Die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund dbb verhandeln seit Wochenbeginn in Potsdam mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände VKA über bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen für rund 330 000 Beschäftigte.
Ziel der Gewerkschaften ist es, für die kommunalen Kita-Erziehungskräfte und andere Beschäftigte in sozialen Berufen eine deutliche Verbesserung zu erzielen - insbesondere mit Blick auf ihre Eingruppierung und die tägliche Arbeitslast. Bis einschließlich Mittwoch wollen beide Seiten miteinander beraten. Am Dienstagnachmittag (17 Uhr) soll der Verhandlungsort aus logistischen Gründen von Potsdam nach Berlin verlegt werden.
Die letzte Verhandlungsrunde war am 22. März ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Seitdem kam es in weiten Teilen Deutschlands immer wieder zu Warnstreiks. Die Gewerkschaft Verdi hatte am Montag zum Auftakt mit einer «massiven Ausweitung der Streiks» gedroht, sofern keine Einigung gelingen sollte.
«Hier haben wir eine klare Erwartungshaltung der Beschäftigten hin zu tariflich geregelten Arbeitsbedingungen», sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, der Rendsburger IG Metall-Geschäftsführer Martin Bitter, am 10. Mai. «Nicht zuletzt der gesellschaftlich notwendige Zubau der Windkraft wird den Bedarf an gut qualifizierten Fachkräften erhöhen und damit auch die Tarifparteien auf den Plan rufen, um Arbeitsbedingungen attraktiv zu halten und weiterzuentwickeln.»
Die Gespräche mit Vestas sind der Auftakt einer Tarifbewegung, die der Bezirksleiter Küste der IG Metall, Daniel Friedrich, zur Jahreswende in einem dpa-Interview angekündigt hatte. Bislang seien nicht viele Betriebe in der deutschen Windkraftindustrie Mitglied des Flächentarifvertrages, hatte Friedrich gesagt. «Wir werden ganz aktiv das Thema Firmentarifverträge im Windbereich angehen. Ohne gute Beschäftigung wird auch das grüne Jobwunder nicht funktionieren.»
Nach Darstellung der größten deutschen Gewerkschaft unterliegen zwar viele Zulieferer der Windindustrie, zum Beispiel Maschinenbauer, traditionell dem Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie. «Aber alles das, was direkt näher am Hersteller ist, da haben wir in der Regel weniger Tarifgebundenheit», sagte Friedrich. Namentlich erwähnte Friedrich neben Vestas die Windanlagenhersteller Enercon und Nordex. Als eine Ausnahme mit Tarifbindung nannte er Siemens Gamesa.
(Text: dpa)
Lidl folgt damit dem Beispiel des Wettbewerbers Aldi. Aldi hatte bereits Ende April angekündigt, den Mindestlohn für die eigenen Mitarbeiter ab Juni auf 14 Euro zu erhöhen. Das Unternehmen hatte den Schritt damals mit der aktuellen Welle von Preissteigerungen begründet.
Der Mindestlohn liegt damit bei den beiden größten deutschen Discountern auch künftig deutlich über dem erst im Juli 2022 auf 10,45 Euro steigenden gesetzlichen Mindestlohn.
(Text: dpa)
Die wesentlichen Zahlen des Berichts: Zum Stichtag 30. September 2021 wurden 473 100 neue Ausbildungsverträge geschlossen - 5600 mehr als 2020. Im kommenden Ausbildungsjahr könnte die Zahl um weitere 20 000 steigen, wird vorsichtig prognostiziert. Damit wäre aber immer noch nicht das Vor-Corona-Niveau von 2019 erreicht. Das Angebot an Lehrstellen ist ebenfalls um 8800 leicht auf 536 200 gestiegen und könnte den Prognosen zufolge weiter wachsen. Aber auch hier ist man noch weit vom Vor-Corona-Niveau entfernt.
Insgesamt hat sich die «Marktlage», wie es im Bericht heißt, für junge Bewerber zwar verbessert und zumindest rechnerisch wäre für jeden, der einen Ausbildungsplatz sucht, auch einer da. In der Realität sieht es aber so aus: 63 200 Ausbildungsstellen blieben 2021 unbesetzt - ein Plus von 3200 und mehr als doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Gleichzeitig blieben 24 600 Bewerberinnen und Bewerber unversorgt.
Die fehlenden Azubis heute sind die fehlenden Fachkräfte von morgen - darin sind sich Wirtschaft und Gewerkschaften einig. Wie das «Matching-» oder «Passungsproblem» angegangen werden soll, dabei gehen die Meinungen aber auseinander.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht Wirtschaft und Politik in der Pflicht: «Wer Fachkräfte haben will, der muss sie auch ausbilden», sagte die stellvertretende Vorsitzende Elke Hannack am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur und forderte eine verbesserte Berufsorientierung an Schulen und bekräftigte die DGB-Forderung nach einer Ausbildungsgarantie.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien dafür ausgesprochen. Die Gewerkschaften fordern ein solches Instrument schon lange und verweisen dabei auf Österreich, wo allen Jugendlichen, die keine Lehrstelle in einem Betrieb finden, ein außerbetrieblicher Ausbildungsplatz zugesichert wird. Finanziert werden sollte das laut DGB über einen Fonds, in den alle Unternehmen einzahlen. Betriebe die ausbilden, bekommen als Anreiz Fördergelder aus dem Topf. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte am Dienstag beim DGB-Bundeskongress gesagt, dass die Ausbildungsgarantie umgesetzt werden und dabei eine Umlage für Unternehmen eine Rolle spielen solle.
Die Wirtschaft lehnt das ab. Es mangele nicht an der Bereitschaft der Unternehmen auszubilden, sagte Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander am 11. Mai der dpa. «Es mangelt schlichtweg an Bewerbern. Staatliche Eingriffe wie eine Ausbildungsgarantie führen weder zu mehr Bewerbern noch zu mehr Ausbildungsplätzen.» Vielmehr müsse die Ausbildungsfähigkeit sämtlicher Schulabgänger zum Ziel gemacht werden. «Dass jährlich rund 50 000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen, dürfen wir nicht weiter hinnehmen.»
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer erklärte, es entschieden sich immer noch nicht genügend Jugendliche für eine Berufsausbildung, obwohl das Handwerk zukunftssichere und zukunftsgestaltende Berufe biete. «Die Berufsorientierung muss dringend in allen Bundesländern auf die Gymnasien ausgeweitet werden», forderte er. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Ria Schröder, sagte: «Jungen Menschen müssen schon in der Schule, auch an Gymnasien, die Chancen auf dem Ausbildungsmarkt aufgezeigt werden zum Beispiel mit Hilfe von Azubi-Botschaftern.»
Nach Ansicht von Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, muss das Ansehen der Ausbildungsberufe in der Gesellschaft gesteigert werden, «vor allem hinsichtlich ihres Bildungspotenzials und der mit ihnen verbundenen Karriereperspektiven».
Die Lage am Ausbildungsmarkt ist ganz unterschiedlich, wie der Berufsbildungsbericht zeigt. Es gibt Branchen mit Azubi-Mangel, etwa im Lebensmittelverkauf, in der Gastronomie, bei Metzgereien, Klempnerbetrieben, Kurierdiensten oder im Beton- und Stahlbau. Anderswo gibt es zum Teil mehr Bewerber als Plätze, zum Beispiel in der Mediengestaltung, Tierpflege oder Fitnessbranche. Dazu kommen regionale Unterschiede. «Wie gut die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage gelingt, unterscheidet sich erheblich zwischen Regionen und Berufen», heißt es im Bericht.
(Text: Jörg Ratzsch, dpa)
In den ersten beiden Tagen sollen die Verhandlungsführer wie geplant in Potsdam miteinander beraten, zum Abschluss soll es dann laut Verdi aber nach Berlin gehen. Zur Begründung erklärte die Sprecherin, dass man sich im Einvernehmen mit den Arbeitgebern mehr Zeit für die Gespräche nehmen wolle.
Nach einer ergebnislosen Verhandlungsrunde am 22. März wollen die Gewerkschaften Verdi und der Beamtenbund dbb wohl vorerst zum letzten Mal mit den kommunalen Arbeitgebern über bessere Lohn-und Arbeitsbedingungen für rund 330 000 Beschäftigte in Sozial- und Erziehungsberufen verhandeln. Die Gewerkschaften fordern bessere Arbeitsbedingungen, Maßnahmen zur Behebung des Fachkräftemangels und stärkere finanzielle Anerkennung der Beschäftigten. In den vergangenen Wochen hatten Kita-Erzieherinnen und andere Beschäftigte sozialer Berufe bundesweit zeitweise die Arbeit niederlegt. Auch für den heutigen Donnerstag (12. Mai) haben die Gewerkschaften zu Warnstreiks aufgerufen.
Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, kritisierte die Streiks als unangemessen. «Jeder Streiktag führt zu weniger Betreuung und einem Verlust an Vertrauen in unsere Daseinsvorsorge, aber nicht zu besseren Ergebnissen», sagte Welge der «Stuttgarter Zeitung» und der «Stuttgarter Nachrichten» (Donnerstag).
Mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen äußerte die Verhandlungsführerin der Arbeitgeberseite aber Kompromissbereitschaft. «Wir hoffen auf einen sehr konstruktiven Kompromiss, zu dem wir ohne Weiteres bereit sind», erklärte sie. «Es gibt nichts Wichtigeres als Frieden in diesen Tagen – und keinen Grund, einen großen Arbeitskampf vom Zaun zu brechen.»
(Text: dpa)
Wenn sie den Abschluss in der Tasche haben, können die drei Studenten die Energiewende mitgestalten. «Es braucht genau solche engagierten Menschen vor Ort», sagt ihr Professor Jens Pfafferott. Doch obwohl das Thema Klima aktueller denn je ist und auf Jahrzehnte sichere Arbeitsplätze verspricht, sind Herdt, Weber und Schmitz Ausnahmen.
«Wir haben im Jahr zehn Absolventen», sagt Pfafferott. «Wir hätten Kapazitäten für 60.» Dabei bietet die Hochschule unter anderem ein Raumklimalabor samt Klimakammer. Unter realen Bedingungen lernen Studierende, wie mit Sonnenlicht Energie erzeugt wird und daraus Strom, Wärme und Kälte bereitgestellt werden können. Mit modernster Technik und maschinellem Lernen - alles gemünzt auf Erneuerbare.
Guckt man sich an, was die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag in der Klima- und Wohnungsbaupolitik vorhat, werden ab 2025 etwa 400 000 Erwerbstätige zusätzlich benötigt. So steht es in einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Doch je mehr sich die Engpässe in Bereichen wie Bau, Handwerk und Energietechnik verschärfen, desto schwerer werden die Ziele erreichbar sein.
Ein Problem sieht Hochschullehrer Pfafferott im Image mancher Berufe. «Die Faszination, die dahinter steckt, kommt nicht an.» Robert Pomes vom Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung Baden-Württemberg schlägt in dieselbe Kerbe: Viele wollten etwas wie Umweltmanagement machen, aber nichts mit Lüftungen oder technischen Installationen. «Da, wo es konkret wird, wo man viel forschen und die Dinge umsetzen muss, bekommen wir keine Leute», sagt der Geschäftsführer. «Wir kriegen die Fridays-for-Future-Jugend nicht in unsere Berufe.»
Beim Thema Klimaschutz schauten die meisten auf Umwelt und Verkehr, aber nicht auf Gebäude - dabei sei hier der CO2-Ausstoß immens. Aber das sei nicht so «sexy», vermutet Pomes. Zudem seien viele Berufe nicht so bekannt. «Dass man Medizin studieren kann, weiß man auch, wenn der Vater nicht Arzt ist.» Mit technischer Systemplaner könne man erst einmal nichts anfangen, wenn man keinen kenne.
Dabei spielt Klima bei immer mehr Berufen eine Rolle. IAB-Forscher Markus Janser hat herausgefunden, dass die Zahl der Berufe mit «Klimaschutztätigkeiten» von 2012 bis 2020 von 377 auf 415 gestiegen sei. Fast ein Drittel aller 1290 Berufe habe nun solche Aspekte. Folglich wuchs auch die Zahl Beschäftigter in Berufen mit Klimaschutztätigkeiten von 4,6 auf 7,1 Millionen. Der Anstieg von 53 Prozent lag dem Experten zufolge deutlich über dem allgemeinen Beschäftigungswachstum in diesem Zeitraum, der 13 Prozent betrug.
Allerdings räumt Janser ein, dass der Anteil an Klimaschutzaufgaben oft recht gering sei. So seien Aspekte wie Wasserstofftechnologie und Brennstoffzelle einfach hinzugekommen. «Es gibt eigentlich nicht so viele komplett neue Berufe. Aber die Tätigkeiten innerhalb der Berufe ändern sich.» Zu den völlig neuen Berufsbezeichnungen zählen Klimaschutzmanager/in, Techniker/in - Windenergietechnik und Fachagrarwirt/in – Erneuerbare Energien/Biomasse.
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Achim Dercks, betont: «Klimaschutz und Nachhaltigkeit verändern alle Bereiche des Wirtschaftens – und damit sind die Themen in allen Berufen wichtig.» Das spiegele sich nicht nur in der Aus-, sondern auch in der Weiterbildung. Bei Themen wie Wasserstoff, Elektromobilität, CO2-Bilanzierung und -Reduzierung gibt es der Einschätzung nach insbesondere Qualifizierungsbedarf.
Wie breit das Spektrum ist, zeigt das Netzwerk Grüne Arbeitswelt: von ökologischer Landwirtschaft über nachhaltige Architektur und Stadtentwicklung bis hin zu Green IT. «Das ist keine Nischenbranche», sagt Projektleiter Krischan Ostenrath. Dass es nicht nur eine Handvoll grüne Berufe gibt, sei für junge Leute eine gute Nachricht. Diese Jobs seien aber gar nicht leicht zu definieren: «Oft kann man mit derselben Ausbildung etwas Grünes oder ganz was anderes machen.»
Aus Ostenraths Sicht hat die Politik das Thema Fachkräfteversorgung «sträflich vernachlässigt». Nur mit Fördergeldern alleine löse sich das Problem nicht. «Aber unsere kompletten Klimaschutzziele können wir in die Tonne kloppen, wenn wir keine Fachkräfte haben.»
Hilmar John vom Karlsruher Verein fokus.energie sagt, die Jobmöglichkeiten würden nicht zuletzt wegen vieler Start-ups in dem Sektor immer größer. «Das ist eine ziemlich sichere Angelegenheit.» Allerdings gebe es nach wie vor zu wenig Menschen in den sogenannten MINT-Bereichen, also mit mathematisch-naturwissenschaftlicher Expertise. Pomes vom Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung und der Offenburger Professor Pfafferott beklagen zudem, dass sich zu wenige Frauen für derartige Jobs interessierten. Kämen genauso viele Frauen wie Männer in die Branche, würde das laut Pomes zwar das Fachkräfteproblem nicht sofort lösen. «Aber es würde sicher helfen.»
(Text: Marco Krefting, dpa)
Nachdem die Verhandlungen schon einmal vertagt worden seien, sei ein weiterer Aufschub aufgrund fortgeschrittener Haushaltsplanung in den Mitgliedshäusern nicht möglich, erklärte der Bühnenverein.
Deshalb erfolge die Empfehlung, künstlerisch Beschäftigten ab der kommenden Spielzeit, die im September beginnt, mindestens 2500 Euro Gage im Monat zu zahlen. Der Bühnenverein beruft sich dabei auf seine Satzung und geht davon aus, dass die Mitglieder dieser Empfehlung folgen werden. Die Gespräche mit den Gewerkschaften würden am 1. Juni fortgesetzt. Dabei wird es laut Arbeitgebern neben der Entwicklung der Einstiegsgage in den folgenden Spielzeiten auch um weitere Themen des Manteltarifvertrags, wie Arbeits- und Teilzeit, gehen.
Bisher beträgt die Mindestgage 2000 Euro im Monat. Nach einer dem Arbeitgeberverband vorliegenden Statistik gibt es bundesweit insgesamt knapp 14 000 künstlerisch Beschäftigte an den Theatern.
«Wir bedauern sehr, dass die Tarifverhandlungen heute nicht mit einer Einigung bei der Einstiegsgage abgeschlossen werden konnten», sagte die Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Bühnenvereins, Claudia Schmitz in einer Mitteilung. Umso wichtiger sei es jetzt, sicherzustellen, «dass die Anhebung zum Start der Spielzeit 2022/23 flächendeckend auf Basis der normativen Empfehlung des Bühnenvereins umgesetzt wird und wir im Juni mit den Gewerkschaften weiter an einer Einigung für die Folgespielzeiten arbeiten.» Dass die Mindestgage absehbar deutlich angehoben werden müsse, darüber seien sich alle Akteure einig. «Wir können dies nur nicht in dem Tempo gewährleisten, das von den Gewerkschaften gefordert wird», erklärte sie.
(Text: dpa)
Der derzeitige Abstand des Branchenmindestlohnes im Gebäudereiniger*innen-Handwerk soll auch nach der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 12 Euro vom 1. Oktober 2022 an gelten. Diese Forderung hat die zuständige Bundestarifkommission der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) am 5. Mai in Frankfurt am Main aufgestellt. Derzeit liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 9,82 Euro und der Branchenmindestlohn bei 11,55 Euro. Der Abstand beträgt also 1,73 Euro. Ab 1. Oktober würde der gesetzliche Mindestlohn den Branchenmindestlohn überholen und auch im Gebäudereiniger*innen-Handwerk gelten. Mit der Forderung läge der Branchenmindestlohn dann bei 13,73 Euro. Der derzeitige Lohnabstand soll zwischen den Lohngruppen ebenfalls wiederhergestellt werden. Die Laufzeit soll 15 Monate betragen und wäre damit der restlichen Zeit des laufenden Tarifvertrages angeglichen. "Wir brauchen auch weiterhin einen Branchenmindestlohn mit einem spürbaren Abstand zum gesetzlichen, denn sonst wandern die Arbeitnehmer*innen aus der Branche ab. In anderen können sie für leichtere Jobs viel mehr verdienen", sagt IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Ulrike Laux, die für die Gebäudereiniger*innen zuständig ist. "Gerade auch in diesen Krisenzeiten mit steigender Inflation ist es nicht mehr als recht und billig, wenn die Frauen und Männer mit den geringsten Einkommen mehr im Geldbeutel haben. Die Gebäudereiniger*innen sorgen für saubere Büros, Werkshallen, Kliniken, Schulen und dafür, dass sich andere sicher und wohl fühlen. Für diese wichtige, aber auch körperlich schwere Arbeit müssen sie mehr als den gesetzlichen Mindestlohn verdienen."
Der erste Verhandlungstermin mit den Arbeitgebern ist am 23. Mai 2022. Von den rund 700 000 Beschäftigten in der Branche bekommen aktuell etwa 500 000 den Branchenmindestlohn.
(Text: IG BAU)
Die Corona-Pandemie habe den Arbeitskräfte-Mangel in der Branche noch verschärft. Auf der Hochseeinsel Helgoland fehlen nach Angaben von Bürgermeister Jörg Singer im Tourismusbereich beispielsweise derzeit bis zu 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Mit Personalmangel haben laut Experten auch Betriebe auf dem Festland zu kämpfen. Doch die speziellen Bedingungen auf Inseln sorgten für zusätzliche Hürden - etwa, wenn es um Wohnraum gehe. Auf Sylt und Amrum sei die angespannte Wohnraumsituation für Beschäftigte besonders schlimm, sagte Ernst-Oliver Schulte, Gewerkschaftssekretär im Landesbezirk Nord der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). Dort müssten Beschäftigte meist vom Festland aus auf die Insel pendeln, wenn sie nicht von den Arbeitgebern Unterkünfte gestellt bekämen. Er betont: Um Personal zurückzugewinnen und die Berufe des Gastgewerbes attraktiver für Berufsanfänger zu machen, müsse man mittelfristig zu besseren Arbeitsbedingungen kommen.
(Text: dpa)
An der Darlegungs- und Beweislast der Arbeitnehmer im Überstundenprozessen ändere das in Deutschland viel diskutierte Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur täglichen Arbeitszeiterfassung nichts.
Das EuGH-Urteil ziele auf Arbeitsschutz durch Eindämmung ausufernder Arbeitszeiten und nicht auf Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer, begründeten die höchsten deutschen Arbeitsrichter ihre Entscheidung. Sie bestätigten damit ihre bisherige Rechtsprechung bei Überstunden-Vergütungsklagen.
Der Europäische Gerichtshof hatte mit einem Urteil von Mai 2019 Arbeitgeber verpflichtet, die volle Arbeitszeit ihrer Beschäftigten täglich systematisch zu erfassen - quasi wie mit einer digitalen Stechuhr. Darauf berief sich ein Auslieferungsfahrer einer Einzelhandelsfirma aus Niedersachsen, der mit seiner Klage nicht genommene Pausen als Überstunden bezahlt haben wollte. Er argumentierte, die technische Erfassung seiner Arbeitszeit reiche aus, um Überstunden zu dokumentieren.
«Eine reine Kommen-und-Gehen-Erfassung ist ein bisschen wenig als Argument», sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Linck in der Verhandlung. Der Kläger sei eine Begründung schuldig geblieben, warum die Überstunden von ihm geleistet werden mussten und keine Pausen möglich gewesen seien. «Die Behauptung, es ging nicht anders, reicht nicht aus.» Linck verwies darauf, dass Arbeit eine weisungsgebundene Tätigkeit ist.
Der Mann hatte mit seiner Klage, bei der es um rund 5223 Euro ging, weder beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen noch in der höchsten Instanz Erfolg. Der Fall hatte für Furore gesorgt, weil das Arbeitsgericht Emden als erste Instanz eine Anpassung der Darlegungs- und Beweislast nach dem Stechuhr-Urteil des EuGH bejaht hatte.
In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts heißt es, Arbeitnehmer müssten zur Begründung einer Klage auf Überstundenvergütung darlegen, dass sie «Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden Umfang geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers hierzu bereitgehalten» haben. Da Arbeitgeber Vergütung nur für von ihnen veranlasste Überstunden zahlen müssten, sei deutlich zu machen, dass diese «ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt» wurden. Der Anwalt des beklagten Handelsunternehmens machte zudem geltend, dass das Stechuhr-Urteil des EuGH bisher nicht in deutsches Recht umgesetzt worden sei.
In Deutschland fallen nach Gewerkschaftsangaben jährlich viele Millionen Überstunden an. Ihre Bezahlung beschäftigt immer wieder die Arbeitsgerichte.
(Text: dpa)