Allein aus der Ukraine kamen von Juni 2022 bis Juni 2023 insgesamt 53 000 Menschen hinzu, die in Deutschland eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben. Aus Indien waren es im selben Zeitraum 24 000. «Nach unserer Prognose wird das in Zukunft zunehmen», sagte Nahles. Hintergrund sei schlichtweg die Demografie.
Die geburtenstarken Jahrgänge beginnen, in Rente zu gehen. Es fehlen Arbeitskräfte an allen Ecken und Enden. Und für diejenigen, die bereits in Deutschland leben - ob als Einheimische oder Zuwanderer - und derzeit keinen Job haben, wird die Suche schwieriger. Sie sind häufig zu alt oder zu schlecht ausgebildet. Hinzu kommt, dass aus den EU-Beitrittsstaaten wie Rumänien, Bulgarien oder auch Polen immer weniger Menschen nach Deutschland kommen. Die Länder hätten inzwischen selbst demografische Probleme.
«Deutschland hat den höchsten Beschäftigungsstand in der Geschichte, den wir jemals verzeichnet haben», sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am 31. Januar bei einer Generalaussprache zum Haushalt im Bundestag in Berlin. Die Beschäftigungspolitik der Ampel-Koalition betrachtet er als vollen Erfolg.
Auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich angesichts der hohen Zahl von Beschäftigten und freien Stellen optimistisch. Doch auch er betonte: «Hier ist deutlich zu sehen, wie sehr wir auf Zuwanderung in den Arbeitsmarkt angewiesen sind.» Der Aufwuchs an Beschäftigung zum Vorjahresmonat um 217 000 sei ausschließlich auf Beschäftigte aus dem EU-Ausland und Drittstaaten zurückzuführen.
Im Januar hat sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht allzu viel getan. Die Zahl der Arbeitslosen ist saisonüblich auf 2,805 Millionen gestiegen. Das sind 169 000 mehr als im Dezember 2023 und 189 000 mehr als im Januar vorigen Jahres, wie die Bundesagentur mitteilte. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,4 Punkte auf 6,1 Prozent. Die Bundesagentur griff bei ihrer Januar-Statistik auf Datenmaterial zurück, das bis zum 15. des Monats vorlag.
«Der alljährliche Anstieg der Arbeitslosigkeit zum Jahreswechsel fällt in diesem Jahr geringer aus. Auch die Beschäftigung und Arbeitskräftenachfrage zeigen sich konstant, so dass sich der Arbeitsmarkt zu Jahresbeginn trotz der anhaltenden Wirtschaftsschwäche stabil zeigt», sagte Nahles. Sie bezog sich mit diesem Vergleich auf die Jahre vor der Coronapandemie, als die Arbeitslosigkeit im Januar üblicherweise um etwa 200 000 Personen stieg. In den Coronajahren war der Anstieg geringer ausgefallen.
Obwohl der Arbeitsmarkt in starkem Maße auf Zuwanderer angewiesen ist und die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit fast einer Million (960 000) noch immer deutlich höher ist als vor den Pandemiejahren, werden die Chancen für Arbeitslose, einen neuen Job zu finden, kleiner. Im Januar waren nach Angaben der Bundesagentur 699 000 Arbeitsstellen als offen gemeldet. Das sind 66 000 weniger als vor einem Jahr.
Nach wie vor schwierig bleibt die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Viele Lehrstellen, die von Betrieben angeboten werden, können nicht besetzt werden. In der sogenannten Nachvermittlungszeit waren den Angaben zufolge von Oktober 2023 bis Januar 2024 mit 64 000 gut 1000 junge Menschen mehr auf Ausbildungssuche als im Jahr zuvor. Dem standen 85 000 gemeldete Ausbildungsstellen in Betrieben gegenüber, knapp 4 000 mehr als im Vorjahr.
28 000 Bewerberinnen und Bewerber waren im Januar 2024 laut BA noch unversorgt und weitere 18 000 suchten trotz Alternative weiterhin eine Ausbildungsstelle. Gleichzeitig waren 18 000 Ausbildungsstellen noch unbesetzt.
(Text: Michael Donhauser, dpa)
Als einen Grund nannte der Konzern veränderte Markt- und Kundenanforderungen. Die Sonderkonjunktur während der Corona-Pandemie habe den Bedarf weitestgehend gesättigt. Weiterhin hätten die hohe Inflation und die allgemein angespannte wirtschaftliche Lage das Konsumklima nachhaltig eingetrübt. Zudem wolle man etwa in die Erweiterung des Portfolios kabelloser Elektrowerkzeuge investieren und das Nordamerika-Geschäft ausbauen.
«Um seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig sicherzustellen, muss das Unternehmen über die bereits laufenden Maßnahmen hinaus, wie etwa die Einsparung von Sachkosten, auch seine Personalkosten in den Zentral-, Entwicklungs- und Verwaltungsbereichen senken», hieß es. Einzelne Tätigkeiten sollen auch an kostengünstigeren Standorten im Ausland angesiedelt werden. Der Schritt ist laut dem Bereichsvorstandsvorsitzenden Thomas Donato notwendig, um die Position in einem hart umkämpften globalen Markt zu sichern und auszubauen.
Die Stellen sollen den Angaben nach so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden. Als Beispiele nannte die Bosch-Sprecherin Altersteilzeit- und Vorruhestandsangebote sowie Abfindungsvereinbarungen und die Vermittlung an andere Standorte der Bosch-Gruppe. Zu den Plänen starten demnach nun Gespräche mit den Arbeitnehmervertretungen.
Bosch Power Tools stellt unter anderem Elektrowerkzeuge, Gartengeräte, Messtechnik und Zubehör her. Zusammen mit den Haushaltsgeräten bildet die Sparte den Geschäftsbereich Consumer Goods, der 2022 rund 25 Prozent des gesamten Bosch-Umsatzes von etwas mehr als 88 Milliarden Euro ausmachte.
Für die deutlich größere Autozuliefersparte wurden in den vergangenen Wochen mehrfach ähnliche Pläne bekannt. Dort will Bosch aktuell bis zu 3200 Stellen streichen, unter anderem in der Antriebssparte sowie in Bereichen, die für Fahrzeugcomputer, Steuergeräte und die entsprechende Software zuständig sind.
(Text: dpa)
Über die Jahre hat sich der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied zwar etwas verringert, im Jahr 2006 betrug er noch 23 Prozent. Doch seit 2020 verharrt die unbereinigte Lohnlücke bei 18 Prozent.
Knapp zwei Drittel der Lohnlücke erklärt das Statistikamt mit höheren Teilzeitquoten bei den Frauen und geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen. Es bleibt eine Lücke (bereinigter Gender Pay Gap) von rund 6 Prozent des Brutto-Stundenlohns ohne eindeutige Erklärung.
Auch bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie verdienen also Frauen 6 Prozent weniger als Männer. Die Behörde vermutet, dass hier Erwerbsunterbrechungen etwa bei Schwangerschaften, zur Kindererziehung oder zur Pflege von Angehörigen eine Rolle spielen, die aber nicht näher erfasst seien. Man gehe davon aus, dass sich damit weitere Anteile des Lohnunterschieds erklären ließen. Die 6 Prozent stellten insofern eine Obergrenze für eine mögliche Verdienstdiskriminierung durch die Arbeitgeber dar.
Die Statistik stellte fest, dass die Bruttostundenverdienste ab dem 30. Lebensjahr stärker auseinanderdriften. In diesem Alter bekommen viele Frauen Kinder und unterbrechen ihr Erwerbsleben. Während im weiteren Arbeitsleben die Stundenlöhne der Frauen nahezu stagnieren, stiegen sie bei den Männern noch regelmäßig an. Die unbereinigte Lohnlücke betrug bei 30-Jährigen rund 8 Prozent und bei Beschäftigten zwischen 57 und 61 Jahren dann 27 Prozent.
Entgeltgleichheit sei auch angesichts des Fachkräftemangels ein wichtiger Faktor, um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu steigern, teilte DGB-Vize Elke Hannack mit. Politik und Arbeitgeber müssten Fehlanreize im Steuer- und Sozialrecht beseitigen, frauendominierte Berufe aufwerten und die Minijobs reformieren, in denen vor allem Frauen tätig sind.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) zeigte sich unzufrieden über den Stillstand. «Ich gebe mich nicht damit zufrieden, dass wir in Deutschland bei der gleichen Bezahlung von Frauen und Männern eines der Schlusslichter in der Europäischen Union sind», sagte sie. Man arbeite mit Hochdruck an der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz noch in der laufenden Legislaturperiode.
(Text: dpa)
Am Montag (29. Januar) hat das gleichnamige Handelsunternehmen, zudem auch das Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg gehören, mitgeteilt, dass es ein Insolvenzverfahren angemeldet hat. Ziel sei es, auf diesem Weg in Eigenverwaltung einen Neuanfang zu schaffen. Die gute Nachricht für alle Kunden: Schließen sollen die drei Häuser nicht. Das Handelsunternehmen will sich über das Insolvenzverfahren eigenen Angaben zufolge vor allem von hohen Mieten befreien.
Denn eigentlich läuft das Geschäft mit Luxus. Selbst in der Hochphase der Corona-Pandemie berichteten Luxusmarken von guten Umsätzen - wer es sich leisten kann, gönnt sich gerne etwas.
Im KaDeWe selbst war am Montagvormittag keine Krisenstimmung zu spüren. «Es hat eine große Tradition, es ist sehr groß. Wir gehen viel lieber in ein Kaufhaus als in eine Mall, wo man lauter einzelne Geschäfte hat. Hier kann man auch mal bummeln», sagte ein Kunde. «Das KaDeWe ist halt Berlin für mich», meinte eine Touristin aus Rheinland-Pfalz. Und die Befragten waren sich einig: Wenn das KaDeWe schließen müsste, würde der Stadt etwas fehlen.
Handelsverband: KaDeWe «der große Brillant»:
Im Geschäftsjahr 2022/2023 machte die KaDeWe Group eigenen Angaben zufolge knapp 728 Millionen Euro Umsatz, ein Plus von fast 24 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Geschäftsjahr 2018/2019. «Das KaDeWe ist die Preziose, ist der große Brillant in der Krone des deutschen Handels und wird es auch immer bleiben», schwärmte Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin-Brandenburg im RBB-Inforadio. Das Insolvenzverfahren gebe dem Unternehmen nun die Möglichkeit, Verbindungen und Verträge auf den Prüfstand zu stellen.
Insbesondere die Mieten sind zur Last für die Kaufhäuser geworden. Im Vergleich zum Geschäftsjahr 2018/19 seien sie um fast 37 Prozent gestiegen, erklärte die KaDeWe Group am Montag.
«Die Umsatzmietbelastung ist an allen Standorten hoch, am höchsten in München mit circa 20 Prozent nach unseren Einschätzungen», schätzt Johannes Berentzen von der Handelsberatung BBE. «Das Alsterhaus schätzen wir mit circa 17 Prozent ein - auch das wäre viel zu hoch. Das KaDeWe steht mit circa 13 Prozent Mietbelastung gemessen am Umsatz noch am besten dar.» Auch er ist überzeugt, dass alle drei Häuser bestehen bleiben: «Luxus funktioniert trotz aktueller Wirtschaftslage sehr gut.» Berentzen rechnet damit, dass die Central Group nun versuchen wird, sich die Gesamtanteile an der KaDeWe Group und den Grundstücken zu sichern.
KaDeWe künftig ein rein thailändisches Unternehmen?
Die 1947 gegründete Central Group hält derzeit 50,01 Prozent an der The KaDeWe Group GmbH. Die restlichen Anteile gehören der in Schieflage geratenen Signa des Österreichers René Benko.
Die Central Group ist ein Mischkonzern im Besitz der Familie Chirathivat, die zu den reichsten Familien Thailands zählt. Forbes schätzte ihr Vermögen 2023 auf 12,4 Milliarden Dollar (11,4 Mrd Euro). Die Gruppe mit Sitz in Bangkok ist hauptsächlich in den Branchen Einzelhandel, Hotels und Restaurants aktiv und betreibt unter anderem Supermärkte und Kaufhausketten. Neben ihren Anteilen an Warenhäusern in Deutschland ist die Central Group im Ausland unter anderem an La Rinascente in Italien, Selfridges in Großbritannien und Globus in der Schweiz beteiligt. Nun hat Chef Tos Chirathivat (59) die Möglichkeit, sich sämtliche Anteile am KaDeWe zu schnappen.
Feinkostabteilung mit 35 000 Produkten:
Damit hätte er wohl eines der wenigen Kaufhäuser ganz im Portfolio, dem eine eigene TV-Serie gewidmet wurde - vor gut zwei Jahren platzierte die ARD eine lesbische Liebesgeschichte zwischen die Kleiderstangen im KaDeWe der 1920er Jahre. Es ist nur eines der Kapitel, mit denen das KaDeWe zum Aushängeschild wurde. Besonders die Feinkostabteilung in der sechsten Etage wird von Touristen und Berlinern gern besucht. Zwischen Luxus-Klassikern wie Austern, Hummer, Kaviar und Champagner gibt es hier auch ausgefallene Spezialitäten. Ein Genuss für die Sinne, aber nicht für den Geldbeutel.
Das «Kaufhaus des Westens» ist deutlich älter als der Kalte Krieg, nach dem sein Name klingt. Die Tauentzienstraße und das von Emil Jaudt entworfene Warenhaus lagen zur Eröffnung am 27. März 1907 in einer großbürgerlichen Wohngegend, abseits der Einkaufsmeile am Potsdamer Platz. Gründer Adolf Jandorf ahnte aber, dass sich der nahe gelegene Kurfürstendamm zur Einkaufsadresse mausern würde. Das KaDeWe wurde schnell zum Ziel von Familienausflügen. Vor dem Haus tummelten sich die Flaneure. «Ein Boulevard für flirtende Backfischlein», schrieb der Chronist Leo Colze 1908 über die Gegend am Wittenbergplatz. «Hier weht Weltstadtluft».
6,50 Meter hohe Riesentorte zum 100.:
Das KaDeWe ist auch ein Stück deutsche Geschichte. 1927 verkaufte Jandorf an die jüdische Kaufmannsfamilie Hermann Tietz. In der Nazi-Zeit wurden die Eigentümer aus der Geschäftsleitung verdrängt, aus dem Namen der Kaufmannsfamilie entstand «Hertie». 1943 stürzte ein amerikanisches Flugzeug ins KaDeWe, das Gebäude lag in Trümmern. 1950 kam der Neuanfang, in der Adenauer-Ära wurde das Warenhaus zum Sinnbild für Konsum und Kaufkraft. Zur Geburtstagsfeier zum 100. stürmten die Berliner im März 2007 das Haus und holten sich Stücke von einer 6,50 Meter hohen Riesentorte ab.
Seit dem 100er hat sich schon wieder viel getan im KaDeWe. Zuletzt wurde das Kaufhaus von 2016 an jahrelang für zig Millionen Euro umgebaut - der Neustart wurde dann mit reichlich Schampus gefeiert. Konzeptionell ist das Kaufhaus also auf dem neusten Stand. Vor einigen Monaten wurde dann bekannt, dass die Galeries Lafayette Berlin Ende 2024 verlassen werden. Ein Luxus-Konkurrent weniger - für das KaDeWe dürfte das keine schlechte Nachricht gewesen sein.
(Text: Fabian Nitschmann, Christian Rothenberg und Carola Frentzen, dpa)
Die Gewerkschaft Verdi hat für kommenden Freitag in fast allen Bundesländern zu ganztägigen Warnstreiks im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aufgerufen. «Da jetzt in allen Bundesländern Tarifverhandlungen stattgefunden haben und ohne Ergebnis geblieben sind, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, um mehr Druck auf die Arbeitgeber zu machen», teilte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Christine Behle, am gestrigen Montag (29. Januar) in Berlin mit.
Auf Fahrgäste kommen damit an diesem Freitag erneut erhebliche Einschränkungen vor allem im Berufsverkehr zu. Erst an diesem Montag hatte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihren mehrtägigen Streik bei der Deutschen Bahn vorzeitig beendet. Dort gilt nun bis einschließlich 3. März eine Friedenspflicht. Im Nah- und Regionalverkehr sind Arbeitskämpfe von Verdi aber weiter möglich.
Außer in Bayern verhandelt die Gewerkschaft in allen Bundesländern parallel mit den kommunalen Arbeitgeberverbänden über neue Tarifverträge für die Beschäftigten im ÖPNV. Von der Tarifrunde sind laut Verdi mehr als 130 kommunale Unternehmen in den Städten und Landkreisen sowie insgesamt 90 000 Beschäftigte betroffen. Bei der ersten Verhandlungsrunde vergangene Woche kam in keiner Region eine Lösung zustande.
Verhandelt wird zwar in allen betroffenen Bundesländern gleichzeitig. Inhaltlich geht es aber um sehr unterschiedliche Forderungen. In den meisten Ländern geht es um die sogenannten Manteltarifverträge. Sie regeln vor allem die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) etwa fordert Verdi unter anderem längere Wendezeiten, Urlaubsgeld und mehr Urlaub. «Die Belastung der Beschäftigten und die Personalnot im ÖPNV haben immer mehr zugenommen, der Arbeitsdruck wird immer größer», teilte die Gewerkschaft vor einigen Tagen mit. «Es müssen also schnell Lösungen gefunden werden, um eine Entlastung herbeizuführen.»
Komplizierter läuft es in Brandenburg, Saarland Sachsen-Anhalt und Thüringen. Hier geht es auch um die Entgelte, also höhere Löhne und Gehälter. In Brandenburg will Verdi 20 Prozent, mindestens aber 650 Euro mehr für die Beschäftigten im Nahverkehr rausholen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.
Unterstützt wird der Warnstreik von der Umweltbewegung Fridays for Future. «Wir alle brauchen einen verlässlichen Nahverkehr, mit dem wir sicher und günstig zur Arbeit, in den Club oder nach Hause kommen», teilte deren Sprecherin Darya Sotoodoh am Montag mit.
(Text: dpa)
Kassenchef Andreas Storm sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Auch wenn das Ergebnis nach den Erkältungswellen im Frühjahr und Herbst nicht überraschend kommt, ist es für die Wirtschaft alarmierend.» Die hohen Fehlzeiten beeinträchtigten Arbeitsabläufe vieler Betriebe und Behörden, besonders wenn die Personaldecke durch Fachkräftemangel immer dünner werde. Dabei seien Langzeitfälle das größte Problem. Es brauche eine «Offensive für das betriebliche Gesundheitsmanagement».
Ausschlaggebend für die vielen Ausfälle im vergangenen Jahr seien vor allem Atemwegserkrankungen wie Erkältungen, Bronchitis und Grippe gewesen, erläuterte die DAK am Freitag. Zudem habe es einen Anstieg bei psychischen Erkrankungen gegeben. Der Krankenstand von 5,5 Prozent ist der höchste Wert seit Beginn der Analysen vor 25 Jahren. In den Jahren zuvor hatte er im Bereich von 4 Prozent gelegen.
Die meisten Fehltage gingen 2023 auf Erkältungskrankheiten zurück. Sie verursachten 415 Fehltage je 100 Versicherte. Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen führten zu 373 Fehltagen je 100 Versicherten und psychische Erkrankungen wie Depressionen zu 323 Fehltagen. Krankschreibungen in Zusammenhang mit dem Coronavirus spielten eine geringere Rolle: Die Zahl der dadurch verursachten Fehltage je 100 Versicherte ging auf rund 51 zurück, nachdem es 2022 noch 130 Fehltage gegeben hatte. 2021 waren es 22 Fehltage je 100 Versicherte gewesen.
Für die Analyse wertete das Berliner Iges-Institut Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten in Deutschland aus.
Hoher Krankenstand in Altenpflege
Fast zwei Drittel der Beschäftigten hatten im vergangenen Jahr mindestens eine Krankschreibung. Überhaupt nicht arbeitsunfähig gemeldet waren bei der DAK 35,5 Prozent. Betrachtet nach Berufen war der Krankenstand in der Altenpflege (7,4 Prozent) und bei Kita-Beschäftigten (7 Prozent) besonders hoch - und am niedrigsten in der Informatik und Kommunikationstechnologie mit 3,7 Prozent.
Ähnliche Entwicklungen gab es bei den Versicherten der Kaufmännischen Krankenkasse. Hier stieg der Krankenstand um 0,2 Punkte auf 6,6 Prozent. Die durchschnittliche Fehlzeit je Fall fiel von 13,1 auf 11,7 Tage - es wurden also mehr kürzere Krankschreibungen eingereicht. Die Fehlzeiten bewegten sich auf «auf höchstem Niveau»: Sie betrugen 2392 Tage pro 100 Mitglieder. Im Vorjahr waren es 2346.
KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick sagte laut Mitteilung, es sei wichtig, dass sich Beschäftigte schützten und am Arbeitsplatz geschützt würden - etwa durch Hygieneregeln, Impfungen oder mehr Arbeit zuhause. Häufige und lange Arbeitsausfälle bedeuteten für die verbliebenen Kollegen eine starke Zusatzbelastung, wenn sie liegengebliebene Arbeit auffangen müssten. Es drohe ein Dominoeffekt mit weiteren Krankmeldungen.
(Text: dpa)
«Mit dem geplanten Transformationsprogramm verlagern wir verstärkt Investitionen in strategische Wachstumsbereiche, in erster Linie in KI», sagte Vorstandschef Christian Klein. «Damit werden wir auch zukünftig wegweisende Innovationen entwickeln und gleichzeitig die Effizienz unserer Geschäftsprozesse verbessern.» Bis Ende 2025 werde SAP knapp eine Milliarde Euro in diesen Bereich stecken, sagte Klein.
Der Hype um KI in der Softwarebranche hatte sich im vorvergangenen Jahr an der Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT entzündet. Seither möchten alle Softwarekonzerne ein Stück vom erhofft großen zukünftigen Kuchen abhaben und stecken viel Geld in die Technologie.
Zwei Milliarden Euro teurer Umbau:
SAP hatte im vergangenen Jahr bereits eigene Produkte wie den KI-Assistenten Joule vorgestellt, der es Anwendern erleichtern soll, typische Aufgaben in Unternehmen zu erledigen. Nun nimmt SAP-Chef Klein noch einmal rund zwei Milliarden Euro Geld in die Hand - soviel nämlich soll das Umbauprogramm insgesamt kosten.
Teil des Umbauprogramms sei auch ein Umbau der Konzernstruktur, hieß es. Bei den meisten der rund 8000 betroffenen Stellen sollen Freiwilligenprogramme und interne Umschulungen greifen. Aufgrund von Investitionen in Wachstumsbereiche rechnet SAP damit, dass am Ende des Jahres die Zahl der Mitarbeitenden etwa dem aktuellen Niveau entspricht. Wie viele der vom Umbau betroffenen 8000 Beschäftigten dann noch bei SAP arbeiten, ist derzeit nicht abzusehen.
Solche Entscheidungen zu treffen, sei nie einfach, sagte Klein. Aber es gehe um die bestmögliche Zukunft von SAP und darum, in der Tech-Industrie mithalten zu können. Etwa zwei Drittel der 8000 betroffenen Beschäftigten sollen laut Klein mit freiwilligen Maßnahmen wie etwa Vorruhestand oder Abfindungen zum Gehen bewegt werden oder sich zum Beispiel mit Umschulungen für andere Positionen qualifizieren können.
Für den Betriebsrat sei es wichtig, dass die Restrukturierung in Deutschland eine rein freiwillige Maßnahme ist, hieß es. Betriebsbedingte Kündigungen seien durch eine Betriebsvereinbarung bis Ende 2024 ausgeschlossen, teilte ein Firmensprecher mit. Der Betriebsrat forderte laut Mitteilung, die Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung über das Jahr 2024 hinaus zu verlängern, um den Beschäftigten Planungssicherheit zu ermöglichen.
Der Stellenabbau vor rund einem Jahr hatte bei den Walldorfern nicht zu insgesamt sinkenden Mitarbeiterzahlen geführt. Zum Stichtag Ende Dezember hatte SAP 107 602 Vollzeitbeschäftigte, ein Jahr zuvor waren es 106 312 gewesen. Viele der damals betroffenen Beschäftigten sind aber nicht mehr bei SAP.
Mehr Tempo bei Cloudumsatz und Ergebnis:
Klein und sein Finanzchef Dominik Asam haben sich für das laufende Jahr mehr Tempo bei Cloudumsatz und Ergebnis vorgenommen als im letzten Jahr. So soll das um Sondereffekte bereinige Ergebnis vor Zinsen und Steuern um 17 bis 21 Prozent wachsen, wenn Wechselkurseffekte ausgeklammert werden.
In der Cloud sollen die hereingeholten Abonnements mehr Schub liefern. Klein hat den Vertriebsteams ein währungsbereinigtes Umsatzplus von 24 bis 27 Prozent als Messlatte gesetzt.
Die Cloudprodukte zur Nutzung über das Netz sind seit längerer Zeit der Wachstumsträger bei SAP. Sie gelten auf lange Sicht als ertragreicher, weil die Kunden mit einiger Laufzeit mehr zahlen als mit dem früher üblichen Paket aus Lizenzsoftware gegen hohe Einmalgebühr und anschließendem Wartungsvertrag. Zunächst aber bedeuten die Cloudverträge Einbußen, weil anfangs die hohen Verkaufspreise der Lizenzsoftware wegfallen.
Cloudangebote schmackhaft machen:
KI und andere Neuerungen sollen bei SAP künftig den Cloudversionen der Software vorbehalten sein, die Wartung von bestimmten Produkten fest installierter Software läuft auf Sicht aus. So will Klein den Kunden die Cloudangebote schmackhaft machen.
Insgesamt steigerte SAP den Umsatz um 6 Prozent auf 31,2 Milliarden Euro. Im Tagesgeschäft kletterte das bereinigte operative Ergebnis um neun Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. Im Schlussquartal half dabei gerade auch das lukrative Lizenzgeschäft, das deutlich weniger abfiel als von Experten zuvor geschätzt.
Der Nettogewinn stieg auf 5,9 Milliarden Euro, das war mehr als das Dreifache des Vorjahresgewinns. Vor allem der milliardenschwere Sonderertrag aus dem Verkauf der ehemaligen US-Marktforschungstochter Qualtrics trieb den Überschuss nach oben.
(Text: dpa)
Die Realität sieht anders aus. «Wir können an manchen Stellen den Kinderschutz nicht mehr gewährleisten», sagt Kerstin Kubisch-Piesk. Die Berlinerin ist Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD). Sie vertritt die Mitarbeitenden in den rund 560 Jugendämtern in Deutschland, die sich unter anderem um den Kinderschutz, Familienberatung und die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge kümmern.
In den vergangenen Jahren seien die Aufgaben und Fallzahlen beim ASD gewachsen, gleichzeitig fehle Personal, klagt Kubisch-Piesk, die seit rund 30 Jahren im Jugendamt arbeitet. Nach Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln gibt es bei den Sozialarbeitern neben den Erziehern die größte Fachkräftelücke unter allen Berufen.
Manche junge Kolleginnen müssten zum Berufsstart gleich 70 bis 80 Familien betreuen, berichtet Kubisch-Piesk. «Wir müssen priorisieren, und wir können oft auch nicht so viele Hausbesuche machen, wie notwendig wären.» Teilweise sei nicht mehr sicherzustellen, dass nach Meldungen eines Verdachts auf Kindeswohlgefährdung jeder Fall von zwei Personen begutachtet wird, wie es die Standards erfordern.
Im Jahr 2022 nahmen die Jugendämter insgesamt 66 300 Kinder und Jugendliche zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut. Dies war ein Anstieg um 18 900 Fälle oder 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Neuere Zahlen hat das Statistische Bundesamt noch nicht veröffentlicht. Aus der Praxis ist zu hören, dass sich die Situation abermals verschärft habe - auch weil die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten weiter gestiegen sei. Für diese Jugendlichen sind die Jugendämter zuständig.
In die Schlagzeilen geraten Jugendämter meist nur, wenn Fälle falsch eingeschätzt wurden. Fehler können tödliche Folgen haben. Im Fall des in der Nähe von Hannover getöteten vierjährigen Fabian wurde im Prozess gegen die Mutter und den Stiefvater öffentlich, dass der inzwischen gemeinsam mit der Mutter wegen Mordes verurteilte Stiefvater dem Jugendamt bekannt war.
Er soll seine frühere Ehefrau und deren Sohn misshandelt haben. Die Behörde könnte in diesem Zusammenhang Hinweise auch auf Misshandlungen der Kinder der neuen Lebensgefährtin des Mannes erhalten haben. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen eine Mitarbeiterin des Jugendamts aufgenommen. Es gehe um den Verdacht der Körperverletzung im Amt durch Unterlassen, sagt eine Sprecherin der Anklagebehörde.
Für bundesweites Entsetzen hatte im Oktober 2006 der Tod des zweijährigen Kevin in Bremen gesorgt. Polizisten entdeckten die Leiche des Kindes im Kühlschrank seines drogensüchtigen Ziehvaters. Kevin starb Monate zuvor, sein Körper wies Spuren zahlreicher Misshandlungen auf. Ein Untersuchungsausschuss und Gerichtsprozesse deckten Behördenversagen auf. Das Jugendamt Bremen hatte zu Kevins Todeszeitpunkt die Vormundschaft. Der Fall war Auslöser für Reformen im Kinderschutz.
Inzwischen gibt es eine Vielzahl rechtlicher Vorschriften, doch was helfen diese, wenn sie in der Praxis nicht einzuhalten sind? Wenn Kinder oder Jugendliche zu ihrem eigenen Schutz aus ihren Familien geholt werden müssen, ist es oft schwierig, sie unterzubringen. Eine Kollegin habe 50 Einrichtungen abtelefoniert auf der Suche nach einem Platz, erzählt Kubisch-Piesk. Gerade jüngere Kinder sollten im Idealfall gemeinsam mit einer Bezugsperson untergebracht werden, doch dies sei selten möglich.
Besonders schwierig ist es, Plätze für Kinder und Jugendliche mit besonders herausforderndem Verhalten zu finden - sogenannte Systemsprenger. Seit über zehn Jahren gibt es in Südostniedersachsen einen «Systemsprenger»-Verbund, bei dem sechs Jugendhilfe-Träger kooperieren, um zu verhindern, dass Maßnahmen frühzeitig abgebrochen werden und junge Menschen von Einrichtung zu Einrichtung wechseln müssen.
Die AWO Braunschweig ist ein großer Träger in dem Verbund, insgesamt verfügt sie über 170 stationäre Jugendhilfe-Plätze. Davon können wegen des zusätzlichen personellen Aufwands allerdings nur wenige an sogenannte Systemsprenger vergeben werden. «Wenn wir Plätze frei haben, dann nur, weil wir nicht das Personal haben, um Kinder und Jugendliche aufzunehmen», berichtet Nils Borkowski, Leiter des Geschäftsbereichs Jugend- und Erziehungshilfen. «Wir könnten aktuell jeden Platz mehrfach belegen. Es vergeht kein Tag an dem bei uns nicht Anfragen aus ganz Deutschland eingehen, von Bayern bis Schleswig-Holstein.»
Auch die Träger klagen über einen «katastrophalen Fachkräftemangel», wie Borkowski sagt. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter hätten eine Vielzahl an Job-Möglichkeiten, immer häufiger entscheiden sie sich ihm zufolge gegen den Schichtdienst in einer Wohngruppe. Im Gegensatz zu einem Kindergarten könne eine Wohngruppe ihre Öffnungszeiten nicht reduzieren oder mal für einen Tag geschlossen werden. «Das ist das Zuhause der Kinder», betont Borkowski.
Neun Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren wohnen in einer AWO-Wohngruppe im Nordwesten von Braunschweig zusammen. Drei Jungen, vier Mädchen, zwei sind transgender. In der Etage darüber sind Appartements für Jugendliche, die sich auf die Selbstständigkeit vorbereiten. Unter dem Dach gibt es eine Tagesgruppe für Sechs- bis Zwölfjährige. In ihrer Familie habe sie Traumatisches erlebt, erzählt eine 19-jährige Transperson, die seit 2021 in der Einrichtung lebt. «Hier konnte ich zur Ruhe kommen.» Gleichzeitig sei immer ein Erwachsener ansprechbar. Die 19-Jährige zeichnet und malt in ihrer Freizeit gern, eine andere spielt Gitarre. In der Gruppe wird auch mal gemeinsam gekocht oder an der Playstation gezockt.
«Wenn das Jugendhilfesystem versagt, hat das dramatische Folgen», gibt Borkowski zu bedenken: «Bei den Kleinen geht es um Leben und Tod, bei den Älteren um eine sehr ungesunde Lebensführung.»
Heike Wiemert ist Dekanin und Professorin mit Schwerpunkt Kinderschutz an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen. Nach ihrer Analyse hat sich die Situation in den Jugendämtern immer weiter verschärft. Erfahrene Mitarbeitende scheiden altersbedingt aus, für die Einarbeitung junger Fachkräfte fehle Personal. «Zugleich ist die Personal-Fluktuation auf dem Höchststand», berichtet die Wissenschaftlerin.
Notwendig seien ein Monitoring zum Fachkräftebedarf im ASD und bei den Hilfen zur Erziehung, der Ausbau staatlich finanzierter dualer Studienplätze für Soziale Arbeit sowie eine Qualifizierung von Quereinsteigenden, sagt Wiemert. Derzeit würden im Allgemeinen Sozialen Dienst Studierende zur Kompensation fehlender Fachkräfte als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt, bedauert sie.
Die Forscherin beklagt, dass Kinder- und Jugendpolitik zu häufig nach Kassenlage gemacht werde und Kinder keine so starke Lobby hätten wie etwa die Automobilindustrie. «In diesem Jahr werden Kommunen angesichts der Tarifsteigerungen weitere Einsparungen in der Kinder- und Jugendhilfe nicht vermeiden können, wenn vom Bund oder Land keine Entlastung geboten wird», befürchtet Wiemert. «Weitere Einbußen beim Kinderschutz sind zu befürchten.»
Schon vor einem Jahr hatten Beschäftigte aus Jugendämtern und Jugendhilfe einen Kinderschutzgipfel unter Federführung der Bundesregierung gefordert. Jetzt organisieren mehrere Verbände - darunter SOS-Kinderdorf - ein solches Treffen am 9. April 2024 selber und haben dazu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) eingeladen. Laut einem Ministeriumssprecher hat der Schutz der Kinder für das Bundesfamilienministerium «höchste Priorität». Schon seit Jahren leiste das Ministerium Unterstützung bei der Fachkräftesicherung.
(Text: Christina Sticht, dpa)
Grund für den befürchteten Jobabbau sei die schwache Konjunktur am Bau. Während man im Wirtschaftsbau und im öffentlichen Bau 2023 noch mit einem blauen Auge davon gekommen sei und nur leicht sinkende Umsätze verzeichnet habe, seien die Erlöse im Wohnungsbau um 12 Prozent eingebrochen, sagte Müller. «Wir gehen davon aus, dass der Umsatz im Wohnungsbau auch 2024 um weitere 12 Prozent fällt.»
Das treffe die Branche. Einer Mitgliederumfrage des HDB zufolge erwarten 55 Prozent der 450 befragten Firmen 2024 eine Verschlechterung der Ertragslage. 60 Prozent wollten die Belegschaften stabil halten, 12 Prozent ausbauen und fast ein Drittel (29 Prozent) Jobs abbauen.
Ende eines langen Jobaufbaus am Bau
Das Bauhauptgewerbe war laut HDB im Jahr 2023 Arbeitgeber für rund 927 000 Menschen. Beim Abbau von rund 10 000 Arbeitsplätzen geht es also lediglich um rund ein Prozent der Jobs in der Branche.
Zugleich wäre es der erste Beschäftigungsverlust am Bau seit 2008 während der globalen Finanzkrise, als gut 700 000 Menschen in der Branche tätig waren. Danach stieg die Beschäftigung im Immobilienboom stetig um insgesamt mehr als 200 000 Menschen bis 2022. Im vergangenen Jahr stagnierte sie laut HDB. Jahrelang war die Baubranche eine Stütze der deutschen Konjunktur, nun ist zum Sorgenkind geworden.
Die Aussichten seien besorgniserregend, da dem Bau allein wegen des demografischen Wandels 2030 rund 120 000 Fachleute fehlen dürften, sagte HDB-Hauptgeschäftsführer Müller. «Egal was kommt, wir müssen einstellen, um das Fachkräfteniveau annähernd zu halten – trotz Krise.» Der Bau werde so dringend gebraucht wie nie. «Vor allem wenn der Wohnungsbaumotor wieder anspringt, fehlt uns dann jede einzelne Fachkraft, die uns jetzt droht, verloren zu gehen.»
Baugewerbe noch pessimistischer für Beschäftigung
Schon im Dezember hatte sich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) pessimistisch gezeigt. Der Verband, der mittelständische Baufirmen vertritt, rechnete damals mit einem deutlichen Verlust von rund 30 000 Beschäftigten in diesem Jahr. Während in den Ausbaubereichen und im Tiefbau weiter Fachkräfte gesucht würden, seien die Kapazitäten im Wohnbau nicht ausgelastet.
Angesichts gestiegener Zinsen und teurer Materialien stockt der Wohnungsbau in Deutschland. Das Ifo-Institut erwartet, dass 2024 nur 225 000 Wohnungen fertiggestellt werden nach geschätzt 270 000 im vergangenen Jahr. Auch die DZ Bank sieht einen Abwärtstrend: Bis 2025 könne die Zahl der jährlichen Fertigstellungen auf 200 000 Wohnungen fallen. Das wäre nur halb so viel, wie sich die Ampel-Koalition vorgenommen hatte. Zugleich ist gerade in Städten der Wohnungsmangel groß, was die Mieten zuletzt stark nach oben getrieben hat.
(Text: dpa)
Wie schon zuvor sollen längere Züge mit mehr Sitzplätzen eingesetzt werden, «um möglichst viele Menschen an ihr Ziel bringen zu können», hieß es. Fahrgäste können ihre für den Streikzeitraum gebuchte Tickets erneut zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Bahn hat die Zugbindung aufgehoben. Reisen können auch dieses Mal wieder vorverlegt werden.
Im Güterverkehr soll der Ausstand am Dienstagabend um 18.00 Uhr beginnen, im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen um 2.00 Uhr. Bis Montagabend, 29. Januar, um 18.00 Uhr soll der Streik dauern. Der Streik umfasst damit auch das Wochenende. Neben Pendlerinnen und Pendlern sind somit auch Ausflügler betroffen. Tausende Zugfahrten dürften betroffen sein. Bei vorigen Streiks der GDL fuhr die Bahn im Fernverkehr lediglich ein Fünftel des eigentlichen Angebots. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen je nach Region sehr unterschiedlich.
Es ist der vierte und mit Abstand längste Arbeitskampf im laufenden Tarifstreit bei der Deutschen Bahn. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) reagierte damit auf das jüngste Angebot der Bahn, mit dem diese erneut auf eine Kernforderung der GDL eingegangen war.
«Mit dem dritten und angeblich verbesserten Angebot hat die Deutsche Bahn AG erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiter verfolgt - von Einigungswillen kein Spur», hieß es in der GDL-Mitteilung. Die Bahn wiederum warf der Gewerkschaft vor, den Konflikt zu verschärfen. Wer bei einem neuen Angebot noch nicht einmal an den Verhandlungstisch komme, der handle absolut unverantwortlich, hieß es von Personalvorstand Martin Seiler.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kritisierte das Vorgehen der GDL unter ihrem Chef Claus Weselsky. «Ich habe null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung», sagte er am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Seiner Meinung nach nimmt der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL zunehmend destruktive Züge an. «Ich glaube auch nicht, dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut», fügte Wissing hinzu.
Das am Freitag präsentierte Angebot der Bahn sieht 4,8 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten ab August und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025 vor. Zudem ist die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie gleich nach einem möglichen Tarifabschluss vorgesehen. Die Laufzeit soll dem DB-Angebot zufolge bei 32 Monaten liegen.
Lokführern und Zugbegleitern bietet die Bahn darüber hinaus an, ab dem 1. Januar 2026 die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von 38 auf 37 Stunden zu reduzieren. Wer sich gegen die Absenkung entscheidet, bekommt gemäß dem Angebot stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. In Summe erhielten die Beschäftigten, die bei der aktuellen Arbeitszeit bleiben, mit dem Angebot brutto 13 Prozent mehr Geld als jetzt. Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei 12 Monaten Laufzeit.
Der Knackpunkt der Tarifrunde ist die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter. Die GDL fordert, diese von 38 auf 35 Stunden zu reduzieren bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hält das für unerfüllbar und verweist auf den hohen Personalaufwand, den das bedeuten würde. Der Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL läuft seit Anfang November. Die GDL erklärte die Gespräche bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde für gescheitert. Seit dem 24. November wurde nicht mehr verhandelt. Nach einer Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern sind auch unbefristete Streiks möglich.
(Text: dpa)