Drohender Kahlschlag bei Michelin Deutschland

Die am 19. und 20. Oktober auf Belegschaftsversammlungen bekannt gemachten Abbaupläne von Michelin in Deutschland stoßen auf massive Kritik von Betriebsrat und Chemiegewerkschaft IGBCE. „Der hier beabsichtigte Kahlschlag ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar und wird auf unseren Widerstand stoßen“, sagt Matthias Hille, Leiter des IGBCE-Bezirks Mainz, Konzernbetreuer und Aufsichtsratsmitglied bei Michelin Deutschland.
Drohender Kahlschlag bei Michelin Deutschland
Bild: dpa

„Hier drohen ebenso traditionsreiche wie hochmoderne Standorte einfach ausgeknipst zu werden, ohne zuvor Alternativen systematisch durchdacht zu haben“, kritisiert Hille. „Gegen einen solchen Rotstift-Aktionismus werden sich Belegschaft, Betriebsrat und IGBCE entschieden zur Wehr setzen.“

Der Michelin-Konzernbetreuer wies darauf hin, dass das Unternehmen bislang detaillierte Daten zu Produktionskosten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen schuldig geblieben sei. Allgemeine Verweise auf Überkapazitäten und eine stärker in den jeweiligen Absatzmärkten lokalisierte Produktion rechtfertigten keine derart tiefen Einschnitte an den deutschen Standorten. „Wir werden uns nicht mit oberflächlichen Erklärungen abspeisen lassen. Alle Zahlen müssen auf den Tisch. Und dann werden wir ein eigenes Konzept vorlegen und Alternativen zu möglichen Schließungsplänen erarbeiten“, kündigt Hille an.

Michelin hatte auf Belegschaftsversammlungen angekündigt, dass es Planungen gibt, sich weitgehend aus der Produktion von Lkw-Reifen in Deutschland zurückziehen zu wollen. Den Werken in Karlsruhe (Baden-Württemberg) und Trier (Rheinland-Pfalz) droht nach den derzeitigen Überlegungen die Schließung, dem Standort in Homburg (Saarland) der Verlust von zwei Aktivitäten und damit einem Großteil der Belegschaft. Teile der Administration könnten verlagert werden. Insgesamt wären bundesweit bis zu 1500 Beschäftigte von dem Sparprogramm betroffen.

„Die Beschäftigten sind wie vor den Kopf gestoßen“, berichtet Hille. „Sie haben viel Herzblut in die Modernisierung der Standorte gesteckt – das alles darf nicht umsonst gewesen sein.“ Der bereits 1931 gegründete Standort Karlsruhe beispielsweise zählt nach Konzernangaben zu den modernsten der Branche. Erst 2021 wurde die Produktion komplett auf elektrische Reifenpressen umgestellt, die CO2-Emissionen um 82 Prozent gegenüber 2010 reduziert. Homburg zählt Michelin zu seinen weltweit wichtigsten Lkw-Reifenwerken, als einziger europäischer Standort kann es RFID-Chips direkt in Neureifen verbauen.

(Text: IGBCE)

Spezialchemiekonzern Lanxess baut 870 Stellen ab

Wegen der Konjunkturschwäche der Chemiebranche baut der Spezialchemiekonzern Lanxess weltweit etwa jede 15. seiner Stellen ab. Um sich effizienter aufzustellen, sollen die Kosten im Jahr um 150 Millionen Euro gesenkt werden, wie ein Unternehmenssprecher am 17. Oktober sagte.
Spezialchemiekonzern Lanxess baut 870 Stellen ab
Bild: Oliver Berg/dpa

Zu den Maßnahmen zähle der Abbau von 870 Vollzeitstellen, davon 460 in Deutschland. Lanxess hat weltweit derzeit etwa 13 000 Stellen, davon gut die Hälfte im Inland. Der Abbau soll schnellstmöglich erfolgen. Zuvor hatte der «Kölner Stadt-Anzeiger» berichtet.

Bestandteil des Sparkurses ist zudem ein Maßnahmenpaket, mit dem die Kosten einmalig um 100 Millionen Euro gedrückt werden sollen. Hierzu gehören geringere Reisekosten und ein Gehaltsverzicht des Vorstands. Die beiden Einsparvorgaben - also 150 Millionen Euro jährlich und einmalig 100 Millionen Euro - hatte Lanxess bereits im August bekanntgegeben. Nun veröffentlichte das Unternehmen auch die Zahl der Stellen, die gekürzt werden sollen.

Die Stellen in Deutschland sollen vor allem in der Verwaltung wegfallen, «um die dortigen Strukturen zu verschlanken und an die wirtschaftliche Situation des Unternehmens anzupassen», hieß es von Lanxess. Der Rotstift wird insbesondere an den Standorten Köln, Leverkusen, Uerdingen und Mannheim angesetzt. Das Abbauvorhaben soll umgesetzt werden, indem freiwerdende Stellen nicht nachbesetzt werden. Außerdem werden Beschäftigten Aufhebungsverträge angeboben.

Vor zwei Jahrzehnten gehörte Lanxess zu Bayer. Danach wurde der Konzern selbstständig. Der Firmenname ist ein Kunstwort, das sich auf das französische «lancer» (in Gang setzen) und das englische «success» (Erfolg) bezieht. Im Moment steht die Firma unter Druck.

(Text: dpa)

VW-Betriebsrat gewinnt vor Gericht

Im Streit um die Kürzung der Gehälter von Betriebsräten bei VW hat erneut ein Arbeitnehmervertreter vor Gericht gewonnen. Im Fall von Stavros Christidis, stellvertretender des Gremiums bei Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover, hat das Arbeitsgericht Hannover nicht nur festgestellt, dass die Kürzung durch VW ungerechtfertigt gewesen sei, wie ein Sprecher des Gerichts am 18. Oktober auf Anfrage bestätigte. Nach Ansicht des Vorsitzenden Richterin hätte Christidis demnach sogar mehr verdienen müssen, als VW ihm vor der Kürzung gezahlt hatte. Das Urteil erging den Angaben zufolge bereits am Nachmittag des 17. Oktobers (Az.: 12 Ca 272/23).
VW-Betriebsrat gewinnt vor Gericht
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Konkret ging es nach Angaben des Konzernbetriebsrates um fast 2000 Euro pro Monat, um die VW das Bruttogehalt von Christidis gekürzt hatte. Das erklärte das Gericht nun für nicht rechtens. Stattdessen erhielt Christidis, der seit rund 20 Jahren freigestellter Betriebsrat ist, demnach vom Gericht sogar eine Erhöhung zugesprochen und soll demnach eine Entgeltstufe höher eingestuft werden als vor der Kürzung. Das bedeute eine Lohnerhöhung um mehrere Hundert Euro, rückwirkend zum Mai 2022, hieß es. VW wollte ihn dagegen den Angaben zufolge ab Februar 2023 um sechs Stufen heruntersetzen.

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von Anfang des Jahres. Dessen Strafsenat hatte am 10. Januar Freisprüche für vier frühere VW-Personalmanager gekippt, denen vorgeworfen worden war, Betriebsräten zu hohe Gehälter bewilligt zu haben. Zugleich hatte der BGH die auch in anderen Unternehmen übliche Praxis für Gehaltssteigerungen langjähriger Arbeitnehmervertreter verworfen.

VW hat nach dem BGH-Urteil mehreren Betriebsräten die Gehälter gekürzt, viele zogen dagegen vors Arbeitsgericht. Laut Betriebsrat war das aktuelle Urteil das 17. von bisher 18 Urteilen zugunsten der klagenden Betriebsräte. «Arbeitsrechtlich ist etwas geboten, was gleichzeitig strafrechtlich im Risiko stehen kann», sagte ein Sprecher des Betriebsrates. Diesen Zustand könne nur der Gesetzgeber beenden. An einer entsprechenden Gesetzänderung wird bereits gearbeitet. Das Problem betrifft nach Angaben der IG Metall nicht nur VW sondern fast alle größeren Unternehmen in Deutschland.

(Text: dpa)

Urteil stellt Beschäftigungszeiten bei Abrufarbeit klar

Ist bei Arbeit auf Abruf der Mindestumfang der Beschäftigung nicht vertraglich geregelt, müssen die dann gesetzlich vorgegebenen 20 Wochenarbeitsstunden vergütet werden. Eine Abweichung davon sei nur in Ausnahmefällen möglich, entschied das Bundesarbeitsgericht am gestrigen Mittwoch,18. Oktober, (5 AZR 22/23).
Urteil stellt Beschäftigungszeiten bei Abrufarbeit klar
Bild: dpa

Dies gelte nur dann, wenn die gesetzliche Regelung im konkreten Fall nicht sachgerecht sei und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt hätten.

Damit unterlag eine Abrufkraft bei einem Unternehmen der Druckindustrie aus Nordrhein-Westfalen mit ihrer Klage vor dem obersten Arbeitsgericht. Die Klägerin wurde nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichen Umfang zur Arbeit herangezogen. Nachdem sie weniger beschäftigt worden war, hatte sie eine Nachzahlung des Lohns gefordert. Der fünfte Senat erkannte in ihrem Fall keine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung an.

Beim flexiblen Teilzeitmodell der Arbeit auf Abruf vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass die Beschäftigung nach dem jeweiligen Arbeitsanfall erfolgt. Dafür müssen sie im Arbeitsvertrag eine bestimmte Dauer der Wochenarbeitszeit festlegen. Geschieht dass nicht, gelten laut dem Teilzeit- und Befristungsgesetz 20 Wochenstunden als vereinbart.

In der Folgezeit könnten zwar auch andere Beschäftigungszeiten vereinbart werden, hieß es vom Bundesarbeitsgericht. Dafür reiche aber das Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten, lange nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegenden und scheinbar willkürlich gegriffenen Zeitraum nicht aus.

(Text: dpa)

Gastgewerbe: Etwa jeder fünfte Beschäftigte ist gegangen

Etwa jeder fünfte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Gastgewerbe hat der Branche während der Pandemie den Rücken gekehrt - und bei der Rückgewinnung von Personal kommen die Betriebe einer Untersuchung zufolge nur langsam voran.
Gastgewerbe: Etwa jeder fünfte Beschäftigte ist gegangen
Bild: dpa

«Trotz massivem Einsatz von Kurzarbeit sanken in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 die Beschäftigtenzahlen im Gastgewerbe auf einen historischen Tiefstand», heißt es in der Auftragsstudie der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Konkret fiel die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwischen 2019 und 2021 um 21,6 Prozent auf 1,78 Millionen. Auch heute noch seien rund 100 000 Menschen weniger im Gastgewerbe beschäftigt als vor der Pandemie. Der Personalaufbau bestehe hauptsächlich aus sogenannten Minijobs sowie einem hohen Anteil ungelernter Fachkräfte, schreiben die Autorinnen und Autoren weiter. Lediglich rund 36 Prozent der Neueinstellungen seien sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Derweil habe sich die Zahl der im Gastgewerbe tätigen Unternehmen nach der Pandemie schnell wieder erholt. Bereits im Jahr 2022 habe es in Deutschland wieder mehr als 159 000 Branchenbetriebe gegeben und damit etwas mehr als vor der Pandemie.

(Text: dpa)

«Weihnachtsfrieden» abgelehnt: Der nächste Bahntarifstreit steht an

Bahn-Fahrgäste müssen sich bald wieder auf Streiks einstellen: Nach der EVG startet im November die Tarifrunde der Konkurrenzgewerkschaft GDL. Ihr Chef, Claus Weselsky, strebt dabei eine rasche Urabstimmung an - und schließt auch einen Arbeitskampf zu Weihnachten nicht aus.
«Weihnachtsfrieden» abgelehnt: Der nächste Bahntarifstreit steht an
Bild: dpa

Fahrgäste müssen sich für die Wochen und Monate ab November wieder auf Streiks und damit erhebliche Einschränkungen im Bahnverkehr einstellen - möglicherweise auch zu Weihnachten. Grund sind die anstehenden Tarifverhandlungen zwischen der Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). GDL-Chef Claus Weselsky will sich dabei mit Warnstreiks nicht lange aufhalten und stattdessen die Mitglieder zügig über unbefristete Streiks abstimmen lassen. «Warum soll ich in irgendeiner Form nur ein kleines Tamtam veranstalten, wenn ich weiß, dass es auf die andere Seite keine Wirkung entfaltet?», sagte Weselsky der Deutschen Presse-Agentur.

«Von daher kommt bei uns mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit entweder kein Warnstreik oder nur einer oder zwei.» Um eine Wirkung zu entfalten, brauche es längere Arbeitskampfmaßnahmen, für die sich die GDL rechtlich absichern müsse. Eine Urabstimmung und damit der Wille der Mitglieder müssten den Prozessen «ein Stück weit» vorangestellt werden. Derzeit erörtere die GDL, ob eine Urabstimmung schon vor dem ersten Verhandlungstermin am 9. November möglich ist.

Kein «Weihnachtsfrieden»: Die Weihnachtsfeiertage schließt Weselsky für einen Arbeitskampf nicht aus. Die Bahn habe der GDL mit den Verhandlungsterminen auch einen «Weihnachtsfrieden» vorgeschlagen, sagte Weselsky. «Das haben wir abgelehnt, weil wir die Entwicklung nicht kennen und weil wir nicht wissen, wie viel Verhandlungen wir bis dahin machen.»

Für Fahrgäste geht die Ungewissheit auf der Schiene damit weiter. Der monatelange Tarifstreit zwischen der Konkurrenzgewerkschaft EVG und der Bahn ist erst wenige Monate her. Zwei Mal legte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft im laufenden Jahr bereits mit Warnstreiks bundesweit den Bahnverkehr lahm. Eine Einigung kam Ende August erst nach einem zweiwöchigen Schlichtungsverfahren zustande. Heraus kamen unter anderem 410 Euro mehr pro Monat für die Beschäftigten und eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2850 Euro netto.

Knackpunkt Arbeitszeitreduzierung: Nun ist die kleinere GDL an der Reihe. Sie fordert unter anderem mindestens 555 Euro mehr pro Monat sowie ebenfalls die Inflationsausgleichsprämie. Knackpunkt der Verhandlungen dürfte aber vor allem die Forderung nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung sein.

«Wir haben zu wenig Lokführer, zu wenig Zugbegleiter, jetzt zu wenig Fahrdienstleiter, zu wenig Werkstattmitarbeiter», sagte der GDL-Chef. Das liege nicht am demografischen Wandel. «Sondern es ist die Unattraktivität der Berufe, der Tätigkeiten, die im Eisenbahnsystem nun mal 24 Stunden, sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr laufen», betonte Weselsky. Die Reduzierung der Arbeitszeit sei deshalb «ein Schritt, die Attraktivität der Berufe zu erhöhen und aufzuzeigen, dass auch in der Gesellschaft Anerkennung da ist».

Dass die Bahn diese Kröte einfach so schlucke, sei nicht absehbar. «Ich nehme in den anderen Tarifverhandlungen mit den Wettbewerbsbahnen wahr, dass die Arbeitgeber sich sehr schwertun, die Arbeitszeitabsenkung mitzumachen, das Thema überhaupt in Angriff zu nehmen», sagte Weselsky. «Nur die Argumente sind ausgeleiert.» Schon seit einigen Monaten verhandelt die GDL unter anderem mit dem Eisenbahnunternehmen Transdev und einigen anderen Bahn-Konkurrenten.

Ist die Reduzierung der Arbeitszeit für die GDL somit wichtiger als die Entgeltforderungen? «In anderen Tarifrunden hätte ich die Antwort gegeben: Ja, das ist das Wichtigste», sagte Weselsky. «Heute würde ich mir das nicht erlauben, weil wir sehen, dass die Entgelterhöhung zwingend erforderlich ist, um überhaupt erst mal das dritte Jahr Inflation zu kompensieren.» Was bei den Tarifen nicht erreicht werde, «entreichert unsere Mitglieder, macht sie ein Stück weit ärmer und schränkt sie ein, entweder im Konsum oder eben im gesamten Lebensstandard der Familien».

Das Tarifeinheitsgesetz steht wieder im Fokus: In der laufenden Tarifrunde wird ein weiteres Thema erneut aufkommen: das umstrittene Tarifeinheitsgesetz. Das Gesetz sieht vor, dass in einem Betrieb mit zwei konkurrierenden Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung zur Anwendung kommt. In den Hunderten Betrieben der Deutschen Bahn ist das in der Regel die EVG. Doch in Dutzenden Tochterunternehmen ist die Frage zwischen allen Beteiligten hochumstritten. Derzeit werden die Tarifverträge der GDL laut Bahn lediglich in 18 Betrieben angewendet.

Der Konzern hatte zuletzt verlauten lassen, mit der GDL werde im Herbst für rund 10 000 Beschäftigte verhandelt. «Das ist einfach eine Lüge», sagte Weselsky. «Wir vertreten 40 000 Mitglieder in allen Eisenbahnverkehrsunternehmen, und der größte Anteil unserer Mitglieder sitzt bei der Deutschen Bahn AG.»

Schon über die Methode, wie die Mitgliederzahl in einzelnen Betrieben festgestellt werden soll, wird laut Weselsky seit mehr als zwei Jahren vor Gericht gestritten. «Wir sind jetzt gerade mal so in der zweiten Instanz mit einem Verfahren beim Bundesarbeitsgericht angelandet, und kein Mensch kann Ihnen sagen, wann Sie tatsächlich Recht bekommen im Sinne eines gesitteten Zählverfahrens», sagte er. «Wir haben kein Zählverfahren, wir haben keine Methodik für den gesamten Vorgang.» Die Frage ist sensibel, denn die Bahn hat kein Recht zu erfahren, ob und welcher Gewerkschaft ein Beschäftigter angehört.

Letzte Tarifrunde für Weselsky: Wie schon bei der vorigen Verhandlungsrunde will die GDL auch dieses Mal für neue Berufsgruppen verhandeln, für die es bislang keine GDL-Tarifverträge gibt. «Jetzt kommt der Schritt aus den Eisenbahnverkehrsunternehmen heraus in die Infrastruktur», sagte Weselsky. «Das ist ein Folgeschritt. Derzeitig haben wir noch keinen Tarifvertrag in der Infrastruktur. Das streben wir aber an.»

Für den 64-Jährigen, der seit rund 15 Jahren als Bundesvorsitzender das Gesicht der GDL ist, ist es der letzte Tarifstreit seiner Laufbahn. Im September kommenden Jahres will er abtreten und das Zepter an seinen bisherigen Stellvertreter, Mario Reiß, übergeben.

(Text: Matthias Arnold, dpa)

Vitesco-Betriebsrat wegen deutscher Standorte besorgt

Der Konzernbetriebsrat des Autozulieferers Vitesco hat das mit dem Übernahmeangebot von Schaeffler verbundene Bekenntnis zum Standort Deutschland am 13. Oktober begrüßt. Allerdings sieht er «Klärungsbedarf zum Beispiel bei der Frage, wie durch den Zusammenschluss beider Firmen ein um 600 Millionen Euro pro Jahr verbessertes operatives Ergebnis erreicht werden soll, ohne dass dies zu Lasten deutscher Standorte geht».
Vitesco-Betriebsrat wegen deutscher Standorte besorgt
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Der Industrie- und Autozulieferer Schaeffler will den Regensburger Antriebsspezialisten Vitesco komplett übernehmen und so zu einem «Marktführer im Bereich E-Mobility» werden. Die Produktpalette der beiden Konzerne ergänze sich perfekt. Die Familie Schaeffler hält bereits knapp 50 Prozent der Vitesco-Aktien. Den übrigen Vitesco-Aktionären bietet Schaeffler an, ihre Anteile mit einer Prämie von 21 Prozent auf den Aktienkurs zu übernehmen.

Der Vitesco-Konzernbetriebsrat forderte, «dass der Zusammenschluss beider Firmen allen Beschäftigten eine attraktive Zukunftsperspektive eröffnen muss. Das gilt für alle Arbeitsplätze in Deutschland». Der Betriebsrat werde so bald wie möglich auf die Schaeffler-Betriebsräte zugehen, um das von Schaeffler-Vorstandschef Klaus Rosenfeld skizzierte Bild eines gemeinsamen Unternehmens mit 120 000 Mitarbeitern, 100 Werken und 25 Milliarden Euro Umsatz zu analysieren. Zusammen könnten die Arbeitnehmervertreter und die IG Metall bei der Fusion «kraftvoll gestalten» und verbindliche Zusagen von Schaeffler einfordern.

Das Übernahmeangebot soll von Mitte November bis Mitte Dezember laufen. Im vierten Quartal 2024 soll dann die Verschmelzung erfolgen.

(Text: dpa)

Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr für Landesbeschäftigte

Die Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 1,1 Millionen Tarifbeschäftigten der Länder. Das teilten Verdi und der Beamtenbund dbb am 11. Oktober in Berlin mit. Nachwuchskräfte sollen 200 Euro mehr erhalten. Die Tariflaufzeit soll 12 Monate betragen.
Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr für Landesbeschäftigte
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Betroffen sind auch 1,4 Millionen Beamtinnen und Beamte, auf die das Ergebnis aus Gewerkschaftssicht übertragen werden soll, sowie rund eine Million Versorgungsempfängerinnen und -empfänger. Die Länder wiesen die Forderungen umgehend als unbezahlbar zurück.

Vor neuen Warnstreiks: Wie bei den jüngsten Tarifrunden für den öffentlichen Dienst müssen sich die Bürgerinnen und Bürger wieder auf Warnstreiks in größerem Umfang einstellen. «Da ist richtig Druck auf dem Kessel», sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Man bereite sich auf Warnstreiks und Aktionen vor. Bei der jüngsten Runde für die Landesbeschäftigten hatte es 2021 Ausstände unter anderem an Unikliniken, Schulen und Kitas gegeben. Angesichts der schlechten Personalausstattung seien die Kolleginnen und Kollegen der Sicherheitsbehörden und Bildungseinrichtungen erneut «auf der Zinne», sagte dbb-Chef Ulrich Silberbach.

Forderung wie bei Bund und Kommunen: Bereits in die jüngste Tarifrunde für Bund und Kommunen waren die Gewerkschaften mit der Forderung von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr gezogen. Werneke begründete die Übereinstimmung der Forderungen mit dem Ziel «möglichst einheitlicher Bedingungen» im gesamten öffentlichen Dienst. Nach monatelangem Ringen und einer Schlichtung standen als Ergebnis im April unter anderem steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro, ein Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend 5,5 Prozent mehr.

Länder erwarten schwierige Runde: Der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), lehnte die Forderungen ab. «Lohnerhöhungen müssen dauerhaft finanzierbar sein und das sind die heute geforderten Steigerungen nicht», sagte Dressel. Eine Umsetzung der Forderungen würde die Länder mit rund 5,9 Milliarden Euro pro Jahr belasten, einschließlich einer Übertragung auf den Beamtenbereich rund 19 Milliarden Euro. «Die Forderung blendet die dramatische, sich gerade jetzt zuspitzende Haushaltslage vieler Länder leider aus», sagte Dressel. Er erwarte «äußerst schwierige Verhandlungen».

Verdi sieht Belastungsgrenze erreicht: Werneke stimmte die Beschäftigten darauf ein, dass die Arbeitgeber ihnen keine ausreichende Steigerung zukommen lassen wollten. Die Gewerkschaften müssten kampfbereit sein. 300 000 Stellen seien im gesamten öffentlichen Dienst unbesetzt, die Landesbeschäftigten bildeten das Schlusslicht bei der Bezahlung. Werneke sieht die «Belastungsgrenze» in vielen öffentlichen Einrichtungen längst überschritten. Die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Maike Finnern, sagte, der dramatische Lehr- und Fachkräftemangel an den Schulen bringe viele Pädagoginnen und Pädagogen ans Limit. «Da muss dann zumindest das Gehalt stimmen – auch und gerade um viel mehr junge Menschen für den Lehrberuf zu gewinnen.» Dbb-Chef Silberbach sagte: «Die Inflation frisst die Einkommen der Beschäftigten. Das müssen wir jetzt ausgleichen.»

Für Berlin, Hamburg und Bremen fordern die Gewerkschaften eine Stadtstaatenzulage von 300 Euro. Dies begründete Werneke vor allem mit den höheren dortigen Lebenshaltungskosten.

Verhandlungen bis Dezember: Laut Verdi-Vizechefin Christine Behle würde ein Ergebnis gemäß den Forderungen bei den unteren Entgeltgruppen ein Lohnplus von rund 18 Prozent bedeuten. Der Unterschied bei der Bezahlung in den Ländern zu Bund und Kommunen beträgt laut Verdi im Schnitt mehr als 10 Prozent. Werneke sagte: «Die Beschäftigten wollen sich nicht abhängen lassen.»

Ab 26. Oktober wird für die Länder außer Hessen verhandelt, das nicht Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ist. Die Verhandlungen sind bis zur dritten Runde am 7. und 8. Dezember angesetzt.

(Text: dpa)

Bezahlung für Pflegekräfte hat sich verbessert

Die Pflegebranche ist nach Ansicht des evangelischen Wohlfahrtsverbandes Diakonie Deutschland mit Blick auf Ausbildung, Entlohnung und die beruflichen Wachstumsmöglichkeiten durchaus attraktiv. «Pflegeberuf heißt heute nicht mehr "Einmal am Bett, immer am Bett"», sagte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik bei der Diakonie Deutschland, der Deutschen Presse-Agentur.
 Bezahlung für Pflegekräfte hat sich verbessert
Bild: dpa

Bei der Ausbildung liege die Vergütung bei 1200 Euro im ersten Jahr, 1300 Euro im zweiten und 1500 Euro im dritten Jahr. «Das hat sich enorm verbessert, aber noch nicht so richtig rumgesprochen.» Auch die Bezahlung für Pflegefachkräfte könne sich inzwischen ebenfalls im Vergleich etwa mit dem Handwerk sehen lassen.

Dies alles könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Pflegereform dringend nötig sei. «Wir brauchen unbedingt Verbesserungen der Rahmenbedingungen in der Pflege. Das ist unbestritten. Da drängen wir den Gesundheitsminister intensiv.» Allerdings sehe man auch ganz realistisch und wie durch Finanzminister Christian Lindner (FDP) angekündigt, dass es in dieser Legislaturperiode keine größere Reform mehr geben werde. Dringend notwendig sei dabei eine bessere Finanzierung der Pflegeversicherung.

Auch mit Blick auf die häusliche Pflege sieht Loheide erheblichen Handlungsbedarf. «75 Prozent der Menschen werden zuhause, in der Regel von Angehörigen oder nahestehenden Personen gepflegt. Da merken wir: Die gehen wirklich auf dem Zahnfleisch.» Diese Pflegenden bräuchten professionelle Begleitung und eine stärkere Entlastung durch Kurzeit-, Tages- oder ambulante Pflege. «Das System ist total ausgereizt», warnte Loheide.

Die Diakonie trete analog zum Elterngeld für ein Pflegegeld für die Menschen ein, die ihren Beruf ganz oder teilweise aufgäben, um ihre Angehörigen zuhause zu pflegen. Das müsse abgefedert werden, damit man sich das auch finanziell leisten könne. Loheide nimmt in Rostock an der Konferenz Diakonie und Entwicklung teil. Sie ist das höchste beschlussfassende Gremium des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung (EWDE), zu dem die Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe gehören.

(Text: dpa)

Investorenpläne sorgen für Unmut in Thyssenkrupps Stahlsparte

Der mögliche Einstieg eines Großinvestors in Thyssenkrupps Stahlsparte sorgt für Kritik von der Arbeitnehmerseite. Dass der tschechische Energie-Milliardär Daniel Kretinsky einen Anteil von 50 Prozent übernehmen und der Konzern diesen Deal schon bis Ende Oktober unter Dach und Fach bringen wolle, sei unseriös und ignoriere die Interessen der Belegschaft, heißt es in einem Flugblatt der IG Metall, das der dpa vorliegt und auf den 9. Oktober datiert ist.
Investorenpläne sorgen für Unmut in Thyssenkrupps Stahlsparte
Bild: dpa

Es müsse erst in der Mitbestimmung verhandelt werden. Man lehne den Investor nicht grundsätzlich ab, aber es dürfe keine «Hauruck-Aktion auf Kosten der Beschäftigten geben».

Thyssenkrupp ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Der Mutterkonzern strebt schon seit Längerem eine Verselbstständigung der Stahlsparte an und prüft dazu mehrere Optionen, Kretinskys EPH-Konzern ist eine davon. Laut einem «Handelsblatt»-Artikel von Ende September soll EPH zu 50 Prozent an der Stahlsparte beteiligt werden und Thyssenkrupp die anderen 50 Prozent halten. Von der Beteiligung verspricht sich die Führung von Thyssenkrupp dem Artikel zufolge einen Zugang zu günstigem Strom.

Thyssenkrupp plant den Bau mehrerer Anlagen für eine klimaschonendere Herstellung von Stahl. Für den Betrieb werden große Mengen Wasserstoff benötigt, der in Elektrolyseuren mit Hilfe von Grünstrom klimaneutral hergestellt werden soll.

In dem Schreiben der IG Metall an die Belegschaft fordern die Autoren Aufklärung über den möglichen Investoreneinstieg. So wird gefragt, ob die Gesellschaft auch künftig ihren Sitz in Deutschland haben werde und ob die Thyssenkrupp AG langfristig an der jetzigen Stahlsparte beteiligt bleibe. «Für die rund 27 000 Beschäftigten von Thyssenkrupp Steel Europe steht viel auf dem Spiel», betont die Gewerkschaft. «Wir fordern Verhandlungen über ein industrielles Konzept, Investitionen, Gesellschaftsstruktur und Mitbestimmung.»

Als Reaktion auf die Gewerkschaftskritik sagte ein Thyssenkrupp-Sprecher, dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat «weiterhin regelmäßig über alle Fortschritte informiert» würden. Die Mitbestimmung spiele bei der Verselbstständigung des Stahls eine wichtige Rolle und werde eng eingebunden. Bei der «Dekonsolidierung des Stahlgeschäfts» verfolge Thyssenkrupp «eine Bandbreite verschiedener Möglichkeiten». Zu einzelnen Möglichkeiten und «am Markt kursierenden Gerüchten» könne man sich aber nicht äußern, so der Firmensprecher.

(Text: dpa)

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