Unternehmen suchen IT-Experten

Klagen über den Fachkräftemangel gehören bei den deutschen Wirtschaftsverbänden inzwischen zum Alltag. Die Unternehmensberatung Deloitte hat jetzt 180 Finanzvorstände nach dem größten Risiko für ihr Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten gefragt. Zwei Drittel sagten: der Fachkräftemangel - am stärksten und besonders dramatisch im Technologie-IT-Bereich. Eine gute Nachricht für 1800 Mitarbeiter des Computerherstellers Fujitsu, der sein Werk in Augsburg schließen will? Leider ist es nicht so einfach.
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«Das sind ja nicht 1800 IT-Leute, die mit Kusshand genommen werden», sagt Angela Steinecker, Unternehmensbeauftragte der IG Metall für Fujitsu. «Viele sind Un- und Angelernte um die 50 - da steht niemand Schlange.» Und selbst bei IT-Berufen ist das mit dem Fachkräftemangel so eine Sache.

Bundesweit gab es im Oktober 2,2 Millionen Arbeitslose und 0,8 Millionen offene Stellen. Aber laut Bundesagentur für Arbeit (BA) waren bei der letzten, bis April laufenden Engpass-Analyse 1,2 Millionen Fachkräfte, Spezialisten und Experten arbeitslos. Es gebe nach wie vor keinen allgemeinen Fachkräftemangel in Deutschland, stellte die Nürnberger Behörde in ihrem jüngsten Monatsbericht fest.

In einigen Regionen und Berufen gibt es allerdings deutliche Engpässe, Tendenz steigend. Offene Stellen würden im Durchschnitt nach 109 Tagen besetzt, sagt BA-Sprecherin Susanne Eikemeier. Bei Altenpflegern dagegen dauert es 175 Tage - die werden händeringend gesucht. IT-Stellen bleiben im Schnitt 159 Tage vakant.

«Da herrscht Riesen-Not», sagt Tomas Jiskra, Chef des Münchner IT-Personaldienstleisters TTP. In Deutschland seien fast eine Million Menschen in der IT beschäftigt, 15 Prozent davon freiberuflich - aber: «Wir bräuchten mindestens doppelt so viele, um den aktuellen Bedarf abfangen zu können.» Die Zahl der Studenten wachse, aber die Nachfrage wachse noch schneller. Jiskra nutzt in Osteuropa ein Netzwerk zu Absolventen und deutschsprachigen Fachkräften und sucht die Experten für seine Kunden auch in Internet-Foren und bei Facebook.

Im Kampf um die IT-Fachkräfte würden neben dem Lohn der Arbeitsort, der Arbeitsplatz, das Arbeitsklima im Team, flexibles Arbeiten und Work-Life-Balance immer wichtiger, sagt Jiskra. Ein Unternehmen in München tue sich vielleicht leichter, «ein Mittelständler in Oberfranken muss da viel mehr kämpfen. Das ist auch ein regionales Thema.»

Vielleicht malen einige Verbände oder Unternehmen die Lage auch zu düster? Zwar beklagen die von Deloitte befragten Vorstände großer deutscher Unternehmen am meisten den Mangel an IT-Fachkräften - doch nur 24 Prozent sehen höhere Löhne als probates Mittel an, um Abhilfe zu schaffen. Und: «Relativ wenige Unternehmen (13 Prozent) versuchen, neue Talent-Pools für sich zu nutzen, wie beispielsweise ältere Arbeitnehmer», stellen die Unternehmensberater fest.

Klempner und Elektrotechniker, Zugführer und Krankenpfleger - bei diesen Berufen herrscht bundesweit Fachkräftemangel. Bei Programmierern dagegen fehlen flächendeckend nicht die ausgebildeten «Fachkräfte», sondern erst die «Spezialisten» mit Meisterbrief oder Hochschuldiplom. Und bei IT-Systemanalytikern herrscht bundesweit Mangel an «Experten» auf noch höherem Niveau, so die BA.

Im Augsburger Fujitsu-Werk arbeiten rund 1500 Mitarbeiter in der IT, Forschung und Entwicklung und bauen Notebooks und Server zusammen. Bis September 2020 will Fujitsu das Werk schließen. Augsburgs Zweite Bürgermeisterin Eva Weber erwartet, dass IT-Spezialisten «vom Markt aufgesogen» werden und viele Firmen im nahen München Fujitsu-Beschäftigte gerne übernehmen. In der Region herrscht Vollbeschäftigung.

«Natürlich muss der Bewerber zur Stelle passen», sagt Jiskra. «Aber mit zwei Jahren Vorlauf, wenn jemand offen ist und sich weiterbilden will, da seh ich gute Chancen.»

Ob die neuen Jobs dann ebenfalls unbefristet seien, mit Tarifvertrag und gutem Lohn, sei eine andere Frage, sagt Gewerkschaftssekretärin Steinecker. Das habe sich beim Aus des ehemaligen Osram-Werks in Augsburg gezeigt. «Ich hab hier in der Rechtsberatung viele, oft aus der Zeitarbeit, wo's nicht rund läuft.» Und nicht jeder könne umziehen oder pendeln. Deshalb kämpfe die IG Metall mit den Fujitsu-Beschäftigten für den Erhalt der Arbeitsplätze: «Der Drops ist noch nicht gelutscht.» (dpa)

Marktmacht weniger Firmen negativ für viele Beschäftigte

Einige wenige hochproduktive Unternehmen, Ketten und Konzerne geben einer Studie zufolge in einzelnen Branchen immer stärker den Ton an - und das bremst die Lohnzuwächse. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Montag (12. November) veröffentlichte Untersuchung von Prognos im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Beschäftigten der Dienstleistungsbranchen in Deutschland seien zwischen 2008 und 2016 potenzielle Lohnzuwächse von insgesamt rund 11 Milliarden Euro durch eine wachsende Unternehmenskonzentration entgangen.
Marktmacht weniger Firmen negativ für viele Beschäftigte
Bild: Ina Fassbender/dpa

Treiber dieser Entwicklung sei die Arbeitsweise sogenannter Superstar-Firmen in digitalisierten Märkten, die aber auch zu «Superkraken» werden könnten, sagte Studien-Mitautor Dominic Ponattu von der Bertelsmann Stiftung der Deutschen Presse-Agentur. Was für Unternehmen sind das? Eine genaue Definition gibt es nicht, der Begriff kommt aus den USA. Die Studie versteht darunter Ponattu zufolge die jeweils vier stärksten Player einer Branche. Merkmale: «Sie stellen ihre Produkte und Dienstleistungen oft besonders effizient her - dank digitaler Technologie mit vergleichsweise wenig Mitarbeitern.»

Wo trifft man diese Firmen an? Der Stiftung zufolge hierzulande vor allem in der Dienstleistungsbranche, es sind Logistik-Konzerne, Großhändler, Digitalfirmen, private Krankenhausgruppen oder auch große Discounter, Kaffeehaus- oder Gastronomieketten. Firmennamen will man in Gütersloh nicht nennen. Stattdessen ein konkretes Beispiel: «Der Kunde bestellt sich ein Essen an der Theke, bekommt ein elektrisches Gerät und holt sich dann bei Vibrationsalarm sein Essen selber ab. Das spart die Kellner.» Der Faktor Arbeit verliere an Bedeutung.

«Wenn Superstar-Firmen weite Teile einer Branche dominieren, wächst die Unternehmenskonzentration», erläutert die Untersuchung. Die in der Studie festgestellte Marktmacht habe aber nichts mit Kartellbildung, nichts mit unfairen Wettbewerbsvorteilen zu tun, stellte Ponattu klar. Diese Firmen hätten sich ihre Stellung mit Effizienz und Qualität erarbeitet. Sie zahlen oft höhere Löhne als ihre Konkurrenz. «Doch die Lohnzuwächse halten nicht Schritt mit ihrem enormen Produktionswachstum», bilanzieren die Autoren von Stiftung und Prognos.

Zudem setze das «normale» Betriebe unter Druck und es drohe eine «Einkommens-Ungleichheit», wenn Arbeitnehmer derselben Branche deutlich unterschiedlich verdienten, meinte Ponattu. Gesamtwirtschaftlich gesehen sollten Zuwächse für die Arbeitnehmer Schritt halten mit den steigenden Gewinnen der Firmen, «wenn der ökonomische Kuchen insgesamt größer wird».

«Superstar-Firmen» machen nach Angaben des Wirtschaftsexperten knapp ein Prozent aller Unternehmen in Deutschland aus. Je nach Branche seien dort 5 bis 15 Prozent aller Beschäftigten tätig. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Aart de Geus, betonte laut Mitteilung: «Wir brauchen Pioniere und Vordenker für unsere Zukunft. Doch wir müssen gleichzeitig sicherstellen, dass die ganze Gesellschaft profitiert, nicht nur eine Minderheit.»

Die Studie zeigt aber auch, dass die Entwicklung je nach Branche ganz unterschiedlich ausfällt - und es bei weitem nicht nur Schatten gibt. Bei den Finanzdienstleistern und Energieversorgern habe die Unternehmenskonzentration zwischen 2008 und 2016 abgenommen, es sei zu Lohnzuwächsen gekommen. In der Industrie - Maschinenbau oder Elektroindustrie - zeigten sich keine steigende Marktmacht Einzelner und auch keine negative Folgen für die Lohnentwicklung.

Das könne sich aber noch ändern, sagte Ponattu mit Blick auf die Industrie. Die Digitalisierung wirke wie ein Beschleuniger dieses Trends. «Und in der Industrie steht der große Schwung bei der Digitalisierung noch bevor.» Es gebe die Befürchtung, dass «Superstar-Firmen» aufgrund ihrer Finanzstärke kleine innovative Unternehmen aufkaufen oder verdrängen könnten.

Eine Verdi-Sprecherin sagte, Daten der Dienstleistungsgewerkschaft deuteten in dieselbe Richtung. Es gebe allerdings viele andere Gründe, warum die Lohnquote in Deutschland von 2002 bis 2017 deutlich gesunken sei. Dazu gehörten neben Digitalisierung und Globalisierung eine «dramatische Tarifflucht» vieler Unternehmen. Anfang dieses Jahrtausends arbeiteten laut Verdi 76 Prozent der Beschäftigten in Westdeutschland und 63 Prozent im Osten in tarifgebundenen Betrieben. 2017 waren es nur noch 57 Prozent (West) und 44 Prozent (Ost). (Text: Yuriko Wahl-Immel, dpa)

Neue Hoffnung für Kettler

Neue Hoffnung für den von der Schließung bedrohten Kettcar-Hersteller Kettler: In letzter Minute ist es dem Unternehmen am 9. November gelungen, eine Zwischenfinanzierung von der Heinz-Kettler-Stiftung zu erhalten. Damit kann das Unternehmen die Suche nach potenziellen Investoren fortsetzen. «Ich würde mir wünschen, dass wir in den kommenden Wochen den neuen Gesellschafter der Kettler GmbH bekanntgeben können», sagte Kettler-Geschäftsführer Olaf Bierhoff in Ense-Parsit.
Neue Hoffnung für Kettler
Bild: Jörg Carstensen/dpa

Der Durchbruch konnte nach Unternehmensangaben erzielt werden, nachdem die Stiftungsaufsicht das Kuratorium und einen Vorstand der Stiftung, die sich einer Einigung bis dahin verweigert hatten, abberufen hatte. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart zeigte sich erfreut über die Entwicklung. «Ich hoffe, dass es jetzt sehr zeitnah zu einer Übernahme des Gesamtunternehmens und nach vielen Jahren der Ungewissheit zu einer verlässlichen Zukunft für die Beschäftigen kommt.» Er danke ausdrücklich der Stiftungsaufsicht für ihren Einsatz.

Kettler hatte bereits im Juli einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverantwortung gestellt. Ziel war eine Neuausrichtung mithilfe eines Luxemburger Investors. Der Investor warf allerdings das Handtuch, als die Stiftung nicht bereit war, seine Forderungen zu erfüllen. Danach spitzte sich die Situation weiter zu. Anfang der Woche hatte das Unternehmen gewarnt, es müsse an diesem Freitag den Geschäftsbetrieb einstellen, wenn es keine Zwischenfinanzierung erhalte. Die rund 720 Mitarbeiter würden dann entlassen. Dennoch zögerte die Stiftung, dem Unternehmen unter die Arme zu greifen.
Von der Stiftung war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. (dpa)

Jobprogramm für Langzeitarbeitslose

Zehntausende Langzeitarbeitslose sollen künftig mit staatlich geförderten Jobs den Wiedereinstieg ins Berufsleben schaffen. Der Bundestag verabschiedete am 8. November das Gesetz zum Sozialen Arbeitsmarkt von Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Arbeitgeber bekommen danach Geld vom Staat, wenn sie bestimmte Langzeitarbeitslose einstellen, die von den Jobcentern vermittelt wurden. Heil appellierte an die Wirtschaft, Kommunen und andere Arbeitgeber, den Arbeitslosen eine Chance zu geben. «Das ist gut investiertes Geld», sagte er.
Jobprogramm für Langzeitarbeitslose
Bild: dpa

Auf den ersten Blick sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt ausgezeichnet, erklärte Heil. Doch es gebe «nach wie vor einen verfestigten Sockel von Langzeitarbeitslosigkeit». Menschen, die so lange keine Arbeit hätten, brauchten besondere Hilfen. «Es geht hier nicht um Scheinbeschäftigung», betonte der Minister.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der Unionsfraktion, Christian Haase, erklärte: «Sinnvolle Beschäftigung, geregelter Tagesablauf und die Sorge für den eigenen Unterhalt sind wichtige Faktoren, um sich in der Gesellschaft dazugehörig zu fühlen und eine persönliche Perspektive zu entwickeln.»

Fünf Jahre lang soll der Job gefördert werden: In den ersten beiden Jahren werden die Lohnkosten voll übernommen, dann sinkt der Zuschuss jedes Jahr um zehn Prozentpunkte. Bedingung ist, dass die Langzeitarbeitslosen älter als 25 Jahre sind und innerhalb von sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz IV bekamen. Bei Erwerbslosen mit Schwerbehinderung reichen fünf Jahre Leistungsbezug aus, auch bei Arbeitslosen, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit mindestens einem minderjährigen Kind leben.

Union und SPD hatte ihre Pläne kurz vor dem Beschluss noch einmal geändert: Bei der Förderung sollen sich die Jobcenter nun nicht nur am Mindestlohn orientieren, sondern den im Unternehmen geltenden Tariflohn übernehmen. Zudem läuft das Programm Ende 2024 aus.

Ein zweites Paket gibt es für Menschen, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind: im ersten Jahr sollen 75 Prozent ihres Lohns vom Staat gezahlt werden, im zweiten Jahr 50 Prozent. Die Jobcenter können über die vier Milliarden Euro für beide Programme in den kommenden Jahren frei verfügen, sie sind nicht zweckgebunden.

Vor allem Grünen und Linken gehen die Hilfen nicht weit genug. Die Voraussetzung von sechs Jahren Hartz-IV-Bezug grenze einen Großteil der Arbeitslosen aus, kritisierten sie. Außerdem sei zu befürchten, dass viele Jobcenter die nicht zweckgebundenen Gelder anderweitig verwendeten, sagte die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann.

Beate Müller-Gemmeke von den Grüne betonte, auch Langzeitarbeitslose müssten das Recht haben, sich ihren Arbeitsplatz auszusuchen, er dürfe nicht einfach zugewiesen werde. Einem Gesetz, das zum 1. Januar 2025 schon wieder außer Kraft sei, könne sie nicht zustimmen.

Der FDP-Abgeordnete Pascal Kober warf der Koalition vor, mit dem Gesetz nur ein «schnelles Aufhübschen der Arbeitslosenstatistik» erreichen zu wollen. Die Ursachen für Langzeitarbeitslosigkeit - wie Schulabgänger ohne Schulabschluss - würden nicht bekämpft. «Das sind verpasste Chancen für die Jugendlichen von heute», sagte er. Die AfD forderte eine Pflicht zur Weiterbeschäftigung nach den fünf Jahren. (dpa)

Krise bei Kettcar-Hersteller Kettler spitzt sich weiter zu

Die Krise beim Kettcar-Hersteller Kettler spitzt sich weiter zu. Es sehe «sehr düster» aus für das Unternehmen mit rund 720 Mitarbeitern, sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums am gestrigen Mittwoch (7. November) der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Zuvor war der Versuch der Landesregierung, alle Beteiligten noch einmal an einen Tisch zu bringen, gescheitert.
Krise bei Kettcar-Hersteller Kettler spitzt sich weiter zu
Bild: Jörg Carstensen/dpa

«Ich bin sehr enttäuscht, dass die Heinz-Kettler-Stiftung das Moderationsangebot meines Hauses nicht angenommen hat. Das Stiftungskuratorium hat sich hier konsequent verweigert», sagte der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Die Verantwortlichen im Unternehmen seien nun gehalten, alternative Wege zu beschreiten. «Wir werden den Prozess eng begleiten und alles daran setzen, um möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und den Beschäftigten und ihren Familien eine gute Perspektive zu eröffnen», sagte Pinkwart. Von der Stiftung selbst war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Eine Kettler-Sprecherin betonte, es werde dennoch «weiter an Lösungen für den Fortbestand des Unternehmens» gearbeitet. Kettler droht nach eigenen Angaben noch in dieser Woche das Aus, wenn es nicht gelingt, kurzfristig eine Zwischenfinanzierung sicherzustellen. Der Geschäftsbetrieb müsse dann schon an diesem Freitag eingestellt werden. Die rund 720 Mitarbeiter würden entlassen.

Das Ministerium hatte der Heinz-Kettler-Stiftung eine Schlüsselrolle bei den Rettungsbemühungen zugeschrieben. Um jetzt überhaupt noch einen neuen Investor zu finden und damit den Erhalt des Unternehmens zu ermöglichen, sei «eine sofortige Entscheidung der Kettler-Stiftung über die Höhe des von ihr zu leistenden Beitrags zwingend erforderlich», hatte es im Ministerium geheißen. Kettler hatte bereits im Juli einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. (dpa)

Neues Jobprogramm für Arbeitslose erreicht viele nicht

Das neue Jobprogramm für Langzeitarbeitslose erreicht viele Betroffene nach Ansicht von Gewerkschaften zu spät. Bedingung für die Förderung ist sechs Jahre Bezug von Hartz IV innerhalb von sieben Jahren. «Die Chance auf eine Teilhabe sollte weit früher beginnen», kritisierte Annelie Buntenbach aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds.
Neues Jobprogramm für Arbeitslose erreicht viele nicht
Bild: dpa

Kurz zuvor hatten Union und SPD ihre ursprünglichen Pläne noch abgeändert: Die Jobcenter sollen bei den geförderten Jobs nicht wie zunächst vorgesehen nur Mindestlohn zahlen dürfen, sondern den im betreffenden Unternehmen geltenden Tariflohn.

Das hatte unter anderem der DGB zuvor gefordert. Die Gewerkschaften hatten befürchtet, dass Arbeitgeber, die Tariflohn zahlen, auf einer Förderlücke hängenbleiben könnten, wenn sie vom Jobcenter nur den Mindestlohn erstattet bekämen. Dann entstünden die neuen Arbeitsplätze automatisch vor allem dort, wo Mindestlohn gezahlt werde und der Niedriglohnbereich wachse.

Mit dem neuen Programm sollen Jobcenter ab 2019 geeignete über 25-jährige Langzeitarbeitslose identifizieren und an Arbeitgeber vermitteln, die mit ihnen Arbeitsverträge für fünf Jahre abschließen. So lange soll der Job gefördert werden können - in den ersten beiden Jahren mit 100 Prozent, dann jährlich um 10 Prozentpunkte weniger. (dpa)

Stress und Überstunden

Ständig Stress, Überstunden und Erreichbarkeit nahezu rund um die Uhr: Viele Beschäftigte haben im Job mit hohen Risiken zu kämpfen. Als besonders belastet gelten etwa Paketboten und Lastwagenfahrer, die nach den Ergebnissen einer Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund mit rund 7,2 Überstunden pro Woche deutlich mehr Überstunden leisten als der Durchschnitt der Arbeitnehmer mit rund vier Wochenstunden.
Stress und Überstunden
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Vor allem wegen des Booms des Online-Handels seien die Paketzusteller immer höheren Belastungen ausgesetzt, heißt es in der zweiten Auflage der 2015 erstmals durchgeführten Studie, für die im vergangenen Jahr rund 10 000 Beschäftigte befragt worden waren. Die Zeitungen der Funke Mediengruppe hatten zuvor berichtet.

Neben Paketfahrern zählen auch Beschäftigte in Gesundheitsberufen sowie aus dem Sicherheits- und Überwachungsgewerbe zu den Risikogruppen. Dabei könne die Belastung vor allem der Paketfahrer im schlimmsten Fall tödliche Folgen haben: «Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass das Unfallrisiko nach der achten Arbeitsstunde erst moderat und dann exponentiell ansteigt», heißt es in der Studie.
Als besonders belastet gelten aber auch Chefs, die nach den Ergebnissen der Studie oft nicht nur deutlich länger arbeiten als ihre Mitarbeiter, sondern auch in ihrer Freizeit häufig erreichbar sein müssen. Insgesamt werde etwa jeder achte Beschäftigte wegen dienstlicher Belange häufig in der Freizeit kontaktiert.

Als Grund für die Überstunden gab ein Drittel der Befragten an, das Gefühl zu haben, die Arbeit im vorgegebenen Zeitraum nicht zu schaffen. Häufig genannt wurden auch betriebliche Gründe, während finanzielle Anreize nur eine eher untergeordnete Rolle spielen. «Das passt zu dem Trend, dass die geleistete Mehrarbeit immer öfter nicht bezahlt wird», stellten die Forscher fest. Nach wie vor hätten Männer längere Arbeitszeiten als die häufiger in Teilzeitjobs beschäftigten Frauen.
Jeder siebte Befragte (14 Prozent) habe zudem häufig mit Änderungen der Arbeitszeiten zu kämpfen, wobei sich der Ankündigungszeitraum weiter verkürzt habe. Ein Drittel der Betroffenen erfahre erst am Vortag von den Änderungen. Mehr als vier von zehn Beschäftigten (43 Prozent) müssen mindestens einmal im Monat auch am Wochenende arbeiten. Gleichzeitig könnten viele Beschäftigte aber auch verstärkt Einfluss auf ihre Arbeits- und Pausenzeiten nehmen.
Mit 38,6 Stunden für Vollzeitbeschäftigte und 22,9 Stunden für Teilzeitbeschäftigte veränderte sich die vertraglich vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit kaum. Nur: tatsächlich geleistet wurden der Untersuchung zufolge durchschnittlich 43,4 Stunden von Vollzeitbeschäftigten und 23,9 Stunden von Teilzeitbeschäftigten. Damit habe sich die Zahl der Überstunden insgesamt im Vergleich zu der ersten Studie kaum verändert. «Im europäischen Vergleich arbeiten Beschäftigte in Deutschland mit am kürzesten», heißt es in der Studie.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte vor wenigen Wochen zu seltene Arbeitszeit-Kontrollen in Deutschland angeprangert. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Überprüfungen bundesweit sogar deutlich zurückgegangen. Gerade im Gastgewerbe seien Überstunden an der Tagesordnung.

Auch die Gewerkschaft Verdi sprach sich für mehr Kontrollen aus. In der Vergangenheit seien bei Überprüfungen teils gravierende Verstöße bei Paketdienstleistern aufgedeckt worden, sagte Uwe Köpke vom zuständigen Verdi-Fachbereich. Betroffen seien in der Regel kleine Unternehmen mit wenigen Beschäftigten, die häufig als Subunternehmer arbeiteten. Es sei derzeit jedoch zu wenig Personal vorhanden, um flächendeckend effektive Kontrollen gewährleisten zu können.

(Text: dpa)

Arbeitskräftenachfrage bleibt auf hohem Niveau

In deutschen Betrieben ist die Zahl der offenen Stellen weiterhin so hoch wie selten zuvor. Im Oktober habe sich die Nachfrage nach Arbeitskräften auf einem sehr hohen Niveau eingependelt, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) gestern (29. Oktober) in Nürnberg und verwies auf den monatlich ermittelten Stellenindex BA-X.
Arbeitskräftenachfrage bleibt auf hohem Niveau
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Hauptgrund für die hohe Arbeitskräftenachfrage ist laut BA die gute Konjunktur. Vermehrte Jobwechsel erhöhten die Zahl neu zu besetzender Stellen zusätzlich.

Der Stellenindex gab im Vergleich zum September zwar leicht nach - um vier Punkte auf 252 Punkte. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnete die Agentur jedoch sechs Punkte Anstieg. Im Dezember 2017 war der Index erstmals über die 250-Punkte-Rekordmarke geklettert und hatte seither stets über diesem Wert gelegen.

Besonders stark zugenommen habe die Nachfrage nach Arbeitskräften bei Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik sowie im Handel. Mehr zu besetzende Stellen gab es demnach auch im Verarbeitenden Gewerbe und beim Bau. Dagegen ging die Nachfrage in der Lagerlogistik zurück. (dpa)

Tarifvertrag für digitale Elite

Offene Flächen, Couches, Tischtennisplatten, Loft-Atmosphäre und der unvermeidbare Tischkicker - wenn Großkonzerne kleine agile Firmen für Zukunftsideen rund um das Thema Digitalisierung ausgründen, gehören diese Einrichtungsdetails zum Pflichtprogramm. Doch das reicht längst nicht mehr, um geeignetes Personal zu finden, so die Erfahrung bei Bosch. Für eine neue Einheit, die sich mit Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing befasst, haben die Gewerkschaft IG Metall und der Autozulieferer deshalb nun einen neuen Tarifvertrag ausgehandelt. Er soll auch als Blaupause für andere Bereiche bei Bosch dienen.
Tarifvertrag für digitale Elite
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Der sogenannte Innovationstarifvertrag lehnt sich an die Verträge der IG Metall an, bietet aber mehr Spielraum bei Arbeitszeiten und Gehalt. Außerdem erhalten die Mitarbeiter besondere Angebote bei Gesundheitsvorsorge und Weiterbildung.

Um hochqualifiziertes Personal für den digitalen Wandel anzuwerben, brauche Bosch die richtigen Arbeitsbedingungen, sagte Bosch-Personalchef Christoph Kübel der Deutschen Presse-Agentur. «Wir brauchen Freiheit und Selbstbestimmung. Mit diesem Tarifvertrag schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen.» Bosch besetzt inzwischen jede zweite offene Stelle abseits der Produktion mit Experten für Software und IT.

Üblicherweise gründen große Konzerne Bereiche rund um das Thema Software und Digitalisierung aus, um dem trägen Konzerngefüge und auch dem in den meisten Fällen angewandten Tarifvertrag zu entgehen. Die Manager bemühen häufig das Bild des Schnellboots neben dem großen Tanker Konzern. Dabei spielen flexible Arbeitszeiten genauso eine Rolle wie Bezahlung.

Bei der IG Metall sieht man diese Entwicklung mit Sorge. «Wir wollen, dass diese Bereiche auch tarifgebunden sind», sagt der baden-württembergische Bezirksleiter Roman Zitzelsberger. Die Gewerkschaft sei deshalb mit verschiedenen Konzernen über ähnliche Vertragswerke im Gespräch.

Martina Weiner, Geschäftsführerin der Personalberatung i-potentials, warnt hingegen - die digitalen Experten seien spezialisierte Profis: «In manchen Bereichen gibt es von diesen Spezialisten nur eine Handvoll weltweit, und diese für sein Unternehmen zu gewinnen und dort auch zu halten, ist ohnehin eine große Herausforderung.» Durch einen Tarifvertrag und die damit verbundenen Grenzen büße ein Unternehmen unter Umständen Wettbewerbsfähigkeit ein.

Und auch der IG-Metaller Zitzelsberger räumt ein: «Da treffen Welten aufeinander.» Gemeinsam mit Bosch hat die Gewerkschaft nun versucht, diese Welten zueinander zu bringen. Der neue Tarifvertrag gilt von 2019 an für die neue Einheit Connected Mobility Solutions mit 300 Beschäftigten. Dort arbeiten unter dem Dach der Robert Bosch GmbH sowohl Mitarbeiter, die bislang im Tarif waren, als auch solche, die bislang nicht unter den Tarifvertrag fielen.

Sie haben die Wahl zwischen 35, 38 oder 40 Stunden pro Woche. Es gilt Vertrauensarbeitszeit, der Mitarbeiter entscheidet eigenverantwortlich, wann er wie viel arbeitet. Bei der Bezahlung sind die Regelungen an den bestehenden Tarifvertrag der IG Metall angelehnt. Doch statt der starren Entgeltgruppen gibt es Gehaltsbänder. Die erfolgsabhängige Vergütung beispielsweise ist höher. Als weitere Dreingabe erhalten die Mitarbeiter alle zwei Jahre einen umfassenden Gesundheitscheck, der sonst nur Führungskräften vorbehalten ist, und können frei über ein eigenes Weiterbildungsbudget verfügen.

Doch reicht das, um junge Softwareentwickler statt in einem Start-up in Berlin oder Tel Aviv zum schwäbischen Technologiekonzern Bosch bei Stuttgart zu locken? Maren Freyberg von der Hamburger Personalberatung Dwight Cribb sagt: «Ich kann mir vorstellen, dass das für viele charmant ist.» Denn für einige Bewerber spiele doch auch Sicherheit eine Rolle. «Zumindest ist es ein Alleinstellungsmerkmal.» Und das ist die Tischtennisplatte inzwischen eben doch nicht mehr. (dpa)

Bei Jobs und Umsatz auf Rekordjagd

Mehr Umsatz, mehr Investitionen, mehr Jobs - das Wachstum im deutschen Mittelstand hält an. Als Arbeitgeber haben die 3,76 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen nochmals an Bedeutung gewonnen, wie die KfW in ihrer aktuellen Mittelstandsumfrage feststellt. Sie seien das «Herzstück» des Beschäftigungsaufbaus, den Europas größte Volkswirtschaft seit nunmehr elf Jahren verzeichne, schreiben die Volkswirte der Förderbank.
Bei Jobs und Umsatz auf Rekordjagd
Bild: Jens Büttner/dpa-Zentralbild

Und die Aussichten seien weiterhin gut: «Die sehr gute Lage im Mittelstand wird auch im Jahr 2018 anhalten», heißt es in der Studie. Viele Firmen rechnen mit weiter steigenden Erlösen und wollen ihr Personal noch aufstocken. «Im Saldo ist (...) weiter mit Beschäftigungsaufbau zu rechnen», so das Fazit der KfW-Ökonomen. «Die Schallmauer von 32 Millionen Erwerbstätigen wird vermutlich zwar (noch) nicht durchbrochen, scheint aber mittelfristig greifbar.»

Zum Jahresende 2017 war die Rekordzahl von 31,3 Millionen Menschen in den kleinen und mittleren Unternehmen hierzulande erwerbstätig. Das waren 418 000 oder 1,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Erlöse der Unternehmen kletterten im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 4,7 Prozent so stark wie seit sechs Jahren nicht mehr.

«Mittelfristig ist auch weiter mit hohem, und eventuell anziehendem, Unternehmenswachstum im Mittelstand zu rechnen, denn der anhaltende Optimismus der vergangenen Jahre bleibt», schreibt die KfW. Bis zum Jahr 2020 rechnen demnach wesentlich mehr der für die aktuelle Erhebung befragten 9666 Mittelständler mit steigenden Umsätzen (34 Prozent) als mit sinkenden Umsätzen (16 Prozent). Zuletzt legte nach zwei schwächeren Jahren auch das Auslandsgeschäft wieder spürbar zu.

Etwas Wasser gießen die KfW-Volkswirte allerdings in den Wein: Trotz Wachstums auf breiter Front komme die Profitabilität im Mittelstand nicht vom Fleck. Zum ersten Mal seit acht Jahren sei 2017 die durchschnittliche Umsatzrendite - also der prozentuale Anteil des Gewinns am Umsatz - gesunken. Das liege zum Teil auch daran, dass neue Jobs vor allem im Dienstleistungsbereich entstanden seien, in dem die Produktivität im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe ohnehin tendenziell niedriger sei, erklärte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.

Der moderate Rückgang um 0,1 Punkte auf 7,2 Prozent gebe zwar «(noch) keinen Anlass zur Sorge», heißt es in der Studie. Denn viele Mittelständler sitzen auf gut gefüllten Kassen: Die Eigenkapitalpolster erreichten die nächste Rekordmarke. Im Jahr 2017 betrug die durchschnittliche Eigenkapitalquote 31,2 Prozent nach 30 Prozent ein Jahr zuvor. Dennoch mahnte Zeuner: «Beschäftigungsaufbau und Wachstumsphase müssen Innovationen und Investitionen folgen.» (dpa)

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