bei Megatrends: Bis 2029 gilt Beschäftigungsgarantie. Doch das Werk müsse sich wie alle VW-internen Zulieferer mit externen Anbietern messen, erklärt Otto Joos, Leiter des Geschäftsfelds Fahrwerk. «Es ist ein ständiger Kampf um Aufträge. Wir haben auch viel geblutet.» Eines sei indes unbestritten: «Wenn man die Zukunft absichern will, muss man bei der Elektromobilität mitmachen.» Für kleinere Zulieferer sei es härter. «Das Thema Lieferanten-Qualifikation ist ein großes», stimmt Werkschef Werner Gose zu. «Wir versuchen, die nicht zu verlieren.»

Der zweite Auto-Megatrend - Digitalisierung und Vernetzung - nimmt ein paar Blocks weiter Gestalt an. In einem schalltoten Raum, in dem auch die Fahrakustik getestet wird, steht ein Tiguan. Am Steuer sitzt Jens Hedig (42). Der Wagen hat es in sich: Sein Lenkrad bewegt sich wie von Geisterhand, gesteuert per Smartphone-App. Hedig schmunzelt. «Mein Aufgabenfeld wurde erweitert. Auch ich wurde transformiert.»

Der Informatiker befasst sich mit Lenkungskonzepten für das autonome Fahren. 2017 kam Hedig von Audi, sieht sich als Bindeglied zwischen Mechanik und Elektronik. Bei selbstfahrenden Autos komme alte Technik an ihre Grenzen. «Die klassische Lenksäule gibt es nicht mehr. Nur Kabel, die da runterführen.» Vorteil: Ein und dasselbe Auto kann in puncto Lenkgefühl wahlweise Sportwagen oder Komfortlimousine sein.

Mit den Fahrdaten kommt die Vernetzung. Gibt es genügend Experten, um IT-Riesen Paroli zu bieten und nicht zu deren Zulieferern degradiert zu werden? VW-Chef Herbert Diess stellt sich auf turbulente Zeiten ein. «Zur Ehrlichkeit gehört: Der Sturm geht jetzt erst los», meinte er jüngst vor Managern. Reines Autobauen reicht nicht mehr aus.

Vom Up bis zum Bugatti: Das weiß man auch in Salzgitter. VW produziert hier derzeit mehr als 1,3 Millionen Motoren jährlich - vom 3-Zylinder mit 55 kW für den Up bis zum 16-Zylinder mit 1103 kW für den Bugatti Chiron. Die «Komponente», wie die internen Zulieferwerke heißen, galt verglichen mit den fahrzeugbauenden Fabriken lange als nicht besonders sexy. Nun kommt eine Zeit, in der sie eine Hauptrolle im Konzern spielen wird.

«Mein Vater hat hier schon die erste Transformation miterlebt», erzählt Betriebsratschef Dirk Windmüller über die Umstellung von Auto- auf Motorenfertigung 1975. Über fünf Jahre erhält Salzgitter jetzt für Investitionen in die Elektrifizierung 500 Millionen Euro. «Aber der Wandel braucht auch Sicherheit», betont Windmüller. «Und die Kollegen müssen sehen, dass nicht nur geredet, sondern umgesetzt wird.» Etwas «auf den Beton legen» nennen sie das.

Werkleiter Andreas Salewsky nickt. Dabei stecke die Fabrik bereits mitten in einer anderen Umwälzung: der vom Diesel zum Benziner. Der berüchtigte Motor EA 189 - später für die Abgas-Manipulationen in den USA benutzt - kam auch aus Salzgitter. Unsicherheit durch verhängte oder drohende Diesel-Fahrverbote tue nun ihr Übriges. Innerhalb von zwei Jahren habe sich die Nachfrage gedreht, von zwei Dritteln Diesel- und einem Drittel Ottomotor ins Gegenteil. Mit den Plug-in-Hybriden gebe es dann «alle Antriebsvarianten am Standort», erklärt Salewsky.

Vergangenheit und Zukunft unter einem Dach: Gerade ist Schichtwechsel. Metallgeruch liegt in der Luft. Ein kleiner Roboter verschraubt Ölabscheider, in enger Abstimmung mit den Menschen ringsum. Neben einer alten Anlage aus den Neunzigern liegen «neue Einrüstungen», so groß wie halbe Fußballfelder. Vieles ist reserviert für neue Antriebe, 1200 Mitarbeiter wurden qualifiziert.

Gleichwohl seien moderne Verbrenner lange nicht am Ende, argumentiert der Werkschef: «Es gibt Effizienzreserven.» Zahlreiche Methoden - Zylinder-Abschaltsysteme, eine besondere Wasserkühlung, Ölpumpen mit reduzierter Reibung - haben die eigenen Ingenieure entworfen. Doch inzwischen sitzen vier von fünf Entwicklern an Elektro-Komponenten.

Herz jeder E-Maschine sind die Rotoren und Statoren, bewegliche und feste Teile, die die elektromagnetische Kraft zur Wandlung von elektrischer in Antriebsenergie nutzen. Einmal fertiggestellt, kommen sie aus Salzgitter ins Getriebewerk Kassel, wo das Komplettaggregat entsteht. Danach geht es weiter zur ID.3-Montage nach Zwickau.

Jens Falkenberg, Leiter der Rotor-Stator-Fertigung, steuert heute die Produktion. «Bis zum Ende des Jahres wollen wir auf voller Kapazität sein», kündigt er an. Dann soll die Zahl der Einheiten von 200 auf 2000 Stück pro Tag erhöht sein. «Man muss ein Gefühl dafür bekommen», sagt Falkenberg. «Und die Erfahrungen der Kollegen mit einfangen.»

Das Wissensreservoir der Diesellinien sei groß, meint Tobias Heitmann (48). Er ist seit 1990 in Salzgitter, lernte Industriemechaniker, wurde Technischer Sachbearbeiter. «Ich bin jetzt seit zwei Jahren dabei», sagt er über seinen Sprung in die E-Mobilität. Vorher fertigte er Kurbelgehäuse oder Zylinderköpfe. Mike Gleiss (47), ursprünglich Industrieelektroniker, ist heute Elektroniker für Informations- und Systemtechnik, mit vielen Berührungspunkten zu den Software-Grundlagen. «Es ist für die Zukunft», erklärt er.

Zellfertigung - «Was macht ihr da?»: Nebenan in Halle 3 wirkt die Szenerie aufgeräumt, beinahe klinisch sauber. Das muss auch so sein, denn hier hat sich wirklich eine neue Welt breitgemacht: Volkswagens Pilotfertigung von Batteriezellen. Eine noch überschaubare Gruppe baut seit kurzem Lithium-Ionen-Akkus für Prototypen, aktuell schafft sie um die 50 Stück pro Schicht.

Nicht alle sind aus dem Konzern, Verfahrenstechniker oder Chemiker lassen sich schwer finden. Alex Tornow, promovierter Maschinenbauer, kam von außen. «Deutschland hat in der Forschung gut nachgearbeitet», meint der 35-Jährige zur hohen Abhängigkeit von Zelllieferanten aus Asien. «Jetzt geht es darum, Erfahrungen im Unternehmen zu streuen.»

Die Linie erinnert auch optisch kaum mehr an das, was man sich unter einer Autofabrik vorstellt. Sie mutet eher an wie eine Mischung aus Chemie-, Papier- und Chipwerk. Das Material für die hauchdünnen Batterie-Elektroden wird zunächst angemischt. Dann erhalten die Teile ihre Beschichtung, werden zugeschnitten und zu Zellen zusammengebaut. 125 Elektrodenblätter bilden einen Zellstapel, 24 Zellen ein Modul, beispielsweise 12 Module eine Batterieeinheit. In Braunschweig kommt diese schließlich zusammen mit der Steuerung ins Systemgehäuse.

Alena Husung (30) startete als Industriemechanikerin, nun steht sie am Fenster des abgeschotteten, grell ausgeleuchteten Reinraums. Als Anlagenführerin war sie am Aufbau einer Linie zur speziellen Beschichtung von Oberflächen beteiligt, wurde auf das Zellprojekt aufmerksam. «Dann ging es steil weiter.» Schulungen in Wolfsburg, Praktika in China. Heute fragten ehemalige Kollegen: «Was macht ihr da?» Die Neugier wachse, so Thomas Przyklenk (35). Der Elektroniker für Automatisierungstechnik wollte selbst mehr, schloss ein Studium mit Schwerpunkt E-Mobilität an. «Da begann meine Transformation.»

Die Nagelprobe kommt erst noch: Ernst wird es zum Jahresbeginn 2024. Dann ist der Produktionsanlauf der neuen Zellfabrik angepeilt, die VW mit dem schwedischen Partner Northvolt demnächst auf der noch freien Nordfläche des Werksareals baut. Mittelfristig sollen in Salzgitter über 1000 Jobs entstehen, die geplante Kapazität für die Zellfertigung wurde nochmals erhöht. Der PSA-Konzern startet mit seiner deutschen Tochter Opel und dem Batteriehersteller Saft in Kaiserslautern ein ähnliches Projekt.

Hochfliegende Pläne - aber kann sich das industrieweit durchsetzen? Konzernchef Diess brachte das vorerst herrschende Dilemma auf den Punkt: Zurzeit verdienen vor allem SUVs das Geld, das in die neue Ära investiert werden muss. Ist der E-Durchbruch aber einmal da, ist ein Umsteuern zu spät. «Erschreckenderweise sind viele Firmen noch nicht in Richtung E-Mobilität aufgestellt», klagt IG-Metaller Windmüller. Niedersachsens Metallarbeitgeber erwarten «tektonische Umwälzungen».

Mehrere hundert Kilometer südlich liegt Mindelheim im Allgäu. In der bayerischen Kleinstadt kann man beim Werkzeugmaschinenbauer Grob ein Lied von den Härten der Transformation singen. Dabei ist der Zulieferer von Branchenriesen wie BMW oder Volkswagen kein kleiner Fisch. Zuletzt erzielte man mit weltweit 7000 Mitarbeitern rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz. Zum überwiegenden Teil versorgt Grob die Autoindustrie - etwa mit großen «Bearbeitungszentren», die bis zu 400 Meter lang werden können, erklärt Geschäftsführer German Wankmiller.

Es sei nicht leicht gewesen. Doch heute bilde die E-Mobilität ein festes Standbein der Firma. Informationen aus dem Zentraleinkauf von VW hätten 2016 angedeutet, wohin die Reise geht: «Auch ein E-Motor muss in Taktzeiten von 30 bis 60 Sekunden komplett montiert sein.»

Grob bildete ein Entwicklerteam. «Wir mussten viel Überzeugungsarbeit und Aufklärung betreiben, um die Leute mitzunehmen», berichtet Wankmiller. Mehr als ein Drittel des Umsatzes und der Beschäftigten entfallen bei ihm inzwischen auf die neuen Technologien. «Am Anfang war es extrem mühsam, dann wurde es Schritt für Schritt besser.»

Zweifel und Zuversicht: Continental spielt als Dax-Konzern in einer anderen Liga. Doch dort ist Stellenabbau schon beschlossene Sache - gegen Widerstand der Gewerkschaften, die dem Management überhastetes Handeln vorwerfen. Bis 2023 könnten 15 000 Jobs weltweit von «Veränderungen» betroffen sein. Auch hier gibt es Umschulungen, Kündigungen will man vermeiden. Aber einzelne Werke werden dichtgemacht, wenn die Marschroute greift: volle Konzentration auf Elektronik, Sensorik, Software, Reifen. Manche Betriebsräte glauben, es gehe darum, Sparziele durchzudrücken.

Conti-Chef Elmar Degenhart mahnte im Fachblatt «Automobilwoche», man müsse sich besonders um die Ungelernten kümmern: «Wenn wir die nicht qualifizieren, verlieren sie ihre Beschäftigungsfähigkeit.» Parallel will er Tausende IT-Experten anheuern. Beim Maschinenbauer-Verband VDMA warnt Vize Hartmut Rauen vor Schwarzmalerei: «Das Entwerfen von Horrorszenarien ist keine konstruktive Lösung.»

Offenheit gegenüber allen Varianten - moderne Verbrenner, Synthetik-Sprit und Brennstoffzelle inklusive - halten viele für wichtig. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sieht ebenso die Bundespolitik am Drücker. «Wir brauchen arbeitsmarktpolitische Instrumente, mit denen wir die Unternehmen unterstützen können», sagt er - etwa Kurzarbeitergeld für Firmen im Umbruch. Die große Koalition will den Einsatz solcher Hilfen jetzt für drei Jahre erleichtern.

Der SPD-Politiker, der auch im Präsidium des VW-Aufsichtsrates sitzt, sorgt sich besonders um kleine und mittelgroße Betriebe im Land. «Einigen brechen mit dem Umstieg auf Elektromobilität die kompletten Geschäftsmodelle weg», erklärt Weil. «Auch diese Unternehmen müssen die Möglichkeit haben, ihre Beschäftigten zu qualifizieren.»

Ex-Kunststofftechniker Bednarek sähe es gern, wenn mehr Kollegen die Chance zum Neustart bekämen. «Meine Qualifikation war umfassend», sagt er als frisch gebackene Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten. «Ich würde mir wünschen, dass das anderswo auch so ist.»

(Text: Jan Petermann, dpa)

Tarifgespräche für Ärzte an Unikliniken auf 6. März vertagt

Die Tarifverhandlungen für Ärzte an Universitätskliniken sind auf den 6. März vertagt worden. Das teilten der Marburger Bund und das niedersächsische Finanzministerium am Mittwochabend (5. Februar) mit. Die Gespräche seien weiterhin schwierig, die Positionen hätten sich aber angenähert, sagte ein Ministeriumssprecher, ohne Einzelheiten zu nennen.
Tarifgespräche für Ärzte an Unikliniken auf 6. März vertagt
Bild: dpa

Das bestätigte auch der Marburger Bund: Der Warnstreik der Ärztinnen und Ärzte habe Bewegung auf der Arbeitgeberseite erzeugt, sagte Verhandlungsführer Christian Twardy. «Wir sind von einer Einigung allerdings noch ein gutes Stück entfernt.»

Der Tarifgemeinschaft deutscher Länder müsse bewusst sein, dass bei der nächsten Verhandlungsrunde konkrete Fortschritte erzielt werden müssten, die eine Einigung möglich machten, unterstrich Twardy. «Die Ärztinnen und Ärzte haben keinen Zweifel daran gelassen, dass sie Willens und in der Lage sind, die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen notfalls durchzusetzen. Der Tarifkonflikt ist noch längst nicht ausgestanden.»

Die dritte Verhandlungsrunde hatte am Dienstag begonnen, begleitet von einer zentralen Demonstration von nach Polizeiangaben rund 3000 Ärzten in Hannover. Die Ärztegewerkschaft zählte sogar rund 4000 Teilnehmer. Insgesamt waren 20 000 Ärzte von 23 Universitätskliniken zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Ziel war, den Druck auf die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zu erhöhen.

Die Tarifverhandlungen laufen seit Anfang November. Der Marburger Bund fordert unter anderem sechs Prozent mehr Gehalt, eine Begrenzung der Bereitschaftsdienste, eine automatisierte Erfassung der Arbeitszeit und Dienst an maximal zwei Wochenenden im Monat. Für die TdL ist Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) der Verhandlungsführer.

Hilbers hatte nach der zweiten Runde im Dezember gesagt, wegen der Vielzahl von Forderungen sei die Zeit zu kurz gewesen, um über alles verhandeln und entscheiden zu können. Laut Ministerium haben sich die Tarifparteien über ein ganzes Forderungsbündel zu unterhalten.

Nach einer Umfrage der Ärztegewerkschaft arbeiten Klinikärzte in Niedersachsen am Limit. Arbeitsbelastung, Zeitdruck und bürokratische Aufgaben machen den Medizinern demnach zu schaffen. Mehr als jeder dritte Mediziner (35 Prozent) leistet demnach jede Woche zwischen 9 und 29 Überstunden; mehr als 70 Prozent sehen ihre eigene Gesundheit beeinträchtigt - etwa wegen Schlafstörungen.

(Text: dpa)

Kein Anspruch, dass Tarifvertrag allgemeinverbindlich wird

Gewerkschaften haben keinen Anspruch darauf, dass ein von ihnen ausgehandelter Tarifvertrag in der ganzen Branche für allgemeinverbindlich erklärt wird. Aus der im Grundgesetz geschützten Tarifautonomie ergibt sich kein solches Recht, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied. Die Beschlüsse vom 10. Januar wurden am Mittwoch, 5. Februar veröffentlicht. (Az. 1 BvR 4/17 u.a.)
Kein Anspruch, dass Tarifvertrag allgemeinverbindlich wird
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Wird ein Tarifvertrag durch das Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt, gilt er nicht nur für die Tarifparteien und ihre Mitglieder, sondern auch darüber hinaus.

Hier ging es ums Baugewerbe. In der Branche gibt es durch Arbeitgeberbeiträge finanzierte Sozialkassen, zum Beispiel für die Altersversorgung. Der Tarifvertrag, der das regelt, wurde gewöhnlich für allgemeinverbindlich erklärt. Damit mussten auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber Beiträge zahlen. Wegen formaler Mängel hatte das Bundesarbeitsgericht 2016 und 2017 allerdings die Allgemeinverbindlicherklärungen gleich mehrerer Jahre aufgehoben.

Dagegen klagten die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) und eine Sozialkasse in Karlsruhe - am Ende ohne Erfolg. Die Koalitionsfreiheit schütze zwar das Recht, mit einem Tarifvertrag auch Nichtmitglieder zu verpflichten, entschieden die Verfassungsrichter. Einen Anspruch darauf gebe es aber nicht.

Der Gesetzgeber hatte auf die Entscheidungen des Arbeitsgerichts schnell reagiert. Er schuf gleich 2017 eine eigene Rechtsgrundlage für die Allgemeingültigkeit des Sozialkassenverfahrens, für das Baugewerbe und andere Branchen. Sonst hätten Arbeitgeber ohne Tarifbindung ihre Beiträge zurückverlangen können. Für die Sozialkassen wäre das möglicherweise existenzbedrohend gewesen.

(Text: dpa)

Gewerkschaften fordern mehr Rechte für Betriebsräte

Zum 100. Jahrestag des Betriebsrätegesetzes fordern die Gewerkschaften eine Ausweitung der Mitbestimmung in Deutschland. Die Rechte der Belegschaftsvertreter bei der Digitalisierung müssten gestärkt werden, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag, 3. Februar). «Überall wo es Auswirkungen auf Arbeitsabläufe und - bedingungen gibt, brauchen wir Mitbestimmung.»
Gewerkschaften fordern mehr Rechte für Betriebsräte
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Auch die IG Metall verlangte, die Mitbestimmungsrechte an den technischen Wandel anzupassen. «Betriebsräte brauchen stärkere Rechte bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz», sagte die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner. Die Beschäftigten müssten vorausschauend für neue Tätigkeiten weitergebildet werden. Bei der qualitativen Personalplanung müsse es ein generelles Mitbestimmung- und Initiativrecht für die Betriebsräte geben.

Am 4. Februar 1920 war das Betriebsrätegesetz in Kraft getreten, das zu den Vorläufern des heutigen Betriebsverfassungsgesetzes zählt. Arbeitnehmer in Deutschland erhielten damit erstmals einen gesetzlichen Anspruch auf eine betriebliche Interessenvertretung.

Als «eine Säule unserer sozialen Marktwirtschaft», bezeichnete Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die betriebliche Mitbestimmung. «Gerade in Zeiten rasanter Veränderungen durch die Digitalisierung bietet die Betriebsverfassung mit ihren verbrieften Arbeitnehmerrechten Verlässlichkeit und Sicherheit.» Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sowie die Strategie Künstliche Intelligenz (KI) der Bundesregierung sehen nach Angaben des Ministeriums Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes vor.

DGB-Chef Hoffmann forderte von der Bundesregierung ein härteres Vorgehen gegen Unternehmen, die Betriebsratsarbeit behindern. «Wir erleben, dass sich immer mehr Unternehmen zu betriebsratsfreien Zonen erklären wollen», sagte er. «Wo Beschäftigte die Gründung eines Betriebsrats vorbereiten, muss klar sein, dass ihnen der Chef nicht mit Entlassung drohen kann.» Anders als bisher, müsse der besondere Kündigungsschutz für Betriebsräte deshalb schon zu diesem Zeitpunkt gelten. Nach Angaben des Ministeriums plant Arbeitsminister Heil, die Möglichkeiten, gegen die bereits strafbare Behinderung von Betriebsratswahlen vorzugehen, zu verbessern.

(Text: dpa)

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