Das Gesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sollte am gestrigen Donnerstag (28. April) erstmals im Bundestag beraten werden und den Mindestlohn zum 1. Oktober auf 12 Euro pro Stunde erhöhen. Eine Klage gegen das Gesetz hält sich die BDA weiter offen. Sie lehnt staatliche Lohnfestsetzung ab.
Kampeter sagte, die Kritik der BDA richte sich nicht gegen eine bestimmte Lohnhöhe. Vielmehr gehe es darum, dass man glaube, dass der Bundestag hierfür «die kompetentere Organisation» sei. Bisher werden die Erhöhungen des Mindestlohns von der Mindestlohnkommission bestimmt, in der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter miteinander verhandeln. «Wir werden im Anschluss an das Gesetzgebungsverfahren entscheiden, ob wir weitere rechtliche Schritte (…) vornehmen werden», kündigte Kampeter an. Er hoffe darauf, dass das Gesetz noch geändert werde. Basis für ein mögliches rechtliches Vorgehen sollen laut Kampeter von der BDA in Auftrag gegebene rechtliche Gutachten sein. Eines dieser Gutachten wurde am Dienstag vorgestellt.
Kampeter sagte, es gebe die Möglichkeit, die Mindestlohnkommission in die Lage zu versetzen, selbst den Pfad für eine deutliche Erhöhung zu beschreiten. Heil habe bisher aber «jedweden Dialog» abgelehnt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rief die Koalition auf, sich nicht «von irreführenden Manövern der Arbeitgeberverbände» verunsichern zu lassen. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte ferner, die Arbeitgeber suchten wohl in ihren Reihen nach Verbänden, die eine Klage gegen die Erhöhung auf den Weg bringen würden.
Zum 1. Juli 2022 ist bereits eine Mindestlohnerhöhung auf 10,45 Euro pro Stunde geplant. Drei Monate später soll dann die Lohnuntergrenze einmalig außerhalb der üblichen Erhöhungsschritte angehoben werden. Der Gesetzentwurf begründet das auch mit steigenden Lebenshaltungs- und Wohnkosten. Diese stellten in Frage, ob eine Vollzeitbeschäftigung mit geltendem Mindestlohn zur «Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage» reiche. 12 Euro Mindestlohn waren ein zentrales Wahlkampfversprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte vor einer Fraktionssitzung: «Das, was wir plakatiert haben im Bundestagswahlkampf, das halten wir auch ein.» Die Mindestlohnerhöhung werde nun auf den Weg gebracht.
Laut dem Gesetzentwurf soll über künftige Anpassungen wieder die Mindestlohnkommission entscheiden. Ihre nächste Entscheidung soll es zum 30. Juni 2023 geben - für die Erhöhungsstufe 1. Januar 2024. Auch die Grenze für Minijobs wird von 450 auf 520 Euro angehoben - vom 1. Oktober an sollen Monatsverdienste bis zu der neuen Grenze für Beschäftigte steuer- und sozialabgabenfrei bleiben.
(Text: dpa)
Das Tarifgebiet der nordwestdeutschen Stahlindustrie umfasst die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen. In der Branche sind dort laut IG Metall NRW 68 000 Menschen beschäftigt. In der ostdeutschen Stahlindustrie arbeiten laut IG Metall Berlin rund 8000 Menschen.
Wie die IG Metall NRW mitteilte, sollen neben der Gehaltsforderung die Tarifverträge zur Altersteilzeit, über den Einsatz von Werkverträgen und zur Beschäftigungssicherung verlängert werden. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von zwölf Monaten haben.
«Die Beschäftigten erwarten angesichts der stark steigenden Preise und der guten Situation in vielen Betrieben eine ordentliche Erhöhung ihrer monatlichen Entgelte», sagte der Bezirksleiter der IG Metall NRW, Knut Giesler, laut einer Mitteilung.
Die Stahlindustrie könne die gesteigerten Kosten für Energie und Rohstoff bisher weitestgehend an die Kunden weitergeben. Viele Stahlkonzerne machten derzeit ein gutes Geschäft und hätten ihre Ergebnisprognose für das Jahr 2022 angehoben, so die Gewerkschaft.
Für die nordwestdeutsche Stahlindustrie ist die erste Verhandlungsrunde für den 13. Mai geplant, in Ostdeutschland in den Tagen danach. Am 31. Mai endet die Friedenspflicht.
(Text: dpa)
«Nach heutiger Einschätzung könnten wir über 20 Prozent unserer Jahresproduktion verlieren. Der Rückstand ist kaum mehr aufzuholen», sagte Vlaskamp. Im Durchschnitt produziert MAN zwischen 80 000 und 85 000 Lastwagen pro Jahr.
Weil die Kabelbaum-Hersteller in der Ukraine nur noch wenig liefern können, hatte MAN ab Mitte März allein in Deutschland rund 11 000 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. In den Lkw-Werken München und Krakau standen die Bänder, in Nürnberg, Salzgitter und Wittlich gab es Einschränkungen. Inzwischen bekomme MAN Kabelbäume auch aus Polen, der Türkei und Brasilien, sagte Vlaskamp der Deutschen Presse-Agentur. Aber «im zweiten Quartal wird der größere Teil der Belegschaft noch in Kurzarbeit bleiben müssen». Erst weit in der zweiten Jahreshälfte könnte ein Ausfall der Zulieferer in der Ukraine fast komplett kompensiert werden.
Das Angebot bleibe vorerst eingeschränkt. Die Lkw-Produktion beginne jetzt mit Sattelzügen und Standardfahrzeugen. Aufträge für Spezialfahrzeuge zum Beispiel für Baustellen oder Feuerwehren müssten dagegen verschoben werden. Dennoch sei das Auftragsbuch insgesamt sehr stabil, sagte der MAN-Chef: Corona und Halbleitermangel hätten die Auslieferungen seit 2020 gebremst, der Ersatzbedarf in den Fahrzeugflotten in Europa sei groß, der Bestand an Gebrauchtfahrzeugen so klein wie nie.
Der Umsatzverlust 2022 lasse sich angesichts der volatilen Lage noch nicht abschätzen. Wenn Russland den Krieg in der Ukraine ausweite, könnte es auch wieder zum Stillstand kommen, sagte Vlaskamp. Um zu sparen, hat MAN einen Einstellungsstopp verhängt und fast alle tagesaktuell nicht notwendigen Ausgaben gestrichen.
Der zum VW-Konzern gehörende Nutzfahrzeughersteller schreibt seit 2020 rote Zahlen und stellt sich gerade für den Bau von Elektro-Lastwagen ab 2024 neu auf. In Deutschland seien bereits sozialverträgliche Vereinbarungen für den Abbau von 2400 der geplanten 3500 Stellen getroffen worden, sagte Vlaskamp. Die Nachfrage nach Stadtbussen sei gut, für Reisebusse kämen jetzt wieder die ersten Aufträge. Die Buswerke in Polen und der Türkei beziehen ihre Kabelbäume von Zulieferern vor Ort. Der ebenfalls zum Volkswagenkonzern gehörende Lkw-Bauer Scania bezieht sie aus Polen und Tunesien.
(Text: dpa)
Der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) fordert bei 24 Monaten Laufzeit 6,1 Prozent mehr Geld pro Jahr sowie eine deutliche Erhöhung der Ausbildungsvergütungen. Außerdem will die Gewerkschaft eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit um eine Stunde auf 38 Stunden durchsetzen. Beim Thema mobiles Arbeiten dringt der DBV auf verbindliche Mindeststandards in den Instituten.
Der Verhandlungsführer des Arbeitgeberverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (AVR), Jürgen Kikker, dämpfte die Erwartungen. Er verwies am Montag in einer Mitteilung auf Herausforderungen und Risiken für Banken im Zusammenhang mit Digitalisierung und dem nachhaltigen Umbau der Wirtschaft. Erschwerend komme der Krieg in der Ukraine hinzu.
«Die hohen Gehaltsforderungen berücksichtigen dies nicht, sondern sind allein von dem Ziel geprägt, der Inflation entgegenzuwirken», fasste Kikker zusammen. «Hier ist seitens der genossenschaftlichen Bankenarbeitgeber offensichtlich noch viel Überzeugungsarbeit erforderlich, um einen tragfähigen Kompromiss zu finden.» Der AVR vertritt rund 750 Volks- und Raiffeisenbanken sowie das genossenschaftliche Spitzeninstitut DZ Bank.
Der DBV will möglichst zügig zu Ergebnissen kommen und lange Hängepartien wie zuletzt bei den Tarifverhandlungen für die privaten Banken vermeiden. Für etwa 140 000 Beschäftigte von Privatbanken in Deutschland wurde Anfang April nach mehr als neun Monaten Verhandlungen ein Abschluss erzielt. Wenige Tage zuvor hatten sich die Verhandler in der sechsten Runde auf einen neuen Tarifvertrag für 60 000 Beschäftigte von Landes- und Förderbanken sowie mehreren Sparkassen geeinigt.
Bei den Gesprächen für die Genossenschaftsbanken wird nach Arbeitgeberangaben auch die Gewerkschaft DHV als langjähriger Verhandlungspartner mit den bei ihr organisierten genossenschaftlichen Betriebsräten vertreten sein. Das Bundesarbeitsgericht hatte der DHV im Juni die Tariffähigkeit abgesprochen. (Az.: 1 ABR 28/20) Gegen das Urteil der höchsten deutschen Arbeitsrichter hat die DHV Verfassungsbeschwerde eingelegt.
(Text: dpa)
Die Risiken hätten jedoch abermals zugenommen. «Auch die Kosten für Beschaffung steigen», betonte der Conti-Chef in dem vorbereiteten Text für das bevorstehende Aktionärstreffen. «Insbesondere für ölbasierte Rohstoffe. Und im Energiebereich. Auch bei der Logistik, gerade für Reifen und Contitech.» Das Geschäft mit Reifen und Maschinenbauprodukten war zuletzt deutlich profitabler als die Aktivitäten in der klassischen Autozulieferung. «Insgesamt rechnen wir mit mindestens 3,5 Milliarden Euro mehr Kosten.»
Hauptgründe laut Setzer: «Die geopolitische Lage ist angespannt. Die andauernde Covid-19-Pandemie wirkt sich weiter aus.» Das führe zu «nachhaltigen Störungen in der Produktion, in den Lieferketten. Und auch bei der Nachfrage. Hinzu kommt das Thema Inflation.»
Für den bereinigten Gewinn rechnet Conti 2022 mit einem Anteil von noch 4,7 bis 5,7 Prozent am Umsatz. Bisher hatte der Konzern zwischen 5,5 und 6,5 Prozent als Ertragsspanne im laufenden Geschäft erwartet.
Die Schätzung zum möglichen Gesamtumsatz bleibt in der Größenordnung von 38,3 Milliarden bis 40,1 Milliarden Euro zwar fast konstant. Jedoch wird auch die für Zulieferer wichtige weltweite Konjunktur der Autoindustrie aus derzeitiger Sicht als deutlich schwächer bewertet. Die Zunahme der Fertigung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen dürfte sich 2022 demnach gegenüber dem Vorjahr nur noch bei 4 bis 6 Prozent einpendeln, bislang war ein Plus von 6 bis 9 Prozent vermutet worden.
«Negative Auswirkungen der Kostensteigerungen für wichtige Zulieferungen, insbesondere für ölbasierte Rohstoffe sowie im Energiebereich und der Logistik» würden sich in den nächsten Monaten wohl erheblich verstärken. Die Einschätzungen basieren dabei auf dem Szenario, dass Wechselkurs-Schwankungen keine großen Nachteile haben.
Zudem müsse man die Corona-Entwicklung genau beobachten. In China gibt es derzeit wieder harte Lockdowns. Setzer stellte aber auch klar: «An unseren mittelfristigen Zielen halten wir fest.» Sofern wieder über 90 Millionen Fahrzeuge jährlich gebaut werden könnten, soll eine bereinigte Umsatzrendite von 8 bis 11 Prozent drin sein.
Für Continental sind - wie für viele andere Industrieunternehmen - Rohstofflieferungen aus Russland wichtig. Außerdem ist die Russische Föderation als Absatzmarkt relevant. Anfang März hatten die Hannoveraner ihre lokale Produktion und ihren Außenhandel mit dem Land nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine zunächst eingestellt.
Kürzlich wurde bekannt, dass die Reifenherstellung in Kaluga südwestlich von Moskau wieder angelaufen ist, weil Mitarbeitern und Führungskräften sonst «harte strafrechtliche Konsequenzen» drohten. Nun soll dort «im Bedarfsfall temporär» weitergearbeitet werden.
Der Konzern legte Eckzahlen zum ersten Quartal vor. Die bereinigte Gewinnspanne im laufenden Geschäft sank demnach von Januar bis Ende März im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 8,5 auf 4,7 Prozent. Der Umsatz legte hingegen von 8,6 Milliarden Euro auf 9,3 Milliarden Euro zu.
(Text: dpa)
Viele Unternehmen bekämen ihre Waren teilweise seit mehr als drei Wochen nicht mehr aus dem Land, sagte der Delegierte. Alternative Lieferwege über andere Häfen reichten nicht aus, um den Ausfall abzufedern. «Die Verknappung des Angebots an Lieferungen aus China wird die bereits jetzt schon hohe Inflation in Deutschland weiter negativ beeinflussen», sagte Butek.
Die Sorgen der Reedereien wachsen. «Die maritimen Lieferketten waren schon vor dem Lockdown in Shanghai angespannt - nun befürchten wir weitere Verzögerungen im Seetransport», sagte die Präsidentin des deutschen Reederverbandes VDR, Gaby Bornheim. Es sei «Sand im Getriebe». Geduld sei jetzt nötig. Die Linienreedereien versuchten alles, um die Ladungsmengen zügig zu transportieren.
Die Probleme dürften sich in etwa zwei Monaten voll auf Deutschland auswirken, schätzt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Die Güter seien etwa bis Hamburg 30 bis 40 Tage unterwegs, müssten danach noch weitertransportiert werden. «Dann könnte es etwa bei Elektronikartikeln wie Fernsehern oder Tablets oder bei Zwischengütern für die deutsche Produktion zu Verzögerungen kommen», sagte IfW-Handelsexperte Vincent Stamer. Das könnte beispielsweise Automobil-Hersteller oder Maschinenbauer treffen.
Seit einem Monat herrschen in der 26 Millionen Einwohner zählenden Metropole Shanghai schon Ausgangssperren. Die Hafenstadt steht im Zentrum der größten Corona-Welle in China seit Beginn der Pandemie vor mehr als zwei Jahren. Mit Lockdowns, Massentests und Quarantäne verfolgt Pekings Führung eine strikte Null-Covid-Strategie, die aber durch die Omikron-Variante BA.2 auf eine schwere Probe gestellt wird.
«Die Schockwellen, die der Stillstand hier in China auslöst, sind noch gar nicht im vollen Umfang fassbar», meinte der Delegierte Butek in Shanghai. Es dürften Monate vergehen, um die Störungen in den Lieferketten zu beheben. Der Hafen in Shanghai sei an sich auch nicht das größte Problem. Die Schwierigkeit liege vielmehr wegen der strengen Corona-Maßnahmen im Transport der Waren mit Lastwagen.
«Das betrifft im Prinzip alle Warengruppen», sagte der Delegierte. «Aber vor allem bei Elektronikartikeln und Rohstoffen oder Vorprodukten ist die Sorge groß.» Der Lockdown betreffe mittlerweile alle Unternehmen - unabhängig von Branche oder Größe. Es gebe massive Beeinträchtigungen der Lieferketten, der Transport- und Logistik-Möglichkeiten oder beim Personal und in der Produktion.
Übereifrige lokale Behörden machen den meist selbstständigen Lastwagenfahrern das Leben schwer. Sie müssen eigens Durchfahrtsgenehmigungen beantragen, sich ständig testen lassen und den Quarantäne-Anforderungen einzelner Städte unterwerfen. Landesweit ist der Frachtverkehr schon drastisch zurückgegangen. Aber viele meiden besonders den Shanghaier Hafen.
«Niemand will noch ein Lastwagenfahrer sein», sagte der Vorsitzende der EU-Handelskammer in China, Jörg Wuttke. «Das Leben ist zu hart.» Nach Schätzungen ist die Verfügbarkeit von Lastwagen in Shanghai um 40 Prozent zurückgegangen. Tendenz steigend. Container werden nicht abgeholt und stapeln sich. Lagerhäuser sind geschlossen. Gekühlte oder gefährliche Güter können nicht abtransportiert werden. «Das macht eine komplizierte Situation noch schwieriger.»
Bei Gesprächen mit dem Handelsministerium schlug die EU-Kammer vor, die Anforderungen für die Lastwagenfahrer in den sechs Provinzen im Jangtse-Delta zu vereinheitlichen. Straßensperren an Ausfahrten der Autobahnen müssten beseitigt und Lastwagenfahrer mit Nahrung und Rastplätzen versorgt werden. Der Verkehr müsse frei fließen können.
Die Krise ist aber noch lange nicht ausgestanden, da sich Omikron in China ausbreitet und die strengen Gegenmaßnahmen die zweitgrößte Volkswirtschaft in den Würgegriff nehmen. «Die Frage ist jetzt, ob China abrückt von der Null-Covid-Strategie oder weitere Großmetropolen in den Lockdown geschickt werden», sagte IfW-Experte Stamer. Je länger aber die Ausgangssperren anhalten, umso stärker wiegen die Auswirkungen - nicht nur auf Chinas Wirtschaft, sondern auch auf die globalen Lieferketten und den internationalen Handel.
(Text: Andreas Landwehr und Stephanie Lettgen, dpa)
„Wir haben in fast allen Bundesländern neue Tarifverträge mit Einstiegslöhnen oberhalb des künftigen Mindestlohns von 12 Euro pro Stunde und kräftigen Steigerungen in allen Entgeltstufen abgeschlossen.“ Nach Monaten des Stillstands in der Corona-Pandemiezeit seien nun fast alle „Tarifbaustellen“ aufgeräumt, so der NGG-Vize. Möglich gemacht habe das die für den 1. Oktober 2022 beschlossene Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns und der anhaltende Arbeitskräftemangel in der Branche: „Kein Personal und der angekündigte gesetzliche Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde – beides zusammen hat die Arbeitgeber in Bewegung gebracht.“
Adjan: „Viele hunderttausend Beschäftigte im Gastgewerbe werden deutlich mehr Lohn bekommen, oft hunderte Euro mehr pro Monat. Wir haben es geschafft, nicht nur den Einstiegslohn über 12 Euro, sondern die komplette Lohntabelle deutlich nach oben zu schieben. Diese Lohnsteigerungen von teilweise über 20 Prozent sind für unsere Mitglieder nach den Einbußen während der Corona-Pandemie und bei der aktuellen Rekordinflation besonders wichtig. Sie sind aber auch ein großer Schritt zur Aufwertung der Arbeit im Gastgewerbe. Wir hoffen, dass der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband diesen Weg weiter geht: für ein Gastgewerbe, in dem man gut verdienen kann und wo die Arbeitsbedingungen stimmen. Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg.“
Hintergrund / Rechenbeispiele:
Ab April 2022 steigen beispielsweise die Löhne im Gastgewerbe in Düsseldorf in mehreren Schritten um bis zu 42 Prozent. Eine ausgebildete Restaurantfachfrau kommt im zweiten Jahr ihrer Beschäftigung dort dann auf 2.488 Euro monatlich – 381 Euro mehr als bisher. Bis zum Frühjahr 2023 beläuft sich das Plus für Fachkräfte mit einjähriger Berufserfahrung in Düsseldorf dann auf über 460 Euro pro Monat.
(Text: Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG))
Gestartet wurde ein Programm mit dem Ziel, Geflüchteten ein Jobangebot zu machen. Neben individueller Beratung und Qualifizierungsangeboten für eisenbahnspezifische Berufe wie Elektronikerin und Kaufmann für Verkehrsservice setzt die DB auch auf die kurzfristige Vermittlung von Arbeitsplätzen.
DB-Personalvorstand Martin Seiler: „Die Bahn steht für unbürokratische Hilfe: Wir unterstützen die Opfer des russischen Angriffskriegs mit kostenlosen Tickets, mit Hilfsgütern und jetzt auch bei der Jobsuche. Wir wollen den Geflüchteten eine berufliche Perspektive bieten – kurzfristig, aber auch auf längere Zeit.“
Beratung, Berufshotline und Job-Portale
Persönliche Beratung rund um den deutschen Arbeitsmarkt erhalten Geflüchtete unter der Nummer +49 (0)30 297 34949 werktags zwischen 8 und 10 Uhr in ukrainischer oder russischer Sprache. Neben allgemeinen Informationen zu Anerkennungs- und Registrierungsverfahren bietet die Hotline auch Hilfestellung zu Fördermöglichkeiten sowie die Vermittlung von psychologischer Beratung. Zusätzlich dazu eröffneten ab Anfang April Beratungszentren in Frankfurt am Main, Köln und Berlin. Die DB berät dort über erste Schritte auf dem deutschen Arbeitsmarkt und konkrete Jobperspektiven bei der DB.
„Viele Geflüchtete, fragen oft schon bei ihrer Ankunft am Bahnhof nach Arbeitsmöglichkeiten. Die Aussicht auf eine berufliche Perspektive hilft ihnen, hier in Deutschland anzukommen“, so Seiler.
Auf der Website db.jobs/en-en/jobingermany-ukr erhalten Interessierte Informationen zu arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in deutscher und ukrainischer Sprache. DB Schenker bietet über eine ukrainisch-sprachige Website Jobs in der Logistik nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Nachbarländern der Ukraine: Job Aid Ukraine | DB Schenker.
Einstiegsprogramm für 100 Teilnehmende
An bundesweit sechs Standorten wird die DB im Mai vierwöchige Orientierungskurse anbieten, in denen sich die Teilnehmenden intensiver mit ihrer persönlichen Zukunft beschäftigen und gleichzeitig sprachliche Impulse erhalten: in Berlin, Erfurt, Frankfurt, München, Hamburg und Köln. Ziel ist es, die Teilnehmenden im Herbst entweder über Chance-Plus auf eine Festanstellung bei der DB vorzubereiten oder direkt zu übernehmen.
Außerdem werden die Geflüchteten durch das Projekt Soziale und kulturelle Integration (SUKI) unterstützt. Neben individueller Beratung auch über ein Soziallotsenprogramm, in dem sich DB-Beschäftigte ehrenamtlich engagieren, um den Geflüchteten im Alltag zur Seite zu stehen – z.B. beim Arztbesuch, bei der Wohnungssuche oder bei Behördengängen. Dieses Programm hat sich seit 2017 bei der Betreuung von Geflüchteten bewährt.
Die DB bietet Jobs in über 500 Berufen und seit vielen Jahren erfolgreiche Integrationsprogramme in den ersten Arbeitsmarkt. Diese Programme richten sich z.B. an Langzeitarbeitslose, Jugendliche ohne Ausbildungsplatz und seit 2015 auch an Geflüchtete.
(Text: Deutsche Bahn AG)
"Auf dem Bau, in der Landwirtschaft und in der Gebäudereinigung suchen Firmen händeringend nach Personal. Manche Chefs wollen die oft gut qualifizierten Geflüchteten lieber heute als morgen einstellen – aber oft zu schlechten Bedingungen. Wer etwa als Saisonkraft in der Landwirtschaft arbeitet, hat bis zu 70 Tage lang keinen Sozial- und Krankenversicherungsschutz. Nachdem die Arbeitgeberverbände den tariflichen Bau‑Mindestlohn gekippt haben, droht den Beschäftigten in der Branche aktuell ein Einkommen auf dem Niveau des gesetzlichen Mindestlohns. Für 9,82 Euro pro Stunde sollte sich aber keiner die fordernde Arbeit auf dem Bau gefallen lassen", sagt IG BAU-Bundesvorsitzender Robert Feiger.
Kein Unternehmen dürfe jetzt die Lage der Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, ausnutzen – ob auf der Baustelle, auf dem Spargelfeld oder in der Reinigungsfirma. "Beschäftigte zweiter Klasse darf es nicht geben", betont Feiger. Wer vor dem Krieg nach Deutschland geflohen sei und einen Job suche, solle sich über Arbeitsbedingungen, Bezahlung und die eigenen Rechte genau informieren und auf die Gewerkschaft zugehen. Hilfe böten außerdem die DGB-Beratungsstellen "Faire Mobilität" – auch in ukrainischer Sprache.
Zwar wisse niemand, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauere. Doch selbst wenn nur ein kleiner Teil der bislang über 340 000 nach Deutschland geflüchteten Ukrainer im Land bleibe, müssten jetzt die Weichen für eine "echte Integration am Arbeitsmarkt" gestellt werden, so der Gewerkschaftschef. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. "Hier ist vor allem der Staat gefragt. Berufsqualifikationen aus der Heimat dürfen in Deutschland nicht wertlos werden", sagt Feiger. Entscheidend sei zudem, dass die Behörden den Zugang zu Sprachkursen vereinfachten.
Mit Blick auf den hohen Anteil an Frauen und Kindern unter den Kriegsflüchtlingen seien außerdem mehr Anstrengungen bei der Kinderbetreuung nötig. "Ohne ausreichend Kita- und Schulplätze kommen für viele Eltern höchstens Minijobs mit wenigen Wochenstunden infrage", so Feiger.
(Text: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU))
Die Folge davon ist die Abschaffung dieser Lohnuntergrenze in der Baubranche. „Ein fairer Wettbewerb scheint für die Bauunternehmen keine feste Größe mehr zu sein. Denn jetzt haben vor allem diejenigen Firmen einen Vorteil, die nicht tarifgebunden sind. Ob das wirklich intelligent ist, wage ich zu bezweifeln.“ Der Branchenmindestlohn in der Bauwirtschaft wurde vor 25 Jahren eingeführt, es war der erste in Deutschland. Da die Arbeit am Bau bei Wind und Wetter oftmals sehr hart ist, braucht es eine attraktive Bezahlung, um Fachkräfte zu gewinnen. „Dies hat sich über die Jahrzehnte bewährt, ich kann nicht verstehen, dass die Arbeitgeber dieses System jetzt zerschlagen wollen. Nach meinem Kenntnisstand sind es die Arbeitgeber selbst, die immer wieder nach Fachkräften und Auszubildenden rufen“, sagt Feiger. „Wir werden jetzt mit den Beschäftigten intensiv diskutieren, wie sich die weitere Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern gestalten wird. Zur Entspannung an der Tariffront wird das sicherlich nicht führen.“ Der Branchenmindestlohn I hatte bis Ende des vergangenen Jahres bei 12,85 Euro gelegen, der Branchenmindestlohn II für fachliche Tätigkeiten im Westen bei 15,70 Euro. Der Schlichterspruch des Präsidenten des Bundessozialgerichts Professor Doktor Rainer Schlegel sah vor, den Mindestlohn I in diesem, im nächsten und im Jahr 2024 um jeweils 60 Cent zu erhöhen. In den Jahren 2025 und 2026 sollte sich die unterste Lohngrenze an der zurückliegenden Teuerungsrate orientieren. Der Mindestlohn II sollte zum Ende dieses Jahres wegfallen.
(Text: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt)